Globale Analyse zum geologischen Speicherpotenzial von CO₂
Risikoanalyse schätzt globale Speicherkapazität von Kohlenstoffdioxid in sedimentären Gesteinsformationen
Kohlenstoffabscheidung und -speicherung – Carbon Capture and Storage (CCS) – gilt als wichtige Technologie zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen
Experte weist darauf hin, dass das Speicherpotenzial stark von lokalen Gegebenheiten abhängt und möglicherweise über dem in der Studie genannten Wert liegt; Forschende äußern sich zur allgemeinen Forschungslage und zu Aspekten der praktischen Anwendung von CCS in Deutschland und Europa
Weltweit könnte deutlich weniger Kohlenstoffdioxid (CO2) im Untergrund gespeichert werden als bislang angenommen. Zu diesem Ergebnis kommen Autorinnen und Autoren einer Analyse, die am 03.09.2025 im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle). Demnach liegt die praktisch nutzbare Speicherkapazität bei etwa 1460 Gigatonnen CO2, womit sie deutlich geringer ist als vorherige wissenschaftlichen Schätzungen [I] [II]. Die dauerhafte Speicherung von CO2 im Untergrund, etwa durch die Abscheidung von Emissionen aus der Energiewirtschaft oder der Industrie – Carbon Capture and Storage (CCS) –, stellt eine wichtige Technologie zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen dar [III].
Der großskalige Einsatz von CSS bringt jedoch sowohl national als auch international große Herausforderungen mit sich [IV], unter anderem die grundsätzliche Frage nach geeigneten Lagerstätten. Die Autorinnen und Autoren der aktuellen Studie widmen sich dieser Frage und kartierten mögliche Lagerstätten von CO2 in sedimentären Becken weltweit. Hierbei handelt es sich um Gebiete, in denen mächtige Gesteinsformationen auf Sand- und Tongestein vorkommen, in denen CO2 eingelagert werden kann. Die Forschenden konzentrierten sich auf mögliche Lagerstätten innerhalb der jeweiligen Staatsgrenzen an Land und den Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) auf See. Dabei schlossen sie die Arktis und die Antarktis aus.
Leiter der Forschungseinheit Marine Geosysteme, Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR)
Praktische Bedeutung der Studie
„Die Studie zeigt, dass die globale CO2-Speicherkapazität möglicherweise niedriger ist als bisher angenommen. Allerdings ist die neue Abschätzung der nutzbaren CO2-Speicherkapazität wohl zu konservativ. So wird angenommen, dass CO2 nur in Wassertiefen von bis zu 300 Meter und in Tiefen von 1000 bis 2500 Meter unter dem Meeresboden eingebracht werden kann. Die industrielle Praxis zeigt jedoch, dass diese Grenzwerte nicht realistisch sind. Bisher werden weltweit nur zwei Offshore-Speicher genutzt (Sleipner, Snøhvit, Standorte in der norwegischen Nordsee; Anm. d. Red.). Einer dieser Speicher liegt in 330 Meter Wassertiefe (Snøhvit), also jenseits der angenommenen Grenze. Das CO2 wird dort in 2300 bis 2800 Meter unter dem Meeresboden verpresst, also zum Teil tiefer als der vorgeschlagene Grenzwert. Im Sleipner-Projekt wird das CO2 in einer Tiefe von nur etwa 800 Meter eingelagert, also flacher als in der Studie vorgesehen. In diesem Jahr wird im Northern Lights-Projekt ein weiterer Offshore-Speicher in Betrieb gehen. Er liegt in rund 300 Meter Wassertiefe und das CO2 wird in 2500 bis 2600 Meter unter dem Meeresboden eingebracht. Auch hier werden die Grenzwerte also erreicht oder überschritten.“
Unsicherheiten der Studie
„Bisher wurde angenommen, dass die Speicherung in etwa 800 bis 4000 Meter unter dem Meeresboden erfolgen kann, während für die Wassertiefe keine Grenze definiert wurde. Dieser Ansatz scheint angesichts der bisherigen Praxis sinnvoller zu sein als die in der Studie gewählte Vorgehensweise. Zudem wird in der Studie angenommen, dass nur ein sehr geringer Anteil des Porenraums im Untergrund für die CO2-Speicherung genutzt werden kann. Wie hoch dieser Anteil tatsächlich sein wird, hängt von den lokalen Gegebenheiten ab. Er kann dabei deutlich über dem in der Studie angenommen Anteil liegen. Weiterhin wird in der Studie nicht berücksichtigt, dass sehr große CO2-Mengen in submarinen Basalten (vulkanisches Gestein, welches aus unter Wasser austretendem Magma entsteht; Anm. d. Red.) gespeichert werden könnten.“
Schätzungen zum globalen Speicherpotenzial
„Aufgrund dieser Unsicherheiten kann zurzeit nicht seriös abgeschätzt werden, wie groß die globale Kapazität tatsächlich ist und wann sie erschöpft sein wird. Dennoch zeigt die Studie, dass die wirtschaftlich nutzbare Speicherkapazität begrenzt und möglicherweise geringer ist, als bisher vermutet. Sie liefert daher ein weiteres Argument dafür, dass die Vermeidung von CO2-Emissionen Vorrang gegenüber CCS und CDR haben muss. Szenarien bei denen CCS für fossile Brennstoffe verwendet wird und sehr hohe CDR-Beiträge mit geologischer CO2-Speicherung vorgesehen werden (BECCS: bioenergy with CSS; DACCS: direct air capture and carbon storage; Anm. d. Red.), sind also angesichts der begrenzten Speicherkapazität wenig realistisch.“
Institutsleiter Strukturgeologie und Tektonik am Institut für Angewandte Geowissenschaften, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Anm. d. Red.: Prof. Dr. Christoph Hilgers hat sich zur allgemeinen Forschungslage und zu Aspekten der praktischen Anwendung von CCS in Deutschland und Europa geäußert, jedoch nicht zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie von Gidden et al. (2025).
Geologische Speicherung von CO2
„Sicherlich werden nicht alle derzeit emittierten Volumina von Kohlenstoffdioxid (CO2) im Untergrund gespeichert werden können, jedoch bleibt laut Weltklimarat eine CO2-Speicherung im Untergrund ein essenzieller Baustein, will man die CO2-Emissionen begrenzen.“
„Die tatsächlich nutzbaren Volumina von Untergrundspeichern, die potenziell zur Speicherung von CO2 genutzt werden könnten, wurden in Deutschland in mehreren Studien wie die von der Bundesgesellschaft für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) oder dem Projekt GEOSTOR bewertet. Da der geologische Untergrund heterogen ist, werden in den Analysen auch Wahrscheinlichkeiten zu den getroffenen Annahmen angegeben. Leider werden nicht immer die Wahrscheinlichkeiten zu den gemachten Annahmen und den daraus resultierenden, unterschiedlichen Volumina medial kommuniziert, obwohl sie sowohl in Studien vorliegen als auch Grundlage für wirtschaftliche Entscheidungen sind.“
Praktische Erfahrungen
„Die sichere CO2-Speicherung wurde in Europa sowohl Onshore, beispielsweise am Pilotstandort Ketzin in Brandenburg, als auch Offshore bereits vor vielen Jahren erfolgreich wissenschaftlich getestet. Die CO2-Speicherung wird in der Nordsee seit 1996 betrieben.Offshore in der Nordsee, in anderen Regionen wie Dänemark auch Onshore, werden von Industrieunternehmen bereits Untergrundspeicher für CO2 entwickelt. Im Gegensatz zu Forschungseinrichtungen stehen den Unternehmen Datensätze zu möglichen Speichervolumen zur Verfügung, die Grundlage für deren Geschäftsmodelle sind. Entsprechend werden den CO2-Emittenten Speichervolumina angeboten, um einen Markthochlauf innerhalb der engen, politischVorgaben zu ermöglichen.“
„In Norwegen wurde dieses Jahr die CO2-Abscheideanlage am Zementwerk von Heidelberg Materials in Brevik eröffnet. Das erste CO2 wurde im August mit einem Schiff zum Hub Øygarden transportiert, von wo aus es per Pipeline in den angeschlossenen Offshore-Speicher geleitet wird. Auch in Deutschland könnte CO2 im tiefen Untergrund dauerhaft gespeichert werden, um die Emissionen zu begrenzen. Allerdings sind andere Länder hinsichtlich Umsetzungsgeschwindigkeit Vorreiter. Wissenschaftliche Studien können mit neuen Technologien die Effizienz eines Speichers erhöhen und die Unsicherheiten bei der Bemessung des Speichervolumens besser eingrenzen.“
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Primärquelle
Gidden MJ et al. (2025): A prudent planetary limit for geologic carbon storage. Nature. DOI: 10.1038/s41586-025-09423-y.
Weiterführende Recherchequellen
Science Media Center (2025): CO2-Speichergesetz: Entwurf im Bundeskabinett beschlossen. Statements. Stand: 06.08.2025.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Selosse S et al. (2017): Carbon capture and storage: Lessons from a storage potential and localization analysis. Applied Energy. DOI: 10.1016/j.apenergy.2016.11.117.
[II] Kearns J et al. (2017): Developing a consistent database for regional geologic CO2 storage capacity worldwide. Energy Procedia. DOI: 10.1016/j.egypro.2017.03.1603.
[III] IPCC (2022): ClimateChange 2022: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Summary for policymakers. DOI: 10.1017/9781009157926.001.
[IV] Umweltbundesamt (2023): Carbon Capture and Storage (CCS) - Diskussionsbeitrag zur Integration in die nationalen Klimaschutzstrategien.
Prof. Dr. Klaus Wallmann
Leiter der Forschungseinheit Marine Geosysteme, Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR)
Prof. Dr. Christoph Hilgers
Institutsleiter Strukturgeologie und Tektonik am Institut für Angewandte Geowissenschaften, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)