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17.01.2024

Eismasseverlust in Grönland durch Rückzug der Gletscher

     

  • Grönländischer Eisschild hat seit 1985 laut Studie 20 Prozent mehr Eis verloren als nach bisherigen Schätzungen
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  • Rückzug von Gletschern in Küstenbereich in bisherigen Eismassebilanzen kaum berücksichtigt
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  • unabhängigen Forschenden zufolge sind die Ergebnisse eine Ergänzung, aber kein Widerspruch zu früheren Arbeiten
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Der Grönländische Eisschild hat zwischen 1985 und 2022 rund 20 Prozent mehr Eismasse verloren als laut bisherigen Schätzungen. Zu diesem Schluss kommt eine Forschungsarbeit, die den Rückzug der grönländischen Gletscher an den Küsten untersucht und am 17.01.2024 im Fachjournal „Nature“ erschienen ist (siehe Primärquelle). Der zusätzliche Verlust an Eismasse habe kaum Auswirkungen auf den Meeresspiegelanstieg, könnte aber Ozeanströmungen beeinflussen, schreiben die Autoren.

Die Gletscherzungen des Grönländischen Eisschildes haben sich in den vergangenen Jahrzehnten landeinwärts zurückgezogen, wodurch der Eisschild an Fläche verloren hat. Die Forscher rekonstruierten diesen Rückzug seit 1985. Dazu nutzen sie öffentliche Datensätze zur Lage von Gletscherfronten, die – teils manuell, teils automatisiert – anhand von Satellitendaten bestimmt wurden. Der umfassendste davon ist der Datensatz AutoTerm von Copernicus. Darauf basierend modellierten sie den Verlust von Eismasse durch den Gletscherrückzug. Gängige Methoden zur Eismassebilanzierung können diesen Verlust nicht abbilden und messen vor allem das Ausdünnen der Gletscher auf dem Festland, so die Autoren. Der in der Studie modellierte Eismasseverlust sei darum in bisherigen Schätzungen nicht berücksichtigt.

Der Grönländische Eisschild gilt als eines der großen Kippelemente im Erdsystem. Durch den Klimawandel könnte dieser eine kritische Schwelle erreichen, ab der sich sein Abschmelzen immer mehr beschleunigt und selbst verstärkt. Dem Global Tipping Points Report [I] zufolge wird dieser Kipppunkt bei einer durchschnittlichen Erderwärmung von 0,8 bis 3 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erreicht. Schmilzt der Grönländische Eisschild vollständig ab, würde das den Meeresspiegel um etwa sieben Meter ansteigen lassen. Der Eisverlust und entsprechende Meeresspiegelanstieg würden sich über mehrere Jahrtausende erstrecken [I]. Durch das Abschmelzen des Eisschildes gelangt außerdem verstärkt Süßwasser in die angrenzenden Meere. Frühere Forschungsarbeiten haben diskutiert, dass das zu einer Abschwächung der Golfstrom-Zirkulation führen könnte [II].  

Übersicht

  • Dr. Johannes Feldmann, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Eisdynamik, Abteilung Erdsystemanalyse, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam
  • Dr. Ingo Sasgen, Wissenschaftler in der Sektion Glaziologie im Fachbereich Geowissenschaften, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven
  • Prof. Dr. Martin Horwath, Professor für geodätische Erdsystemforschung, Institut für Planetare Geodäsie, Technische Universität Dresden

Statements

Dr. Johannes Feldmann

Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Eisdynamik, Abteilung Erdsystemanalyse, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam

Neue Erkenntnisse der Studie

„Die aktuelle Studie zeigt auf, dass bisherige Berechnungen den Massenverlust des Grönländischen Eisschilds seit 1985 um etwa 20 Prozent unterschätzt haben. Dieser Beitrag stammt allein aus dem Rückzug der Kalbungsfronten der vielen Gletscher Grönlands, der in früheren Untersuchungen nicht berücksichtigt wurde. Zudem zeigt die Studie, dass die Gletscher, deren Kalbungsfronten eine starke saisonale Variabilität aufweisen, auch diejenigen Gletscher sind, die über die letzten vier Jahrzehnte hinweg am stärksten zurückgewichen sind und damit am meisten Eis verloren haben. Somit könnten heutzutage beobachtete große jahreszeitliche Unterschiede zwischen der Minimal- und Maximalausdehnung bestimmter Gletscher als Indikator dienen für einen starken zukünftigen langjährigen Eisverlust dieser Gletscher.“

Methodik

„Die Ergebnisse basieren auf einer Vielzahl von Datensätzen aus Satellitenbeobachtungen und berücksichtigen die monatliche Entwicklung der Kalbungsfronten der zahlreichen Gletscher Grönlands über den Zeitraum der letzten knapp 40 Jahre. Bisherige Abschätzung des Grönländischen Eisverlustes konnten dem über diesen Zeitraum stattfindenden Rückzug der Gletscherfronten nicht Rechnung tragen. Damit erweitern die vorliegenden Ergebnisse die bisherigen Abschätzungen der Massenbilanz des Grönländischen Eisschildes um eine wichtige, bisher nicht berücksichtigte Komponente.“

Künftige Entwicklung des Grönländischen Eisschildes

„Die Studie macht keine direkte Aussage zur zukünftigen Entwicklung des Grönländischen Eischildes. Die Eisschildentwicklung wird in der Klimaforschung üblicherweise durch Modellsimulationen projiziert, basierend auf Beobachtungen aus der Vergangenheit. Die in der Studie neu gewonnenen Daten über die vergangene Entwicklung der Kalbungsfronten der Gletscher Grönlands werden somit helfen, die Simulationen des Eisschilds und des ihn umgebenden Ozeans weiter zu verfeinern. Damit werden auch Unsicherheiten in den Projektionen des zukünftigen Meeresspiegelbeitrags Grönlands reduziert.“

Auswirkungen auf Meeresspiegel und Ozeanströmungen

„Der Grönländische Eisschild fließt an seinen Rändern durch tief eingeschnittene Fjorde, in denen der Großteil des Gletschereises nahe den Kalbungsfronten bereits unterhalb des Meeresspiegels liegt und somit schon ein entsprechendes Volumen an Meerwasser verdrängt. Das ist ähnlich wie beim Eiswürfel im Wasserglas, dessen Schmelzen den Füllstand des Glases nicht verändert. Ein vergleichbar geringer Teil des Eises in der Nähe der Kalbungsfronten liegt weit genug über dem Meeresspiegel, um noch kein Wasser zu verdrängen und nur dieser Anteil liefert dann auch einen Beitrag zum Meeresspiegel, wenn durch den Rückzug der Kalbungsfronten Eis an den Ozean abgeschieden wird.“

„Der zusätzliche, aus dem Rückzug der Kalbungsfronten resultierende, Süßwassereintrag in den Ozean ist vergleichsweise gering gegenüber der Gesamtmenge an Eis, die vom Grönländischen Eisschild jährlich an den Ozean abgegeben wird. Er macht weniger als 10 Prozent aus. Trotzdem hat dieser Süßwassereintrag einen Einfluss auf die lokalen Ozeanströmungen und trägt auch zur beobachteten Abschwächung der globalen Atlantischen Umwälzzirkulation bei, die ein wichtiges Kippelement in unserem Klimasystem darstellt. Käme diese Zirkulation zum Erliegen, hätte dies weitreichende Folgen für das Klimasystem und uns Menschen.“

Verbleibende Unsicherheiten

„Der beobachtete Eisverlust des Grönländischen Eisschilds trägt maßgeblich zum Anstieg des globalen Meeresspiegels bei. Modellsimulationen legen nahe, dass sich Grönlands Meeresspiegelbeitrag in Zukunft weiterhin beschleunigen wird. Es ist gesichertes Wissen, dass ein Voranschreiten der durch die anthropogenen Treibhausgasemissionen verursachten globalen Erwärmung zum Kippen, also zum unumkehrbaren Verlust, des Eisschildes führen kann – und damit zu einem langfristigen globalen Meeresspiegelanstieg von bis zu sieben Metern. Unsicherheiten bestehen im Wesentlichen bezüglich der kritischen Temperaturgrenze jenseits welcher der Eisrückgang unumkehrbar wird und bezüglich der Geschwindigkeit des Eisrückzugs.“

Dr. Ingo Sasgen

Wissenschaftler in der Sektion Glaziologie im Fachbereich Geowissenschaften, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven

Neue Erkenntnisse der Studie

„Die Studie adressiert einen für die Dynamik des grönländischen Eisschildes wichtigen Parameter: die Veränderung der Position der Kalbungsfront. An dieser Grenze – am äußersten Rand des Eisschildes – kalben die Auslassgletscher Eisberge ab, die dann in den Ozean treiben und letztlich dort schmelzen. Das ist ein ganz normaler Prozess, der neben dem Schmelzwasserabfluss das Gegengewicht zur Ansammlung von Schnee im Landesinneren bildet.“

„Es ist bekannt, dass sich die Kalbungsfront für viele Gletscher landeinwärts zurückgezogen hat. Ein prominentes Beispiel ist der Jakobshavn Isbræ im Westen Grönlands. Die Studie rekonstruiert die Veränderung der letzten 40 Jahre und kommt zu dem Ergebnis, dass ab den 2000er Jahren die Gletscher besonders stark gekalbt haben und sich in nahezu allen Gletschergebieten die Kalbungsfronten zurückgezogen haben.“

„Durch den Rückzug sind nun weitere Küstengebiete eisfrei. Die Autoren beziffern den Verlust dieser Eisflächen auf 42 Milliarden Tonnen pro Jahr, das sind circa 20 Prozent des Nettoverlusts des Grönländischen Eisschildes durch Schmelzen und Kalben von circa 221 Milliarden Tonnen pro Jahr. Allerdings befand sich dieses Eis schon im Schwimmgleichgewicht, wodurch es nur zu 10 Prozent zum Meeresspiegelanstieg beitrug. Deshalb steht diese Studie nicht im Widerspruch zu Messungen, die genau den für den Meeresspiegel relevanten Eismassenverlust quantifiziert haben.“

„Der Rückzug der Kalbungsfront beeinflusst jedoch die Fließdynamik der Auslassgletscher durch Veränderung der Spannungszustände im Eis und kann damit indirekt für einen Meeresspiegelanstieg verantwortlich sein. Außerdem bedeutet das verlorene Eis einen Eintrag von Frischwasser in den Ozean, was die Zirkulation verändern könnte.“

Methodik

„Erst neue Satellitendaten zum Beispiel die Sentinel-1A Radarsatelliten der Europäischen Weltraumorganisation haben es möglich gemacht, die Kalbungsfronten flächendeckend und mit hoher räumlicher und zeitlicher Genauigkeit zu bestimmen. Zusammen mit komplexen Eismodellen und neuen Auswertemethoden durch Maschinelles Lernen haben die Autoren nun die Kalbungsfronten für frühere Zeiträume rekonstruiert, in denen die Daten weniger genau oder lückenhaft sind. Für einzelne Gletscher waren die Kalbungsfronten auch für längere Zeiträume gut dokumentiert. Aber ein flächendeckender Datensatz über 40 Jahre in monatlicher Auflösung ist neu und wertvoll für das Verständnis, wie sich die Klimaveränderungen auf die Eisverluste in Grönland auswirken.“

Künftige Entwicklung des Grönländischen Eisschildes

„Über die zukünftige Entwicklung des Grönländischen Eisschildes kann die Studie keine Aussage treffen. Aber es konnte gezeigt werden, dass die Position der Kalbungsfronten – wie andere ‚Vitalparameter‘ des Eisschildes auch – sich mit dem Ende der 1990er Jahre stark verändert haben. Ähnlich verhält es sich für die Schmelzproduktion, sowie die Geschwindigkeit der Auslassgletscher, die auch seit Ende der 1990er Jahren stark zugenommen haben.“

„Die Studie zeigt weiter, dass sich die Kalbungsfront besonders weit bei Gletschern zurückgezogen hat, die auch große jahreszeitliche Schwankungen dieser Grenze aufweisen und damit besonders sensitiv gegenüber Veränderungen im Klimaantrieb sind. Aber auch die Bestimmung der Jahresschwankungen ist wichtig: Es gibt Rückkopplungen mit der Fließgeschwindigkeit, zum Beispiel wird das Eis leichter deformierbar, wenn sich durch die Veränderung der Kalbungsfront die Spannungen im Gletscher stetig verändern [1].“

„In Klimaprojektionen wurden auch in der Vergangenheit Modellläufe durchgeführt, in denen der Rückzug der Kalbungsfront vorgeschrieben wurde. Aber ob diese Projektionen korrigiert werden müssen, wissen wir erst, wenn die Erkenntnisse aus dieser Studie in neue Eismodelle Eingang gefunden haben. Im Idealfall hilft diese Studie, die Wechselwirkungen zwischen den Prozessen im Eisschild in Modellen besser abzubilden.“

Auswirkungen auf Meeresspiegel und Ozeanströmungen

„Der zusätzliche Eintrag von Süßwasser durch den Rückzug ist mit circa 42 Milliarden Tonnen vergleichsweise klein im Vergleich zum Gesamtausstoß des Eisschilds von nahezu 1000 Milliarden Tonnen pro Jahr. Einige Experimente zeigen, dass selbst eine Verdopplung des Gesamtausstoßes nur geringen Effekt auf die Stärke der Atlantischen Umwälzzirkulation haben würde. Hier besteht allerding noch weiterer Forschungsbedarf mit Modellen, die die Kopplung zwischen Ozean, Atmosphäre und Meereis berücksichtigen und hochauflösend genug sind, um Strömungen entlang der Küste und Wirbel abzubilden [2]. Auch voll gekoppelte Klimamodelle mit variablem Grönlandeis zeigen keine sehr große zusätzliche Auswirkung auf die Atlantische Umwälzzirkulation durch das Abschmelzen des Eisschildes [3]. Studien legen nahe, dass das Schmelzwasser nicht ohne weiteres die Regionen erreicht, in denen die Tiefenwasserbildung im Ozean empfindlich reagiert.”

„Der direkte Effekt auf den Meeresspiegel ist gering, da das aufschwimmende Eis in den Gebieten 90 Prozent des Wassers verdrängt hat, was jetzt wieder durch Ozeanwasser ersetzt wird.“

Verbleibende Unsicherheiten

„Die größten Unsicherheiten liegen in den Wechselwirkungen zwischen Prozessen und möglichen Verstärkungen der Eisverluste. Der Eisschild wird zunehmend Temperaturregimen ausgesetzt, für die wir keine historischen Vergleichsmessungen haben. Immer wieder werden neue Veränderungen beobachtet und Rekorde dokumentiert. Es besteht die Gefahr, dass Rückkopplungen für immer höhere Temperaturen an Bedeutung gewinnen und in Simulationen derzeit nicht adäquat abgebildet sind.“

Dieses Statement entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Gerrit Lohmann, Leiter der Arbeitsgruppe Dynamik des Paläoklimas am Alfred-Wegener-Institut.

Prof. Dr. Martin Horwath

Professor für geodätische Erdsystemforschung, Institut für Planetare Geodäsie, Technische Universität Dresden

Der Grönländische Eisschild

„Der Grönländische Eisschild besteht zum weit überwiegenden Teil aus Eis, das auf dem Festland aufliegt. Die Gletscherfließbewegung des Eises transportiert das Eis in Richtung Eisschildrand. Dort mündet es typischerweise in Gletscherzungen, die im Ozean oder in einem Fjord aufschwimmen, also nicht mehr auf Festland aufliegen. Am Ende dieser Gletscherzungen – den Gletscherfronten oder Kalbungsfronten – bricht das Eis in Form von Eisbergen ab.“

Neue Erkenntnisse der Studie

„Die Studie untersucht, wie sich die Länge der Gletscherzungen mit der Zeit ändert – also wie sich die Gletscherfronten verschieben. Jahreszeitlich schieben sich Gletscherfronten typischerweise im Herbst bis Frühjahr vor und gehen im Sommer durch den verstärkten Abbruch von Eisbergen wieder zurück. Über längere Zeiträume hinweg aber wird ein Rückgang der Gletscherfronten festgestellt und dies für fast jeden der gut 250 untersuchten Gletscher. Der Rückgang war seit Anfang der 2000er Jahre viel stärker als in den 1980er und 1990er Jahren. Eines der markantesten Ergebnisse betrifft die Kopplung zwischen jahreszeitlichem Verhalten und Langzeitverhalten. Die Gletscher, deren Gletscherfronten jahreszeitlich stark variieren, sind auch diejenigen, die über längere Zeiträume am stärksten zurückgehen.“

„Aus dem Rückgang der Gletscherfronten berechnet die Studie auch, wie die Masse der Gletscherzungen abgenommen hat.“

„Es ist wichtig, die schwimmenden Gletscherzungen stärker in den Blick zu nehmen. Deren Änderungen steuern letztendlich auch das Fließverhalten des auf Land aufliegenden Eises. Die Studie ist in ihrem Datenumfang und in einigen Analyseansätzen neuartig. Sie profitiert davon, dass immer mehr Satelliten-Fernerkundungsdaten verfügbar sind und dass sich Auswertungsmethoden mit maschinellem Lernen rasant entwickelt haben.“

Unterschiede zu bisherigen Schätzungen des Eismasseverlustes

„Wenn bisher Massenänderungen des Grönländischen Eisschilds ermittelt wurden, so geschah dies in der Regel bewusst nur für den auf Festland aufliegenden Teil. Dafür gibt es gute Gründe. Erstens: Für den Meeresspiegelanstieg sind nur die Eismassenänderungen an Land relevant. Denn wenn Eis schmilzt, das bereits auf dem Ozeanwasser schwimmt, ändert sich nach dem Archimedischen Prinzip der Meeresspiegel nicht. Wenn man Dichteeffekte berücksichtigt, ändert sich der Meeresspiegel immer noch sehr wenig. Zweitens: Aus technischen Gründen sind einige Methoden nur dafür geeignet, Änderungen des aufliegenden Eises zu bestimmen.“

„Die Studie schätzt nun eine andere Zielgröße ab als die meisten bisherigen Massenbilanzstudien. Die Studie zeigt, wie sich die Masse der – größtenteils aufschwimmenden – Gletscherzungen geändert hat. In den letzten zwei Jahrzehnten betrug diese Massenänderung rund 20 Prozent der Massenänderung des aufliegenden Eises.“

„Es ist nicht so, dass bisherige Schätzungen revidiert werden müssen. Sie galten meist einfach einer anderen Zielgröße. Es ist klar, dass die Masse aufliegenden Eises weniger abnimmt als die Masse von aufliegendem und aufschwimmendem Eis zusammen.“

Auswirkungen auf Ozeanströmungen

„Die Autoren betonen zurecht, dass die Massenänderung des aufschwimmenden Gletschereises berücksichtigt werden muss, wenn man den Schmelzwassereintrag in den Ozean abschätzen will. Hierfür wurde bisher manchmal lediglich die Massenänderung des aufliegenden Eises zugrunde gelegt. Der Schmelzwassereintrag kann sich etwa auf Meeresströmungen auswirken. Die Ergebnisse der Studie werden also dazu beitragen, dass Untersuchungen zu Änderungen von Meeresströmungen genauer werden.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Dr. Johannes Feldmann: „Es bestehen keine Interessenkonflikte.“

Dr. Ingo Sasgen: „Ich habe keine Interessenkonflikte.“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Primärquelle

Greene CA et al. (2024): Ubiquitous acceleration in Greenland Ice Sheet calving from 1985 to 2022. Nature. DOI: 10.1038/s41586-023-06863-2.

Literaturstellen, die von den Expertinnen und Experten zitiert wurden

[1] Bondzio JH et al. (2017): The mechanisms behind Jakobshavn Isbræ's acceleration and mass loss: A 3-D thermomechanical model study. Geophysical Research Letters. DOI: 10.1002/2017GL073309.

[2] Martin T et al. (2023): On the ocean's response to enhanced Greenland runoff in model experiments: relevance of mesoscale dynamics and atmospheric coupling. Ocean Science. DOI: 10.5194/os-19-141-2023.

[3] Ackermann L et al. (2020): AMOC Recovery in a Multicentennial Scenario Using a Coupled Atmosphere-Ocean-Ice Sheet Model. Geophysical Research Letters. DOI: 10.1029/2019GL086810.

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] Lenton TM et al. (2023): The Global Tipping Points Report 2023. University of Exeter.
Kapitel 1.2 „Tipping points in the cryosphere“ beschäftigt sich unter anderem mit möglichen Kipppunkten des Grönländischen Eisschildes.

[II] Oltmanns M et al. (2018): Increased risk of a shutdown of ocean convection posed by warm North Atlantic summers. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/s41558-018-0105-1.

Dazu: Science Media Center (2018): Schmelzwasser aus Grönland mögliche Gefahr für den Golfstrom. Research in Context. Stand: 12.03.2018.