Das Global Carbon Budget 2022 – Welchen Trend zeigen die globalen CO2-Emissionen?
CO2-Emissionen steigen 2022 um ein Prozent im Vergleich zum Vorjahr
Emissionen aus Nutzung von Kohle und Öl höher als im Vorjahr, Emissionen aus der Zement-Herstellung gesunken
Ausstoß rückläufig in China und der EU, steigend in den USA, Indien und dem Rest der Welt
Die CO2-Emissionen sind im Jahr 2022 um ein Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insgesamt wurden im aktuellen Jahr 36,6 Gigatonnen des Treibhausgases ausgestoßen und liegen somit 0,3 Gigatonnen über dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019. Hinzu kommen Emissionen aus der Landnutzung, die vor allem auf die Abholzung tropischer Regenwälder zurückzuführen sind und sich auf weitere 3,9 Gigatonnen CO2 belaufen. Bereits in neun Jahren wäre somit das verbliebene Kohlenstoffbudget aufgebraucht, das noch für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zur Verfügung steht, wenn das Niveau der Emissionen nicht sinkt. Zu diesem Ergebnis kommt das „Global Carbon Budget 2022“, das heute im Fachjournal „Earth System Science Data" veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle).
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Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Zum Abschluss des Press Briefings hat das SMC den Fachleuten folgende Frage stellt:
„Ihre Zahlen sind dramatisch, aber Sie liegen im Trend der Zahlen der letzten Jahre. Mit diesen Daten und den daraus zu ziehenden Erkenntnissen lässt sich offenbar kein politischer Umschwung erreichen. Erst recht nicht, wenn ein Krieg und eine Energiekrise dazwischenkommen. Wo sehen Sie Defizite bei der Umsetzung? Sind die Medien deutlich genug? Braucht es mehr junge Menschen, die sich auf Straßen kleben oder mehr Kartoffelbrei auf Gemälde werfen? Was wünschen Sie sich?“ Die Antworten stellen wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung.
Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme und Direktorin des Department für Geographie, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Mitautorin des Global Carbon Budget 2022
„Die Frage der Kommunikation ist eine wirklich sehr wichtige. Die reinen Zahlen liegen sehr gut auf dem Tisch. Die sind bekannt. Wir bemühen uns auch um bessere Kommunikation aus der Wissenschaftsgemeinde. Die Klimaschutzproblematik ist ein sehr komplexes Problem. Wir haben aber auch in der COVID-Krise gesehen, dass mit transparenter Kommunikation aus der Wissenschaft sehr viel erreicht und vielleicht der Bevölkerung auch im Bereich des Klimaschutzes mehr zugemutet werden kann, als wir das derzeit tun. Darüber hinaus müssen wir uns im globalen Norden der Verantwortung bewusstwerden, die wir für den historischen Klimawandel tragen, für die derzeitigen Emissionen, und es muss auch über einen Finanzausgleich und Ähnliches gesprochen werden, wie es jetzt in Ägypten auf dem Klimagipfel COP27 getan wird. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass viele der Emissionen, die in anderen Ländern entstehen, auf unseren Konsum hier im globalen Norden zurückzuführen sind. Und wir müssen uns wirklich an die Umsetzung machen. Die Verpflichtungen sind teils sehr gut in den Ländern, konform mit dem Pariser Abkommen. Aber diese Umsetzungsfrage, müssen wir wirklich mit viel mehr Nachdruck angehen.“
Stellvertretende Leiterin der Sektion Marine Biogeowissenschaften und Leiterin der Helmholtz-Nachwuchsgruppe Marine Carbon and Ecosystem Feedbacks in the Earth System (MarESys), Fachbereich Biowissenschaften, Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven und Mitautorin des Global Carbon Budget 2022
„Ich würde mir durchaus wünschen, dass die Medien deutlicher sind und auch nicht nur zu einer Zeit, während gerade ein Klimagipfel stattfindet. Sondern, dass es das ganze Jahr über ein Thema bleibt und in den Medien deutlich ausgesprochen wird. Braucht es mehr junge Menschen? Ich würde sagen, es braucht gesamtgesellschaftlich mehr Menschen. Es braucht nicht nur die jungen Menschen, sondern es braucht die ganze Gesellschaft, die daran mitarbeitet und mitzieht. Und es braucht eine Politik, die erklärt, warum gewisse Richtlinien und Vorgaben notwendig sind. Ich denke, dann kann man das den Menschen durchaus zumuten. Dann gibt es ein Verständnis, dann ziehen die Menschen auch mit.“
Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH (MCC), Berlin
„Wenn wir von den jungen Menschen sprechen, würde ich mir insbesondere wünschen, dass sie wieder auf die Straße gehen, denn das hat wirklich wahnsinnig viel bewegt. Wir erinnern uns alle in Deutschland an 2019 – auch der CO2-Preis, all das wäre sonst nicht möglich gewesen. Ich wünsche mir, dass die Defizite jetzt in der Politik eine große Rolle spielen werden. Und ich wünsche mir, dass wir die Klimafrage bei der aktuell defizitären Haushaltssituation nicht vergessen. Und ansonsten: Für die Klimapolitik wünsche ich mir, dass man sich daran messen lässt, wie schnell man die Trendwende hinbekommt, weil wir das schaffen müssen. Wir können uns nicht eine weitere Dekade mit steigenden Emissionen leisten. Sonst stehen wir in zehn Jahren beim Zwei-Grad-Ziel dort, wo wir jetzt beim 1,5-Grad-Ziel stehen. Genau das wollen und können wir uns nicht zumuten. Das wollen wir vor allem auch unseren Kindern und Kindeskindern nicht zumuten.“
Primärquelle
Friedlingstein et al. (2022): Global Carbon Budget 2022. Earth System Science Data, DOI: 10.5194/essd-14-4811-2022.
Prof. Dr. Julia Pongratz
Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme und Direktorin des Department für Geographie, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Mitautorin des Global Carbon Budget 2022
Dr. Judith Hauck
Stellvertretende Leiterin der Sektion Marine Biogeowissenschaften und Leiterin der Helmholtz-Nachwuchsgruppe Marine Carbon and Ecosystem Feedbacks in the Earth System (MarESys), Fachbereich Biowissenschaften, Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven und Mitautorin des Global Carbon Budget 2022
Prof. Dr. Jan Christoph Minx
Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH (MCC), Berlin