Weiterentwicklung des Stromnetzes beim Ausbau der Erneuerbaren
Ein Diskussionspunkt beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland ist die Sicherheit der Stromversorgung durch die Stabilität der Stromnetze. Der Atomausstieg wird die Sicherheit der Stromnetze kaum beeinflussen – doch er könnte womöglich vorübergehend zu einem höheren CO2-Ausstoß führen, weil die Stromnetze nicht rechtzeitig fertiggestellt wurden. Das ist eine Einschätzung, die uns eine Forscherin und zwei Forscher auf die Frage nach den wichtigsten Themen und Entwicklungen der kommenden Jahren in den Energienetzen mit auf den Weg gegeben haben.
Der notwendige Netzausbau könnte sich dabei vielleicht durch eine neue Netzstruktur – zum Beispiel einem zellularen Energiesystem – verkleinern lassen. Dabei könnten einzelne Regionen zum Beispiel Verbrauch und Erzeugung bis zu einem gewissen Grad innerhalb ihrer Grenzen auspendeln. Den Ausbau von Langstrecken-Stromtransport von der Nordsee zu den Alpen werden solche Strukturen jedoch wohl nicht überflüssig machen. Es scheint sogar wünschenswert, auf europäischer Ebene eine Fernstrom-Transportebene anzudenken, um Windstrom von der Nordsee nach Süden oder Sonnenstrom aus Italien, Griechenland oder Spanien nach Norden zu verteilen.
Technik der Wahl ist dafür Hochspannungs-Gleichstrom, der sowohl an Strommasten wie auch in Kabeln unter der Erde transportiert werden kann. Ob sich diese Leitungen schon jetzt zu einem regelrechten Netz verknüpfen lassen, ist unklar. Auf der einen Seite fehlt noch immer der Nachweis, dass ein wichtiges Bauteil betriebssicher funktioniert, mit dem eine einzelne Hochspannungs-Gleichstrom-Leitung ausgeschaltet werden kann, ohne das ganze Gleichstromnetz herunterzufahren. Auf der anderen Seite macht es der Fortschritt der Halbleitertechnik unter Umständen möglich, auf so ein Bauteil zu verzichten, wenn Konverter aus diesen sogenannten Vollbrückenmodulen aufgebaut werden.
Aber auch am Betrieb des konventionellen Netzes wird die Energiewende nicht spurlos vorbeigehen: Konnten die Betreiber sich bis jetzt auf die tonnenschweren, rotierenden Massen von Generatoren und Turbinen verlassen, die das Netz durch die vielen kleinen Schwankungen am Tag führen, werden Wind- und Photovoltaik-Anlagen, aber auch Verbraucher zunehmend über Netzteile sozusagen angeschlossen: Halbleiterbauteile, die Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln oder andersherum. Die jedoch können kleine Schwankungen ins Netz weitergeben, wo sich sie aufschaukeln könnten. Neue Steuerungen, Bauteile oder Betriebsweisen könnten hier Abhilfe schaffen, müssen jetzt jedoch erforscht werden.
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Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (2019): Perspektiven der elektrischen Energieübertragung in Deutschland. Frankfurt am Main.
Prof. Dr. Jutta Hanson
Professorin und Leiterin des Fachgebiets Elektrische Energieversorgung unter Einsatz Erneuerbarer Energien, Technische Universität Darmstadt
Prof. Dr. Christian Rehtanz
Institutsleiter, Institut für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft (ie3), Technische Universität Dortmund
Dr. Thomas Benz
Geschäftsführer der Energietechnischen Gesellschaft im VDE (VDE ETG), Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik, Frankfurt am Main