Einbaupflicht für digitale Stromzähler
Diesen Monat will der Bundestag das Gesetz zur „Digitalisierung der Energiewende“ verabschieden. Die Bundesregierung folgt damit einer Vorgabe der Europäischen Union (Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG). Das Gesetz soll den Rahmen für eine verbindliche Ausstattung aller Stromverbraucher mit digitalen Stromzählern setzen. Die Zähler sind derzeit teurer als analoge, die Daten sollen aber Verbrauchern eine bessere Kontrolle über ihren Verbrauch und damit Einsparungen ermöglichen. Weil diese Daten zum Beispiel auch an Stromversorger übertragen werden, entsteht ein neues Datenschutzproblem. Mit dem Thema beschäftigt sich der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestages in einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch, 13. April.
Stellvertretende wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Zukunftsenergiesysteme (IZES) gGmbH, Saarbrücken
Bei der verbindlichen Ausstattung von Verbrauchern und kleinen Stromerzeugern mit digitalen Zählern muss abgewogen werden, welche energiewirtschaftlichen Vorteile daraus entstehen und welche Nachteile (mögliche Mehrverbräuche oder die Beeinträchtigung des Datenschutzes und der Privatsphäre) daraus resultieren. Möglicherweise könnte auch eine niedrige geographische Aggregationsebene (ein digitaler Zähler für mehrere Straßen oder Ortsteile) ausreichen, um die energiewirtschaftlich notwendigen Effekte zu erzielen.
Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin
„Die Digitalisierung ist ein wichtiger Baustein der Energiewende, um mehr Flexibilität zu ermöglichen. Die Gefahr der Digitalisierung besteht wie immer durch einen möglichen Datenmissbrauch. Die Gefahr des Datenmissbrauchs besteht jedoch mittlerweile in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen. Die Chance der Einführung von digitalen Stromzählern liegt in der Ermöglichung von mehr Transparenz über Energieangebot und Energienachfrage. Über diese Transparenz kann mehr Flexibilität erzielt werden.“
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Technische Physik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
„Ich kenne meinen Elektroenergieverbrauch und mein Verbrauchsverhalten sehr gut, und eine bessere Übersicht durch digitale Zähler würde mir keinen nennenswerten Mehrwert liefern. Eine große Chance wäre jedoch eine bessere Klassifizierung von Verbrauchern und Kleinerzeugern und somit eine bessere Steuerung im Falle eines Überschusses oder Mangels an elektrischer Energie. Dadurch könnte u.a. das Potential des Last- und Angebotmanagements deutlich besser genutzt werden. Ein Risiko besteht in der Sicherheit der Daten und in der Nutzung der Daten durch Dritte. Wenn man betrachtet, welcher Aufwand für die Datensicherheit im Allgemeinen betrieben wird und wie oft Daten missbraucht werden, erscheint mir sehr fraglich, ob preiswerte digitale Zähler die gewünschte Datensicherheit gewährleisten können.“
Professor für Regenerative Energiesysteme, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin
Die Einführung von intelligenten Zählern oder sogenannten Smart Metern um ihrer selbst Willen birgt mehr Risiken als Chancen. Derzeit stehen dabei Kosten von 100 Euro pro Jahr für kleinere regenerative Stromerzeuger und Verbraucher im Raum. Bei schon gebauten kleinen Photovoltaikanlagen, die bereits heute über eigene Monitoring-Systeme und Smart-Home-Anwendungen verfügen, werden dadurch unnötige Zusatzkosten ohne erkennbaren Nutzen generiert. Das kann die Akzeptanz in dem Segment komplett zerstören. Statt eines Zwangs-Rollout sollten besser intelligente Anwendungen vorangetrieben und unterstützt werden, die den Einsatz von Smart Metern auch ohne Zwangsmaßnahmen für den Endkunden attraktiv machen. Dies könnte bei der Netzintegration von mittleren und größeren regenerativen Anlagen vergleichsweise einfach gelingen.
Leiter des Instituts für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft (ie3) der Technischen Universität Dortmund
„Digitale Zähler sind ein Baustein für Smart Grids bzw. Energie 4.0 und zur Erschließung von Flexibilitäten für ein zukünftiges, auf erneuerbaren Energien basierendes Energiesystem. Letztendlich ist ein digitaler Zähler ein Mikrochip mit Messklemmen und Gehäuse. Dieser muss und wird meiner Meinung nach in naher Zukunft genauso günstig oder günstiger sein als althergebrachte Standardzähler. Eine Überfrachtung durch speziell entwickelte Sicherheitsprotokolle - im Gegensatz zu heute teils sogar standardisierten und verfügbaren Lösungen - ist ein teurer Sonderweg, der vermieden werden sollte. Schlichte, einfache und robuste Lösungen, die natürlich sicher sein müssen, sind die Devise. Letztendlich geht es nur um ein paar Messpunkte und nicht um Spionagesysteme mit Weltbedrohungspotential. Häufig wird hier die Kirche nicht im Dorf gelassen.“
Mitgründer der Vision Electric Superconductors GmbH
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Eva Hauser
Stellvertretende wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Zukunftsenergiesysteme (IZES) gGmbH, Saarbrücken
Prof. Dr. Claudia Kemfert
Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin
Prof. Dr. Mathias Noe
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Technische Physik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. Volker Quaschning
Professor für Regenerative Energiesysteme, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin
Prof. Dr. Christian Rehtanz
Leiter des Instituts für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft (ie3) der Technischen Universität Dortmund