Hochverarbeitete Lebensmittel: Verbreitung, Vermarktung und Maßnahmen global und in DACH-Region
Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht drei Artikel, in denen Verbreitung, gesundheitliche Auswirkungen, Gegenmaßnahmen und politische sowie wirtschaftliche Faktoren hochverarbeiteter Lebensmittel beschrieben werden
das Thema wird wissenschaftlich kontrovers diskutiert; neben unklaren Definitionen sind auch systematische Untersuchungen schwierig
Expertinnen und Experten kritisieren das Konzept von hochverarbeiteten Lebensmitteln, geben einen Einblick in die Studienlage und schlagen Strategien vor, um gesunde Ernährung zu fördern
Hochverarbeitete Lebensmittel – auch „ultra processed food“ (UPF) genannt – lösen andere Lebensmittel immer stärker in der Ernährung ab und erhöhen das Risiko für verschiedene Krankheiten, wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gegenmaßnahmen könnten an unterschiedlichen Punkten greifen und die Hersteller von hochverarbeiteten Lebensmitteln sollten weniger Macht im Ernährungssystem erhalten. Zu diesen Schlussfolgerungen kommt eine Serie von Aufsätzen, die im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht wurden. Die Autorinnen und Autoren versuchen damit einen Überblick und mehr Klarheit in ein kontrovers diskutiertes Thema zu bringen (siehe Primärquellen).
Schon der Begriff „hochverarbeitete Lebensmittel“ ist stark umstritten. Es gibt bisher keine allgemeingültige Definition. Die Einteilung in diese Lebensmittelkategorie geschieht in der Regel anhand des NOVA-Systems, welches Lebensmittel aufgrund ihres Verarbeitungsgrads in vier Gruppen einteilt und durchaus kritisiert wird [I] – auch von den Autorinnen und Autoren der aktuellen Studien. Trotzdem sind hochverarbeitete Lebensmittel mittlerweile ein fester Begriff – in der Forschung und im gesellschaftlichen Diskurs. Das Beforschen von Ernährungsweisen ist sehr schwer, teuer und aufwändig. Neben den wenigen experimentellen Studien [II] [III] besteht das Forschungsfeld daher zumeist aus Korrelationsstudien.
Associate Professor, Food and Nutritional Sciences, University of Reading, Vereinigtes Königreich
Definition hochverarbeiteter Lebensmittel
„Die Definition von hochverarbeiteten Lebensmitteln (UPF) ist mehrdeutig und kombiniert eine Reihe unterschiedlicher Kriterien, jedoch nicht immer konsistent. Zum Beispiel werden Zusatzstoffe oft als ein Hauptindikator für hochverarbeitete Lebensmittel angesehen. Jedoch werden einige Lebensmittel, die beispielsweise Nitrit als Zusatzstoff enthalten, nicht als hochverarbeitet eingestuft – während Fleischprodukte ohne Nitrit, wie Würste, oft als solche eingestuft werden. Forschung zur Klassifizierung von Lebensmitteln zeigt, dass selbst nach einem Training zur NOVA-Klassifizierung Unstimmigkeiten auftreten, die die Forschung beeinflussen können.
Schwierigkeiten bei der Erforschung
„Obwohl sehr oft behauptet wird, dass hochverarbeitete Lebensmittel gesundheitsschädlich sind, sind die vorhandenen Daten in keiner Weise eindeutig. In klinischen Studien konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass eine Ernährung mit hochverarbeiteten Lebensmitteln, die sich an allgemeine Ernährungsempfehlungen hält, keinerlei negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat [1].“
„Daten zur Auswirkung auf die Gesundheit – besonders auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs – beruhen fast ausschließlich auf Beobachtungsstudien. Diese sind dafür jedoch nicht unbedingt geeignet. Das Problem hierbei ist die Erfassung der Ernährung, und insbesondere des Konsums hochverarbeiteter Lebensmittel. Die meisten in der Ernährungsforschung verwendeten Methoden wurden nie zur Schätzung des UPF-Verzehrs entwickelt. So wird zum Beispiel erfasst, dass Brot konsumiert wurde, aber nicht, um welche Art von Brot es sich handelt. Das führt dazu, dass in Großbritannien jedes Brot als ,hochverarbeitet‘ klassifiziert wird – und damit alle Schüler, die ein Pausenbrot zur Schule mitnehmen, plötzlich hochverarbeitete Lebensmittel konsumieren. Das betrifft auch zahlreiche andere Lebensmittel, wie Joghurt oder Frühstückscerealien, bei denen es sowohl verarbeitete als auch hochverarbeitete Versionen gibt.“
„Ohne zuverlässige Daten zum Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel auf individueller Ebene ist es unmöglich, Aussagen über die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Lebensmittel zu machen. Kaufdaten erlauben eine Abschätzung für die gesamte Bevölkerung – mehr aber auch nicht, weil sie keine Rückschlüsse auf den Konsum einzelner Personen zulassen. Dies ist keine neue Kritik und wurde bereits von vielen Wissenschaftlern geäußert, einschließlich des britischen Scientific Advisory Committee on Nutrition (SACN). Die Autoren behaupten, dass solche Messfehler unbedeutend wären, ohne zu erklären, warum das der Fall sein sollte.“
Auswirkung auf die Gesundheit
„Es gibt verschiedene Erklärungen dafür, weshalb Beobachtungsstudien darauf hindeuten, dass sich der Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel schädlich auf die Gesundheit auswirkt. Eine Erklärung ist, dass Konsumenten solcher Lebensmittel generell häufig einen weniger gesunden Lebensstil pflegen, zum Beispiel eher rauchen und sich weniger bewegen. Eine weitere Erklärung ist, dass viele hochverarbeitete Lebensmittel eine ungesunde Zusammensetzung haben – das heißt, dass sie viel Zucker, Fett und/oder Salz enthalten – und die Ergebnisse daher eher auf dem Konsum von Fett, Salz und Zucker beruhen und der Verarbeitungsgrad unbedeutend ist. Weiterhin gibt es einige hochverarbeitete Lebensmittel – zum Beispiel zuckerhaltige Limonaden oder Wurstwaren – deren negative Auswirkung auf die Gesundheit bereits bekannt sind. Daher ist es nicht offensichtlich, weshalb der Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln besser für die Charakterisierung von Lebensmitteln sein soll als die bisherige Methode, die auf der Zusammensetzung beruht.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Dazu gibt es nur wenige Daten. Der Hauptunterschied beruht vermutlich darauf, dass viele hochverarbeitete Lebensmittel schneller und einfacher konsumiert werden können, und daher der ,Überkonsum‘ einfacher ist. Allerdings gibt es meines Wissens nach keine Daten, die hochverarbeitete und nicht-hochverarbeitete Lebensmittel direkt miteinander vergleichen – zum Beispiel vergleichbare hochverarbeitete und nicht-hochverarbeitete Versionen von Brot, Kuchen oder Eis.“
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Ernährungsmedizin, und Professor für Ernährung des Menschen, Justus-Liebig-Universität Gießen
Definition und Erforschung hochverarbeiteter Lebensmittel
„Kritiker bemängeln, dass hochverarbeitete Lebensmittel selbst für Fachleute schwer zu erkennen seien [2]. Dabei wird übersehen, dass sie anhand bestimmter Zutaten, sogenannter Hochverarbeitungsmarker, eindeutig identifiziert werden können [3]. Meine Gruppe hat beispielsweise das nichtkommerzielle Ernährungsprogramm Neatic inklusive kostenloser App entwickelt, das mit drei einfachen Grundsätzen mehr als drei Viertel aller hochverarbeiteten Lebensmittel zuverlässig erkennt [4].“
„Es gibt bereits gut kontrollierte Interventionsstudien, die zeigen, dass der Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel zu Überessen und Übergewicht [5][6] führt und das Abnehmen [1] erschwert. Zudem ist ein hoher Verzehr mit vorzeitigem Tod und zahlreichen Erkrankungen verbunden, insbesondere Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Depression und Demenz [7]. Mithilfe solcher Studien [7] können Kausalitäten nicht bewiesen werden, allerdings sind sie gut geeignet, um Risikofaktoren für weiterführende Untersuchungen zu definieren – oder anders ausgedrückt: Faktoren, die keine Assoziation mit einer Erkrankung aufweisen, spielen typischerweise auch keine Rolle bei dieser Erkrankung.“
„Die Hinweise verdichten sich inzwischen in erdrückender Weise, dass hochverarbeitete Lebensmittel der zentrale Treiber für die weltweite Zunahme von Adipositas und deren Folgeerkrankungen in den vergangenen fünf Jahrzehnten sind. Kritiker führen an dieser Stelle gerne an, dass bisher keine Studie den Einfluss von UPF auf die genannten Endpunkte bewiesen hat. Dabei werden aber zwei Punkte verschwiegen: a) Es gibt für über Jahr(zehnt)e laufende Ernährungsweisen keine Möglichkeit, Effekte zu beweisen, da man beispielsweise nicht 1000 Menschen über zehn Jahre in eine kontrollierte Ernährungsinterventions-Studie einschließen kann, das heißt, es wird ein Beweisgrad verlangt, der schlichtweg nicht umsetzbar ist. b) Die Kritiker haben keine plausible Alternativerklärung, warum Adipositas in den letzten 50 Jahren so massiv angestiegen ist. Für oft diskutierte und intuitiv sinnvoll klingende Faktoren wie weniger Bewegung oder generell mehr Kalorien in der Nahrungskette ist die Datenlage verglichen zu UPF viel schwächer bis non-existent.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Trotz ähnlichem Fett- und Zuckergehalt unterscheiden sich hochverarbeitete Lebensmittel deutlich von weniger verarbeiteten Produkten wie frisch gebackenem Kuchen. In hochverarbeiteten Lebensmitteln finden sich deutlich häufiger sogenannte kosmetische Zusatzstoffe wie Aromen, Süßungsmittel und Farbstoffe, die Geschmack und Aussehen künstlich verbessern [3]. Für Aromen [8] und Süßungsmittel [9] liegen überzeugende Daten vor, dass sie Überessen und Übergewicht begünstigen. Zudem konnte meine Arbeitsgruppe kürzlich zeigen, dass ein erhöhter Konsum von Aromen, Süßungsmitteln und Farbstoffen mit einer höheren Sterblichkeit assoziiert ist [10].“
„Aromen wirken über eine Störung der Geschmack-Nährstoff-Assoziation und eine Stimulation des hedonischen (genussgesteuert; Anm. d. Red.) Essens [8]. Passend hierzu überessen Tiere, wenn das Futter aromatisiert ist. Süßungsmittel wirken über ähnliche Mechanismen wie Aromen, also über die Steigerung von hedonischem Essen und einer Störung der Süßgeschmack-Kalorien-Assoziation – Untertyp der Geschmack-Nährstoff-Assoziation. Zudem existieren höchstrangig publizierte Studien auch beim Menschen, dass Süßungsmittel das Darmmikrobiom stören und darüber insbesondere Insulinresistenz und Glukosestoffwechselstörungen hervorrufen [4].“
„Darüber hinaus werden in hochverarbeiteten Lebensmitteln traditionelle Zutaten wie Mehl, Eier und Butter oft durch billige, sogenannte nicht-kulinarische Zutaten wie modifizierte Stärke, Proteinisolate und modifizierte Öle ersetzt. Da nicht-kulinarische Zutaten meist hochisolierte Substanzen (Substanzen, die aufgereinigt und in keinerlei physiologische Matrix mehr eingebettet sind; Anm. d. Red.) sind, tragen sie zur Nährstoffarmut hochverarbeiteter Lebensmittel bei.“
Verbreitung in Deutschland
„In einer Marktanalyse mit über 24.000 Lebensmitteln konnte meine Arbeitsgruppe zeigen, dass etwa die Hälfte der in deutschen Supermärkten angebotenen Produkte hochverarbeitet ist [4]. Diese Ergebnisse entsprechen unseren publizierten Daten aus Großbritannien, wo ebenfalls rund die Hälfte der Supermarktprodukte hochverarbeitet war [11]. Dieser hohe Anteil hochverarbeiteter Lebensmittel trägt maßgeblich zu einer adipogenen Umwelt bei, also einer Umwelt, die Übergewicht und Adipositas systemisch fördert.“
Einschätzung der Maßnahmen und Einsatz in Deutschland
„Viele der bereits im Kampf gegen das Rauchen bewährten Maßnahmen lassen sich auch auf hochverarbeitete Lebensmittel übertragen [12]. Dazu gehören die Besteuerung, die Kennzeichnungspflicht und Werbeverbote. Wie beim Rauchen wird auch die Verringerung des Konsums hochverarbeiteter Lebensmittel nur gelingen, wenn diese unterschiedlichen Ansätze gemeinsam umgesetzt werden. Besonders wirksam ist eine Besteuerung, da der Verbrauch nachweislich mit steigenden Preisen sinkt. Deutschland setzt derzeit jedoch auf die Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie und auf die individuelle Verantwortung der Verbraucher. Die Datenlage zeigt eindeutig, dass sich mit diesem Vorgehen keine Verbesserung erzielen lässt [12].”
Professorin für Ernährungsphysiologie im Ruhestand,
Definition und Erforschung von hochverarbeiteten Lebensmitteln und deren gesundheitlichen Auswirkungen
„Die Definition von hochverarbeiteten Lebensmitteln (UPF) ist wissenschaftlich unsolide und die entsprechende Kategorisierung der Produkte in die NOVA-4 Gruppe erweist sich als schwierig und erscheint oft erratisch. Selbst Experten tun sich schwer bei der Kategorisierung. Wird ihnen eine Liste der Inhaltsstoffe zur Verfügung gestellt, klassifizieren sie fast doppelt so viele Produkte in die NOVA-4 Gruppe, als ohne deren Kenntnis. So wird vielfach auch die Zahl der Inhaltstoffe – von den Rohwaren bis zu den Zusatzstoffen – als Maß der Prozessierung angesehen. Besonders die sogenannten ,kosmetischen Zusatzstoffe‘ nach Definition durch Carlos Monteiro, also Farbstoffe, Süßstoffe, Emulgatoren und weitere, werden besonders kritisch bewertet. Aber selbst Produkte eines bekannten deutschen Herstellers von Tiefkühl-Menüs, der nur natürliche Rohstoffe und keine Zusatzstoffe einsetzt, fallen etwa zur Hälfte in die Nova-4 Kategorie – warum auch immer? Benutzen sie in ihrer Küche die identischen Inhaltsstoffe zur Erzeugung eines solchen Menüs, und frieren es ein, gilt es nicht als UPF. Eine Pizza mit 14 Positionen in der Rezeptur von ihnen hergestellt ist kein UPF, enthält sie als 15. Stoff eine modifizierte Stärke – wie ein Soßenbinder – in Gramm-Qualität, wird sie zum UPF.“
„Die gesamte UPF-Diskussion und vermeintliche Evidenz im Kontext von Erkrankungen oder auch Mortalität basiert fast ausschließlich auf hunderten von Beobachtungsstudien. Diese haben jedoch eine Reihe intrinsischer Probleme, von der Erfassung des Lebensmittelkonsums in Art und Menge, über die UPF-Klassifizierung bis zu den statistischen Methoden mit der Eliminierung der sogenannten Confounder, also anderer möglicher Einflussgrößen, wie Bildungsstand, Lebensstil, Einkommen, Übergewicht und Bewegungsarmut. Auch sind die erreichten Evidenzgrade recht variabel. Dieser exponentiell wachsenden Zahl der Beobachtungsstudien steht eine extrem geringe Zahl von Studien zu möglichen Ursachen und Mechanismen gegenüber. Dies ist unter anderem eine Auswirkung eines modernen Bewertungssystems der Wissenschaften. Sind einmal die Datenbanken vorhanden, lassen sich mit Assoziationsstudien schnell und kostengünstig Publikationen erstellen, die auch in hochgradigen Journalen ihre Würdigung finden. Mechanistische Studien sind dagegen extrem aufwändig, teuer und erfordern eine auch langfristig gesicherte Finanzierung. Dieses extreme Ungleichgewicht in der Studienlage wird durch das moderne Wissenschaftssystem somit befördert und ist auch Teil der Problemlage.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Etwa ein Drittel aller als UPF klassifizieren Produkte sind auf der Grundlage ihrer Bedeutung für die tägliche Kalorienaufnahme als ,reich an Zucker, Fett und Salz‘ zu klassifizieren und sind somit Teil der Gemengelage. Aber auch hier gilt, dass die Dosis, also die verzehrte Portionsgröße‘, das primäre Problem ist, und nicht a priori nur das Produkt. Werden jedoch die UPF-Produkte nach einzelnen Untergruppen in ihrer Wirkung auf Gesundheit oder Mortalität analysiert, so erweisen sich sowohl in den Studien aus den USA, wie auch aus Europa, insbesondere die süßen und gesüßten Getränke, wie Fruchtsäfte und Limonaden, und das ,rote Fleisch‘ und vor allem die daraus hergestellten Produkte, wie Wurstwaren und Schinken, als Treiber der Risiken. Andere UPF-Unterkategorien scheinen dagegen sogar moderate protektive Effekte vermitteln zu können. Würden also die Getränke und verarbeiteten Fleischwaren aus der Nova-4 Kategorie eliminiert oder in einer eigenen Gruppe zusammengefasst, ließe sich praktisch keine Evidenz mehr für Effekte der Prozessierung der Lebensmittel als Auslöser der Probleme finden. Dass diese beiden Lebensmittelgruppen bei hoher Verzehrmenge Folgen für die Gesundheit mit sich bringen, ist seit Dekaden bekannt und mit robuster Befundlage dokumentiert; und wird nun durch den UPF-Diskurs nochmals belegt.“
Gegenmaßnahmen und Rolle der Lebensmittelindustrie
„Ich halte die sogenannte Macht der Lebensmittelindustrie, also des produzierenden Gewerbes in Deutschland, für nicht sehr ausgeprägt. Wir haben mehr als 5500 Lebensmittel produzierende Unternehmen (mit mehr als 20 Mitarbeitern), die rund 75 Prozent der Produkte zur Verfügung stellen. Nur rund 25 Prozent des Warenkorbs kommen von den großen Unternehmen, die in der UPF-Diskussion an der Front der Kritik stehen. Wir haben aber einen außerordentlich – auch international – erfolgreichen Lebensmitteleinzelhandel, der mit einer ,Politik des Preises‘ über Dekaden maßgeblich die Werteordnung der Konsumenten prägte. Auch die Anordnung des Warenangebots im Markt obliegt ja nicht dem Zufall. Und wenn dann die Produkte nicht nur preiswert, sondern auch noch schmackhaft und bequem in der Zubereitung sind, wer will es den Menschen verdenken, dass sie so in die Regale fassen, wie sie es tun und damit festlegen, was dort an Produkt steht. Immerhin haben wir in Deutschland das große Privileg, weniger als 15 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Ernährung aufwenden zu müssen.“
„Ich würde auch nicht unterschreiben wollen, dass die traditionelle Kost, beziehungsweise das Essen ,früher‘, so viel gesünder war, wie es zu lesen ist. Selbst im Wirtschaftswunder und meinen Kinder- und Jugendtagen war die Kost energiedicht, reich an Fett und Kohlenhydraten und bei weitem nicht so abwechslungsreich, so frisch und so sicher, wie heute.“
„In der Dichotomie von den ,kritischen Produkten‘ und einer geradezu brutalen Preispolitik in den Märkten, ist die Reduzierung der Problemlage auf die UPF-Produkte bei gleichzeitiger ,Befreiung des Konsumenten‘ von seinem Kauf-/Essverhalten, eine zu eindimensionale und eher populistische Betrachtung, die wohl auch eine ordentliche Portion Zeitgeist in sich trägt.“
„Es scheint mir besonders erwähnenswert, dass fast alle Fachgesellschaften der nördlichen Hemisphäre die Nova-Kategorisierung als nicht hinreichend wissenschaftlich unterfüttert und damit auch nicht als geeignet ansehen, um daraus Empfehlungen zur öffentlichen Gesundheitsvorsorge abzuleiten. Natürlich verfängt aber bei den Konsumentinnen und Konsumenten jedoch allzu leicht das simple UPF-Konzept mit der ,Industrieware‘ als Ursache aller ernährungsbedingter Gesundheitsprobleme.“
„Als besonders bedenklich empfinde ich, dass der faire wissenschaftliche Diskurs zu UPF dadurch unterbunden wird, dass man – wie es hier geschieht – Kritikern der NOVA-Klassifizierung a priori unterstellt, ohne Ethos und Moral als Fahnenträger der Industrie zu fungieren. Das hat es in dieser Form zuvor nicht gegeben und schadet der Wissenschaft.“
Stellvertretende Direktorin am Institut für Biometrie und Epidemiologie, Deutsches Diabetes-Zentrum – Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (DDZ), Düsseldo, und Senior Research Fellow, Department of Health Science, University of York, Vereinigtes Königreich
Definition und Erforschung von hochverarbeiteten Lebensmitteln und deren gesundheitlichen Auswirkungen
„Stark verarbeitete Lebensmittel, definiert nach der NOVA-Klassifikation, werden oft mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und bestimmten Krebsarten in Verbindung gebracht. Beobachtungsstudien zeigen zwar Zusammenhänge zwischen hohem Konsum und chronischen Erkrankungen, doch die Daten sind uneinheitlich: Innerhalb der NOVA-Kategorie 4 (am stärksten verarbeitet) bestehen deutliche Unterschiede, und einige Produkte wie Vollkornbrot oder Milchprodukte mit Zusatzstoffen oder nussbasierte Snacks scheinen weniger problematisch zu sein. Ein grundsätzliches Problem dieser Daten ist, dass der Verarbeitungsgrad meist nur ungenau erfasst wird, sodass kausale Aussagen über den Einfluss der Verarbeitung allein kaum möglich sind. Interventionsstudien zeigen, dass stark verarbeitete Lebensmittel insgesamt die Energieaufnahme erhöhen und zu Gewichtszunahme beitragen, während konkrete Effekte durch spezifische Verarbeitungsmethoden oder Zusatzstoffe unklar bleiben. Hier sollte zukünftige Forschung anknüpfen.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Zur genauen Beurteilung, inwieweit ein selbst hergestelltes Produkt, zum Beispiel Kuchen, gesünder ist als ein industriell hergestelltes, fehlen derzeit leider die Daten. Festhalten lässt sich jedoch am Beispiel Kuchen: Bei selbst gebackenem Kuchen haben wir Einfluss darauf, welche Lebensmittel wir verwenden und in welcher Menge. So können zum Beispiel Mehl mit weniger Raffination (höhere Mehltype), pflanzliche Fette oder weniger Zucker eingesetzt werden.“
Verbreitung und gesundheitliche Auswirkungen von hochverarbeiteten Lebensmitteln in Deutschland
„In Deutschland stammen etwa 30 bis 40 Prozent der täglichen Energieaufnahme aus stark verarbeiteten Lebensmitteln. Besonders relevant sind dabei Süßwaren, Feinbackwaren, Chips, Wurstwaren, Fertiggerichte, Soßen und Softdrinks. Gemeinsam ist diesen Produkten eine hohe Energiedichte sowie häufig ein hoher Zuckergehalt oder eine ungünstige Fettzusammensetzung. Problematisch ist, dass diese Produkte vor allem bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind und ein übermäßiger Verzehr das Risiko für Übergewicht sowie für ernährungsbedingte Erkrankungen erhöhen kann.“
Gegenmaßnahmen
„Allgemein stimme ich zu, dass die Industrie stärker in die Verantwortung genommen werden sollte. Nach aktueller Datenlage erscheinen mir vor allem Maßnahmen sinnvoll, die sich an der Nährstoffqualität der Produkte orientieren: Eine klare Deklarierung kann Verbraucher*innen gezielt informieren, zum Beispiel über Zucker-, Fett- und Salzgehalt sowie über Zusatzstoffe wie Farb- oder Konservierungsstoffe.“
„In Deutschland wird eine Nährwertkennzeichnung teilweise durch den Nutri-Score unterstützt. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges Kennzeichnungssystem, das die Nährwertqualität eines Produkts auf einer fünfstufigen Farb- und Buchstabenskala von A (grün) bis E (rot) zusammenfasst und so den Vergleich innerhalb einer Produktgruppe erleichtert. Ein grüner Score bedeutet jedoch nicht automatisch, dass ein Produkt gesund ist, und ein roter Score nicht, dass es grundsätzlich ungesund ist. Der grüne Score zum Beispiel zeigt an, dass das Produkt im Vergleich zu anderen ähnlichen Lebensmitteln günstiger zusammengesetzt ist; also zum Beispiel weniger Zucker enthält als ein vergleichbares Produkt. Der Score dient so vor allem als Orientierungshilfe beim Vergleich ähnlicher Produkte. Aber er bildet den Verarbeitungsgrad nicht ab.“
„Ich halte es derzeit für schwierig, Produkte mit einem Label für stark verarbeitete Lebensmittel zu versehen, da es noch keine einheitliche Definition gibt und wir zu wenig über die gesundheitlichen Auswirkungen des Verarbeitungsgrades per se wissen. Studien deuten zudem darauf hin, dass nicht alle stark verarbeiteten Lebensmittel gleichermaßen mit dem Erkrankungsrisiko im Zusammenhang stehen, sondern dass verschiedene Produkte unterschiedliche Risiken für die Gesundheit haben können.“
„Darüber hinaus könnte meines Erachtens eine gezielte Steuer, etwa eine Zuckersteuer, die Industrie dazu anregen, den Zuckeranteil in ihren Produkten, wie zuckerhaltigen Getränken und Lebensmitteln, zu reduzieren. Dadurch sinkt die Zuckeraufnahme indirekt, da die Produkte weniger Zucker enthalten. Durch den höheren Preis werden solche Produkte wiederum bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern weniger nachgefragt. Erfahrungen aus anderen Ländern, wie zum Beispiel Großbritannien zeigen, dass solche Steuern in der Praxis tatsächlich zu weniger Zucker in Produkten und zu einem geringeren Konsum führen.“
„Zugleich sollten natürliche Produkte wie Obst und Gemüse für alle bezahlbar sein.“
Arbeitsgruppenleiter Pharmakonutrition, Institut für Ernährungsmedizin, Campus Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Definition und Erforschung von hochverarbeiteten Lebensmitteln und deren gesundheitlichen Auswirkungen
„Die zur Beschreibung von hochverarbeiteten Lebensmitteln verwendete NOVA-Klassifikation ist subjektiv, unpräzise und nicht wissenschaftlich, sondern politisch begründet. Beispielsweise gilt ein Lebensmittel als hochverarbeitet, wenn es irgendeinen Zusatzstoff enthält, egal ob es sich dabei um Vitamin C, Rote-Beete-Extrakt oder einen synthetischen Farbstoff handelt. Das ist ernährungswissenschaftlich unseriös. Außerdem ist es zentraler Bestandteil der NOVA-Klassifikation, dass diese Produkte der Gewinnmaximierung der Hersteller dienen. Dies gilt in unserer modernen Ernährungsumgebung allerdings für jedes kommerziell erhältliche Lebensmittel und sagt nichts über den gesundheitlichen Wert aus.“
„Wenn man hochverarbeitete Lebensmittel undifferenziert betrachtet, gibt es statistische Zusammenhänge mit fast jeder Krankheit. Der differenzierte Blick auf die Studienlage zeigt allerdings zwei wichtige Punkte: Erstens, ein hoher Konsum an hochverarbeiteten Lebensmitteln ist lediglich ein Indikator für einen insgesamt wenig gesundheitsförderlichen Lebensstil – was die statistischen Zusammenhänge zum Großteil erklärt. Zweitens, die Gruppe der hochverarbeiteten Lebensmittel ist aus ernährungsphysiologischer Sicht sehr unterschiedlich. Hierzu gehören neben zuckerhaltigen Softdrinks, Chips und Fastfood auch verzehrfertiges Sauerkraut, Vollkornbrot mit Jodsalz und mit Vitamin D angereicherte Pflanzendrinks. Es ist wissenschaftlich unseriös und völlig unplausibel, diese Lebensmittel gesundheitlich gleichzusetzen. Unterscheidet man dagegen zwischen den verschiedenen Lebensmittelgruppen innerhalb der hochverarbeiteten Lebensmittel, dann zeigt sich: Bei dem Zusammenhang zwischen hochverarbeiten Lebensmitteln und Erkrankungen handelt es sich fast ausschließlich um einen Softdrink- und Wurstwaren-Effekt. Für die übrigen Lebensmittelgruppen besteht kein Zusammenhang mit gesundheitlichen Nachteilen, obwohl sie hochverarbeitet sind.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Die Datenlage ist ziemlich eindeutig: Ursache des Anstiegs ernährungsbedingter Krankheiten in der westlichen Welt sind Lebensmittel, die zu viel Energie, Zucker, Fett und Salz enthalten – und zwar unabhängig vom Verarbeitungsgrad. Zuckersirup, Butterschmalz und gesalzene Nüsse gelten nicht als hochverarbeitet, sind aber ernährungsphysiologisch sehr ungünstig. Umgekehrt gibt es hochverarbeitete Lebensmittel mit sehr positivem Nährwertprofil, zum Beispiel Säuglingsnahrung oder Tofuprodukte.“
Verbreitung und gesundheitliche Auswirkungen
„Es gibt zwar eine Schnittmenge zwischen hochverarbeiteten Lebensmitteln und ,Junk Food‘, aber das ist überhaupt nicht dasselbe. Der Anstieg an ernährungsbedingten Krankheiten ist eine Folge einer zu hohen Zufuhr an Energie, Zucker, Fett und Salz – egal, ob das aus hoch- oder wenig verarbeiteten Lebensmitteln stammt.“
Sinnvolle Gegenmaßmaßnahmen
„Die ernährungsmedizinisch sinnvollsten und wirksamsten Ansätze zur Eindämmung ernährungsbedingter Krankheiten zielen nicht auf den Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln ab, sondern auf ihre Zusammensetzung beziehungsweise auf die Ernährungsumgebungen insgesamt. Konkrete Maßnahmen, die nachweislich wirksam wären, sind demnach das überfällige Verbot von Kindermarketing für Lebensmittel mit schlechtem Nährwertprofil, eine Zuckersteuer bei gleichzeitiger Subventionierung von Gemüse, Obst und Hülsenfrüchten, sowie verbindliche Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kitas und Schulen.“
Senior Scientist, Division of Public Health Nutrition, and Postdoctoral Researcher, Division of Nutrition and Food Quality, Universität Wien, Österreich
„Die Studie liefert hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen von hochverarbeiteten Lebensmitteln keine grundlegenden neuen Erkenntnisse, zeigt jedoch im Rahmen der dreiteiligen Lancet-Reihe, dass die vorhandene Evidenz ausreichend ist, um gesundheitspolitische Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.“
Definition und Erforschung von hochverarbeiteten Lebensmitteln und deren gesundheitlichen Auswirkungen
„In der aktuellen Studie wird dargestellt, welche gesundheitlichen Endpunkte im Zusammenhang mit dem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln bislang untersucht wurden. Zahlreiche prospektive Kohortenstudien (Längsschnittstudie, die Personen miteinander hinsichtlich bestimmter Eigenschaften auf bestimmte Endpunkte vergleicht; Anm. d. Red.) zeigen konsistente Zusammenhänge zwischen dem Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel und einem erhöhten Risiko für verschiedene chronische Erkrankungen, darunter unter anderem Morbus Chron, Adipositas und Type-2-Diabetes. Die Definition von hochverarbeiteten Lebensmitteln bleibt herausfordernd, da sie vor allem auf den industriellen Herstellungsprozess und bestimmte funktionelle Zusatzstoffe abzielt und nicht auf einzelne Lebensmittelgruppen oder Zutaten. Dadurch entsteht eine große Heterogenität in der Gruppe von hochverarbeiteten Lebensmitteln. Eine differenzierte Betrachtung einzelner Subgruppen erachte ich als sinnvoll, um gesundheitliche Risiken präziser zu definieren. Die aktuelle Studie legt den Schwerpunkt zwar auf die Analyse eines sogenannten gesamten hochverarbeiteten Ernährungsmusters, räumt jedoch ein, dass die Untersuchungen gesundheitlicher Auswirkungen einzelner Untergruppen hochverarbeiteter Lebensmittel für regulatorische Entscheidungen beziehungsweise Maßnahmen relevant sein kann.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Im Vergleich zu weniger stark verarbeiteten, aber energie- oder zuckerreichen Lebensmitteln handelt es sich bei hochverarbeiteten Produkten oft um Kombinationen aus hoher Energiedichte und starker sensorischer Optimierung, die den Konsum begünstigen kann. Während ein frisch gebackener Kuchen reich an Zucker und Fett ist, enthält er typischerweise keine technologisch modifizierten Zutaten oder Kombinationen von Emulgatoren oder anderen Zusatzstoffen, die die Lebensmittel-Matrix strukturell verändern kann. Diese Veränderungen bei hochverarbeiteten Lebensmitteln, unter anderem eine weichere Textur, erfordert oftmals weniger Kauen und verzögert das Sättigungsgefühl. Laut der Studie bleiben die beobachteten Zusammenhänge zwischen dem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln und chronischen Erkrankungen auch nach Berücksichtigung von Indikatoren der Ernährungsqualität bestehen. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind jedoch noch nicht ausreichend erforscht. Zu den potenziellen Einflussfaktoren gehören neben Texturmodifkationen auch toxische Kontaminanten, die während der Verarbeitung entstehen oder aus Verpackungsmaterialien freigesetzt werden, sowie potenziell schädliche Klassen und Kombinationen von Zusatzstoffen.“
Verbreitung und gesundheitliche Auswirkungen in Österreich und Deutschland
„In Österreich und Deutschland liegt der Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln in einem ähnlichen Bereich wie im europäischen Durchschnitt; dort macht der tägliche Verzehr im Mittel 27,2 Prozent der gesamten Energiezufuhr aus. Diese Daten stammen von einer Studie (die auch in der dreiteiligen Reihe inkludiert ist), die den Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln anhand der jüngsten Ernährungserhebungen bei Erwachsenen in 22 europäischen Ländern ermittelte [14]. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass einige der inkludierten Ernährungserhebungen aus den frühen bis mittleren 2000er-Jahren stammen und damit möglicherweise das aktuelle Konsummuster nur eingeschränkt wiederspiegeln und gegebenenfalls sogar unterschätzen. Die beobachteten gesundheitlichen Effekte in internationalen Studien lassen sich grundsätzlich auch auf die Bevölkerung im deutschsprachigen Raum übertragen, insbesondere in Hinblick auf chronische Erkrankungen.“
Leiter Medizinische Universitätsklinik, Chefarzt Allgemeine Innere Medizin und Hausarztmedizin, Chefarzt Endokrinologie, Diabetes und Metabolismus, Kantonsspital Aarau
Definition und Erforschung von hochverarbeiteten Lebensmitteln und deren gesundheitlichen Auswirkungen
„Der Zusammenhang zwischen Lebensmittelverarbeitung und Gesundheit ist bekannt und wird international auch kaum angezweifelt. Viele Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen dem hohen Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel und chronischen Krankheiten wie Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und erhöhter Sterblichkeit.“
„Eine klare Definition fehlt aber heute, da Details der Verarbeitung und Klassifikationssysteme wie NOVA ungenau und teils widersprüchlich sind. Das erschwert vergleichbare Studien und eindeutige Aussagen. Die wissenschaftliche Grundlage ist deshalb heute nicht sehr stark.“
„Ein international abgestimmter Standard für die Definition ist daher ein zentraler erster Schritt für die Erforschung der Zusammenhänge von hochverarbeiteten Lebensmitteln und gesundheitliche Auswirkungen.“
Vergleich zu ungesunden weniger verarbeiteten Lebensmitteln
„Hochverarbeitete Lebensmittel unterscheiden sich von weniger verarbeiteten, aber zucker- oder fettreichen Lebensmitteln durch zusätzliche industrielle Verarbeitungsschritte, zahlreiche Zusatzstoffe, oft veränderte Struktur und erhöhte Energiedichte.“
„Auch wenn beide Lebensmittel hohe Mengen an Zucker oder Fett enthalten können, begünstigen hochverarbeitete Produkte nachweislich zusätzlich Überessen, enthalten weniger schützende Inhaltsstoffe und mehr potenziell schädliche Zusatzstoffe, sowie fremde Substanzen aus Verpackungen.“
„Der gesundheitliche Schaden durch Hochverarbeitetes geht also über den reinen Nährstoffgehalt hinaus und ist stärker mit chronischen Erkrankungen assoziiert als bei traditionell zubereiteten, zucker- oder fettreichen Speisen.“
Verbreitung und gesundheitliche Auswirkungen in Österreich und Deutschland
„In der Schweiz machen hochverarbeitete Lebensmittel etwa einen Viertel der durchschnittlichen Ernährung aus, und ihr Anteil steigt weiter an – gerade auch bei jüngeren Menschen.“
„Der Konsum dieser Produkte steht auch hierzulande klar mit einem höheren Risiko für Adipositas, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Karies in Verbindung. Besonders problematisch sind die hohe Energiedichte, das Überessen durch ,hyper-palatable‘ Rezepturen (enthalten viel Fett, Zucker, Natrium oder Kohlenhydrate, um das Belohnungssystem im Gehirn anzuregen und übermäßiges Essen zu fördern; Anm. d. Red.) und der geringe Gehalt an Ballaststoffen oder Mikronährstoffen.“
„Verschiedene Experten in der Schweiz und auch offizielle Stellen bewerten den Konsum als gesundheitlich bedenklich und empfehlen deshalb, stark verarbeitete Produkte zu reduzieren“
Gegenmaßmaßnahmen und deren Umsetzung in der Schweiz
„Am Ende muss der Konsument entscheiden – er kann dies aber nur tun, wenn er korrekte Information zum Verarbeitungsgrad erhält. Sinnvoll ist deshalb eine verstärkte Kennzeichnung – vielleicht auch verpflichtende Warnhinweise. Andere Möglichkeiten, die zu diskutieren sind, beinhalten Werbebeschränkungen – besonders für Kinder –, und gezielte Förderung von frischen, wenig verarbeiteten Lebensmitteln.“
„In der Schweiz werden solche Maßnahmen bisher nur ansatzweise umgesetzt. Konkrete verpflichtende Instrumente wie Pflichtlabels oder Werbebeschränkungen fehlen aber bislang. Die aktuellen Ansätze sind überwiegend freiwillig und wenig verbindlich. Ein umfassender gesetzlicher Rahmen steht also in der Schweiz noch aus.“
„Der Grund für die Zurückhaltung liegt sicherlich in den bisherigen Problemen der einheitlichen Definition und der Validierung von bestehenden Scores. Deshalb ist dieser Konsens in der Definition der wichtige erste Schritt.“
Leiter des Projektbereichs Globale Gesundheitsökonomie, Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, und Co-Sprecher und Mitglied des Lenkungskreises, Leibniz Lab Pandemic Preparedness
Sinnvolle Maßnahmen in Deutschland
„Zu den naheliegenden Maßnahmen, die Deutschland gleichwohl bislang nicht ergriffen hat, gehören die Einführung einer Zuckersteuer und die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel wie frisches Gemüse und Obst. Verboten gehört Werbung für hochverarbeitete Lebensmittel, die sich direkt an Kinder und Jugendliche richtet. Auf kommunaler Ebene gilt es, dem Entstehen von Ernährungswüsten (,Food Deserts‘) vorzubeugen: In Stadtteilen mit geringer Kaufkraft und ohne hinreichendes Angebot gesunder Lebensmittel könnte die Kommune ein solches subventionieren – analog zur von manchen ländlichen Kommunen bereits praktizierten Finanzierung ambulanter Arztpraxen mit angestellten Ärztinnen und Ärzten, welche die lokale Gesundheitsversorgung aufrecht halten. Die Bildungspolitik ist gefordert, weil Kinder, die in ihren Familien nicht mehr das Kochen lernen, anschließend auch als Erwachsene oft keine gesunde Esskultur kennen, vielleicht gar nicht wissen, wie man aus frischen Zutaten abwechslungsreiche und gesunde Mahlzeiten zubereitet, und zudem tendenziell stärker auf Werbung für hochverarbeitete Lebensmittel ansprechen. Als Gegenmaßnahme sollten allgemeinbildende Schulen wieder mit Schulküchen ausgestattet und Kochkurse als Pflichtfach für alle Jugendlichen eingeführt werden. Hochverarbeitete Lebensmittel und gesundes Essen gehören auch auf schulische Lehrpläne in Chemie und Biologie.“
„Vor dem Hintergrund einer stark gestiegenen Zahl von Single-Haushalten und einer sich abschwächenden Bedeutung von Familienbanden könnte es helfen, gesundes Essen als Gemeinschaftserlebnis verstärkt in öffentlichen Räumen zu zelebrieren, zum Beispiel bei kulturellen Ereignissen, Konzerten, Stadtteilfesten oder religiösen Anlässen. Im Gesundheitswesen könnte Ernährungsmedizin – auch zur Prävention und Verhaltensmodifikation – eine stärkere Rolle spielen und zum Beispiel auch Zahnmediziner*innen mit einbeziehen. Diese könnten bei der Erstdiagnose junger Menschen eine frühzeitige individuelle Ernährungsberatung anregen und dadurch dabei helfen, ernährungsbedingte Zahnschäden wie Karies und schlimmeren chronischen Erkrankungen vorzubeugen.“
Die Macht der Lebensmittelindustrie in Deutschland
„Deutschland, das bis zum Zweiten Weltkrieg Schwierigkeiten hatte, seine Bevölkerung aus eigener Produktion ausreichend zu ernähren, ist heute einer der größten Lebensmittel-Exporteure der Welt. Insbesondere durch den Export verarbeiteter und hochverarbeiteter Lebensmittel in die Europäische Union. Ein Großteil der dazu benötigten Rohstoffe und Vorprodukte wird wiederum aus anderen EU-Ländern importiert. Deutschlands zentrale Lage, eine starke Chemieindustrie, das Fehlen einer ausgeprägten landesweiten kulinarischen Tradition und mehrere Zuwanderungswellen nach dem Zweiten Weltkrieg haben eine Ausrichtung des Lebensmittelangebots am Massengeschmack begünstigt, das sich auch in anderen EU-Ländern gut vermarkten lässt.“
„Dem engen Oligopol der größten internationalen Hersteller hochverarbeiteter Lebensmittel, deren Zentralen meist in anderen europäischen Ländern oder in den USA liegen, stehen in Deutschland vier große Lebensmittel-Handelsketten mit großer Marktmacht im Verhältnis zu Verbrauchern und Zulieferern gegenüber. Da Aldi und Lidl auch international stark expandiert haben, können sie den großen Herstellern inzwischen auf vielen Märkten Paroli bieten. Zudem haben Handelsketten neue Trends wie Bio-Lebensmittel, die ihr Kerngeschäft bedrohen könnten, vielfach in ihr Sortiment integriert, so dass alternative Vertriebswege wie Bioläden, Lieferdienste oder Hofverkäufe nicht zu starken Konkurrenten herangewachsen sind. Das Konzept der deutschen Discount-Supermärkte ist vor allem für den Vertrieb lange haltbarer und in Plastik verpackter hochverarbeiteter Lebensmittel optimiert und setzt Zulieferer oft unter erheblichen Preisdruck. Dadurch sind Lebensmittelhersteller, deren Produkte nicht in dieses Konzept passen, in ihren Vermarktungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. In einkommensschwachen Stadtteilen oder Kommunen mit geringer Kaufkraft gibt es oft kaum noch Alternativen zum Einkauf in einem der großen vier Discounter. Wer sich eine Wohnung in einem wohlhabenderen Umfeld nicht leisten kann, hat es dann schwer, sich gesund zu ernähren.“
Gründe für bisheriges Scheitern von Strategien gegen hochverarbeitete Lebensmittel
„In Deutschland wurde in der Ernährungspolitik bislang fast ausschließlich auf Information und Aufklärung gesetzt. Deren Wirkung scheint schon deshalb gering zu sein, weil Menschen, die noch nicht an ernährungsbedingten chronischen Leiden erkrankt sind, oft kaum Interesse an dem Thema haben oder seriöse Informationsangebote gar nicht kennen. Wirkungsvollere Maßnahmen sind in Deutschland wohl auch durch den starken Einfluss von Industrie-Lobbyisten verhindert worden, insbesondere in Zeiten eines von CDU oder CSU geführten Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Zudem argumentiert die Lancet-Serie wohl zu Recht, dass nationale Alleingänge kaum erfolgreich sein können, wenn das Geschäftsmodell transnationaler Hersteller hochverarbeiteter Lebensmittel im Kern darin besteht, die Mägen beziehungsweise Körper der Konsumenten an gewinnmaximierende Investoren auf den internationalen Finanzmärkten zu verkaufen. Gleichwohl kann eine nachhaltige Lösung wohl kaum gegen, sondern nur mit der Lebensmittelindustrie gefunden werden.“
„Bessere kausale Evidenz – der in der Lancet-Serie berichteten Art – könnte in Zukunft ermöglichen, das Verursacherprinzip anzuwenden, um Anbieter hochverarbeiteter Lebensmittel für nachgewiesene gesundheitliche Schäden beziehungsweise chronische Erkrankungen haftbar zu machen und Entschädigungszahlungen durchzusetzen. Zudem könnte eine spezifische Besteuerung einzelner hochverarbeiteter Lebensmittel auf Basis gesundheitsökonomischer Evaluierungen eingeführt werden, die die gesundheitlichen Folgen analysieren und monetär bewerten. Analog dazu, wie sie für die Evaluierung verschreibungspflichtiger Medikamente und Entscheidungen über deren Erstattungsfähigkeit in solidarisch finanzierten Gesundheitssystemen entwickelt worden sind.“
„Auch zu den Gründen für das bisherige Scheitern einer international koordinierten Politik gehört sicherlich das Fehlen hinreichend belastbarer Evidenz – eine Wissenslücke, die aufgrund der Beiträge in The Lancet kleiner geworden ist. Evidenz ist Voraussetzung für Konsens. Es bedarf aber weiterer Forschung zu der großen Frage des 21. Jahrhunderts, wie sich eine gesunde Ernährung für eine immer noch wachsende Weltbevölkerung unter Beachtung planetaren Grenzen des Ressourceneinsatzes und der Belastbarkeit von Ökosystemen am besten sichern lässt. Wenn hochverarbeitete Lebensmittel, die oft kohlenhydratreich sind, durch eine proteinreichere Ernährungsweise ersetzt werden sollen, stellt sich auch die Frage, wie eine ausreichende Menge gesunder proteinhaltiger Lebensmittel für bald zehn Milliarden Menschen bereitgestellt werden kann. Zumal diejenigen, die bereits heute mehr als ausreichend mit Proteinen versorgt sind, eher noch mehr Protein konsumieren wollen, als zugunsten ärmerer Bevölkerungen zum Beispiel in Afrika südlich der Sahara zu verzichten.“
„Zu fragen ist auch, wie die Bepreisung hochverarbeiteter Lebensmittel die Zerstörung von Ökosystemen im globalen Süden angemessen widerspiegeln könnte, wenn dort zum Beispiel Regenwälder für die Zutaten Soja und Palmöl gerodet werden. Akute Krisen wie jüngst die COVID-19-Pandemie und der Ukraine-Krieg können die Ernährungssicherheit weltweit gefährden und zu einem Katalysator für die Entstehung und Verfestigung ungesunder Ernährungsmuster werden. Im globalen Kontext ist Ernährungspolitik oft mit Verteilungskonflikten verknüpft, die sich ohne eine gemeinsame globale Verteilungsethik kaum lösen lassen. Es ist ein besonderes Verdienst der Lancet-Serie, Gerechtigkeitsfragen hochverarbeiteter Lebensmittel und einer globalisierten Lebensmittelindustrie deutlich anzusprechen.“
Leiter des Lehrstuhl für Public Health Nutrition, Universität Bayreuth
Verbreitung und gesundheitlichen Auswirkungen von hochverarbeiteten Lebensmitteln in Deutschland
„Deutschland ist eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Absatz an hochverarbeiteten Lebensmitteln. Studien zeigen übereinstimmend, dass in Deutschland im Schnitt deutlich weniger frische, gering verarbeitete Lebensmittel verzehrt werden als empfohlen, während Produkte wie Softdrinks, Süßwaren, salzige Snacks und verarbeitetes Fleisch häufiger als empfohlen verzehrt werden. Dies hat sehr relevante gesundheitliche Auswirkungen. Rund ein Viertel aller Erwachsenen in Deutschland hat Adipositas, also starkes Übergewicht, und dieser Anteil steigt weiter – allein zwischen 2003 und 2023 um weitere sieben Prozentpunkte, wie Untersuchungen des Robert Koch-Instituts [13] zeigen. Starkes Übergewicht hat häufig Krankheiten wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Arthrose zur Folge. Dies trägt zu den in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hohen Gesundheitskosten und Krankenstand bei.“
Gegenmaßmaßnahmen und deren Umsetzung
„Es geht nicht nur darum, den Verzehr von hochverarbeiteten Lebensmitteln mit einem hohen Zucker-, Fett- und/oder Salzgehalt zu begrenzen, sondern auch darum, gesunde, gering verarbeitete Lebensmittel zu fördern – wie zum Beispiel Obst und Gemüse. Verschiedene Maßnahmen können hierbei helfen. Wissenschaftliche Fachorganisationen empfehlen unter anderem die folgenden Maßnahmen: Verbindliche Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung und ein Bundesinvestitionsprogramm für Schulküchen, eine Mehrwertsteuerbefreiung für Obst und Gemüse und eine Herstellerabgabe auf Softdrinks, eine verbindliche Begrenzung von Werbung für Ungesundes, die an Kinder gerichtet ist und ein verbindliches Nährwertlabelling, zum Beispiel mit dem Nutri-Score. Leider wird bislang keine dieser Maßnahmen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz landesweit umgesetzt. Die meisten anderen europäischen Länder sind uns hier schon Einiges voraus.“
Rolle der Lebensmittelindustrie
„Die Lebensmittelindustrie versucht überall, ihre Interessen gegenüber der Politik zu vertreten, was grundsätzlich legitim ist. Trotzdem haben schon viele Länder weltweit Maßnahmen wie Softdrink-Steuern und Werbeschranken eingeführt, die von Teilen der Lebensmittelindustrie abgelehnt werden. Nur in Deutschland ist dies noch nicht gelungen. Dies hat meiner Einschätzung nach weniger mit der Lebensmittelindustrie zu tun als damit, dass es in Deutschland noch keinen parteiübergreifenden Rückhalt für solche Maßnahmen gibt, und das Thema keine Priorität hat. Das war und ist in anderen Ländern anders, in denen Maßnahmen für eine gesündere Ernährung über die Breite des politischen Spektrums hinweg unterstützt werden.“
Strategien gegen die Lebensmittelindustrie
„Meiner Auffassung nach darf es nicht darum gehen, Strategien ,gegen die Lebensmittelindustrie‘ zu fahren. Die Lebensmittelindustrie ist unverzichtbar für die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend sicheren und gesunden Lebensmitteln. Klar ist aber auch: Viele Produkte, die entwickelt, angeboten und beworben werden, schaden bei regelmäßigem Konsum und in größeren Mengen der Gesundheit – Softdrinks sind hier ein typisches Beispiel. Hier ist es die Aufgabe der Politik, faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen und durch Anreize und klare, unbürokratische Regeln ein gesünderes Angebot zu fördern – zum Beispiel mittels der oben genannten Maßnahmen. Transparenzregeln sind ebenfalls sinnvoll, insbesondere was Interessenkonflikte und Lobbykontakte anbetrifft.“
„Ich erhalte Forschungsmittel von BBSRC (UK government) - „FoodSEqual”. Außerdem pflege ich eine langjährige Zusammenarbeit mit Mars, Inc. zur Erforschung der Auswirkung von Flavanolen auf die Gesundheit. Ich bin im Mitglied im Advisory Committee on Novel Foods and Processes (ACNFP, Food Standards Agency, UK government), Committee on Toxicity (COT, Food Standards Agency, UK government - bis 4/2025) und Scientific Advisory Committee - British Nutrition Foundation.”
„Ich habe das nichtkommerzielle Ernährungsprogramm Neatic inklusive kostenloser App mitentwickelt, welches hochverarbeitete Lebensmittel identifiziert. Ich nehme aus prinzipiellen Erwägungen heraus keine Unterstützung irgendeiner Form von kommerziellen Unternehmen (inklusive Pharma- und Lebensmittelbranche) an.“
„Ich stehe in vergüteter Beraterfunktion bei Tate & Lyle (UK) und Savanna GmbH (D) hinsichtlich Planung und Durchführung von wissenschaftlichen Studien zur Unbedenklichkeit von Zucker-Substitute; Royal Cosun (NL) für neuartige Ansätze in der Lebensmittelproduktion und deren ernährungsphysiologische Bewertung; Wacker Chemie (D) im Bereich Biosolutions für neuartige biotechnologische Produkte und Prozesse. Ich habe in den letzten 3 Jahren für Vorträge eine Aufwandsentschädigung von folgenden Unternehmen/Verbänden erhalten von Raiffeisen (D und A), Avola (CH), PHW-Gruppe, Ferrero (I), Dr. Schär (I), Tiefkühlinstitut (D), Eßakademie (D). Ich habe aber auch Dutzende von Vorträgen ohne Vergütung vor Berufsverbänden, Parteien, NGOs, Vereinen und sonstigen Organisationen gehalten.“
„Es bestehen keine Interessenkonflikte.“
„Kein Interessenkonflikt.“
„Im Zusammenhang mit der Einschätzung der Studie habe ich keine Interessenkonflikte. Aus Gründen der Transparenz möchte ich angeben, dass es im Rahmen von Drittmittelprojekten Kooperationen mit Alpro, BeyondMeat, Oatly und YFood gab. Außerdem bin ich Geschäftsführer der Unternehmensberatung Hanseatic Food Science Consulting GmbH."
„Ich habe bei diesem Thema keine Interessenkonflikte.“
„Ich habe Forschungsmittel von Bundesministerien und der EU erhalten, sowie Honorare und Kostenerstattungen von Fachgesellschaften, Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen (darunter der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, WWF Deutschland und der Verbraucherzentrale Bundesverband) sowie dem AOK-Bundesverband.“
„Es besteht kein Interessenkonflikt.“
„Ich bin Präsident der Eidgenössischen Ernährungskommission und der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Metabolismus Schweiz. In der Vergangenheit habe ich Forschungszusammenarbeiten mit Nestle und Abbott Nutrition gehabt.“
Primärquellen
Monteiro C A et al. (2025): Ultra-Processed Foods and Human Health 1: Ultra-processed foods and human health: the main thesis and the evidence. The Lancet. DOI: 10.1016/S0140-6736(25)01565-X.
Scrinis G et al. (2025): Ultra-Processed Foods and Human Health 2: Policies to halt and reverse the rise in ultra-processed food production, marketing, and consumption. The Lancet. DOI: 10.1016/S0140-6736(25)01566-1.
Baker P et al. (2025): Ultra-Processed Foods and Human Health 3: Towards unified global action on ultra-processed foods: understanding commercial determinants, countering corporate power, and mobilising a public health response. The Lancet. DOI: 10.1016/S0140-6736(25)01567-3.
Weiterführende Recherchequellen
Science Media Center (2023): Auswirkungen der Besteuerung zuckergesüßter Getränke. Statements. Stand: 21.11.2023.
Science Media Center (2019): Maßnahmen zur Senkung des Verbrauchs von Zuckergetränken. Statements. Stand: 11.06.2019.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Dicken SJ et al. (2025): Ultraprocessed or minimally processed diets following healthy dietary guidelines on weight and cardiometabolic health: a randomized, crossover trial. Nature Medicine. DOI: 10.1038/s41591-025-03842-0.
[2] Braesco V et al. (2022): Ultra-processed foods: how functional is the NOVA system? European Journal of Clinical Nutrition. DOI: 10.1038/s41430-022-01099-1.
[3] Monteiro CA et al. (2019): Ultra-processed foods: what they are and how to identify them. Public Health Nutrition. DOI: 10.1017/S1368980018003762.
[4] Kaiser A et al. (2025): Neatic: Ein gewichtsneutrales Programm mit drei einfachen Grundsätzen. Ernährungs Umschau.
[5] Hall KD et al. (2019): Ultra-Processed Diets Cause Excess Calorie Intake and Weight Gain: An Inpatient Randomized Controlled Trial of Ad Libitum Food Intake. Cell Metabolism. DOI: 10.1016/j.cmet.2019.05.008.
[6] Hamano S et al. (2024): Ultra‑processed foods cause weight gain and increased energy intake associated with reduced chewing frequency: A randomized, open‑label, crossover study. Diabetes Obesity and Metabolism. DOI: 10.1111/dom.15922.
[7] Lane MM et al. (2024): Ultra‑processed food exposure and adverse health outcomes: umbrella review of epidemiological meta‑analyses. BMJ 384, e077310. DOI: 10.1136/bmj‑2023‑077310.
[8] Neumann NJ et al. (2022): Added flavors: potential contributors to body weight gain and obesity? BMC Medicine. DOI: 10.1186/s12916‑022‑02619‑3.
[9] Shearer J et al. (2016): Artificial sweeteners and metabolic dysregulation: Lessons learned from agriculture and the laboratory. Reviews in Endocrine and Metabolic Disorders. DOI: 10.1007/s1115401693721.
[10] Krost KM et al. (2025): Association of 37 markers of ultra‑processing with all‑cause mortality: a prospective cohort study in the UK Biobank. EClinicalMedicine 88, 103448. DOI: 10.1016/j.eclinm.2025.103448.
[11] Neumann NJ et al. (2023): Flavour, emulsifiers and colour are the most frequent markers to detect food ultra‑processing in a UK food market analysis. Public Health Nutrition. DOI: 10.1017/S1368980023002185.
[12] Moodie R et al. (2013): Profits and pandemics: prevention of harmful effects of tobacco, alcohol, and ultra‑processed food and drink industries. The Lancet. DOI: 10.1016/S0140‑6736(12)62089‑3.
[13] Starker A et al. (2025): Verbreitung von Adipositas und Rauchen bei Erwachsenen in Deutschland – Entwicklung von 2003 bis 2023. Robert Koch-Institut, Journal of Health Monitoring. DOI: 10.25646/12990.
[14] Mertens E et al. (2022). Ultra-processed food consumption in adults across Europe. European Journal of Nutrition. DOI: 10.1007/s00394-021-02733-7.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Daniel H et al. (01.04.2025): Offener Brief: Ein Plädoyer gegen die Verwendung der Begrifflichkeit „hochverarbeitete Lebensmittel“ und der NOVA-Klassifizierung in den Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften. TU Dresden.
[II] Science Media Center (2025): Weniger Gewichtsreduktion durch hochverarbeitetes Essen. Statements. Stand: 4.08.2025.
[III] Science Media Center (2019): Fertiggerichte lassen Menschen mehr essen. Statements. Stand: 16.05.2019.
Dr. Gunter Kuhnle
Associate Professor, Food and Nutritional Sciences, University of Reading, Vereinigtes Königreich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich erhalte Forschungsmittel von BBSRC (UK government) - „FoodSEqual”. Außerdem pflege ich eine langjährige Zusammenarbeit mit Mars, Inc. zur Erforschung der Auswirkung von Flavanolen auf die Gesundheit. Ich bin im Mitglied im Advisory Committee on Novel Foods and Processes (ACNFP, Food Standards Agency, UK government), Committee on Toxicity (COT, Food Standards Agency, UK government - bis 4/2025) und Scientific Advisory Committee - British Nutrition Foundation.”
Prof. Dr. Mathias Fasshauer
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Ernährungsmedizin, und Professor für Ernährung des Menschen, Justus-Liebig-Universität Gießen
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe das nichtkommerzielle Ernährungsprogramm Neatic inklusive kostenloser App mitentwickelt, welches hochverarbeitete Lebensmittel identifiziert. Ich nehme aus prinzipiellen Erwägungen heraus keine Unterstützung irgendeiner Form von kommerziellen Unternehmen (inklusive Pharma- und Lebensmittelbranche) an.“
Prof. Dr. Hannelore Daniel
Professorin für Ernährungsphysiologie im Ruhestand,
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich stehe in vergüteter Beraterfunktion bei Tate & Lyle (UK) und Savanna GmbH (D) hinsichtlich Planung und Durchführung von wissenschaftlichen Studien zur Unbedenklichkeit von Zucker-Substitute; Royal Cosun (NL) für neuartige Ansätze in der Lebensmittelproduktion und deren ernährungsphysiologische Bewertung; Wacker Chemie (D) im Bereich Biosolutions für neuartige biotechnologische Produkte und Prozesse. Ich habe in den letzten 3 Jahren für Vorträge eine Aufwandsentschädigung von folgenden Unternehmen/Verbänden erhalten von Raiffeisen (D und A), Avola (CH), PHW-Gruppe, Ferrero (I), Dr. Schär (I), Tiefkühlinstitut (D), Eßakademie (D). Ich habe aber auch Dutzende von Vorträgen ohne Vergütung vor Berufsverbänden, Parteien, NGOs, Vereinen und sonstigen Organisationen gehalten.“
PD Dr. Sabrina Schlesinger
Stellvertretende Direktorin am Institut für Biometrie und Epidemiologie, Deutsches Diabetes-Zentrum – Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (DDZ), Düsseldo, und Senior Research Fellow, Department of Health Science, University of York, Vereinigtes Königreich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Kein Interessenkonflikt.“
Prof. Dr. Martin Smollich
Arbeitsgruppenleiter Pharmakonutrition, Institut für Ernährungsmedizin, Campus Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Im Zusammenhang mit der Einschätzung der Studie habe ich keine Interessenkonflikte. Aus Gründen der Transparenz möchte ich angeben, dass es im Rahmen von Drittmittelprojekten Kooperationen mit Alpro, BeyondMeat, Oatly und YFood gab. Außerdem bin ich Geschäftsführer der Unternehmensberatung Hanseatic Food Science Consulting GmbH."
Dr. Reynalda Córdova
Senior Scientist, Division of Public Health Nutrition, and Postdoctoral Researcher, Division of Nutrition and Food Quality, Universität Wien, Österreich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Es besteht kein Interessenkonflikt.“
Prof. Dr. Philipp Schütz
Leiter Medizinische Universitätsklinik, Chefarzt Allgemeine Innere Medizin und Hausarztmedizin, Chefarzt Endokrinologie, Diabetes und Metabolismus, Kantonsspital Aarau
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich bin Präsident der Eidgenössischen Ernährungskommission und der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Metabolismus Schweiz. In der Vergangenheit habe ich Forschungszusammenarbeiten mit Nestle und Abbott Nutrition gehabt.“
Dr. Michael Stolpe
Leiter des Projektbereichs Globale Gesundheitsökonomie, Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, und Co-Sprecher und Mitglied des Lenkungskreises, Leibniz Lab Pandemic Preparedness
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe bei diesem Thema keine Interessenkonflikte.“
Prof. Dr. Peter von Philipsborn
Leiter des Lehrstuhl für Public Health Nutrition, Universität Bayreuth
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe Forschungsmittel von Bundesministerien und der EU erhalten, sowie Honorare und Kostenerstattungen von Fachgesellschaften, Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen (darunter der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, WWF Deutschland und der Verbraucherzentrale Bundesverband) sowie dem AOK-Bundesverband.“
Dr. Sarah Forberger
Senior Wissenschaftlerin der Forschungsgruppe Implementationsforschung und psychische Gesundheit, Abteilung Prävention und Evaluation, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), Bremen
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Es bestehen keine Interessenkonflikte.“