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12.10.2023

Was bringt das Verbot von bewusst zugesetztem Mikroplastik?

     

  • ab Sonntag sind loser Glitzer und Kosmetika mit Mikroperlen in der EU verboten
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  • schrittweise werden weitere Produkte ausgeschlossen, die Mikroplastik enthalten
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  • laut Forschenden sind die betroffenen Produkte nur eine vergleichsweise kleine Quelle von Mikroplastik in der Umwelt
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Ab dem kommenden Sonntag sind einige Produkte, die bewusst zugesetztes Mikroplastik enthalten, in der EU verboten [I]. Loser Glitzer sowie Peelings und Cremes, die Mikroperlen enthalten, dürfen dann nicht mehr verkauft werden. Schrittweise über die kommenden zwölf Jahre wird die EU weitere Produkte verbieten. Darunter fallen Kosmetika und Waschmittel, die Mikroplastik enthalten, das ihnen eine bestimmte Textur oder Farbe verleiht. Beispielsweise enthalten Shampoos oft Kunststoffe, die einen Plastikfilm um die Haare legen. Mit einer Übergangsfrist von acht Jahren werden darüber hinaus auch Kunststoffgranulate für Kunstrasenplätze verboten. Diese sind laut EU-Kommission die größte Quelle von bewusst zugesetzten Mikroplastik.

Die neue Regelung wurde am 25. September beschlossen [I]. Sie umfasst „alle synthetischen Polymerpartikel unter fünf Millimeter, die organisch, unlöslich und schwer abbaubar sind.“ Laut Schätzung der EU gelangen jährlich 42.000 Tonnen Mikroplastik, das bewusst zu Produkten hinzugefügt ist, in die Umwelt [II]. Dort breitet es sich über die Luft, Wasser und Böden aus und akkumuliert in Nahrungsnetzen. Die negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme sind vielfältig. Mikroplastik gelangt auch in den menschlichen Körper. Dort hat es potenziell schädliche Effekte auf das Immunsystem, Stoffwechsel, Darmflora und Fruchtbarkeit. Diese sind jedoch noch nicht in Studien mit Menschen nachgewiesen. Daten, Referenzen und offene Forschungsfragen dazu finden Sie in unserem Living Fact Sheet „Problemfelder Plastik“.

Allerdings gelangt nicht nur Mikroplastik, das Produkten bewusst zugesetzt wird, in die Umwelt und den menschlichen Körper. Mikroplastik entsteht beispielsweise auch über Abrieb von Textilien oder Autoreifen und dadurch, dass Plastikmüll sich unter Umwelteinflüssen langsam in immer kleinere Teile zersetzt. Das SMC hat Forschende daher befragt, inwiefern das neue Mikroplastikverbot der zunehmenden Plastikverschmutzung entgegenwirken kann. Außerdem hat das SMC gefragt, ob das Verbot unerwünschte Nebenwirkungen haben könnte – etwa indem verbotene Produkte durch ebenfalls umweltschädliche Alternativen ersetzt werden.

Übersicht

     

  • PD Dr. Eleonore Fröhlich, Leiterin der Abteilung Core Facility Imaging, Medizinische Universität Graz
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  • Ralf Bertling, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Prozesse, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, Oberhausen
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  • Dr. Martin Löder, Leiter der Mikroplastik-Analytik und Mitglied des Sonderforschungsbereichs Mikroplastik, Lehrstuhl für Tierökologie, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften, Universität Bayreuth
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  • Doris Knoblauch, Senior Fellow und Koordinatorin der Arbeitsgruppe Plastik, Ecologic Institute
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  • Prof. Dr. Annika Jahnke, Leiterin des Departments Ökologische Chemie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Leipzig
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Statements

PD Dr. Eleonore Fröhlich

Leiterin der Abteilung Core Facility Imaging, Medizinische Universität Graz

Entstehung von Mikroplastik

„Mikroplastik entsteht zum einen durch Freisetzung aus mit Mikroplastik versetzten Produkten, zum anderen durch Abrieb von größeren Plastikteilen durch Waschen von Kleidung, die Plastikfasern enthält, oder aus Plastikflaschen und Containern. Mikroplastik wird ebenfalls durch den Abbau von größeren Plastikteilen, vor allem durch Lichteinfluss und mechanische Effekte, in der Umwelt gebildet. Dieser Prozess dauert Jahrzehnte bis Jahrhunderte, wird aber als bedeutsame Quelle für Mikroplastik in der Zukunft gesehen.“

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

„Das Verbot des Zusetzens von Mikroplastik wird zu einer Verringerung der Exposition des menschlichen Körpers mit Mikroplastik führen, dieser Effekt ist allerdings gegenüber dem Einfluss von Abrieb und Zersetzung größerer Plastikteile nicht zu überschätzen.“

„Bezüglich des Verbotes jeglichen Mikroplastikzusatzes ist auch zu bedenken, dass Mikroplastik nicht in gleichem Ausmaß aufgenommen wird, da die Aufnahme von dem Material und der Größe der Partikel abhängt. Zelluläre Studien zeigen, dass Partikel aus Polyethylen mehr aufgenommen werden als gleichgroße Partikel aus Polystyrol, und dass Mikroplastikpartikel, die größer als zehn Mikrometer sind, die Darmschleimhaut kaum passieren können. Die Fütterung von Mäusen mit Mikroplastik über einen längeren Zeitraum führt jedoch zu lokalen Effekten: Entzündungszeichen, verminderter Schleimproduktion und dem programmierten Zelltod von Darmzellen.“

Ralf Bertling

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Prozesse, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, Oberhausen

Nutzen für den Umweltschutz

„Meines Erachtens wird ein Verbot von intendiertem Mikroplastik helfen, Mikroplastik-Emissionen in die Umwelt weiter zu reduzieren. Schon heute verzichten im Bereich Kosmetika viele Hersteller freiwillig auf Mikroplastik in ihren Produkten. Dieser Trend wird sich durch das EU-Verbot verstärken, auch weil es im Bereich Kosmetika ausreichend Materialalternativen gibt [1]. Die Mengen an intendiertem Mikroplastik in Kosmetika oder Waschmitteln sind im Vergleich zu Reifen- oder Textilabrieb eher gering. Bei Kunstrasenplätzen wird das EU-Verbot Infill-freie Kunstrasenplätze fördern. Möglicherweise werden Vereine auch in Erwägung ziehen, ob nicht doch ein Naturrasenplatz für den Spielbetrieb ausreicht.“

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

„Intendiertes – also primäres – Mikroplastik gelangt nach meiner Einschätzung eher selten direkt in den menschlichen Körper. Aufgenommen werden eher textile Mikroplastikfasern und reifenstämmiger Feinstaub – beides sekundäres Mikroplastik – durch die Luft über Mund und Nase. Ob das gesundheitliche Folgen hat, können Ökotoxikologen und Mediziner prüfen. Hier sind weitere Untersuchungen und Studien sicher hilfreich.“

Beurteilung der Fristen

„Generell sind angemessene Fristen sinnvoll, um Herstellern und Anwendern ausreichend Zeit zu geben, auf alternative Materialien umzustellen. Bei Kunstrasenplätzen ist sicher auch die Planungssicherheit für Sportvereine ein Argument für längere Zeiträume. Da es sowohl bei Kunstrasenplätzen als auch bei Kosmetika bereits stoffliche Alternativen zu Kunststoffen beziehungsweise mikroplastikfreie Produkte gibt, wären kürzere Fristen zumindest denkbar.“

Flüssige und halbfeste Kunststoffe

„Meines Wissens gilt das EU-Verbot nicht für flüssige und halbfeste Kunststoffe. Welche Umweltauswirkungen flüssige oder wachsartige Kunststoffe haben, kann ich ad hoc nicht einschätzen. Als Wissenschaftler präferiere ich die Reihenfolge, zunächst mögliche Folgen und Wirkungen flüssiger und halbfester Kunststoffe zu untersuchen und erst danach über weitere Schritte nachzudenken.“

Ungewollte Nebeneffekte

Auf die Frage, ob zu erwarten ist, dass verbotene Produkte durch Alternativen ersetzt werden, die nicht umweltfreundlicher sind:
„Ich denke das nicht. Bei den Produkten, die vom Verbot betroffen sind, gibt es genug umweltfreundliche Stoffe für eine Substitution beziehungsweise umweltfreundlichere Designs. Bei Kosmetika können zum Beispiel Sand, Kaffeesatz oder gemahlene Obstkerne in Peelings eingesetzt werden. Kunstrasenplätze der vierten Generation kommen aufgrund ihrer hohen Faserdichte ohne Infill aus. Interessant ist vor diesem Hintergrund, ob hybride Materialien beziehungsweise Materialverbunde, die einen Anteil Kunststoff enthalten, auch unter die neue EU-Regelung fallen.“

Dr. Martin Löder

Leiter der Mikroplastik-Analytik und Mitglied des Sonderforschungsbereichs Mikroplastik, Lehrstuhl für Tierökologie, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften, Universität Bayreuth

Nutzen für den Umweltschutz

„Die EU erwartet durch die neue Regelung eine signifikante Verringerung der Mikroplastikmenge, die in die Umwelt gelangt. Meiner Einschätzung nach ist es tatsächlich eine gute Maßnahme, um Quellen zu minimieren, die man einfach abstellen kann. Allerdings macht primäres – also intentional zu Produkten hinzugefügtes – Mikroplastik nur einen geringen Teil des Mikroplastiks in der Umwelt aus. Hauptsächlich gelangt es durch unser tägliches Leben mit Plastikprodukten in die Umwelt – über Abnutzung und Abrieb, aber auch infolge der Vermüllung der Umwelt. Letzteres könnte leicht abgestellt werden , wenn die Bürger mitziehen und ihren Müll mit nach Hause nehmen würden. Die neue Regelung ist also kein Tropfen auf den heißen Stein, aber sie verringert den Eintrag nur um einen kleinen Anteil.“

„Wie groß dieser Anteil ist, ist schwierig zu quantifizieren. Zwar lässt sich die Menge an primärem Mikroplastik eventuell über Angaben von Herstellern beziffern. Aber wir wissen nicht, wie viel Mikroplastik insgesamt in der Umwelt vorhanden ist. Dafür ist die Datenlage zu lückenhaft. Die Daten, die in verschiedenen Studien erfasst werden, sind von teilweise sehr unterschiedlicher Qualität und derzeit häufig nicht vergleichbar, weil es keine standardisierte Vorgehensweise und keine Harmonisierung zwischen den Ansätzen gibt. Daher sind alle Zahlen, die Eintragsmengen in die Umwelt angeben, fast immer nur grobe Schätzungen. Das gilt auch für die vielbeachtete Studie vom Fraunhofer Institut, die den Mikroplastikeintrag durch Kunstrasenplätze einschätzt [2]. Solche Studien sind dennoch sehr wichtig, denn sie führen dazu, dass etwas passiert – wie an der aktuellen Regulierung deutlich wird.“

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

„Ich halte die neue Regelung für effektiv, um die Aufnahme von Mikroplastik durch den Menschen in Teilen zu verringern – besonders mit Blick auf Kosmetika. In dem EU-Projekt ,Plastics Fate‘, untersuchen wir unter anderem Aufnahmepfade von Mikroplastik für den Menschen. Dabei haben wir auch Kosmetika untersucht, da diese ein möglicher Aufnahmepfad sind. Zum Beispiel beim Schminken mit Puder oder Lippenstift, der Mikroplastik enthält. Dieses kann dann eingeatmet oder verschluckt werden. Ein Teil der oralen Aufnahme und Inhalation wird also mit dem neuen Verbot verhindert.“

„Welche Auswirkungen aufgenommenes Mikroplastik auf den Menschen hat, wissen wir allerdings nicht. Da steht die Forschung noch ganz am Anfang und wir können lange noch nicht zu einer abschließenden Bewertung kommen.“

Beurteilung der Fristen

„Solche Fristen basieren immer auf einer Abwägung zwischen Umweltschutz, Industrieinteressen und Machbarkeit. Natürlich ist es im Interesse der EU, Firmen nicht in den Ruin zu treiben, die sich auf die betroffenen Produkte spezialisiert haben. Andererseits können die Fristen dazu führen, dass nun betroffene Produkte in großen Mengen einkauft werden, bevor das Verbot kommt.“

Flüssige und halbfeste Kunststoffe

„Das Verbot bezieht sich nur auf festes, unlösliches Plastik. Es betrifft nicht flüssige oder halbfeste Kunststoffe, die uns in vielen Produkten begleiten. Abhängig von der Sorte sind auch bei diesen potenzielle Auswirkungen zu erwarten. In Laborexperimenten mit hohen Dosen haben wir zum Beispiel Auswirkungen einzelner wasserlöslicher Kunststoffe auf Organismen gesehen. Allerdings war das ein sehr vereinfachter Kontext. Ähnlich wie beim Mikroplastik gilt hier: Es handelt sich um einen bunten Strauß an Stoffen mit verschiedenen Eigenschaften, die unterschiedliche Effekte haben können. Wir sind noch weit weg davon, das umfänglich zu verstehen und müssen daher noch weiter forschen.“

Ungewollte Nebeneffekte

Auf die Frage, ob zu erwarten ist, dass verbotene Produkte durch Alternativen ersetzt werden, die nicht umweltfreundlicher sind:
„Das wird die Zeit zeigen. Die Industrie wird immer auf Alternativen ausweichen, die nicht verboten sind. Je nachdem welchen Bezugsrahmen man wählt, kann das dann auch nachteilig sein: Beispielsweise wurden nach dem Einwegplastikverbot in der EU Plastikstrohhalme durch Papierstrohalme ersetzt, die dann aber nicht recycelt werden können, sondern verbrannt werden. So etwas kann auch bei den jetzt verbotenen primären Mikroplastik passieren – und die Regulatorik kommt immer erst hinterher. Glitzer lässt sich beispielsweise auch auf der Basis von Titan oder anderen mineralischen Fragmenten herstellen. Da stellt sich dann die Frage, wo und unter welchen Bedingungen diese abgebaut werden und ob dabei vielleicht Kinderarbeit zum Einsatz kommt. Es besteht also das Risiko, dass die Probleme in andere Bereiche verschoben werden.“

 

Doris Knoblauch

Senior Fellow und Koordinatorin der Arbeitsgruppe Plastik, Ecologic Institute

Nutzen für den Umweltschutz

„Ob das Verbot effektiv sein wird oder nicht können wir erst im Nachhinein bewerten. Es ist aber zu erwarten, dass das Verbot für diese bestimmten Produkte effektiv sein wird. Es wäre ja auch traurig und wenig zielführend, wenn man ein Verbot erlassen würde, von dessen Wirksamkeit man nicht überzeugt ist. Die Mikroplastikmengen, die durch das jetzt in Kraft tretende Verbot in der Umwelt vermieden werden, sind schon relevant, weil jedes Mikrogramm Plastik, das nicht in die Umwelt gelangt, gut ist. Bei vielen der Produkte, die vom Verbot bewusst zugesetzten Mikroplastiks betroffen sind, handelt es sich um solche, die besonders ,nah‘ an der Umwelt dran sind: Kunstrasen wird durch Regen unmittelbar ,ausgeschwemmt‘, Kosmetika landet beim Abschminken oftmals im Abwasser anstatt mit dem Abschminkpad zusammen im Abfalleimer und Dünger landet direkt in der Erde.“

„Allerdings gibt es auch sehr große Mengen an nicht-bewusst zugefügtem Mikroplastik, das direkt in der Umwelt landet: der Abrieb von Reifen oder Schuhsohlen, Lacke und Farben, die erneuert werden und so weiter. Daher würde ich auf das große Ganze schauen: Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und kann Signalwirkung haben. Die Politik kann tatsächlich Dinge verbieten und die Industrie muss sich darauf einstellen. Bei bewusst hinzugefügtem Mikroplastik ist das eine ,low hanging fruit‘, denn das kann am leichtesten geändert werden: Man lässt es ,einfach‘ weg – gesetzt den Fall, dass man die gewünschte Konsistenz, Haltbarkeit und so weiter auch anderweitig herbeiführen kann. Bei Reifenabrieb zum Beispiel ist das wesentlich schwieriger. Außerdem wird alles Makroplastik, das in der Umwelt landet, irgendwann zu Mikroplastik. Auch dafür brauchen wir Regelungen und ja, auch Verbote. Das jetzt in Kraft tretende Verbot kann dafür schon mal den Boden bereiten und die Akzeptanz erhöhen.“

„Begrüßenswert ist in dem Zusammenhang auch, dass die EU die Definition von Mikroplastik weit gefasst hat. Sie hätte aber auch noch weiter gefasst sein können und die Stoffe beinhalten, die chemisch gesehen zwar kein Mikroplastik sind, sich in der Umwelt aber ähnlich wie (Mikro-)Plastik verhalten, was die Schädlichkeit für Mensch, Natur und Umwelt betrifft – zum Beispiel Harze. Außerdem wurden Additive nicht explizit reguliert.“

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

Auf die Frage, inwiefern das Verbot effektiv ist, um der Aufnahme von Mikroplastik in den menschlichen Körper vorzubeugen:
„Gar nicht, denn es ist ja bereits ganz viel Mikroplastik im Umlauf – in allen Ecken der Erde und in allen Bereichen des menschlichen Körpers. Gerade erst wurde es auch in Wolken nachgewiesen [3]. Das ganze (Mikro-)Plastik, das bereits in der Umwelt ist, gelangt durch das jetzige Verbot ja nicht weniger in den menschlichen Körper.“

Prof. Dr. Annika Jahnke

Leiterin des Departments Ökologische Chemie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Leipzig

Nutzen für den Umweltschutz

„2019 wurden in der EU 53 Millionen Tonnen Plastikmüll generiert, die Mengen an Plastikmüll steigen jährlich an. Ein Großteil davon wird recycelt oder einer thermischen Verwertung zugeführt. Aus in die Umwelt freigesetztem Plastik kann durch Verwitterung Mikroplastik entstehen, eine genaue Angabe, wieviel Tonnen das jährlich sind, gibt es meines Wissens nicht. Daher ist ein Vergleich zu den 42.000 Tonnen, die durch die neue Regelung eingespart werden sollen, nur schwer möglich.“

„Die Menge der hier regulierten Mikroplastik-Partikel deckt – im Vergleich zu Partikeln aus anderen Quellen, insbesondere aus der Verwitterung von größeren Plastikgegenständen unter Umweltbedingungen – nicht den Großteil ab. Da aber die Verwendung dieses bewusst zugesetzten Mikroplastiks relativ leicht vermieden werden kann, ist dies ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Vermutlich wird das Verbot von vielen Verbrauchern mitgetragen, und es hilft, das Bewusstsein der Bevölkerung angesichts der Problematik von Plastik in der Umwelt weiter zu schärfen.“

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

„Da es sich um eine Reihe von verbrauchernahen Produkten handelt, die zum Teil direkt mit dem Menschen in Kontakt kommen – wie Zahnpasta – halte ich das Verbot für effektiv. Aber Mensch und Umwelt sind auch Plastik aus anderen, sekundären Quellen ausgesetzt, wie der Luft.“

„Die aktuelle Forschung deutet an, dass eine Aufnahme von Mikroplastik über die Haut eher geringe Bedeutung für die menschliche Belastung hat. Demgegenüber sind Verschlucken und Einatmen wichtige Aufnahmepfade, die hier teils begrenzt werden können, beispielsweise durch das Verbot von Mikroplastik in Zahnpasta.“

Beurteilung der Fristen

„Im Kosmetikbereich haben viele Hersteller Mikroplastik bereits ersetzt und sind damit dem Wunsch von Verbraucher/innen nach mikroplastikfreien Produkten nachgekommen. Mikroplastik wurde dabei durch natürliche, unkritische Substanzen wie gemahlene Kerne oder Schalen von Früchten – zum Beispiel Pfirsichkerne in Peelings – ersetzt.“

„Im Kosmetikbereich sind durch freiwillige Selbstverpflichtungen teils bereits Alternativen entwickelt worden. Für andere alternative Materialien sind umfassende Testungen ihrer Eignung und Überprüfungen ihrer eigenen Lebenszyklen wichtig, bevor sie mittel- bis großskalig eingesetzt werden können.“

Unerwünschte Nebeneffekte

„Eilig identifizierte Alternativen sind nicht selten ähnlich problematisch wie das ersetzte Material. Für Ersatzprodukte ist eine vorangehende Überprüfung des gesamten Lebenszyklus zentral, um zu gewährleisten, dass die Alternative wirklich vorteilhaft ist.“

Dieses Statement entstand in Zusammenarbeit mit Dr. Dana Kühnel am Department Bioanalytische Ökotoxikologie des UFZ.

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

PD Dr. Eleonore Fröhlich:  „Ich habe keine Interessenkonflikte.“

Ralf Bertling: „Ich habe keinen Interessenkonflikt.“ 

Dr. Martin Löder:  „Es bestehen keine Interessenskonflikte meinerseits.“ 

Doris Knoblauch: „Es besteht auf meiner Seite kein Interessenkonflikt, wenn ich auf die Fragen antworte.“ 

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Literaturstellen, die von den Expertinnen und Experten zitiert wurden

[1] Bertling J et al. (2018): Mikroplastik und synthetische Polymere in Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln. Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht.

[2] Bertling J et al. (2021): Kunstrasenplätze – Systemanalyse. Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht.

[3] Wang Y et al. (2023): Airborne hydrophilic microplastics in cloud water at high altitudes and their role in cloud formation. Environmental Chemistry Letters. DOI: 10.1007/s10311-023-01626-x.

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] Europäische Kommission (25.09.2023): Schutz von Umwelt und Gesundheit: Kommission erlässt Maßnahmen zur Beschränkung von bewusst zugesetztem Mikroplastik. Pressemitteilung.

[II] Europäische Kommission (25.09.2023): Fragen und Antworten zur Beschränkung für bewusst zugesetztes Mikroplastik.