Hurrikane im Klimawandel
Beginn der Hurrikan-Saison: komplexer Zusammenhang zwischen möglichen Veränderungen tropischer Wirbelstürme und fortschreitendem Klimawandel
aktueller Stand der Wissenschaft: Anzahl der Wirbelstürme bleibt insgesamt gleich oder nimmt leicht ab, jedoch steigt der Anteil an schweren Stürmen
Forschende ordnen Entwicklungen und Prognosen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ein, beschreiben mögliche Anpassungen und wichtige Punkte für die journalistische Berichterstattung
Am 1. Juni beginnt jedes Jahr offiziell die atlantische Hurrikan-Saison, die laut Prognose überdurchschnittlich viele und starke Wirbelstürme bringen könnte [I]. In den vergangenen Jahren gab es intensive Debatten um die Frage, inwiefern sich die Hurrikane im fortschreitenden Klimawandel bereits verändert haben und welche Entwicklungen künftig zu erwarten sind. Zum Beginn der Hurrikan-Saison hat das SMC einigen Forschenden dahingehende Fragen gestellt und relevante Hintergrundinformationen zusammengetragen.
Die Hurrikan-Saison dauert bis Ende November und gilt auch für die Karibik und den Golf von Mexiko. In diesen Monaten sind die Bedingungen für die Entstehung von Wirbelstürmen in dieser Region am günstigsten, auch wenn einzelne Ereignisse außerhalb der Saison entstehen können. Der Höhepunkt der Saison liegt gewöhnlich zwischen Mitte August und Ende Oktober.
Die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde der USA (NOAA) sieht mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine überdurchschnittliche Hurrikan-Saison beginnen [I]. Sie prognostiziert 13 bis 19 benannte Stürme [II], von denen sechs bis zehn zu einem Hurrikan werden könnten. Von denen könnten wiederum drei bis fünf zu einem sogenannten Major Hurrikan anwachsen – Major Hurrikane sind solche der Kategorien 3, 4 und 5. Dieser Einteilung liegt die Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala zugrunde, in der die Hurrikane entsprechend ihrer maximalen Windgeschwindigkeiten zugeordnet werden [III]. Im vergangenen Jahr 2024 gab es 18 benannte Stürme, von denen elf als Hurrikane auftraten, fünf von ihnen als schwere Hurrikane [IV]. Im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 waren es pro Jahr 14 benannte Stürme, davon sieben Hurrikane inklusive drei der Kategorien 3 und höher.
Die folgende Abbildung illustriert die Anzahl der Hurrikane im Nordatlantik von 1950 bis 2024. Die durchgezogene Linie zeigt den Trend über den gesamten betrachteten Zeitraum. Die gestrichelte Linie bildet die zeitlich geglätteten Daten ab, bei denen Jahre höher gewichtet werden, je näher sie am jeweils betrachteten Ereignisjahr liegen.
Hurrikane sind tropische Wirbelstürme, die über dem nördlichen Atlantik sowie dem Nord- und Südostpazifik entstehen. In anderen Regionen der Welt heißen diese Wirbelstürme Taifune (in Ost- und Südostasien sowie im Nordwestpazifik) beziehungsweise Zyklone (im Indischen Ozean und Südwestpazifik). Sie entstehen nur unter bestimmten Bedingungen: So braucht es beispielsweise mindestens 26,5 Grad Celsius warmes Wasser in den oberen 50 Metern des Meeres. Die Windgeschwindigkeit bei einem sehr starken Hurrikan kann über 300 Kilometer pro Stunde erreichen. In den meisten Fällen bewegen sich die Wirbelstürme bis zu 30 Kilometer pro Stunde entlang ihre Zugweges. Die Häufigkeit von Hurrikanen steht in engem Zusammenhang mit dem ENSO-Mechanismus – ‚El Niño und Südliche Oszillation‘. In El Niño-Jahren entstehen normalerweise weniger Hurrikane, die dann zumeist auch schwächer sind als in anderen Jahren. Dies liegt zum einen an trockenerer Luft über dem Atlantik, wodurch die Wolkenbildung dort gehemmt ist. Zum anderen verursacht El Niño eine stärkere vertikale Windscherung – benachbarte Luftschichten bewegen sich in verschiedene Richtungen und/oder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten –, so dass Hurrikane in ihrer Entstehung förmlich auseinandergetrieben werden.
Die folgende Abbildung stellt die Anzahl tropischer Wirbelstürme global dar, berücksichtigt also Hurrikane, Zyklone und Taifune. Die Linien zeigen die statistischen Trends über verschiedene Zeiträume und machen sehr deutlich, wie enorm wichtig der Beginn des Betrachtungszeitraums ist. Die durchgezogene Linie bildet den Trend ab, wenn die Jahre 1970 bis 2024 betrachtet werden. Für die gestrichelte Linie beginnt dieser Zeitraum im Jahr 1980, bei der gepunkteten im Jahr 1990. Die systematische Beobachtung von Wirbelstürmen mit Satelliten begann in den 1960er Jahren. Seit den 1970er Jahren wurden Wettersatelliten zunehmend für die flächendeckende Überwachung tropischer Wirbelstürme eingesetzt. In den 1990er Jahren war die globale Satellitenüberwachung so weit fortgeschritten, dass seitdem verlässliche und flächendeckende Daten zur Verfügung stehen.
Die Berichterstattung über Hurrikane und deren Zusammenhang mit dem Klimawandel konzentriert sich häufig auf die Anzahl benannter Stürme und schwerer Hurrikane. Darüber hinaus spielen jedoch weitere Faktoren eine wichtige Rolle: veränderte Entstehungsregionen, andere Zugwege [V] und -geschwindigkeiten – langsam ziehende Hurrikane können lokal größere Schäden verursachen, da sie länger an einem Ort verweilen –, steigende ‚Accumulated Cyclone Energy‘ – also die Gesamtenergie tropischer Wirbelstürme einer Saison –, transportierte Regenmengen, wie oft sie auf Land treffen und wie lange sie dort weiter bestehen, bevor sie sich auflösen, die Intensität der ausgelöste Flutereignisse und nicht zuletzt die verursachten Schäden. Je nach betrachteter Kategorie lassen sich unterschiedliche Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten beobachten.
Mit dem Klimawandel verändern sich einige physikalische Parameter so, dass diese auch Auswirkungen auf die Bildung und Intensität von Hurrikanen haben können: steigende Wassertemperaturen, höhere Lufttemperaturen und mit diesen mehr Energie und Wasser in der Atmosphäre und damit potenziell größere Regenmengen. Der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC [VI] zeichnet bisher jedoch kein eindeutiges Bild zur Veränderung der globalen tropischen Wirbelstürme im Klimawandel. Einerseits sieht er Hinweise auf größere Niederschlagsmengen und geringere Zuggeschwindigkeiten der tropischen Wirbelstürme weltweit. Andererseits sieht er nur begrenzte Beweise, dass dies auch für die Hurrikane über den USA gilt. Er hält fest: Global wird die Häufigkeit tropischer Wirbelstürme mit zunehmender globaler Erwärmung abnehmen oder unverändert bleiben. Wahrscheinlich hat aber der weltweite Anteil der stärkeren tropischen Wirbelstürme der Kategorie 3 bis 5 in den vergangenen vier Jahrzehnten zugenommen.
Die folgende Abbildung illustriert die Anzahl der Major Hurrikane im Nordatlantik von 1950 bis 2024. Die durchgezogene Linie zeigt jeweils den Trend über den gesamten betrachteten Zeitraum. Die gestrichelte Linie bildet die zeitlich geglätteten Daten ab, bei denen Jahre höher gewichtet werden, je näher sie am jeweils betrachteten Ereignisjahr liegen.
Die größte Gefahr für Menschen durch einen Hurrikan geht von Sturm- und Sturzfluten aus. Die meisten Todesopfer sterben nicht durch Windbruch oder Gebäudeeinstürze, sondern ertrinken. Zudem können großen Regenmengen in hügeligen Regionen Erdrutsche und Schlammlawinen auslösen. Nach einem Wirbelsturm sterben vor allem in weniger entwickelten Ländern wegen mangelnder medizinischer Versorgung an den Folgen von Verletzungen oder Infektionskrankheiten oder weil ihnen der Zugang zu Trinkwasser und Nahrungsmitteln fehlt. In der Vergangenheit forderten tropische Wirbelstürme deutlich mehr Todesopfer als heute – trotz wachsender Weltbevölkerung und heute dichterer Küstenbesiedlung. Dies lässt sich erklären durch bessere Erkennung der Ereignisse und damit bessere Vorwarnung der Bevölkerung, durch angepasste Bauweise der Gebäude, mehr und bessere Dämme und Entwässerungssysteme, ausgearbeitete Evakuierungspläne und schnelle, häufig internationale Katastrophenhilfe. Vor allem ärmere Weltregionen sind aber auch heute noch besonders verwundbar durch Wirbelstürme.
Die Sachschäden durch Hurrikane in den USA schwanken stark von Jahr zu Jahr, haben aber seit Beginn des 20. Jahrhunderts enorm zugenommen [VII]. Dies liegt jedoch nicht an häufigeren oder intensiveren Hurrikanen, sondern am Bevölkerungswachstum in den Küstenregionen, der zunehmende Bebauung dort und den höheren Werten der Infrastruktur. Die fünf teuersten Hurrikane der US-Geschichte trafen das Land alle in den vergangenen 20 Jahren.
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Ich erkläre hiermit, dass kein Interessenkonflikt besteht.“
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Weiterführende Recherchequellen
NOAA: International Best Track Archive for Climate Stewardship (IBTrACS). Datensammlung zu tropischen Wirbelstürmen weltweit. Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Zhao H et al. (2024): Decreasing global tropical cyclone frequency in CMIP6 historical simulations. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.adl2142.
[2] Lopez H et al. (2024): Projected increase in the frequency of extremely active Atlantic hurricane seasons. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.adq7856.
[3] Knutson T et al. (2019): Tropical Cyclones and Climate Change Assessment: Part I: Detection and Attribution. Bulletin of the American Meteorological Society. DOI: 10.1175/BAMS-D-18-0189.1.
[4] Knutson T et al. (2020): Tropical Cyclones and Climate Change Assessment: Part II: Projected Response to Anthropogenic Warming. Bulletin of the American Meteorological Society. DOI: 10.1175/BAMS-D-18-0194.1.
[5] Chand S et al. (2022): Declining tropical cyclone frequency under global warming. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/s41558-022-01388-4.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] NOAA (22.05.2025): NOAA predicts above-normal 2025 Atlantic hurricane season. Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA.
[II] NOAA: Tropical Cyclone Names. Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA.
[III] NOAA: Saffir-Simpson Hurricane Wind Scale. Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA.
[IV] NOAA (03.04.2025): 2024 Atlantic Hurricane Season Summary Table. Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA.
[V] NOAA: Historical Hurricane Tracks. Interaktive Karte mit den Zugwegen aller aufgezeichneten Hurrikane, beispielhaft für die der Stärke 5. Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA.
[VI] IPCC (2021): Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change.
Inhalte zu tropischen Wirbelstürmen im Klimawandel ab Seite 1513.
[VII] Munich RE (03.12.2024): Wirbelsturmsaison 2024 hinterlässt überdurchschnittlich hohe Schäden. Webseite des Rückversicherers.
Dr. Peter Pfleiderer
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Klima-Attribution, Institut für Meteorologie, Fakultät für Physik und Erdsystemwissenschaften, Universität Leipzig
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
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Prof. Dr. Andreas Fink
Professor für Meteorologie, Leiter der Arbeitsgruppe Tropische Meteorologie, Institut für Meteorologie und Klimaforschung-Troposphärenforschung, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
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Prof. Dr. Ulrike Lohmann
Leiterin der Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik, Institut für Atmosphäre und Klima (IAC), Department Umweltsystemwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Zürich, Schweiz
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