Verbreitung von Candidozyma auris in Europa mit Fokus auf Deutschland und Österreich – ECDC-Report
ECDC veröffentlicht Bericht zur Verbreitung von Candidozyma auris in Europa
Infektionsfälle haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen
im Press Briefing erläuterten Forschende die Situation in Deutschland und Österreich, Ursachen für die Verbreitung sowie Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hat seine jüngste Erhebung zu Candidozyma auris (ehemals Candida auris)-Fällen im europäischen Raum veröffentlicht (siehe Primärquelle).
Der Report dokumentiert eine Zunahme von C. auris-Fällen in europäischen Krankenhäusern zwischen 2013 bis 2023, die eine ernsthafte Bedrohung für Patientinnen und Patienten und Gesundheitssysteme darstelle. Deutschland meldete in den zehn Jahren 120 Fälle und ist damit eins der Länder mit den höchsten Fallzahlen – nur Spanien, Griechenland, Italien und Rumänien dokumentierten mehr Infektionsfälle.
Auf unserem Youtube-Kanal können Sie das Video in der Sprecheransicht oder Galerieansicht anschauen.
Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Das SMC hat die Expertinnen und Experten am Ende des Press Briefings um die wichtigsten Kernbotschaften gebeten, die wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung stellen möchten.
Leiter des Fachgebiets Nosokomiale Infektionen, Surveillance von Antibiotikaresistenz und -verbrauch, Robert Koch-Institut (RKI), Berlin
„Man muss mit Sicherheit mit einem Anstieg der Candidozyma auris-Fälle in den nächsten Jahren rechnen. Man muss gucken, dass nicht mehr Länder in die Gruppe fünf fallen werden. [Das würde bedeuten,] dass sie im Grunde mehr oder weniger die Kontrolle verloren haben und es zu einer endemischen Situation in den Ländern kommt. Das ist wirklich ein wichtiger Schritt, der zu verhindern ist. Dementsprechend ist in einem Land wie Deutschland bei jedem Infektionsfall eine Maßnahme notwendig , wo es noch möglich ist. Deswegen ist Aufklärung wichtig, an der wir arbeiten. Wichtig ist auch die Diskussion zur Ausdehnung der Meldepflicht. Das Thema muss bekannt sein – das ist das, was wir versuchen. Wir versuchen viel zu veröffentlichen, tatsächlich auch die deutschen Zahlen, damit ein Bewusstsein dafür entsteht und das muss auf europäischer Ebene genauso sein. Dieser Bericht ist deswegen total wichtig. Das ist eine Warnung an die Länder, zu sagen: 'Achtet da drauf und kümmert euch um diesen Pilz'. Man kann nicht verhindern, dass er sich ausbreitet, aber man kann die Ausbreitung verlangsamen, was schon ausgesprochen wichtig wär.“
Leiterin der Klinischen Abteilung für Klinische Mikrobiologie, Medizinische Universität Wien, sowie Leiterin des nationalen Referenzzentrums für Hefen und Schimmelpilze, Österreich
„Mir ist besonders wichtig, dass keine Panik geschürt wird. Das muss man von vornherein ganz klar sagen. Ich glaube, es ist auch in den Gesprächen jetzt herausgekommen, dass es Candidozyma auris keine lebensbedrohliche Sache für uns ist, sondern dass wir ganz einfach aufpassen müssen, dass dieser Pilz sich bei uns nicht weiter ausbreitet. Oder die Ausbreitung so lange wie möglich hinausgezögert wird, damit wir keine Probleme bezüglich antimykotischer Therapie bekommen und natürlich auch entsprechend der Desinfektionsmaßnahmen, die dann notwendig sind, wenn der Pilz weit vorhanden ist oder sich weiter ausgebreitet hat. Also einerseits keine Panik, auf der anderen Seite aber doch Aufmerksamkeit, um sofort reagieren zu können, wenn dieser Pilz aufgetreten ist oder nachgewiesen wird.“
Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, und Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk), Jena/Würzburg
„Ich gehe noch auf zwei Aspekte ein, die eher indirekt sind. Zum einen sieht man in dem Bericht, wie unterschiedlich europäische Länder an das Thema drangehen. Und das ist eigentlich was mich immer so ein bisschen traurig macht, weil ich glaube, wir hätten das Potenzial, eine viel größere Vernetzung europaweit hinzukriegen und unsere Maßnahmen abzustimmen. Es ist schade, dass jedes Land immer noch seine Stämme auf andere Art und Weise typisiert und andere Maßnahmen einleitet und die Meldepflicht anders ist. Der Erreger macht an Grenzen nicht halt. Das ist ein Aspekt, bei dem ich glaube, da müsste man drüber nachdenken, wie man das ändert. Und der zweite Aspekt ist, dass wir jetzt mit dieser Ausbreitung eines neuen Pilzes sehen, wie ökologische Veränderungen auf unserem Planeten auch die Gesundheit des Menschen direkt betreffen. Candidozyma auris ist der erste und prominenteste Fall bei den Pilzen, aber es ist völlig klar, dass dann weitere Erreger kommen werden und weitere neue Fälle. Und wir müssen da draufgucken und wir brauchen die Expertise, so was zu überwachen – möglichst auch bevor die Erreger in Deutschland oder Österreich ankommen. Das ist einerseits wissenschaftlich wahnsinnig spannend und deswegen find ich das auch so faszinierend. Aber es ist auch eine Herausforderung, die schwer zu vermitteln ist. Es wird sich schwer getan, anderen Leuten zu erklären, dass wir da sitzen und auf was warten, was noch nicht da ist und von dem wir nicht wissen, wann es kommt. Das ist so ein bisschen eine Godot-Situation, aber wir müssen da dran arbeiten.“
Prof. Willinger ist an dem vorgestellten ECDC-Report in ihrer Funktion als Leiterin des Referenzzentrums in Österreich beteiligt.
Prof. Kurzai ist an dem vorgestellten ECDC-Report in seiner Funktion als Leiter des Referenzzentrums in Deutschland an der Datenbereitstellung beteiligt.
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Primärquelle
European Centre for Disease Prevention and Control (2025): Survey on the epidemiological situation, laboratory capacity and preparedness for Candidozyma (Candida) auris, 2024. DOI: 10.2900/2025052.
Dr. Tim Eckmanns
Leiter des Fachgebiets Nosokomiale Infektionen, Surveillance von Antibiotikaresistenz und -verbrauch, Robert Koch-Institut (RKI), Berlin
Prof. Dr. Birgit Willinger
Leiterin der Klinischen Abteilung für Klinische Mikrobiologie, Medizinische Universität Wien, sowie Leiterin des nationalen Referenzzentrums für Hefen und Schimmelpilze, Österreich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
Prof. Willinger ist an dem vorgestellten ECDC-Report in ihrer Funktion als Leiterin des Referenzzentrums in Österreich beteiligt.
Prof. Dr. Oliver Kurzai
Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, und Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk), Jena/Würzburg
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
Prof. Kurzai ist an dem vorgestellten ECDC-Report in seiner Funktion als Leiter des Referenzzentrums in Deutschland an der Datenbereitstellung beteiligt.