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13.06.2022

Nutzen angepasster Corona-Impfstoffe bei immer neuen Virusvarianten

     

  • Moderna legt Daten für angepassten Omikron-Impfstoff gegen BA.1 vor
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  • dieser generiert mehr neutralisierende Antikörper als durch bestehendes Vakzin
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  • neue Virusvariante BA.5 bald jedoch dominierend – ständiges Impfupdate notwendig?
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Die Mutationsfreude von SARS-CoV-2 ist derzeit wieder eindrücklich zu beobachten: Die Virusvariante BA.5 breitet sich immer weiter aus und wird in wenigen Wochen wohl die Variante BA.2 hierzulande ablösen und das Infektionsgeschehen dominieren. Zwar trifft auch BA.5 dann auf eine weitgehend geimpfte und/oder genesene Bevölkerung, doch stellt sich die Frage, inwieweit neue, auf die jeweilige Variante zugeschnittene Impfstoffversionen jetzt oder künftig vonnöten sind.

Der US-Pharmakonzern Moderna etwa hat vergangene Woche erste Ergebnisse seines bivalenten Omikron-Impfstoffs mRNA-1273.214 vorgelegt [I]. Daten von Biontech werden zeitnah erwartet. Moderna testete eine Auffrischungsdosis, die sowohl die Spike-mRNA des ursprünglichen Impfstoffs als auch eine neue an die Omikron-Variante BA.1 angepasste mRNA enthält. Demnach erzeugte diese Kombination bei Personen ohne Anzeichen einer früheren Infektion mit dem Coronavirus 1,75-mal so viele neutralisierende Antikörper gegen Omikron wie der bestehende Moderna-Impfstoff allein.

In einer Pressekonferenz teilte Moderna jedoch mit, man könne noch nicht sagen, ob der angepasste Impfstoff einen dauerhafteren Immunschutz bietet als der bisherige. Basierend auf früheren Ergebnissen einer Studie über einen Impfstoff, der gegen eine andere Variante rekonfiguriert und im April veröffentlicht wurde, sei man aber optimistisch [II]. Moderna hat in seiner aktuellen Mitteilung keine Daten darüber veröffentlicht, wie der aktualisierte Impfstoff gegen die Virusvarianten BA.4 oder BA.5 wirkt.

Diese jüngsten Subvarianten von SARS-CoV-2 verbreiten sich etwas leichter als die vorherigen und scheinen den Immunschutz vor allem bei ungeimpften Genesenen in Teilen zu umgehen. Bisher gibt es keine Anzeichen für eine Veränderung der Krankheitsschwere im Vergleich zu früheren Omikron-Linien [III]. Was ist nun also das Ziel der modifizierten Impfstoffe und was können wir von ihnen erwarten, wenn sich das Virus weiterhin so wandelfreudig zeigt? Hinkt die Entwicklung der Vakzine hier hinterher? Und welche Impfstoffversion sollte mit Blick auf den Herbst bei wem als Booster genutzt werden? Unter anderem diese Fragen hat das SMC Forschenden gestellt.

Übersicht

     

  • Prof. Dr. Andreas Radbruch, Wissenschaftlicher Direktor, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ)
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  • Prof. Dr. Carsten Watzl, Leiter des Forschungsbereichs Immunologie und wissenschaftlicher Direktor, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo), Dortmund, und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI)
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  • PD Dr. Sebastian Ulbert, Abteilungsleiter Impfstoffe und Infektionsmodelle, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI), Leipzig
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  • Dr. Christine Dahlke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Sektion Infektiologie, Schwerpunkt Emerging Infections, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
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Statements

Prof. Dr. Andreas Radbruch

Wissenschaftlicher Direktor, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ)

„Leider sind in der Pressemitteilung von Moderna keine Originaldaten gezeigt. Aus dem Text geht hervor, dass neutralisierende IgG-Antikörper im Blut gemessen wurden. Diesbezüglich ist der angepasste Impfstoff besser als das Original, um wieviel, dazu müsste man die Daten sehen. Der eigentliche Punkt ist aber, wenn es um den Schutz vor Infektion geht, dass der davon abhängt, ob auf den Atemwegen neutralisierende Antikörper sind, und das sind vorwiegend IgA-Antikörper. Diese Antikörper verhindern das Andocken des Virus an seine Wirtszellen zu Beginn der Infektion. Sie müssen dazu aus dem Blut erstmal durch das Epithel nach außen transportiert werden, durch den Poly-Ig-Rezeptor – im Nasen-Rachen-Raum auch durch den neonatalen Ig-Rezeptor. Dieser Transport findet offenbar bei den mRNA-Impfstoffen auch statt, er ist nur nicht sehr ausgeprägt, und hört schnell wieder auf [1]. Da der neue Impfstoff also prinzipiell gleich arbeitet wie der alte, ist hier keine Verbesserung zu erwarten. Der Schutz vor Infektion wird ähnlich gering und kurzfristig sein. Der Schutz vor schwerer Erkrankung ist dagegen abhängig von allen Antikörpern gegen die kodierten Antigene, nicht nur von den neutralisierenden, sondern auch von den zytotoxischen Immunzellen, die vom Virus befallene Zellen abtöten. Diese Zellen erkennen kleine Bruchstücke der Antigene, sind deshalb schon von vornherein recht unbeeindruckt von den Mutationen der Varianten. Mit anderen Worten: Der Schutz vor schwerer Erkrankung wird weiterhin sehr gut sein, ob er bei dem binären Impfstoff besser sein wird, wird die Zeit zeigen, es wäre aber nicht überraschend, wenn er auch nicht besser wäre.“

Auf die Frage nach dem zu empfehlenden Booster zur Vorbeugung einer Infektionswelle im Herbst:
„Ein Boost mit dem angepassten Impfstoff wäre im Herbst sinnvoll für diejenigen, die auf einen Boost überhaupt noch ansprechen, die also noch nicht so hohe Antikörperspiegel haben [2]. Vorhersehbar würde dadurch auch der relativ kurzfristige Schutz der Atemwege vor Infektion noch einmal erhöht, also der Schutz vor Infektion, für die Monate der nächsten Welle. Es würde also der Infektionsdruck verringert und damit die Welle abgeflacht. Und da vermutlich der neue Impfstoff besser die Varianten abdeckenden neutralisierenden Antikörper induziert, wäre dieser Schutz vor Infektion auch bei dem neuen Impfstoff noch effektiver.“

Auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Impfstoffs, der auf bereits überholte Virusvarianten wie bald BA.1 abzielt:
„Noch besser wäre einer, der auch die Virusvariante BA.5 berücksichtigt, aber auch der BA.1-Impfstoff ist da schon besser als der Originalimpfstoff.“

Auf die Frage, inwieweit man sich bei der Entwicklung von Corona-Vakzinen am etablierten Modell der alljährlichen multivalenten Grippeschutz-Impfungen orientieren sollte:
„Aus meiner Sicht gar nicht. Bisher hat es noch keine SARS-CoV-2-Variante geschafft, der Immunität komplett zu entkommen (Immunflucht), der Schutz vor schwerer Erkrankung bleibt konstant hoch, auch gegen BA.5, im Verhältnis zu den Inzidenzraten bei über 90 Prozent. Und von SARS-CoV(-1) wissen wir, dass die Konzentrationen neutralisierender Antikörper im Blut über mehr als 17 Jahre stabil bleiben. Dass diese Antikörper auf Dauer keinen Schutz vor Infektion bieten, sondern (nur) vor schwerer Erkrankung, ist eine andere Sache. Hier würde man vielleicht neue Vakzine brauchen, die diesen Schutz langfristig induzieren, eventuell also welche, die über die Atemwege appliziert werden. Ich verweise hier auch auf die Arbeit von Hall und Kollegen, die gezeigt haben, dass nach Infektion oder Impfung der Schutz vor Infektion nach sechs Monaten auf 50 Prozent sinkt. Bei geimpften Genesenen bleibt er dagegen auch nach einem Jahr noch bei 90 Prozent [3].“

Prof. Dr. Carsten Watzl

Leiter des Forschungsbereichs Immunologie und wissenschaftlicher Direktor, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo), Dortmund, und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI)

„Die Daten von Moderna zeigen, dass Personen, die die vierte Impfung mit dem bivalenten Impfstoff bekommen haben, mehr neutralisierende Antikörper gegen Omikron im Blut haben als Personen, die die vierte Impfung mit dem herkömmlichen Impfstoff bekommen haben. Aus diesen Daten kann man schließen, dass damit auch der Schutz gegenüber Omikron durch den bivalenten Impfstoff besser sein wird. Aus den Antikörperdaten kann man aber nicht ableiten, wie hoch die Effektivität beim Schutz gegenüber Infektion oder der schweren Erkrankung sein wird. Dazu brauchen wir wieder Daten aus der breiten Anwendung dieser Impfstoffe. Verglichen mit den neutralisierenden Antikörpern gegenüber dem Ursprungsvirus haben Personen nach der vierten Impfung immer noch weniger neutralisierende Antikörper gegen Omikron. Daher wird durch die vierte Impfung mit dem angepassten Impfstoff zwar der Schutz vor der Infektion mit Omikron verbessert, er wird aber immer noch nicht so gut sein wie der Schutz gegenüber einer Infektion mit den früheren Varianten. Geimpfte Personen mit einer Durchbruchsinfektion, die die vierte Impfung mit dem an Omikron angepassten Impfstoff erhalten haben, zeigen jedoch sehr hohe neutralisierende Antikörper gegen Omikron und sind daher auch wahrscheinlich sehr gut vor der Infektion und der Weitergabe des Virus geschützt. Daraus kann man ableiten, dass gerade die Kombination aus Impfung und Infektion (hybride Immunität genannt) langfristig den besten Schutz geben wird.“

Auf die Frage nach dem zu empfehlenden Booster zur Vorbeugung einer Infektionswelle im Herbst:
„Bei immun-gesunden Personen unter 60 sehe ich aktuell keine Veranlassung zu einer vierten Impfung. Diese Personen haben immer noch einen sehr guten Schutz vor der schweren Erkrankung, werden aber früher oder später eine Durchbruchsinfektion haben. Diese führt dann zu der sogenannten hybriden Immunität, die diese Personen wieder sehr gut vor Ansteckung und Erkrankung schützt. Auf diese Weise werden sich die meisten Personen ihre Immunität alle paar Jahre auffrischen. Personen mit Immunschwäche und alte Personen können aber immer noch ein relativ hohes Risiko für eine schwere Erkrankung haben. Daher sollten diese ihre Immunität im Herbst mit einem angepassten Impfstoff so verbessern, dass sie ohne Infektion oder zumindest ohne schwere Erkrankung durch den Winter kommen.“

Auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Impfstoffs, der auf bereits überholte Virusvarianten wie bald BA.1 abzielt:
„Natürlich ist das Virus mal wieder schneller als die Impfstoffentwicklung. Aber der Unterschied zwischen BA.1 und BA.5 ist deutlich kleiner als der Unterschied zwischen dem Originalimpfstoff und BA.5. Daher macht auch ein an BA.1 angepasster Impfstoff noch viel Sinn. Er stimuliert gerade die Immunzellen, die sowohl die Ursprungsvarianten als auch Omikron erkennen können. Daher wird durch angepasste Impfstoffe die Immunität Varianten-unabhängiger und kann auch vor zukünftigen Varianten einen Schutz bieten.“

Auf die Frage, inwieweit man sich bei der Entwicklung von Corona-Vakzinen am etablierten Modell der alljährlichen multivalenten Grippeschutz-Impfungen orientieren sollte:
„Immun-gesunde Personen unter 60 werden sich ihre Immunität wahrscheinlich alle paar Jahre mit einer Infektion auffrischen. Wer natürlich gar keinen Kontakt mit dem Virus haben will, kann sich auch jährlich im Herbst impfen lassen und bei hohen Inzidenzen zusätzlich Hygienemaßnahmen et cetera beachten. Für Personen mit Immunschwäche und ältere Personen (Ü60) würde aber eine jährliche Auffrischung der Immunität durch eine Impfung im Herbst sinnvoll sein. Also genau wie bei der Grippeschutz-Impfung.“

PD Dr. Sebastian Ulbert

Abteilungsleiter Impfstoffe und Infektionsmodelle, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI), Leipzig

„Durch einen Booster mit dem bivalenten Impfstoff werden im Vergleich zum herkömmlichen Vakzin knapp doppelt so hohe Antikörperwerte gegen die Omikron-Variante erzielt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Anpassung des Impfstoffs an die Omikron-Variante auch wirklich zu einer Omikron-spezifischeren Immunantwort führt. Inwieweit sich das aber in einen besseren Schutz vor einer Erkrankung übersetzen lässt, ist weniger klar. Dazu müssen erst weitere Studiendaten vorliegen. Denn der Unterschied zum herkömmlichen Impfstoff ist nicht extrem groß. Auch der herkömmliche Impfstoff führt zu einem klaren Booster gegen Omikron. Das liegt an der natürlichen Reifung unseres Immunsystems, das durch die wiederholte Gabe desselben Impfstoffs ein immer breiteres Repertoire an Virusvarianten erkennen kann.“

„Es ist grundsätzlich von Vorteil, wenn der Impfstoff dem zirkulierenden Virus möglichst gut entspricht. Die Technologie der mRNA-Impfstoffe ermöglicht die Anpassung an neue Virusvarianten, und daher sollte man das auch einsetzen, wenn es vom Aufwand her akzeptabel ist. Angesichts der vorläufigen Daten würde ich aber nicht erwarten, dass es mit diesem angepassten Booster zu einer wirklichen Kehrtwende in der Kontrolle der Pandemie kommt.“

„Wenn ein Virus wie SARS-CoV2 pandemisch zirkuliert, wird man bei der Impfstoffentwicklung immer hinterherhinken, selbst mit flexiblen Technologien wie der mRNA-Impfung. Wichtig ist, dass man die relevanten Virusvarianten kennt und die Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe konstant überprüft. Die Erfahrungen mit den bisherigen Impfstoffen gegen das Virus zeigen, dass der Schutz vor schwerer Erkrankung sehr robust gegenüber den Virusvarianten ist.“

Auf die Frage, inwieweit man sich bei der Entwicklung von Corona-Vakzinen am etablierten Modell der alljährlichen multivalenten Grippeschutz-Impfungen orientieren sollte:
„Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Dazu muss sich erst herausstellen, inwieweit Varianten-spezifische Impfstoffe einen Vorteil im Pandemiegeschehen bieten. Außerdem setzt ein System wie das bei Influenza eine gewisse Regelmäßigkeit und zeitliche Begrenzung im Auftreten des Virus voraus. Und das ist bei SARS-CoV-2 noch nicht abzusehen.“

Dr. Christine Dahlke

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Sektion Infektiologie, Schwerpunkt Emerging Infections, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

„Die Entwicklung von bivalenten Impfstoffen wie jetzt von Moderna liefern wichtige Daten für COVID-19-Impfstoffe. Für die Verbreiterung des Impfschutzes auf mehr Varianten nutzt Moderna die Entwicklung von Impfstoffen, die zwei verschiedene Varianten des Spike-Proteins enthalten. Einige Ergebnisse deuten darauf hin, dass Impfstoffe mit zwei verschiedenen Spike-Proteinen vor mehr Varianten gut schützen können als ein monovalenter Impfstoff (ein Impfstoff, der nur eine mRNA-Variante des Spike-Proteins enthält; Anm. d. Red.). Es ist jetzt der zweite bivalente Impfstoff von Moderna und im Hinblick auf die Entwicklung von VoCs (Variants of concern), können bivalente Impfstoffe wichtig sein, um eine breitere Immunantwort hervorzurufen und somit geschützter vor Infektion und vor schwerer Erkrankung zu sein. Es sind wichtige Studien, die die Impfstoffentwicklung wieder einen Schritt weiterbringt. Neben Sicherheitsdaten sind hier auch die Immunogenitätsdaten wichtig zu analysieren. Moderna kündigt in seiner Pressemitteilung an, dass der zweite bivalente Impfstoff mRNA-1273.214 einen dauerhafteren Schutz gegen bedenkliche Varianten hervorrufen könnte. Da Moderna allerdings noch keine Daten veröffentlicht hat, ist eine Bewertung des Impfstoffes noch nicht möglich. Neben Sicherheits- und Immunogenitätsdaten wären auch Studien zur Wirksamkeit wichtig, um den Effekt eines bivalenten gegenüber einem monovalenten Impfstoff zu untersuchen.“

Auf die Frage nach dem zu empfehlenden Booster zur Vorbeugung einer Infektionswelle im Herbst:
„Die Frage kann ich nicht beantworten, da es schwierig ist, das Infektionsgeschehen, die Übertragbarkeit der Varianten, die Virulenz oder Immunogenität der Varianten und die Verfügbarkeit von neuen Impfstoffen für den Herbst zu beurteilen. Da wir die Entwicklung der neuen Varianten und des Infektionsgeschehens nicht vorhersehen können, muss die klinische Notwendigkeit, der Zeitpunkt einer Auffrischungsimpfung, die Dosis sowie die Verwendung angepasster Impfstoffe leider noch geklärt werden. Können zum Beispiel auch Impfstoffe, die oral oder inhalativ verabreicht werden, einen guten Schutz für den Herbst liefern? Können Impfstoffe, die gegen das Nukleoprotein gerichtet sind, gute T-Zell-Antworten gegen verschiedene Varianten hervorrufen? Und brauchen wir eventuell spezielle Impfstoffe für bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie ältere Menschen, Risikopatienten und Menschen, die enge Kontakte mit Risikopatienten haben? Und sind hier Vakzine, die hohe und langanhaltende T-Zell-Antworten induzieren, ein wichtiges Tool? Zurzeit würde ich noch keine Empfehlungen aussprechen. Allerdings sollten Impfstoffentwickler weitere Studien durchführen, um Daten von neuen oder angepassten Impfstoffen zu generieren und Erkenntnisse über Boost-Intervalle, optimale Dosis, und eventuell auch zur Impfstoffroute zu gewinnen, um für den Herbst Empfehlungen basierend auf Daten aussprechen zu können. Die Publikation von Munro und Kollegen, die Sicherheits- und Immunogenitätsdaten einer vierten Dosis im Vergleich zu einer dritten Dosis beschreiben, sowie die Daten aus Israel zur vierten Impfung, sind etwa wichtige Studien, die wir benötigen, um Empfehlungen auszusprechen. Zum Beispiel kann der Nutzen einer vierten Dosis bei Personen, die aufgrund einer kürzlich erfolgten Infektion oder Impfung bereits eine starke Immunantwort aufweisen, sehr viel geringer sein [2] [4].“

Auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Impfstoffs, der auf bereits überholte Virusvarianten wie bald BA.1 abzielt:
„Die Frage ist eher: Können wir mit bivalenten oder multivalenten Impfstoffen eine breitere Immunantwort hervorrufen und uns somit besser vor neuen Varianten schützen? Wir werden wahrscheinlich nie den perfekt angepassten Impfstoff haben. Können wir aber eine breitere Antikörper- und T-Zell-Antworten mit den neuen Impfstoffen induzieren und somit einen höheren Schutz gegen Infektion oder schwere Erkrankung bei neuen Varianten hervorrufen? Eine für mich sehr wichtige Frage ist zudem, wie wir einen besseren Schutz vor Infektion bei den Risikopatienten hervorrufen können. Sind hier Impfstoffe, die eine hohe mukosale Immunität hervorrufen geeigneter? Benötigen wir Mix-Match-Kombinationen, um eine höhere und langanhaltendere Immunantwort zu induzieren? Oder sind bivalente Impfstoffe für die Risikopatienten geeignet?“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

PD Dr. Sebastian Ulbert: „Interessenskonflikte habe ich keine.“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Chan RWY et al. (2021): The Mucosal and Serological Immune Responses to the Novel Coronavirus (SARS-CoV-2) Vaccines. Frontiers in Immunology. DOI: 10.3389/fimmu.2021.744887.

[2] Munro APS et al. (2022): Safety, immunogenicity, and reactogenicity of BNT162b2 and mRNA-1273 COVID-19 vaccines given as fourth-dose boosters following two doses of ChAdOx1 nCoV-19 or BNT162b2 and a third dose of BNT162b2 (COV-BOOST): a multicentre, blinded, phase 2, randomised trial. The Lancet Infectious Diseases. DOI: 10.1016/S1473-3099(22)00271-7.

[3] Hall V et al. (2022): Protection against SARS-CoV-2 after Covid-19 Vaccination and Previous Infection. New England Journal of Medicine. DOI: 10.1056/NEJMoa2118691.

[4] Bar-On YM et al. (2022): Protection by a fourth dose of BNT162b2 against omicron in Israel. New England Journal of Medicine. DOI: 10.1056/NEJMoa2201570.

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] Moderna (08.06.2022): Moderna announces omicron-containing bivalent booster candidate mrna-1273.214 demonstrates superior antibody response against omicron. Pressemitteilung.

[II] Moderna (19.04.2022): Moderna announces clinical update on bivalent covid-19 booster platform. Pressemitteilung.

[III] European Centre for Disease Prevention and Control (13.05.2022): Epidemiological update: SARS-CoV-2 Omicron sub-lineages BA.4 and BA.5. Pressemittelung.