Millionen-Förderung für umstrittenes Synthetic Human Genome Project
Synthetic Human Genome Project erhält zehn Millionen britische Pfund an Förderung
das Ziel ist es, ein vollständiges menschliches Chromosom künstlich im Labor zu erzeugen, au dem Weg dahin sollen neue Technologien entwickelt werden
Forschende erläutern Mehrwert für die Grundlagenforschung sowie Anwendungspotenziale und diskutieren mögliche ethische Bedenken
Eine der weltweit größten medizinischen Wohltätigkeitsorganisationen, der Wellcome Trust, hat dem umstrittenen britischen Synthetic Human Genome Project zehn Millionen Pfund (rund 11,7 Millionen Euro) an Förderung bereitgestellt. „Indem wir die notwendigen Werkzeuge und Methoden zur Synthese eines menschlichen Genoms schaffen, werden wir Fragen zu unserer Gesundheit und Krankheit beantworten, die wir heute noch nicht einmal vorhersehen können, und so unser Verständnis von Leben und Wohlbefinden verändern“, sagte Michael Dunn, Direktor für Entdeckungsforschung bei Wellcome.
Professor für Ethik und Recht in den Lebenswissenschaften und Direktor des Centre for Ethics and Law in the Life Sciences (CELLS), Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
„Synthetische humane Genome sind ein wesentlicher Baustein für ein besseres Verständnis des Zusammenwirkens von Genetik und Gesundheit. Die erfolgreiche Synthese eines gesamten menschlichen Genoms würde es uns gestatten, neue Therapien zu entwickeln und die Gesundheitsversorgung proaktiver auf eine sich verändernde Welt vorzubereiten.“
„Gleichzeitig birgt die hier zu entwickelnde Technologie zahlreiche Risiken des Missbrauchs in sich. So könnten neuartige biologische Kampfstoffe entstehen, oder der Versuch unternommen werden, bestimmte körperliche Merkmale ‚auf Bestellung‘ herzustellen. Das liefe fundamentalen gesellschaftlichen Vorstellungen zuwider.“
„Die meisten innovativen Verfahren in den Lebenswissenschaften können sowohl für den Erkenntnisfortschritt als auch für nicht wünschenswerte Zwecke verwendet werden. Die damit verbundenen Risiken können deshalb kein Argument sein, eine Technologie nicht weiter zu erforschen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn anderswo auf der Welt unter anderen ethischen Rahmenbedingungen die Technologie ohnehin weiterentwickelt würde.“
Erste Ansätze
„Schon bei den ersten Ansätzen in der Forschung zu genetisch veränderten Organismen entstand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Regulierungsherausforderung: Wie regulieren wir eine Technologie, deren gesellschaftliche Risiken wir noch nicht vorhersagen können? Wenn wir dann endlich wissen, welche Risiken tatsächlich zu Tage treten, ist es für eine Regulierung natürlich zu spät. Dieses Dilemma haben wir überwunden, indem wir nur sehr langsam und zögerlich einzelne Aktivitäten erlaubt haben – das sogenannte Vorsorgeprinzip. Ob das im Zusammenhang mit globalisierter Forschung noch ein zeitgemäßer und zielführender Ansatz ist, steht infrage.“
Regulierung
„Die Frage nach risikobewusster Regulierung steht neben der Frage, wie wir mit synthetischen Genomen aus kommerzieller Perspektive umgehen wollen: Können wir uns gesellschaftlich vorstellen, ein synthetisches humanes Genom zu kommerzialisieren? Können bestimmte Genom-Rezepte vielleicht sogar Gegenstand von lizensierbarem geistigem Eigentum sein? Hier bietet es sich an, den gesellschaftlichen Diskurs über die Grenzen der Kommerzialisierung flankierend zu diesem Projekt zu führen. Es ist gut, zu sehen, dass das Projekt von den Kollegen an der University of Kent (hier ist ein spezielles sozialwissenschaftliches Programm beteiligt; Anm. d. Red.) entsprechend begleitet wird.“
„Wichtig scheint mir besonders zu sein, dass wir im gesellschaftlichen Diskurs nicht der diffusen Angst über die Entstehung von ,Designer-Babys‘ zum Opfer fallen – selbstverständlich verändern wir den Körper von lebenden Patienten und Patientinnen, wenn wir in der Lage sind, ihre Erkrankungen zu behandeln. Das ist ein ganz normaler Vorgang. So sollten wir auch im Rahmen der Kinderwunschbehandlung nüchtern und ergebnisoffen darüber diskutieren, ob wir bestimmte Erkrankungen bereits im Vorfeld behandeln können. Wo die Grenzen zwischen ethisch zulässiger Gesundheitsbehandlung und ethisch problematischem Enhancement liegen könnten, müssen wir gesellschaftlich vernünftig diskutieren.“
Direktor des Instituts für Humangenetik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
„In England werden zehn Millionen Pfund für das neue Synthetic Human Genome Project (SynHG) bereitgestellt. Ziel ist es, grundlegende Werkzeuge, Technologien und Methoden zu entwickeln, mit denen Forscher künftig ganze Genome synthetisieren können.“
Erste Ansätze
„Zum ersten Mal werden Wissenschaftler versuchen, große Teile menschlicher DNA synthetisch herzustellen. Bisher war es nur möglich, kurze Abschnitte von wenigen Hundert Basenpaaren zu synthetisieren. Neue Methoden erlauben nun die Herstellung von Abschnitten mit hunderttausenden von Basenpaaren. Damit wird es erstmals möglich, größere Teile von Chromosomen – möglicherweise sogar ganze künstliche Chromosomen – synthetisch zu erzeugen.“
„Dieser Prozess ist technisch äußerst anspruchsvoll und erfolgt in der Regel in Zellkultur, oft mithilfe von Hefezellen. Es handelt sich hierbei um ein grundlagenwissenschaftliches Projekt. Das erklärte Ziel ist nicht, einen künstlichen Menschen zu erschaffen.“
Regulierung
„Die Herstellung künstlicher DNA ist an sich nichts völlig Neues – in Bakterien ist das bereits seit längerem möglich. Bei menschlicher DNA ist jedoch eine klare Regulierung essenziell. Positiv hervorzuheben ist, dass das Projekt von Beginn an von einer ethischen Begleitforschung flankiert wird. Diese soll die gesellschaftlichen und moralischen Implikationen dieser Technologie bewerten und gegebenenfalls entsprechende Leitlinien für die Nutzung entwickeln.“
Fluch oder Segen?
„Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich um ein hochspannendes und zeitgemäßes Projekt. Zum ersten Mal wird es möglich, DNA in großen Abschnitten aktiv neu zu synthetisieren – bis hin zu ganzen Chromosomen. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten, die Funktionsweise unserer Erbinformation zu analysieren und zu verstehen.“
Relevanz des Projektes
„Unser aktuelles Wissen über das menschliche Genom ist noch begrenzt. Derzeit können wir im Wesentlichen nur Aussagen über die circa 1,5 Prozent der DNA treffen, die für Proteine codiert. Das bedeutet: Über die übrigen 98 Prozent – die sogenannte nicht-codierende DNA – wissen wir noch sehr wenig. Doch gerade in dieser ,dunklen Seite des Genoms’ könnte ein enormes Potenzial verborgen liegen – sowohl für das grundlegende Verständnis der menschlichen Biologie als auch für die Entwicklung neuer Therapien.“
„Die Möglichkeit, große DNA-Abschnitte oder gar ganze Chromosomen synthetisch herzustellen, erlaubt es erstmals, die Funktion bislang unverständlicher DNA-Bereiche gezielt zu untersuchen. Dadurch könnten neue therapeutische Ansätze entstehen – etwa bei seltenen Erkrankungen, aber auch im Bereich der Krebsforschung.“
Fazit
„Das SynHG ist ein inhaltlich wie ethisch gut durchdachtes Forschungsprojekt. Es wird wissenschaftlich bahnbrechende Erkenntnisse ermöglichen und ist gleichzeitig gesellschaftlich verantwortungsvoll begleitet. In dieser Kombination ist es ein sehr begrüßenswerter und wichtiger Schritt für die Genomforschung der Zukunft.“
Leiterin der Sektion Translationale Medizinethik und Geschäftsführende Direktorin, Nationales Zentrum für Tumorerkrankungen Heidelberg, Universität Heidelberg, und Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrates
Vorbemerkungen
„Zunächst ist es wichtig zu sehen, dass wir es hier mit früher Grundlagenforschung zu tun haben. Wenn ich richtig informiert bin, liegen bisherige Erfolge bei der synthetischen Herstellung von Genomsequenzen in der Synthese von Bakteriengenomen. Diese haben eine Größe von mehreren hundert Kilobasen bis wenigen Megabasen. Bei menschlichen Genomen kommt man mit heutiger Technologie noch nicht über große Abschnitte hinaus. Ein vollständiges menschliches Genom mit ungefähr drei Gigabasen bleibt derzeit wissenschaftlich ambitioniert und technisch noch nicht machbar. Die ersten Ziele, die sich das Projekt des Wellcome Trusts daher setzt, sind eine synthetische menschliche Chromosomensequenz – das circa zwei Prozent des Genoms ausmacht – in Zellen zu bauen.“
„Zum anderen scheint es auch gar nicht das Ziel zu sein, ein vollständiges menschliches Genom zu generieren. Der Nutzen liegt stattdessen zunächst im besseren Verständnis der Funktionsweise des Genoms und im Ersetzen defekter Gene. Das geht aber tatsächlich so klar aus den bisherigen Berichten nicht hervor. Es wäre also eine erste Forderung, dass klarer gemacht wird, wo der Nutzen liegt und warum man diesen nur mit synthetischer DNA erreichen kann. Wenn diese Notwendigkeit und der Nutzen nicht klar sind, fallen potenzielle Missbrauchsrisiken stärker ins Gewicht.“
Fluch oder Segen?
„Dieser Forschungsansatz kann zu neuen Erkenntnissen über die Struktur und Funktionsweise – auch zur Regulation – des menschlichen Genoms führen und dazu beitragen, genetisch bedingte Krankheiten besser zu verstehen und neue Ansätze für die Arzneimittelentwicklung zu ermöglichen. Der potenzielle Nutzen sollte deutlich verständlicher und besser kommuniziert werden als in den bisher zugänglichen Presseberichten.“
Ethische Bedenken
„Gleichzeitig wirft das Ziel, ein gesamtes humanes Genom synthetisch herzustellen – auch wenn es noch in der Ferne liegt –, vielfältige ethischer Fragen auf und birgt auch Risiken, die in den Blick genommen und gegen einen Nutzen abgewogen werden müssen.“
„Offensichtliche Bedenken – ähnlich der Debatte beim Klonen – sind Designer-Menschen, synthetische Menschen und Organe als ‚Ersatzteillager‘, die Kommerzialisierung oder Patentierung des Genoms und mögliche militärische Anwendungen.“
„Im Gegensatz zum Klonen stellt sich mit Blick auf synthetisch hergestellte DNA die Frage, wem diese ‚gehört‘. Bisher galt: Deine DNA ist dein biologisches Erbe. Doch synthetische DNA wird im Labor generiert – also designed, nicht geerbt. Dürfen Unternehmen synthetisch erzeugte Sequenzen patentieren, auch wenn sie natürlichen ähneln? Hier können sich Fragen der Zugangsgerechtigkeit zum Nutzen dieser neuen Technologie stellen.“
„Die Forscher sagen, dass das Ziel nicht ist, Designer-Babies herzustellen. Ein komplett synthetisches Genom könnte jedoch theoretisch zur künstlichen Erzeugung von Embryonen genutzt werden – auch ohne biologische Eltern. Das verändert unser Verständnis von biologischer Verwandtschaft, Elternschaft und Fortpflanzung. Interessant scheint auch die Möglichkeit, nicht nur Organe zur Behandlung kranker Menschen zu synthetisieren, sondern womöglich ‚phyiscal twins‘ statt ‚digital twins‘.“
„Für den hypothetischen Fall, dass es synthetisch hergestellte Menschen gäbe, würden sich Fragen der Privatsphäre und des genetischen Wissens noch einmal sehr viel pointierter stellen: Wer kontrolliert synthetische DNA-Daten – und mit welchen Rechten? Anders als bei geerbter DNA könnte synthetisch hergestellte DNA von Anfang an digitalisiert, dokumentiert und zugänglich sein.“
„Offen ist auch die Frage, wie synthetische DNA unser Denken über Identität verändern würde. Hier ist es einerseits möglich, dass das kritische Bewusstsein gegenüber genetischem Determinismus – also der Vorstellung, dass unsere Identität im Wesentlichen durch unser Erbgut bestimmt sei – durch synthetische DNA-Technologien geschärft wird und wir daran sehen, dass wir nicht unsere Gene sind. Andererseits ist es möglich, dass neue Reduktionismen Einzug halten – wenn etwa synthetisch erzeugte Identitäten mit minderem Wert assoziiert werden.“
Regulierung
„Da synthetische Genome in ihren Eigenschaften und ihrem Verhalten nicht direkt mit natürlich vorkommenden Genomen vergleichbar sind, ist eine vorausschauende Risikoabschätzung besonders anspruchsvoll. Diese Herausforderung scheint jedoch nicht spezifisch für synthetische DNA zu sein, da Wissenschaftler auch durch Genome Editing Varianten erzeugen können, die in keinem Organismus bekannt sind. Zudem scheint das Ziel der Wissenschaftler ja gar nicht zu sein, DNA-Sequenzen, die es bisher nicht gibt, zu generieren, sondern eher mehrere bekannte Gene in ein ‚perfektes Genom‘ zusammenzuführen. Auch das geht mittels Genome Editing theoretisch schon. Dennoch müssten Sicherheitsprüfungen nicht nur sehr umfassend sein, sondern auch neue Formen der Vorsorge und des Monitorings beinhalten.“
„Hier scheint es wichtig, dass Risiken nicht allein technisch verwaltet, sondern gesellschaftlich verantwortet werden. Dazu gehören von Anfang an transparente Verfahren, gesellschaftliche Teilhabe, die Notwendigkeit ethischer Reflexion, klare Grenzen für mögliche Anwendungen sowie eine Offenheit für normativen Dissens und letztlich eine demokratisch legitimierte und ethisch begründeten Verantwortung gegenüber neuen Formen biologischer Gestaltung.“
„Hier sehe ich zum einen auch jetzt schon die Notwendigkeit, dass der mögliche Nutzen und eine realistische Gefahrenabschätzung – die die Forschenden ja sicher sehen – der Öffentlichkeit und auch den EthikerInnen noch deutlicher kommuniziert werden müsste. Denn die Risiken lassen sich ja nur gemeinsam mit dem erhofften Nutzen abwägen. Und zum anderen sehe ich eine erhebliche Herausforderung an die Governance, da hier eine länderübergreifende Steuerung erforderlich wäre und sich die Frage stellt, wie Gesellschaften in ein Projekt eingebunden werden können, das die menschliche Biologie grundlegend verändern kann.“
„Der Auftakt des Treffens von 150 Wissenschaftlern in Harvard unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Kommunikation zu den Inhalten geht da sicher nicht in die richtige Richtung und verhindert die Auseinandersetzung und aus früheren Erfahrungen damit auch die Akzeptanz neuer technologischer Ansätze.“
Status synthetischer Embryonen
„Hierzu müssen wir zunächst klären, was synthetische Embryonen sind. Wir verstehen aktuell unter ‚synthetischen Embryonen‘ embryoähnlichen Entitäten, die nicht aus Ei- und Samenzelle generiert werden, sondern zum Beispiel aus Stammzellen. Dafür ist aber daher kein synthetisch generiertes Chromosom nötig. Zudem scheint es ja gar nicht um die Generierung von Embryonen mit synthetischer DNA zu gehen. Das, was in der bisherigen Debatte als synthetische Embryonen bezeichnet wird, kann man auch schon ohne synthetische DNA erzeugen. Der Status solcher synthetischen Embryonen ist derzeit ungeklärt.“
„Aus ethischer Sicht würde ich argumentieren, dass der moralische Status einer Entität nicht nur von ihrer biologischen Entstehungsweise abhängen kann, sondern Schutzwürdigkeit an anderen Eigenschaften – Schmerzempfinden, Bewusstsein, Handlungsfähigkeit, Potenzial der menschlichen Entwicklung und Weiteren – festgemacht werden muss. Falls man wirklich Embryonen aus einem synthetischen Genom erzeugen könnte, sollte es schwierig sein, diesen einen geringeren moralischen Status zuzuschreiben als ‚natürlich‘ geborenen Menschen.“
Einige Aspekte dieser Zusammenstellung sind aus der Diskussion mit Karla Alex, Andreas Bruns und Katja Mehlis von Frau Winklers Institut hervorgegangen.
stellvertretender Direktor des Zentrums für Molekulare Biologie und erster Sprecher des Zentrums für Synthetische Genomik, Universität Heidelberg
Mehrwert des Projekts für die Forschung
„Das Projekt ist für den Bereich der Grundlagenforschung interessant, genau wie damals das Human Genome Project: Dieses legte die Grundlagen für heutige Forschung. Mit der finanziellen Förderung des Wellcome Trust können Technologien entwickelt werden, die viele Bereiche der Wissenschaft und Biotechnologie sowie der Biomedizin beeinflussen werden.“
„Die Entwicklung neuer Technologien im Synthetic Genome Project ist relevant für die internationale Forschung. Sie werden der gesamten Molekularbiologie nützen, so wie in der Vergangenheit die Hochdurchsatzsequenzierung (verbesserte schnellere Technologie zur DNA-Sequenzierung; Anm. d Red.).“
„Aktuell ist die DNA-Synthese noch relativ teuer. In der damit möglichen finanziellen Größenordnung lassen sich am ehesten einzelne chromosomale Segmente im Erbgut ersetzen, um deren Funktion genauer zu verstehen. Bisher wurden schon Chromosomen von Bakterien synthetisiert, außerdem ein komplettes Hefegenom, was aber sehr viel kleiner ist als etwa ein menschliches Genom. Die bereits erworbenen Erkenntnisse will das nun geförderte Projekt auf komplexe Organismen übertragen. Dazu werden Zelllinien genutzt: Menschliche Zelllinien sind besonders interessant für die Grundlagenforschung, da daran Erkenntnisse mit höher Relevanz für den Menschen gewonnen werden können als beispielweise mit anderen Säugerzelllinien.“
„Einzelne Erbgutsequenzen können in der Forschung bereits ausgetauscht werden. Mithilfe neuer Methoden könnte man Sequenzen in kleinere Fragmente zerlegen und damit sehen, welchen Einfluss eine einzelne Base auf den Organismus hat, was entscheidend für das Verstehen von Krankheiten sein kann. An solcher synthetisierter DNA wäre zum Beispiel Forschung an neuen Therapien in Zelllinien möglich.“
Synthese eines menschlichen Chromosoms und Genoms
„Die Synthese eines kompletten menschlichen Genoms liegt noch in ferner Zukunft. Dabei ist der Fokus und Mehrwert des Projekts die Technologieentwicklung zur Grundlageforschung. Die Synthese eines menschlichen Chromosoms ist auch noch ein sehr komplexes Unterfangen und wäre eher ein öffentlichkeitswirksames Zeichen, ähnlich wie die Mondlandung. Das komplette Genom wäre der nächste Stern: noch lange Zeit unerreichbar.“
Vielversprechende Inhalte des Projekts
„Interessante Inhalte des Projekts könnten zum Beispiel die Synthese von Zentromeren sein, die aktuell wegen ihrer vielen Repeats (DNA-Sequenz aus sich wiederholenden Abschnitten; Anm. d. Red.) noch technologische Herausforderungen bereiten. Die Dreidimensionalität des Genoms ist relevant, wenn die Genexpression anhand regulatorischer Elemente – so genannten Enhancern –, die weit weg vom Promotor liegen, erforscht werden soll. Besonders bei der Immunzelltherapie gegen Krebs könnte es durch das Projekt schon bald große Fortschritte geben.“
Ethische Bedenken und Regulation
„Das Projekt wird durch ein Ethikprogramm begleitet und durch die Gentechnikgesetzgebung reguliert.“
Sicherheitsbedenken bei der DNA-Synthese
„Es ist zu hundert Prozent sicher, synthetische DNA in Zellkulturen zu erzeugen, da alles unter streng kontrollierten Bedingungen im Labor stattfindet. Man kann das Ergebnis sehr genau vorhersagen. Zum Beispiel würden virale Komponenten bereits in der Synthese des Erbgutes ausgeschlossen werden und damit im Erbgut der Zelllinie eliminiert.“
Zukunft des Projekts
„Weitere Förderung wird abhängig vom Erfolg des Projektes sein. In jedem Fall ist die relativ neue Synthetische Genomik ein sehr relevanter Forschungszweig: Sie bezeichnet dieses und ähnliche Projekte bezeichnet und ist aus der klassischen Molekularbiologie entstanden. Die Synthetische Genomik wird im angelsächsischen Bereich und hoffentlich auch bald in Deutschland einen wichtigen Stellenwert haben.“
„Ich bin neben meiner Professur in Hannover auch Partner und Anwalt in der englischen Kanzlei LDMH Partners. Ich berate Unternehmen, Forschungsinstitute und Kliniken aus der lebenswissenschaftlichen Branche.“
„Interessenkonflikte habe ich keine.“
„Ich habe keinerlei Interessenkonflikte, weder finanziell noch kenne ich am Projekt beteiligte Personen.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Villalba A et al. (2024): The ethics of synthetic DNA. Journal of Medical Ethics. DOI: 10.1136/jme-2024-110124.
[2] Alex K et al. (2023): Ethical Discourse on Epigenetics and Genome Editing: The Risk of (Epi-)genetic Determinism and Scientifically Controversial Basic Assumptions. In: The Impact of Health Care on Character Formation, Ethical Education, and the Communication of Values in Late Modern Pluralistic Societies. Evangelische Verlagsanstalt & Wipf & Stock Publishers.
[3] Alex K et al. (2023): Comparative ethical evaluation of epigenome editing and genome editing in medicine: first steps and future directions. Journal of Medical Ethics. DOI: 10.1136/jme-2022-108888.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Zürcher JF et al (2023): Continuous synthesis of E. coli genome sections and Mb-scale human DNA assembly. Nature. DOI: 10.1038/s41586-023-06268-1.
[II] Xu W et al. (2024): Towards the first synthetic eukaryotic cell. Biosafety & Health. DOI: 10.1016/j.bsheal.2024.11.001.
[III] Schindler D et al. (2024) : Methodological advances enabled by the construction of a synthetic yeast genome. Cell Reports Methods. DOI: 10.1016/j.crmeth.2024.100761.
Prof. Dr. Nils Hoppe
Professor für Ethik und Recht in den Lebenswissenschaften und Direktor des Centre for Ethics and Law in the Life Sciences (CELLS), Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich bin neben meiner Professur in Hannover auch Partner und Anwalt in der englischen Kanzlei LDMH Partners. Ich berate Unternehmen, Forschungsinstitute und Kliniken aus der lebenswissenschaftlichen Branche.“
Prof. Dr. Malte Spielmann
Direktor des Instituts für Humangenetik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Prof. Dr. Eva Winkler
Leiterin der Sektion Translationale Medizinethik und Geschäftsführende Direktorin, Nationales Zentrum für Tumorerkrankungen Heidelberg, Universität Heidelberg, und Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrates
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Interessenkonflikte habe ich keine.“
Prof. Dr. Michael Knop
stellvertretender Direktor des Zentrums für Molekulare Biologie und erster Sprecher des Zentrums für Synthetische Genomik, Universität Heidelberg
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keinerlei Interessenkonflikte, weder finanziell noch kenne ich am Projekt beteiligte Personen.“