Extremwetter führen nicht zu mehr Klimakommunikation politischer Parteien
nach Extremwetterereignissen kommunizieren politische Parteien nicht häufiger zu den Themen Klimawandel und Umwelt
Bevölkerung reagiert sensibler nach persönlichen Erfahrungen mit dem Klimawandel, Reaktion der Politik bisher kaum erforscht
Forschende: fehlender Effekt könnten verpasste Kommunikationschancen sein, aber auch auf taktische Gründe hindeuten; ist aber nicht gleichbedeutend mit fehlendem Problembewusstsein
Extremwetterereignisse haben fast keine Auswirkungen auf die politische Kommunikation von Parteien zu Umwelt- und Klimathemen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter Beteiligung von Forschenden aus Berlin und Witten-Herdecke, die am 13.06.2024 im Fachjournal „Nature Climate Change” veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle). Die Analysen zeigten, dass in den Wochen und Monaten nach einem Extremwetterereignis nicht mehr umwelt- und klimarelevante Bezüge in den Pressmitteilungen der Parteien erscheinen als im gleichen Zeitraum vor dem Ereignis. Das Team der Studie schlussfolgert daraus, dass die Folgen des Klimawandels nicht direkt die politische Aufmerksamkeit innerhalb der Parteien erhöhen.
Professor für Politische Psychologie, Social Cognition Center und Direktor des Department Psychologie, Humanwissenschaftliche Fakultät, Universität zu Köln
Methodik
„Ich halte die Studie für eine solide Arbeit. Es ist ziemlich schwierig, einen Nulleffekt – also das Fehlen eines Effekts – überzeugend darzustellen, aber diese Studie scheint das solide geschafft zu haben. Allerdings konzentriere ich mich in meiner Arbeit als Psychologe mehr auf die Bürger und weniger auf die Parteien. Es ist aber auch richtig, dass die in dieser Studie untersuchten Pressemitteilungen der Parteien nicht deren einzige Kommunikationskanäle sind.“
Auf die Frage, inwiefern die These der Studie, dass ein ‚fehlender inhaltlich thematischer Anstieg in den Pressemitteilungen gleichzusetzen ist mit nicht steigendem Problembewusstsein der Parteien‘ haltbar ist oder inwiefern der untersuchte Zeitraum nach Extremereignissen zu kurz sein könnte, um veränderte Kommunikationsstrategien zu detektieren:
„Ich stimme mit Ihrem Punkt überein. Meiner Meinung nach deutet dies eher darauf hin, dass die Parteien Gelegenheiten verpassen, die Bedeutung und Dringlichkeit des Themas besser zu vermitteln. Der Klimawandel ist von Natur aus ein nicht leicht greifbares Problem. Aus psychologischer Sicht haben Menschen Schwierigkeiten, solche Themen wahrzunehmen – der Frosch im kochenden Wasser. Wenn sich die Dinge langsam ändern, erkennen die Menschen den Wandel in der Regel nur langsam und lassen sich von der scheinbaren Sorglosigkeit der Mehrheit beeinflussen. Gleichzeitig zeigen klassische Erkenntnisse, dass eine Gruppe – selbst eine Minderheit –, die konsequent auf ein Problem hinweist, die Meinung ändern kann. Wir kommen nun leider in eine Zeit, in der die Folgen des Klimawandels immer greifbarer werden. Wenn sich klimabedingte Katastrophen ereignen, ist dies eine Gelegenheit für Parteien, auf die Bedeutung des Themas hinzuweisen. Wenn Parteien dies konsequent tun, kann es ein Umdenken bewirken.“
Auf die Frage, inwiefern das Ergebnis der aktuellen Studie zur Erkenntnis passt, dass die Thematisierung des Klimawandels Stimmen bei Wahlen gewinnen kann, wie es in UK gezeigt werden konnte:
„Menschen verhalten sich oft nicht rational. Das gilt auch für politische Parteien. Die Ergebnisse der dort zitierten Studie [1] und die Resultate der aktuellen Studie deuten eindeutig darauf hin, dass Chancen verpasst wurden.“
Stand der Forschung zur klimabedingten Handlungsbereitschaft
„Einerseits ist der Mensch ein Gewohnheitstier. Er zieht es vor, bei dem zu bleiben, was er bisher getan hat. Daher ist es schwierig, das Verhalten der Menschen in eine umweltfreundlichere Richtung zu ändern. Menschen handeln und konsumieren gerne so wie bisher, auch wenn das nicht nachhaltig ist. Andererseits gibt es viele Hinweise darauf, dass überall auf der Welt sich die meisten Menschen der Gefahr des Klimawandels und der damit verbundenen Risiken bewusst sind. Dies konnten zuletzt Forschende aus Bonn überzeugend zeigen [2].“
Erklärungen für ausbleibende Handlungsänderungen
„Erstens gibt es andere Themen, die vielleicht akuter erscheinen und die um Aufmerksamkeit konkurrieren. Zweitens möchten die Menschen zwar an der Lösung der Klimakrise mitarbeiten, erkennen aber zu Recht, dass der Einfluss, den sie als Einzelperson ausüben können, unbedeutend ist. Ein weit verbreiteter Mythos ist, dass der Klimawandel ein Problem ist, das individuell gelöst werden kann – solange nur jeder seinen Beitrag leistet. Wir können das Problem aber nur lösen, wenn wir politisch handeln, um eine nachhaltige Zukunft anzustreben. Das Wichtigste, was die Menschen als Einzelne tun können, ist daher, Parteien zu wählen, die den Klimawandel ganz oben auf ihre Agenda setzen. Vor diesem Hintergrund deuten die aktuellen Ergebnisse auf verpasste Chancen hin.“
Kommunikation über den Klimawandel
„Der Klimawandel wird zunehmend politisiert. Dies gilt vor allem für die USA – dort bedeutet, ein ‚guter Republikaner‘ zu sein, den Klimawandel herunterzuspielen. Aber wir sehen ein ähnliches Problem hier in Europa. Ich glaube, der beste Weg, den Klimawandel zu kommunizieren, besteht darin, ihn von anderen Themen zu entkoppeln, so dass wir als Gesellschaft dem Kampf gegen den Klimawandel Vorrang einräumen können. Dazu muss man Wege finden, das Thema so darzustellen, dass eine politisierte Reaktion vermieden wird. In meiner eigenen Arbeit stelle ich zum Beispiel fest, dass die Darstellung des Klimawandels als eine Möglichkeit, Traditionen zu bewahren, besser geeignet ist, Menschen auf der rechten Seite zu überzeugen – die ansonsten skeptisch sind –, weil es an ihre Werte anknüpft [3].“
Heisenberg-Professor für Kommunikationswissenschaft, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Methodik
„Ich finde die Methodik der Studie nachvollziehbar und die Befunde deshalb für den konkreten Gegenstand – den Pressemitteilungen – wohl belastbar. Über die weitergehenden Schlussfolgerungen – für andere Arten der Parteikommunikation oder das Problembewusstsein der Parteien insgesamt – muss man jedoch jeweils diskutieren.“
„Die Studie fügt sich in eine größere Forschungsliteratur ein, die uneinheitliche Befunde hervorgebracht hat, ob externe Ereignisse Medienberichterstattung, politische Kommunikation oder Bevölkerungseinstellungen beeinflussen können. Ob das der Fall ist, unterliegt komplexen Einflüssen und oft folgen Politik und Medien einer eigenen Logik mit eigenen Themenzyklen, die oft nur sehr wenig mit externen Ereignissen zu tun haben. So hängt zum Beispiel die Aufmerksamkeit für Zuwanderung oft gerade nicht von der tatsächlichen aktuellen Zahl der Zuwandernden ab, sondern politische Strategien, Medienberichterstattung, Wahlverhalten und so weiter beeinflussen sich in einer eigenen Dynamik gegenseitig. Die aktuelle Studie fügt dem einen interessanten Baustein hinzu, die Ergebnisse kommen für mich aber nicht völlig unerwartet.“
„Pressemitteilungen werden gerne herangezogen, um die Kommunikation von Parteien zu untersuchen, weil sie meist vollständig und leicht zugänglich sind – im Gegensatz zu Inhalten von Pressekonferenzen, Interviews, Redebeiträgen in Talkshows oder Social-Media-Posts. Ob die Pressenmitteilungen stellvertretend für die Gesamtheit der Parteikommunikation stehen können, ist ohne vergleichende Analysen zum jeweils konkreten Thema schwer einzuschätzen und müsste dann mit guten Argumenten plausibel gemacht werden. Die Autor*innen konnten das sicher aufgrund der Kürze des Beitrag nicht ausführlich diskutieren, aber ich sehe auch keine allzu dringenden Gründe, warum Pressemitteilungen im vorliegenden Fall extrem von anderen Verlautbarungen abweichen sollten.“
Auf die Frage, inwiefern die These der Studie, dass ein ‚fehlender inhaltlich thematischer Anstieg in den Pressemitteilungen gleichzusetzen ist mit nicht steigendem Problembewusstsein der Parteien‘ haltbar ist oder inwiefern der untersuchte Zeitraum nach Extremereignissen zu kurz sein könnte, um veränderte Kommunikationsstrategien zu detektieren:
„Die Autor*innen haben ja ihre Annahmen auch für einen sechsmonatigen statt -wöchigen Zeitraum getestet und ebenfalls keinen Effekt gefunden. Ich würde die Studie aber nicht unbedingt so lesen, dass sie definitiv und ein für allemal widerlegt, dass Parteien ein gesteigertes Problembewusstsein zeigen. Neben anderen Arten von Äußerungen, auch in anderen Zeiträumen, kann sich das ja in konkreten politischen Vorhaben äußern, die oft anderen zeitlichen Dynamiken unterliegen – zum Beispiel Legislaturperioden. Insofern ist die Studie ein Teil des Gesamtbildes, der skeptisch stimmt, aber eher ‚absence of proof‘ (für ein Problembewusstsein) als ‚proof of absence‘. Zum Gesamtbild gehören dann aber ferner Analysen zu anderen Kommunikationsformen, zu Parteiprogrammen, zu Gesetzesvorhaben und so weiter, die auch längerfristige Trends und nicht nur die kurzfristigen Auswirkungen von Einzelereignissen untersuchen.“
Auf die Frage, inwiefern das Ergebnis der aktuellen Studie zur Erkenntnis passen, dass die Thematisierung des Klimawandels Stimmen bei Wahlen gewinnen kann, wie es in UK gezeigt werden konnte:
„Mit der gebotenen Vorsicht, was weitreichende Schlussfolgerungen aus der Analyse von Pressemitteilungen angeht, muss man überlegen, was Anreize für Parteien sein könnten, auf das Klimabewusstsein der Bevölkerung zu reagieren. Entscheidend ist zunächst einmal, für wie empfänglich die Parteien die Bevölkerung halten. Zwar gibt es dazu natürlich Umfrageergebnisse, aber Politiker*innen ‚lernen‘ aus einer Vielzahl von Hinweisen, wie ihre Politik (vermeintlich) ankommt: Medienberichterstattung, Kontakte mit einzelnen Bürger*innen, Eindrücke aus der Social-Media-Kommunikation und so weiter. Das kann dazu führen, dass die Bereitschaft zum Klimaschutz eher unterschätzt wird, weil sich vor allem Kritiker*innen konkreter Maßnahmen lautstark äußern oder man schlechte Erfahrungen mit konkreten Gesetzesvorhaben gemacht hat – wie zum Beispiel beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Deutschland.“
„Entscheidend ist vor allem auch, ob eine Partei glaubt, mit besonders deutlicher Klimaschutzpolitik im Verhältnis zu anderen Parteien punkten zu können, insbesondere nach Extremwetterereignissen. Solange Klimaschutz als ‚grünes‘ Thema gilt, können Parteien vermuten – nach der Forschungslage vielleicht nicht ganz zu Unrecht –, dass es vor allem einer etwaigen Grünen Partei nutzt, wenn sie das Thema sehr präsent hält. Gerade in der Folge von Extremwetterereignissen könnten allzu viele Verweise auf Klimaschutz auch den Eindruck erwecken, man wolle die Geschehnisse ‚politisieren‘ – solange Klimaschutz eben als etwas ‚Parteiliches‘ gilt –, so dass sich die meisten Parteien damit eher zurückhalten könnten. Die Autor*innen schreiben ja auch: ‚voters tend be more concerned about relief than with long-term prevention‘ – die Parteien gehen wohl nicht zu Unrecht davon aus, dass von ihnen erst einmal konkrete Hilfsmaßnahmen und auch symbolische Anteilnahme erwartet werden.“
„Insofern würde die Studie eher die skeptische These bestätigen, dass Parteien nicht immer große Anreize wahrnehmen, sich mit Klimapolitik zu exponieren, aber man muss eben in Rechnung stellen, dass Pressemitteilungen nicht die einzige und perfekte Grundlage sind, um das beurteilen zu können.“
Stand der Forschung zur klimabedingten Handlungsbereitschaft der Menschen
„Umfragen belegen in der Regel – für Deutschland und andere europäische Länder – eine recht breite Zustimmung für ambitionierte Klimapolitik, wenn die Fragen entsprechend abstrakt gestellt werden. Bei konkreten Maßnahmen, insbesondere wenn sie (vermeintlich) zu Einschränkungen oder Preissteigerungen führen, fällt die Zustimmung allerdings meist geringer aus, und Parteien haben wie oben dargestellt widerstreitende Anreize, Klimaschutz zu betreiben oder nicht.“
Erklärungen für ausbleibende Handlungsänderungen
„Grundsätzlich fehlt es der großen Bevölkerungsmehrheit nicht an Wissen, dass der Klimawandel real ist und welche Handlungsmöglichkeiten es grob gibt. Weniger verbreitet ist dagegen Detailwissen über die Wirkungsmechanismen und Effizienz verschiedener Maßnahmen. Dies konnte zum Beispiel an den Diskussionen beobachten werden, wann sich Wärmepumpen eignen und wie wirtschaftlich sie sind. Allerdings sollte man Klimapolitik nicht allein als Frage des Faktenwissens begreifen. Neben egoistischen, zum Beispiel finanziellen Interessen werden viele Klimaschutzmaßnahmen heute in vielen Ländern in einen Kulturkampf hineingezogen, in dem es darum geht, ob ‚die da oben‘ uns vorschreiben wollen, wie wir zu leben haben oder ob die Politik im besten Interesse aller ‚der Wissenschaft folgt‘.“
„Hier müssen alle Wohlmeinenden in Politik und Medien darauf hinwirken, dass einerseits Sachpolitik nicht von solchen symbolischen Kämpfen und von einem Fokus auf politische Machtspiele überlagert wird – zum Beispiel der Frage, wer sich in einer Koalition durchsetzt. Andererseits braucht es neben der sachlichen Vermittlung konkreter Maßnahmen und von Gesamtstrategien auch positive Gegenerzählungen gegen die populistischen Narrative einer elitären und erzieherischen Verbotspolitik. Diese Gegenerzählungen könnten idealerweise konkrete Klimaschutzmaßnahmen nicht nur als effizient, sondern auch als sozial gerecht, befreiend oder als Zugewinn von Lebensqualität darstellen.“
Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Methodik
„Die Methode macht aus meiner Sicht Sinn, auch wenn man dem sehr kurzen Paper nicht alles entnehmen kann. Ich habe zum Beispiel nicht verstanden, ob hier nur jeweils Naturkatastrophen in einem Land den Pressemitteilungen in diesem Land gegenübergestellt wurden, oder ob man zum Beispiel auch geprüft hat, ob Waldbrände in Griechenland von deutschen Parteien aufgegriffen wurden.“
„Eine ähnliche Studie hat es wohl noch nicht gegeben, aber die Befunde überraschen mich auch nicht. Natürlich sind Pressemitteilungen ein möglicher Indikator dafür, womit sich die Parteien beschäftigen (politische Agenda). Vor allem aber sind sie ja eine PR-Maßnahme. Es geht darum, Nachrichtenmedien dazu zu bringen, über ein Thema zu berichten, von dem die jeweilige Partei profitieren würde. Beim Thema Klimawandel profitieren die Grünen, weil sie bei diesem Thema seit langem für am kompetentesten gehalten werden. Prinzipiell haben also vor allem die Grünen ein Interesse daran, dass über dieses Thema berichtet wird.“
„Das heißt aber nicht, dass sich die anderen Parteien nicht für dieses Thema interessieren oder nichts tun wollen. Ein etwas zeitgemäßerer und validerer Indikator für die politische Agenda wäre deshalb gewesen, ob die Social-Media-Posts der Parteien zu Umweltthemen nach solchen Ereignissen ansteigen. Und so ein bisschen muss man vermutlich auch beachten, dass wohl nicht jede Naturkatastrophe auch direkt auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Manchmal ist es vielleicht auch nicht angebracht, aus einem Waldbrand ein Klimaereignis zu machen. Oder allgemeiner formuliert: Man kann und sollte vielleicht auch gar nicht erwarten, dass jeder Naturkatastrophe viele Pressemitteilungen zu Umweltthemen folgen.“
Auf die Frage, inwiefern die These der Studie haltbar ist, dass ein ‚fehlender inhaltlich thematischer Anstieg in den Pressemitteilungen gleichzusetzen ist mit nicht steigendem Problembewusstsein der Parteien‘ oder inwiefern der untersuchte Zeitraum nach Extremereignissen zu kurz sein könnte, um veränderte Kommunikationsstrategien zu detektieren:
„Diese Schlussfolgerung erscheint mir so generell nicht sinnvoll. Aus Pressemeldungen allein lässt sich das nicht herauslesen. Es ist erstmal ein interessanter Ansatz, aber in spätere Untersuchungen müsste man auch andere Kanäle einbeziehen.“
Auf die Frage, inwiefern das Ergebnis der aktuellen Studie zur Erkenntnis passt, dass die Thematisierung des Klimawandels Stimmen bei Wahlen gewinnen kann, wie es in UK gezeigt werden konnte:
„Ich habe mir die Studie im Original angesehen und würde sagen, das, was da gemessen wird, ist eigentlich nichts anderes als der allgemeine, logische Sachverhalt, dass bestimmte Ereignisse Parteien nützen, die bestimmte Positionen vertreten. Wenn ich mich für Klimaschutz positioniere, nützt mir eine Flut. Wenn ich mich gegen Migration positioniere, dann nützt mir beispielsweise ein islamistischer Terroranschlag. Das ist ein allgemeines Phänomen und nicht auf den Klimawandel beschränkt. Man kann daraus also nicht ableiten, dass man sich als Partei für Klimaschutz positionieren sollte, weil man dann auch noch eine Flut (oder ähnliches) braucht, um zu profitieren. Man sollte das vielleicht trotzdem tun, weil das ein wichtiges Problem ist. Aber das ist eine andere Sache.“
Stand der Forschung zur klimabedingten Handlungsbereitschaft
„Zunächst mal glaube ich nicht, dass die Politik hier blockt. Das Thema ist auf der politischen Agenda und gerade die aktuelle Regierung hat ja eher das Problem, dass sie den Klimaschutz vielleicht sogar etwas zu sehr priorisiert, sodass ein Teil der Bevölkerung überfordert wird. Auf einer allgemeinen Ebene haben die Menschen schon lange verstanden, dass man etwas gegen den Klimawandel tun muss. Im Augenblick gibt es für sie vielleicht wichtigere Themen (Sicherheit, Migration), aber das kann sich auch schnell wieder ändern.“
„Das Problem ist, dass viele Menschen dann nicht mehr mitmachen, wenn sie selbst etwas tun müssen, zum Beispiel auf etwas verzichten oder einen (großen) Teil ihrer finanziellen Mittel investieren. Man muss aber auch sehen, dass das viele Leute einfach nicht können. Wenn Sie jemanden, der auf dem Dorf ein altes Häuschen hat, das er nur mit Mühe überhaupt zusammenhalten kann, erzählen, er soll demnächst vielleicht zigtausende Euro in eine Wärmepumpe investieren, den überfordern Sie eindeutig – zumindest, wenn Sie nicht mitkommunizieren, dass es dafür Hilfen gibt. Man muss also kommunikativ eine gute Mitte finden: Die Dringlichkeit des Problems muss deutlich werden, aber statt Panik zu schüren, müssen auch Lösungen kommuniziert werden, die realistisch schrittweise erreichbar sind. Und man muss akzeptieren, dass Menschen manchmal andere Dinge wichtiger finden. Es passieren ja täglich auch andere Ereignisse als Naturkatastrophen, die auch Reaktionen in Politik und Bevölkerung erfordern.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Es bestehen keine Interessenkonflikte.“
„Einen Interessenkonflikt habe ich nicht.“
Primärquelle
Wappenhans T et al. (2024): Extreme weather events do not increase political parties' environmental attention. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/s41558-024-02024-z.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Birch S. (2022): The electoral benefits of environmental position-taking: Floods and electoral outcomes in England 2010-2019. European Journal of Political Research. DOI: 10.1111/1475-6765.12522.
[2] Andre P et al. (2024): Globally Representative Evidence on the Actual and Perceived Support for Climate Action. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/s41558-024-01925-3.
dazu: Science Media Center (2024): Studie findet weltweit große Unterstützung für Klimaschutz. Research in Context. Stand: 08.02.2024.
[3] Baldwin M et al. (2016): Past-focused environmental comparisons promote proenvironmental outcomes for conservatives. PNAS: DOI: 10.1073/pnas.1610834113.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] IPCC (2021): Chapter 11: Weather and Climate - Extreme Events in a Changing Climate. In: IPCC (2021): Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change.
dort ab Seite 1513.
Prof. Dr. Joris Lammers
Professor für Politische Psychologie, Social Cognition Center und Direktor des Department Psychologie, Humanwissenschaftliche Fakultät, Universität zu Köln
Prof. Dr. Benjamin Krämer
Heisenberg-Professor für Kommunikationswissenschaft, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Prof. Dr. Marcus Maurer
Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation, Johannes Gutenberg-Universität Mainz