Wie gut hat das rumänische Verfassungsgericht sein Urteil begründet?
Rumänisches Verfassungsgericht annulliert erste Runde der Präsidentschaftswahl
begründet wird dies mit unfairer Wahlmanipulation via Tiktok
Forschende: Entscheidung erfolgte nach rumänischem Recht, nicht nach DSA; ist nachvollziehbar, wenn Geheimdienst-Informationen stimmen
Die rumänische Präsidentschaftswahl muss wiederholt werden. Dass in Europa ein Verfassungsgericht einen gesamten Wahlprozess im laufenden Prozess aufhebt, weil die Wahl durch digitale Kampagnen beeinflusst wurde, ist juristisches Neuland. Die Begründung für das Urteil wurde am 06.12.2024 in einem Amtsblatt der rumänischen Regierung veröffentlicht [I].
Programmleiter Forschungsprogramm „Regelungsstrukturen und Regelbildung in digitalen Kommunikationsräumen“, Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI), und Universitätsprofessor für Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts, Universität Innsbruck, Österreich
„Im Zuge der rumänischen Präsidentschaftswahl und des überraschenden Wahlerfolges des Kandidaten Călin Georgescu in der ersten Wahlrunde wurde das rumänische Verfassungsgericht mit der Prüfung der Legalität und Legitimität des Wahlverfahrens betraut. Die Entscheidung, das gesamte Wahlverfahren für nichtig zu erklären und die Präsidentschaftswahl zu wiederholen, begründet das rumänische Verfassungsgericht folgendermaßen.“
„Die Demokratie als Grundpfeiler der rumänischen Verfassung wird durch das Wahlrecht garantiert. Es stellt ein politisches Grundrecht und eine unabdingbare Voraussetzung für die Demokratie dar. Überdies sind die Menschenwürde, die Rechte und Freiheiten der Bürger, die freie Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit, die Gerechtigkeit und der politische Pluralismus höchste Werte der rumänischen Verfassung, die im Geiste der demokratischen Tradition des rumänischen Volkes verstanden und ausgeübt werden müssen.“
„Die nationale Souveränität geht dabei gemäß der Verfassung vom rumänischen Volk aus und wird, garantiert durch freie, regelmäßige und faire Wahlen, von Vertretungsorganen ausgeübt. Aus diesen Verfassungsgrundsätzen abgeleitet, ergibt sich die Pflicht des Staates, jede ungerechtfertigte Einmischung in den Wahlprozess zu verhindern.“
„Aus den dem Verfassungsgericht vorliegenden Sicherheitsdokumenten geht hervor, dass der undurchsichtige Einsatz digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz zur Manipulation des Wahlverfahrens beziehungsweise von Wählerstimmen führte und ferner Desinformationskampagnen und intransparente Wahlkampffinanzierung die freie Stimmabgabe und Chancengleichheit der Kandidaten erheblich beeinträchtigten. Dies stellt einen Verstoß gegen das Wahlgesetz und Wahlkampffinanzierungsgesetz dar. Aus diesem Grund sieht das rumänische Verfassungsgericht die Glaubwürdigkeit und Legitimität der Wahlen als nicht gegeben an und ordnet eine Wiederholung an, um das Vertrauen der Bürger in die demokratische Ordnung wiederherzustellen.“
Wären ähnliche Entscheidungen in Deutschland möglich?
„Auch in Deutschland ist der Schutz freier und fairer Wahlen eine zentrale Verfassungsnorm. So müssen etwa Abgeordnete des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 38 Grundgesetz in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Das Bundesverfassungsgericht kann bei gravierenden Unregelmäßigkeiten oder Rechtsverstößen ebenfalls das Wahlergebnis ganz oder teilweise für ungültig erklären und eine Wiederholung der Wahl anordnen. Gravierende Unregelmäßigkeiten und Rechtsverstöße liegen allerdings nur dann vor, wenn sie geeignet sind, das Mandatsergebnis zu verändern oder die Integrität des gesamten Wahlprozesses in Frage zu stellen.“
Einfluss des europäischen Rechts auf die Entscheidung der rumänischen Richter
„Zwar basiert die Entscheidung des rumänischen Verfassungsgerichtes primär auf rumänischer Verfassungsordnung und Wahlrecht, doch die dahinterliegenden Anliegen des Schutzes demokratischer Wahlen und Institutionen vor digitaler Manipulation, Intransparenz und Desinformation, deckt sich mit dem Kernanliegen des Digital Services Acts (DSA).“
„Dieser schafft einen harmonisierten Rechtsrahmen für Online-Dienste wie Plattformen und Marktplätze, um illegale Inhalte, Desinformation und Sicherheitsrisiken einzudämmen. Große Online-Plattformen wie Tiktok verpflichtet er beispielsweise dazu, illegale Inhalte zu entfernen, nutzerorientierte Beschwerdemechanismen anzubieten, Algorithmen transparenter zu gestalten und Risikobewertungen durchzuführen.“
„Es liegt nahe, dass Tiktok den DSA verletzt hat, wenn – wie der Geheimdienst in seiner Stellungnahme ausführt – in großem Umfang ausländische Accounts und Bots nicht ausreichend moderiert wurden. Das wäre eines der klassischen Risiken für gesellschaftliche Selbstbestimmungsprozesse, auf das die Plattformen sich vorbereiten müssen.“
Mögliche Konsequenzen für Tiktok auf europäischer Ebene
„Aufgrund der vom rumänischen Verfassungsgerichtshof festgestellten Desinformationskampagne [1], insbesondere in Bezug auf Fake-Accounts, die in einer koordinierten Kampagne eingesetzt wurden, und nicht ausgewiesener bezahlter politischer Werbung auf Tiktok, ist ein Verstoß gegen den DSA wahrscheinlich. In diesem Zusammenhang forderte die Europäische Kommission Tiktok in einem Auskunftsersuchen [2] im Rahmen des DSA auch schon auf, Informationen über den Umgang der Plattform mit Risiken der Informationsmanipulation vorzulegen und die Daten zu Beweiszwecken einzufrieren.“
„Auch das European Digital Media Observatory (EDMO) berichtet, dass das ‚Fehlen einer wirksamen Moderation [...] die weite Verbreitung ungeprüfter Informationen, die insbesondere rechtsextreme Kandidaten betrafen‘ ermöglichte. EDMO diagnostizierte weiter einen ‚Mangel an Transparenz bei politischen Kampagnen, insbesondere bei Kandidaten wie Călin Georgescu, die die Plattform nutzten, ohne die Finanzierung und die Beweggründe für ihre Werbung offenzulegen.‘“
„Gleichzeitig warne ich davor, einfache Erklärungsmuster zu suchen. Es ist nicht leicht nachzuweisen, welchen konkreten Einfluss eine Onlinekampagne und mangelnde Moderation auf Wahlergebnisse hatte, vor allem weil andere Gründe für Überraschungssiege von populistischen Kandidat:innen wie Georgescu (oder Trump) wie Desillusionierung der Wähler und Anti-Establishment-Stimmung ebenso relevant sind.“
Juniorprofessorin für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Datenschutzrecht/Recht der Digitalisierung, FernUniversität in Hagen
„Meine Ausführungen erfolgen auf der Grundlage einer automatisierten Übersetzung der Entscheidungsdokumente. Das Gericht hatte die Ergebnisse der ersten Wahlrunde zunächst bestätigt, der zweite Wahlgang wäre eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidat:innen mit den meisten Stimmen im ersten Wahlgang gewesen. In seiner Entscheidung vom 06.12.2024 hat das rumänische Verfassungsgericht nun die Wahlergebnisse für ungültig erklärt. Das Gericht stützte sich dabei insbesondere auf neue Informationen des ausländischen sowie inländischen Geheimdienstes, der Generaldirektion für den Schutz des Inneren und des besonderen Telekommunikationsdienstes. Daraus folgerte das Gericht, dass das Wahlverfahren zur Wahl des rumänischen Präsidenten während seiner gesamten Dauer und in allen Phasen durch zahlreiche Unregelmäßigkeiten und Verstöße gegen die Wahlgesetze beeinträchtigt wurde. Grundlage waren primär die Erkenntnisse zu organisierten Tiktok-Konten, die über Telegram koordiniert wurden, bezahlte Influencer auf Tiktok und Cyberangriffe auf die rumänische Wahlbehörde.“
„Die Freiheit der Wahl schließt nach dem Gericht das Recht ein, ‚angemessen informiert zu werden‘, bevor eine Wahlentscheidung getroffen wird. Insbesondere muss eine Einmischung von Stellen außerhalb der EU durch Wahlpropaganda oder Desinformationskampagnen ausgeschlossen werden. Dies sah das Gericht durch den starken Anstieg von Tiktok-Konten im Vorfeld der Wahl sowie die Nutzung bestimmter Hashtags durch Bots als gegeben an. Auch die fehlende Kennzeichnung der Wahlinhalte auf Tiktok sah das Gericht als eine Verzerrung der Wahlfreiheit an.“
„Das Gericht sah einen Verstoß gegen die Chancengleichheit der Kandidat:innen als gegeben an, da der Kandidat durch die fehlende Kennzeichnung der Wahlinhalte von den sozialen Medien bevorzugt behandelt wurde. Dadurch wurde insbesondere die Nähe des Kandidaten zu staatlichen Sicherheitseinrichtungen suggeriert.“
„Zudem sah das Gericht einen Verstoß gegen die Vorgaben zur Wahlkampfinanzierung des rumänischen Wahlrechts als gegeben an, da der Kandidat im Vergleich zu den Berichten des Inlandsgeheimdienstes widersprüchliche Angaben getätigt hatte und vor allem seine Kosten für den Wahlkampf auf Social Media als nicht existent angegeben hatte.“
Wären ähnliche Entscheidungen in Deutschland möglich?
„In Deutschland sind die rechtlichen Mechanismen zur Überprüfung von Wahlen schon deshalb grundlegend anders gelagert, da im System der personalisierten Verhältniswahl beispielsweise zum Bundestag keine Stichwahl zwischen zwei Kandidat:innen erfolgt. Die Wahlprüfung für die Wahlen zum Deutschen Bundestag ist in Artikel 41 des Grundgesetzes (GG) geregelt und grundsätzlich Aufgabe des Bundestags. Erforderlich ist demnach eine Entscheidung des Parlaments über die Gültigkeit der Wahl. Erst dagegen ist nach Art. 41 Abs. 2 GG die Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht zulässig – die Überprüfung im Vorfeld oder während einer Wahl ist deshalb grundsätzlich nicht zulässig, da der Vorrang der Wahlprüfungsbeschwerde gilt. Gegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde sind alle Verstöße gegen die Wahlrechtsgrundsätze, die auch im rumänischen Urteil eine wichtige Rolle gespielt haben (zum Beispiel Freiheit der Wahl), als auch alle zwingenden Vorgaben des Wahlrechts. Die Hürden für eine Ungültigkeit der Wahl sind in Deutschland sehr hoch: Es muss ein schwerwiegender Wahlfehler vorliegen, der sich auf die Sitzverteilung im Bundestag ausgewirkt hat oder nach dem Grundsatz der potenziellen Kausalität ausgewirkt haben könnte. Dies ist insbesondere bei der Beeinflussung durch digitale Medien nahezu nicht nachweisbar.“
Einfluss des europäischen Rechts auf die Entscheidung der rumänischen Richter
„Das rumänische Verfassungsgericht hat sich in seiner Urteilsbegründung allein mit Verstößen gegen das nationale Recht auseinandergesetzt. Die tatsächlichen Gefahren der Beeinflussung von Wahlprozessen durch gezielte Ausnutzung der Mechanismen der Inhaltsanzeige von sozialen Medien werden durch den DSA [3] in Art. 34 Abs. 1 c) als systemische Risiken adressiert. Sehr große Online-Plattformen wie Tiktok müssen nach Art. 35 DSA entsprechende Risikominderungsmaßnahmen ergreifen, um nachteiligen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Debatte und auf Wahlprozesse zu bekämpfen. Bei einem Verstoß kann die Kommission Untersuchungen einhalten und neben einstweiligen Maßnahmen auch letztlich einen Beschluss über die Nichteinhaltung der Vorgaben des DSA nach Art. 73 DSA erlassen, womit auch Geldbußen gegen die Plattformen verhängt werden können. Zudem gelten ab dem 10.10.2025 die Vorgaben der Verordnung über die Transparenz politischer Werbung, welche die Integrität von Wahlen und Abstimmungen in Europa besser vor manipulativen Einflussnahmen aus dem In- und Ausland schützen sollen. Als politische Werbung gelten danach ‚bezahlte Inhalte, gesponserte Suchergebnisse, bezahlte gezielte Botschaften, Werbung in Ranglisten, Bewerbung von Produkten oder Personen in Inhalten von Produktplatzierungen, Influencer und andere Darstellungen‘ (vergleiche Erwägungsgrund 1). Zukünftig gelten bestimmte Dokumentations- und Transparenzpflichten, unter anderem muss die politische Werbung klar gekennzeichnet sein (vergleiche Art. 11).“
Professor für Medienrecht, Technische Universität Dortmund
„Das rumänische Verfassungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass sowohl gegen die Wahlgrundsätze der rumänischen Verfassung als auch gegen die Regeln zur Finanzierung des Wahlkampfes verstoßen wurde. Konkret sei ein Kandidat in den sozialen Medien intensiv beworben worden, ohne dass dies als Wahlwerbung transparent gemacht wurde. Damit habe sich dieser Kandidat einen Vorteil verschafft, der gegen den Grundsatz der Chancengleichheit verstieße. Auch seien Bürgerinnen und Bürger bei ihrer Meinungs- und Willensbildung in die Irre geführt worden. Ihnen gegenüber sei nicht offengelegt worden, dass sie mit politischer Werbung konfrontiert wurden. Der Wahlgrundsatz der freien Wahl sehe aber vor, dass Wählende nicht unzulässig beeinflusst werden.“
Wären ähnliche Entscheidungen in Deutschland möglich?
„Auch im Grundgesetz sind in Art. 38 Absatz 1 Satz 1 GG Wahlgrundsätze formuliert. Demnach müssen Wahlen unter anderem frei und gleich sein. Die Freiheit der Wahl bedeutet nicht nur, dass die unmittelbare Stimmabgabe nicht unter Zwang oder Druck erfolgt, sondern dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ‚die Wähler ihr Urteil in einem freien, offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen und fällen können‘ (BVerfGE 44, 125, 139). Dazu gehören insbesondere Regeln zum Umgang mit politischer Werbung. Regierungsparteien dürfen sich etwa keinen unmittelbaren Vorteil aus finanziellen Ressourcen heraus verschaffen, die sich aus ihrem Amt ergeben. Die Regeln einer solchen unzulässigen Einflussnahme gelten unter Wahrung ihrer grundrechtlichen Freiheiten aber grundsätzlich auch für Private. Regeln zur Transparenz politischer Werbung normiert darüber hinaus die Europäische Union, vor allem in der Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung. [4] Im Kern sollen insbesondere in sozialen Medien zur Reichweitenverstärkung beworbene Inhalte offengelegt werden, wenn sie als politische Werbung einzuordnen sind. Auch kann künftig das personalisierte Bewerben aufgrund von spezifischen Merkmalen (Micro-Targeting) verboten werden.“
Einfluss des europäischen Rechts auf die Entscheidung der rumänischen Richter
„Die bereits angesprochene Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung aus den Institutionen der Europäischen Union zielt darauf ab, den Prozess der reichweitenverstärkenden Bewerbung von politischen Inhalten der sozialen Medien zu regulieren. Verhindert werden soll, dass Wählerinnen und Wähler beeinflusst werden, indem ihnen bestimmte, auf sie zugeschnittene Inhalte vermittelt werden. Gerade ein solcher Einfluss auf die Meinungsbildung durch politische Botschaften in sozialen Medien, die nicht als Wahlwerbung transparent gemacht wurden, war im Übrigen – wie erwähnt – ein Kernargument des rumänischen Verfassungsgerichts. Auch der Digital Services Act [3] nimmt die Rolle der sozialen Medien auf das Wahlverhalten der Bevölkerung in den Blick und verpflichtet die Betreiber sehr großer Online-Plattformen – wozu etwa Tiktok gehört –, Risiken im Hinblick auf tatsächliche oder absehbare nachteiligen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Debatte und auf Wahlprozesse entgegenzutreten (Art. 34 Abs. 1 c, Art. 35 DSA). Die Digitalstrategie der europäischen Union umfasst weiter verschiedene Rechtsakte, etwa auch die KI-Verordnung, die ebenfalls Gefährdungen der Entscheidungsfreiheit bei KI-basierten Such- und Entscheidungssystem einzudämmen bezweckt. Hierunter kann auch die gezielte Beeinflussung des Wahlverhaltens über soziale Medien fallen.“
Mögliche Konsequenzen für Tiktok auf europäischer Ebene
„Betreiber sehr großer Online-Plattformen, aber auch Anbieter und Sponsoren politischer Werbung können sanktioniert werden, wenn sie gegen Pflichten aus Verordnungen der Europäischen Union verstoßen. Anbieter politischer Werbung und Sponsoren können etwa dazu verpflichtet werden, bei Verstößen insbesondere gegen Transparenzregeln bis zu sechs Prozent ihrer jährlichen Einnahmen oder ihres Jahresbudgets zu zahlen. Für Betreiber sehr großer Online-Plattformen kommen ebenfalls Sanktionen bis zu sechs Prozent des im vorangegangenen Jahr erzielten Gesamtjahresumsatz in Betracht.“
Professorin für Zivilrecht, und Präsidentin des European Law Institute Stellvertretende Institutsvorständin am Institut für Digitalisierung und Recht, Universität Wien, Österreich
Prof. Dr. Wendehorst ordnet im folgenden Statement nicht den konkreten Fall in Rumänien ein, sondern gibt einen Ausblick, wie sich die Regulierung politischer Werbung in der EU in Zukunft verändern wird.
„Die EU-Verordnung 2024/900 vom 13. März 2024 über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung [4] wird ab dem 10. Oktober 2025 die Vorschriften des Digital Services Act (DSA) und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für den Fall digitaler Online-Werbung ergänzen und deutlich verstärken. Sie gilt darüber hinaus auch für andere Formen politischer Werbung.“
„Die Verordnung enthält Transparenz- und Sorgfaltspflichten für die politische Werbung und damit verbundene Dienstleistungen sowie für Sponsoren politischer Werbung. Dazu gehören etwa Pflichten zur Kenntlichmachung politischer Werbung und zur Offenlegung der Auftraggeber, Sponsoren und vieler anderer Details sowie für sehr große Anbieter die Pflicht zur Weiterleitung an ein neues europäisches Archiv für politische Online-Anzeigen. Die Verordnung enthält auch Vorschriften für Targeting und Anzeigenschaltung im Zusammenhang mit politischer Online-Werbung, die eine Verarbeitung personenbezogener Daten umfassen. So darf eine personalisierte Anzeigenschaltung nur noch erfolgen, wenn der Verantwortliche die Daten von der betroffenen Person selbst erhoben hat, wenn die Person ihre ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung zu diesem Zweck gegeben hat und wenn die Anzeigenschaltung nicht auf Profiling unter Verwendung sensibler Datenkategorien – einschließlich der politischen Orientierung einer Person – beruht. Die Verordnung enthält allerdings auch ein Verbot der Diskriminierung. Das heißt, Werbedienstleistungen dürfen etwa nicht allein deswegen verweigert werden, weil der Sponsor der Werbung in einem bestimmten Staat niedergelassen ist; nur in den letzten drei Monaten vor einer Wahl gibt es Einschränkungen, die eine Einmischung von drittstaatlicher Seite zurückdrängen sollen.“
„Mit der Verordnung wird zwar für bestimmte Aspekte politischer Werbung ein einheitliches Regime in der Union festgelegt, von dem die Mitgliedstaaten nicht abweichen können. Sie ändert aber etwa nichts an nationalen Vorschriften zur Durchführung und Finanzierung politischer Kampagnen oder zur allgemeinen Beschränkung politischer Werbung während bestimmter Zeiträume. Noch weniger ändert sie etwas an den Befugnissen für ein nationales Verfassungsgericht, eine Wahl, die trotz breitflächigen Verstoßes gegen zentrale Rechtsvorschriften erfolgt ist, zu annullieren.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte, möchte im Kontext des DSA aber darauf hinweisen, dass ich Mitglied des Art. 21 DSA Academic Advisory Boards von user-rights.org bin.“
„Keine.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] European Digital Media Observatory EDMO (26.11.2024): Analysis of the 2024 Romanian Presidential Elections: The Role of Social Media and Emerging Political Trends.
[2] European Commission (29.11.2024): Commission sends additional request for information to TikTok under the Digital Services Act.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Monitorul Oficial Al României Partea I (06.12.2024): ACTE ALE CURȚII CONSTITUȚIONALE CURTEA CONSTITUȚIONALĂ HOTĂRÂREA Nr. 32 din 6 decembrie 2024. (Eine direkte Verlinkung ist nicht möglich. Bitte dem Link folgen, in der Kalenderauswahl den 06. Dezember anklicken und anschließend das Dokument 1231 auswählen.)
[II] Bundesministerium der Justiz: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Artikel 38.
[III] Stindard-Verein: Die rumänische Verfassung.
Prof. Dr. Matthias Kettemann
Programmleiter Forschungsprogramm „Regelungsstrukturen und Regelbildung in digitalen Kommunikationsräumen“, Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI), und Universitätsprofessor für Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts, Universität Innsbruck, Österreich
Prof. Dr. Hannah Ruschemeier
Juniorprofessorin für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Datenschutzrecht/Recht der Digitalisierung, FernUniversität in Hagen
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keine Interessenkonflikte, möchte im Kontext des DSA aber darauf hinweisen, dass ich Mitglied des Art. 21 DSA Academic Advisory Boards von user-rights.org bin.“
Prof. Dr. Tobias Gostomzyk
Professor für Medienrecht, Technische Universität Dortmund
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Keine.“
Prof. Dr. Christiane Wendehorst
Professorin für Zivilrecht, und Präsidentin des European Law Institute Stellvertretende Institutsvorständin am Institut für Digitalisierung und Recht, Universität Wien, Österreich