Niedrige Fallzahlen als gemeinsames Ziel für ganz Europa, um SARS-CoV-2-Pandemie nachhaltig einzudämmen
Die Regierungen in Europa sollten sich im Umgang mit der SARS-CoV-2-Pandemie zu gemeinsamen Zielen verpflichten. Das fordern internationale Fachleute aus verschiedenen Disziplinen in einem Positionspapier, das im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle).
Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Das SMC hat die Expertinnen am Ende des Press Briefings um kurze Zusammenfassungen gebeten, die wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung stellen möchten.
Leiterin der Forschungsgruppe emerging viruses in der Abteilung für Infektionskrankheiten, Universität Genf, Schweiz, und Unterzeichnerin des Positionspapiers, Schweiz
„Ich glaube, man kann vielleicht aus medizinischer Sicht einfach sagen, es ist ein neuer Erreger. Wir haben noch sehr viele offene Fragen. Es gibt sehr viel, was wir noch nicht zu diesem Erreger verstanden haben. Und es muss eigentlich unser oberstes Ziel sein, Infektionen zu vermeiden. Und es wurde jetzt schon von meinen Vorrednerinnen angebracht, aber wir haben die besten Freiheiten, das beste Leben, wir kommen am nähesten an die Normalität, wenn wir wenig Viruszirkulation haben. Ich glaube, man man muss versuchen, ohne das Virus zu leben, nicht mit dem Virus zu leben. Und die Infektionen, die man dann eben noch hat, rechtzeitig einzufangen. So wie man das jetzt mit anderen Infektionen, beispielsweise mit Masernausbrüchen oder mit Ausbrüchen von anderen Infektionskrankheiten ja schon seit hunderten Jahren fast macht oder zumindest schon sehr lange. Und genau so müssen wir das mit den SARS-Coronavirus auch machen, damit alle Menschen davon profitieren. Ich glaube, das ist auch nochmal ganz wichtig. Es gibt keine Zweiteilung in Risikogruppen und in Nicht- Risikogruppen. Alle sind davon betroffen, wenn die Fallzahlen hoch sind, und alle leiden darunter.“
Universitätsprofessorin am Institut für Politikwissenschaft, Universität Wien, Österreich, Mitglied der European Group on Ethics and New Technologies, und Unterzeichnerin des Positionspapiers, Österreich
„Ich möchte Frau Priesemann für die wirklich wichtige Initiative danken. Ich glaube, genau das brauchen wir. Wir brauchen sozusagen eine Allianz der Menschen und auch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich zusammenschließt und kurz und effizient sagt, was unserer Meinung nach zu tun ist. Es ist kein Nullsummenspiel. Wir können nicht sagen, wenn wir die Wirtschaft offen lassen, leidet die weniger und so weiter. Wir brauchen eine klare Zieldefinition, und wir brauchen Unterstützung der Gruppen, die die Hauptlast dieser Krise tragen.“
Leiterin der Forschungsgruppe Theorie neuronaler Systeme, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, Göttingen, und Koordinatorin sowie Autorin des Positionspapiers
„Ich habe dieses europäische Statement initialisiert, weil ich denke, dass in der Wissenschaft ein wirklich sehr, sehr breiter Konsens herrscht – von der Virologie zur Epidemiologie, zur Wirtschaft und zur Soziologie– dass niedrige Fallzahlen nur Vorteile haben. Hohe Fallzahlen haben keinerlei Vorteile, weder für die Gesundheit, noch für das Sozialleben, noch für die Wirtschaft. Es lohnt sich, die Fallzahlen konsequent runter zu bringen, und dann auch wirklich konsequent dort unten zu halten. Wir haben bei niedrigen Fallzahlen mehr Freiheiten.“
Primärquelle
Priesemann V et al. (2020): Calling for Pan-European commitment for rapid and sustained reduction in SARS-CoV-2 infections. Correspondence. The Lancet.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Corona Zeitreihen der World Health Organization (WHO). Anwendung des Science Media Centers.
Prof. Dr. Isabella Eckerle
Leiterin der Forschungsgruppe emerging viruses in der Abteilung für Infektionskrankheiten, Universität Genf, Schweiz, und Unterzeichnerin des Positionspapiers, Schweiz
Prof. Dr. Barbara Prainsack
Universitätsprofessorin am Institut für Politikwissenschaft, Universität Wien, Österreich, Mitglied der European Group on Ethics and New Technologies, und Unterzeichnerin des Positionspapiers, Österreich
Dr. Viola Priesemann
Leiterin der Forschungsgruppe Theorie neuronaler Systeme, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, Göttingen, und Koordinatorin sowie Autorin des Positionspapiers