Werbung für E-Zigaretten auf Instagram
Mit ihrem überraschenden Bekenntnis zu einem Tabakwerbeverbot hat Angela Merkel erneut Bewegung in das politische Gerangel innerhalb der CDU/CSU-Fraktion gebracht. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Karin Maag, rechne nach der Sommerpause mit einer Einigung, die bisher im Wesentlichen ein Tabakverbot für Außenwerbung für klassische Zigaretten vorsehe [I]. Auch Kinowerbung sowie Verschenk-Aktionen sollen altersmäßig weiter eingeschränkt werden. Ein erster Entwurf, meldete das Redaktionsnetzwerk Deutschland, sehe allerdings Ausnahmen für Produkte abseits der klassischen Zigarette vor. Unklar bleibt, ob und wenn ja welche Art von E-Zigaretten von den geplanten Werbeverboten ausgenommen werden sollen [II].
Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention, anerkanntes WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
„Die Studie umfasst eine qualitative und quantitative Auswertung von Instagram-Posts mit Bezug auf die E-Zigarette Juul. Es ist zu vermuten, dass diese Posts größtenteils aus den USA stammen, da die Juul vor allem ein US-amerikanisches Phänomen ist (insbesondere im Studienzeitraum März bis Mai 2018). In den USA wird Juul mit einem sehr hohen Nikotingehalt vermarktet (mehr als 50 mg/ml; in der EU sind maximal 20 mg/ml erlaubt) und ist vor allem unter Jugendlichen sehr beliebt – die nun vorgelegte Studie gibt Hinweise darauf, dass dies auch an einer Promotion des Produkts auf der bei jungen Menschen sehr beliebten sozialen Plattform Instagram liegen könnte, denn ein Großteil der Posts hatte jugend- oder lebensstilbezogene Bezüge. Von Tabakwerbung ist bekannt, dass sie von Jugendlichen wahrgenommen wird und bei ihnen verfängt – Studien haben gezeigt, dass Tabakwerbung einen Einfluss auf die Haltung zum Rauchen und somit letztlich auch das Rauchverhalten ausübt. Dies gilt natürlich umso mehr, je spezifischer die Ansprache von Jugendlichen ist, beispielsweise durch Idole und Influencer. Es ist davon auszugehen, dass ähnliche Mechanismen auch bei E-Zigaretten wirken.“
„In der gesamten EU gibt es bereits seit etwa zehn Jahren ein Tabakwerbeverbot im Internet und seit 2016 gibt es auch ein Verbot der Werbung für E-Zigaretten im Internet. Dies schließt Werbung auf sozialen Medien ein. Allerdings waren in der aktuellen Studie nur etwa ein Drittel der Posts als „promotional“, also als verkaufsfördernd eingestuft, und vermutlich waren nicht alle dieser Posts direkte und offene Marketingaktivitäten. Der Problembereich ist vielmehr der graue Bereich von indirekter und verdeckter Werbung, der schwer zu regulieren ist.“
„Dass die aktuellen Vorschläge für ein Tabakwerbeverbot nicht weit genug gehen, steht aber außer Frage. Ein Verbot der Tabakaußenwerbung ist zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber die Tabakindustrie hat schon längst vorgesorgt und neue Marketingkanäle aufgebaut, beispielsweise mittels Promotion-Aktivitäten auf Festivals oder direktem Marketing via E-Mail.“
„Angesichts der erheblichen Krankheits- und Sterblichkeitslast, die mit herkömmlichen Zigaretten einhergeht – dem wohl mit Abstand gefährlichsten frei verkäuflichen Konsumprodukt – hat ein Tabakwerbeverbot klare Priorität. Ein Werbeverbot für E-Zigaretten, die zwar weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten sind, vor denen aber gerade Jugendliche und junge Menschen geschützt werden sollten, wäre ebenfalls sinnvoll. Insbesondere bestünde sonst die Gefahr, dass sonst E-Zigarettenwerbung ausgenutzt werden könnte, um indirekt Werbung für das Rauchen zu machen. Da Außenwerbung und Kinowerbung aber nur einen Teil der Marketingaktivitäten der Zigarettenhersteller ausmachen, müsste ein wirklich adäquates Gesetz ein umfassendes Tabakwerbeverbot umfassen, also auch ein Verbot von Promotion- und Sponsoringaktivitäten sowie von Tabakwerbung am Verkaufsort.“
Programmleiterin „Jugend & Gesundheit“ am Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin, Universität Heidelberg
„E-Zigaretten mögen weniger schädlich sein als herkömmliche Tabakzigaretten. Allerdings geht auch von E-Zigaretten eine Gesundheitsgefährdung für Jugendliche aus. Daher ist es aus meiner Sicht wichtig, Werbebeschränkungen auch für E-Zigaretten einzuführen, damit Jugendliche weder mit dem Konsum von Tabakzigaretten noch mit dem Konsum von E-Zigaretten anfangen.“
„E-Zigaretten dürfen auch in politischen Debatten nicht verharmlost werden – „gesunde Zigaretten“ gibt es nicht. Daher sollten E-Zigaretten keinesfalls aus dem Tabakwerbeverbot ausgeschlossen werden. Es muss verhindert werden, dass Jugendliche durch Werbung in die Versuchung kommen, E-Zigaretten auszuprobieren, und schließlich abhängig werden.“
Professor für Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf
„Ein Gesetz für ein vollständiges Werbeverbot für Tabak und alternative Tabakprodukte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Wasserpfeifen in Deutschland ist überfällig. Tabakwerbung hat vor allem zum Ziel, neue Raucher/innen zu gewinnen – vor allem junge Menschen – sowie den Markt für Tabakprodukte zu erweitern, indem das Rauchen gefördert, das Aufhören mit dem Rauchen entmutigt, und Gesundheitsgefahren in Zweifel gezogen werden [1].“
„Jugendliche und junge Erwachsene sind besonders empfänglich für Tabakwerbung [2]. Die Werbung spricht bewusst psychologische Bedürfnisse von Jugendlichen an, wie Popularität, Gruppenzugehörigkeit und positive Selbstwahrnehmung. Tabakwerbung erhöht erwiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit, dass junge Menschen das Rauchen ausprobieren und zum regelmäßigem Konsum verführt werden [3].“
„Die Studie von Czaplicki et al. zur Werbung für JUUL auf Instagram zeigt, dass ein Tabakwerbeverbot in Deutschland auch E-Zigaretten mit einschließen sollte, sowie die Werbung in sozialen Medien, über die hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene erreicht werden.“
„Es besteht die Gefahr, dass junge Nichtraucher/innen durch die Werbung für E-Zigaretten in eine Nikotinabhängigkeit geraten oder sogar vermehrt in den Konsum von klassischem Tabak einsteigen.“
„Für abhängige Tabakraucher/innen kann die E-Zigaretten eine gesündere Alternative beziehunsgweise Unterstützung bei der Tabakentwöhnung sein. Dafür braucht es allerdings keine kommerzielle Werbung, sondern vielmehr wissenschaftlich fundierte öffentliche Aufklärung über Chancen und Risiken.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Frau Diehl hat keinerlei potenzielle Interessenskonflikte.“
„Keine.“
Primärquelle
Czaplicki L et al. (2019): Characterising JUUL-related posts on Instagram. Tobacco Control; 0:1-6. DOI: 10.1136/tobaccocontrol-2018-054824
Weiterführende Recherchequellen
Science Media Center Germany (2017): E-Zigaretten: Entwöhnungsmittel für Raucher oder neue Gefahrenquelle? Fact Sheet. Stand: 09.02.2017.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] National Cancer Institute (2008): The Role of the Media in Promoting and Reducing Tobacco Use. Tobacco Control Monograph No. 19. NIH Pub. No. 07-6242. Bethesda, MD: U.S. Department of Health and Human Services, National Institutes of Health, National Cancer Institute.
[2] Freeman B et al. (2018): Expert group report on tobacco advertising, promotion and sponsorship: depiction of tobacco in entertainment media. Geneva: World Health Organisation Framework Convention on Tobacco Control (WHO FCTC).
[3] Lovato C et al. (2011): Impact of tobacco advertising and promotion on increasing adolescent smoking behaviours. Cochrane database of systematic reviews. DOI: 10.1002/14651858.CD003439.pub2
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Deutschlandfunk (2019): Maag (CDU) rechnet mit Verbot.
[II] Elbe-Jeetzel-Zeitung (2019): CDU/CSU: Kompromiss zum Tabak-Werbeverbot nach dem Sommer.
PD Dr. Ute Mons
Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention, anerkanntes WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
PD Dr. Katharina Diehl
Programmleiterin „Jugend & Gesundheit“ am Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin, Universität Heidelberg
Prof. Dr. Daniel Kotz
Professor für Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf