Wärmepumpe, Wasserstoff und Wärmeplanung – Wie heizen wir morgen?
Die heftige und zum Teil sehr emotionalisierende Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat wohl vielen Menschen zum ersten Mal vor Augen geführt, dass es bei jedem zu Hause jetzt schnell ernst wird mit den Klimaschutz. Seit gut dreißig Jahren ist zwar bekannt: Es muss etwas passieren! Aber bis jetzt wurde viel immer wieder verschoben. Jetzt ist die Zeit knapp, Umrüstungen zum Beispiel bei der Heiztechnik müssen sehr schnell gehen, wenn sie noch einen deutlich spürbaren Effekt auf den Klimawandel haben sollen. Daher sollte es eigentlich auch keine langen Übergangsfristen geben für Klimaschutzmaßnahmen – doch vielleicht sind die, die in den „Leitplanken“ zum GEG hinzugefügt werden sollen, auch eine Chance: Sie geben kurz Luft, um sich vorbereiten zu können auf die neue Heizwelt, in der die Wärmepumpe künftig eine viel größere Rolle als heute spielen dürfte. Diese, da sind sich Forschende offenbar seit einigen Jahren immer einiger, wurde in den zurückliegenden Jahren so stark verbessert, dass sogar Gewissheiten über die Sanierung – erst Dämmen, dann heizen, Wärmepumpen brauchen Fußbodenheizungen – offenbar nicht mehr ohne weiteres stimmen.
Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Als Abschlussfrage wurde nach den politischen Rahmenbedingungen gefragt: Was wird das für Auswirkungen auf die Installation von Wärmepumpen auf die Preise im Land haben? Ist es eigentlich in Ordnung, wenn Hausbesitzer jetzt warten, bis die kommunale Wärmeplanung vorliegt?
Wissenschaftlicher Geschäftsführer und Fachbereichsleiter Energie, Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu)
„Meines Erachtens wird es voraussichtlich eine gesetzliche Regelung geben, die keine Austauschpflicht aber trotzdem eine Verpflichtung zur Nutzung eines Erneuerbaren Energieanteils von 65 Prozent beinhaltet. Das ist nicht komplett abgewendet, sondern das ist einfach verknüpft worden mit der kommunalen Wärmeplanung. Ich sehe in dieser Verknüpfung durchaus auch einige Probleme. Die einen, die schon fertig sind mit der Wärmeplanung, die fragen sich jetzt: Gilt dann bei uns das Gesetz früher? Die anderen, die noch keine Wärmeplanung haben, werden sie nach hinten rausschieben, weil sie sonst Ärger von Bürgerinnen und Bürgern bekommen. Und ein eigentlich sehr sinnvolles Instrument – nämlich die Wärmeplanung –, das wir schon seit langem empfehlen, wird damit ein bisschen desavouiert.“
„Es ist auch klar, dass eine Regelung, wie sie jetzt im Leitplankenpapier steht, in Hinblick auf die Auswirkung auf die Klimaziele nicht den gleichen Klimaeffekt haben kann wie eine Regelung, die direkt gegolten hätte. Und deswegen müssen wir schauen, wo diese jetzt nicht eingesparten Millionen Tonnen an Treibhausgasen dann hergeholt werden können, wenn wir insgesamt die Klimaschutzziele in Deutschland erreichen wollen. Das ist durchaus ein Problem.“
„Ich glaube, der Markttrend wird stark in Richtung Wärmepumpen und Wärmenetze gehen – von sich aus, durch die gute Förderung sowie durch die Diskussion, die jetzt stattgefunden hat und die wirklich zum Bewusstsein für das Thema der Wärmewende geführt hat. Und deswegen glaube ich, dass wir auch weiterhin ein starkes Marktwachstum sehen werden.“
„Und das führt dann zu der letzten Frage, die ja auch ein bisschen insinuiert ist: Was bedeutet das für die Kosten von Wärmepumpen? Da sehen wir verschiedene gegenläufige Entwicklungen. Einerseits die großen Hersteller, die massiv in Fertigungskapazitäten investieren und sich zum Teil mit ausländischen Herstellern verbünden. Wir werden mehr Wettbewerb bei den Wärmepumpen sehen. Auf der anderen Seite, wenn wir eine hohe Förderung, eine hohe Nachfrage haben, dann wird es natürlich auch dazu führen, dass wir am Anfang noch einen Nachfrageengpass haben. Der Markt wird sich im Laufe der Zeit entsprechend entspannen. Deswegen glaube ich, sind das jetzt in Bezug auf den Umstellungsprozess die zwei schwierigsten Jahre. Auch für die Handwerker, die dazulernen und sich jetzt fortbilden müssen. In dieser Übergangszeit kann der Wärmepumpenzubau noch nicht mit unverminderter Geschwindigkeit stattfinden. Und dennoch ist er jetzt und sofort wichtig.“
Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik, E.ON Energy Research Center, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Aachen
„Wenn ich in einem Stadtgebiet wohne, in dem in naher Zukunft ein permanentes Wärmenetz gebaut wird, das auch an meinem Gebäude vorbeigeht, dann ist es natürlich extrem sinnvoll darüber nachzudenken, sich dort anzuschließen, weil das dann auch die Wirtschaftlichkeit für das jeweilige Wärmenetz verbessert. Insofern sollte man bei der Entscheidung, auf welche Heizungstechnik man setzt, die kommunale Wärmeplanung – in der Stadt aber auch auf dem Land – berücksichtigen. Denn wenn noch jemand ein Wärmenetz bauen wird, dann wird er die Gebäude, die schon eine Wärmepumpe haben, nicht mehr mitversorgen. Das heißt auch, dass es für die anderen, die dann noch versorgt werden, teurer werden wird, als es vielleicht geworden wäre, wenn man mit einer sehr hohen Anschlussquote unterwegs ist. Da ist der Blick nach Dänemark ganz gut. Die haben an vielen Stellen mit Anschlusszwang gearbeitet, was bei uns in der Vergangenheit immer sehr negativ diskutiert worden ist. Sie haben es aber dadurch geschafft, eine extrem hohe Quote von Gebäuden in sehr überschaubarer Zeit mit einem heute sehr effizienten Wärmenetz zu versorgen. Also auch da muss man die Vor- und Nachteile wirklich sauber gegeneinander abwägen.“
Leiter der Abteilung Energieeffiziente Gebäude, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg
„Noch mal aus Kundensicht gedacht: Ich werde jetzt einen Teufel tun – nachdem wir ein Vierteljahr lang täglich aus den unterschiedlichen Quellen fast nichts anderes mehr gehört haben – dann zu sagen: Ich habe jetzt im Maximalfall fünf Jahre Zeit und mache mir keine weiteren Gedanken. Sondern ich glaube, der entscheidende Punkt ist – und da bietet dieser Prozess dieses Vierteljahres auch eine Chance –, dass ich selber noch mal gucke, wie ist meine Situation? Also wenn ich jetzt in einem ländlichen Gebiet unterwegs bin, dann ist, die Wahrscheinlichkeit, dass ich ganz viele Alternativen bekommen werde, nicht sonderlich groß. Da lege ich den Fokus und schaue mir an, wie ist eigentlich mein Gebäude? Was habe ich denn da für Heizkörper drin? Wo könnte ich denn gegebenenfalls meine Außeneinheit sinnvoll und ästhetisch hinstellen? Und wenn ich in einer dicht besiedelten Kommune bin, da bestehen dann unter Umständen andere Optionen. Und diese Optionen werden ja vielleicht auch nicht die fünf Jahre brauchen. Und deswegen ist ganz klar: Ich muss morgen früh nicht meine Heizung rausreißen, aber ich muss mir jetzt Gedanken machen, wie kann eine Investitionsplanung sein? Und da kann natürlich auch ein Teil mal in die Erneuerung der Fenster oder die Dämmung eines Dachgeschosses oder so etwas fließen, wenn sich das einfach darstellt.“
„Das ifeu führt Forschungs- und Beratungsprojekte durch, in denen Hintergrundanalysen wie zum Beispiel Wirtschaftlichkeitsanalysen, Modellierungen, techno-ökonomische Bewertungen und so weiter für Ministerien, unter anderem das BMWK, durchgeführt werden, hier ein Beispiel. Das hat keinen Einfluss auf unsere Ergebnisse und Faktentreue.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Dr. Martin Pehnt
Wissenschaftlicher Geschäftsführer und Fachbereichsleiter Energie, Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu)
Prof. Dr. Dirk Müller
Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik, E.ON Energy Research Center, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Aachen
Sebastian Herkel
Leiter der Abteilung Energieeffiziente Gebäude, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg