Veröffentlichung der ersten globalen Bestandsaufnahme: Wie holen wir CO2 aus der Atmosphäre?
Am 19.01.2023 ist der Report „The State of Carbon Dioxide Removal (CDR)“ veröffentlicht worden – die erste weltweite Bestandsaufnahme und umfassende Bewertung der notwendigen Maßnahmen, um das Treibhausgas Kohlendioxid der Atmosphäre zu entziehen und dauerhaft zu speichern (siehe Primärquelle). Die Autorinnen und Autoren des Berichts beschreiben ihre Arbeit als „Sachstandsbericht zu CO2-Entnahmen, weil das Thema in Wissenschaft und Politik bisher zu wenig Aufmerksamkeit bekommt.“ Ihre Analyse legt offen, dass es eine große Lücke gibt zwischen den CDR-Planungen der Staaten und dem, was erforderlich ist, um das Ziel des Pariser Klimavertrages zu erreichen. Derzeit gibt es weltweit nur wenige Pläne, die Entnahme von CO2 über das aktuelle Niveau hinaus zu steigern.
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Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Das SMC hat die Expertin und Experten am Ende des Press Briefings gefragt, um kurze Zusammenfassungen des Reports gebeten. Die Antworten stellen wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung.
Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH (MCC), Berlin und einer der Autoren des Berichts
„CO2-Entnahmen sind eine Notwendigkeit. Sie werden nicht vom Himmel fallen. Wir müssen uns darum kümmern. Nur so können wir eben zu einer zirkulären Kreislaufwirtschaft für CO2 kommen. Und dahin müssen wir. Die nächsten zehn Jahre sind entscheidend: Was wir bis dahin umsetzen können, entscheidet darüber, in welchem Umfang die Entnahmemethoden bis Mitte des Jahrhunderts skaliert werden können.“
Senior Fellow, Abteilung EU/Europa, Stiftung Wissenschaft und Politik – Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit (SWP), Berlin und einer der Autoren des Berichts
„Es geht bei CO2-Entnahmen nicht mehr um ein Entweder-Oder. Wir brauchen beides. Aber Regierungen, insbesondere diejenigen, die Netto-Null-Ziele beschlossen haben, müssen klären und müssen öffentlich sagen: Wie viel CO2-Entnahme wollen sie machen? Welche Methoden? Wer wäre dafür verantwortlich? Und wer zahlt das? Das sollte der Anspruch sein an jedes Land, an jede Regierung oder auch an jedes Unternehmen, das sagt, wir wollen Netto-Null erreichen. Was ist der CO2-Entnahmeanteil daran? Wer darauf keine Antwort hat, dessen Netto-Null-Ziel kann man eigentlich nicht wirklich ernst nehmen.“
stellvertretende Direktorin des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik, Institut für Weltwirtschaft (IfW), und Begutachterin des Berichts
„Alles, was heute über die Akzeptanz und Wahrnehmung von CDR-Methoden gesagt werden kann, ist erst einmal ein Schnappschuss dessen, was die Leute auf Zuruf fühlen, denken und für Assoziationen haben. Daraus können wir sicher sagen – und das ist einer der wichtigen Punkte, dass es in der Zukunft um Vertrauen geht. Also: Vertraue ich darauf, dass diese Maßnahme tatsächlich langfristig CO2 der Atmosphäre entnimmt, und vertraue ich Akteuren, die sich damit beschäftigen? Das wiederum sendet an die Politik: Es ist wichtig, sich mit dem Monitoring und der Bestätigung und der Überprüfung der Entnahmen zu beschäftigen. Die andere spannende Frage ist: Heute sind die meisten noch von den Methoden abgeschreckt und sagen: Okay, wir müssen viel mehr Emissionen senken. Aber kann in Zukunft dieses Label „klimaneutral" oder „CO2-neutral" dazu führen, dass wir uns freikaufen von der Schuld und es dann zu weniger Emissionsreduktionen führt?“
Primärquelle
Smith SM et al. (2023): The state of Carbon Dioxide Removal. Webseite des Projektes.
Prof. Dr. Jan Christoph Minx
Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH (MCC), Berlin und einer der Autoren des Berichts
Dr. Oliver Geden
Senior Fellow, Abteilung EU/Europa, Stiftung Wissenschaft und Politik – Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit (SWP), Berlin und einer der Autoren des Berichts
Dr. Christine Merk
stellvertretende Direktorin des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik, Institut für Weltwirtschaft (IfW), und Begutachterin des Berichts