Antikörpertherapien bei Alzheimer – Wo geht die Reise hin?
Mit viel Spannung wurden die Daten der Phase-III-Studie des Antikörpers Lecanemab gegen Alzheimer erwartet, die am 29.11.2022 auf dem CTAD-Kongress (clinical trial on alzheimer's disease) in San Francisco vorgestellt und im Fachjournal „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurden [I]. Bereits Ende September verkündeten die Hersteller Eisai und Biogen in einer Pressemitteilung [II], dass ihr Antikörper Lecanemab das primäre Studienziel erreicht hat und eine statistisch signifikante Verlangsamung des klinischen Krankheitsverlaufs nachweisbar war.
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Das SMC hat am Ende des Press Briefings gefragt, ob die neue Antikörpertherapie auf die richtige Zielscheibe zielt und, was bei der Berichterstattung über die Lecanemab-Studie beachtet werden sollte. Die Antworten stellen wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung.
Berater des Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, Leipzig, sowie Mitglied des Deutschen Ethikrats
„Ob es die richtige Zielscheibe ist, kann ich Ihnen heute nicht sagen. Es ist eine Zielscheibe, die sich als offensichtlich sehr wirkungsvoll herauskristallisiert hat, wenn man sie trifft. Man muss das natürlich mit den entsprechenden Einschränkungen betrachten, die wir in der Diskussion hier auch gemacht haben. Ich denke, das ist in der Summe ein Fortschritt, den man weiter vorantreiben sollte.“
Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Uniklinik Köln, sowie Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Alzheimerforschung, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
„Es ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Alzheimer-Forschung, die in die Geschichtsbücher eingehen wird. Man sollte das auch so benennen und nicht der Diskussion folgen, dass das ein zu kleiner Effekt wäre. Es ist ein robuster Effekt, und bedeutsam für diejenigen, die die Erkrankung haben. Man sollte allerdings auch schon in der Berichterstattung betonen, dass die Erwartungen nicht so sind, dass das eine Heilung ist oder die Erkrankung zum Stillstand bringt, sondern es ist eine signifikante Verzögerung des Fortschreitens. Und der letzte Punkt noch: Wichtig ist auch, dass man nicht die Erwartung weckt, dass er für alle Demenzkranken zugänglich oder hilfreich sein wird, sondern das ist wirklich nur eine spezielle Gruppe, die in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung ist, um die es hier geht.“
„Ich bin Mitgründer der Probiodrug AG und habe die im Absatz vier angegebenen Therapien erfunden. Ebenso lange Jahre habe ich mit dem Team von Prof. Willbold in Düsseldorf zusammengearbeitet. In meinem Institut (Fraunhofer IZI-MWT in Halle) entwickeln wir weitere spezifische Antikörper gegen besonders aggressive Amyloid-beta-Formen und kleine Inhibitoren gegen alternative Beta-Sekretasen.“
„Honorare für Beratung und Vorträge von 2021-2022: AC Immune, Biogen, Eisai, Janssen, Roche.“
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] van Dyck CH et al. (2022): Lecanemab in Early Alzheimer’s Disease. NEJM. DOI: 10.1056/NEJMoa2212948.
[II] Biogen (27.09.2022): Lecanemab confirmatory phase 3 clarity ad study met primary endpoint, showing highly statistically significant reduction of clinical decline in large global clinical study of 1,795 participants with early Alzheimer’s disease. Pressemitteilung des Unternehmens.
[III] Piller C (27.11.2022): Second death linked to potential antibody treatment for Alzheimer’s disease. Science. DOI: 10.1126/science.adf9701.
Prof. Dr. Hans-Ulrich Demuth
Berater des Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, Leipzig, sowie Mitglied des Deutschen Ethikrats
Prof. Dr. Frank Jessen
Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Uniklinik Köln, sowie Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Alzheimerforschung, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)