Gasspeicher-Report (05.08.2022)
Dieser monatliche Report des Science Media Centers (SMC) fasst die aktuelle Füllstände der Gasspeicher in Deutschland und Europa zusammen. In verschiedenen Szenarien auf der Basis historischer und aktueller Füllmengen zeigen wir dabei auf einen Blick, ob die Betreiber derzeit auf dem Weg sind, die gesetzlichen Vorgaben für die Füllstände am 1. Oktober (85 Prozent) und 1. November (95 Prozent) zu erreichen.
Im Gasspeicher Report finden Sie wichtige Kennzahlen zur Füllung der Gasspeicher in Deutschland und Europa. Außerdem bietet er rasche Orientierung darüber, ob die vorgegebenen Ziele der Bundesregierung nach aktueller Entwicklung erreicht werden können, sowie eine kurze Einordnung der Zahlen und ihrer Entwicklung – auch vor dem Hintergrund, dass die Gasspeicher in Deutschland im Zweifelsfall für die Gasversorgung in ganz Europa wichtig sind. So können Sie mit einem Blick möglichst schnell erfassen, welche Gas-Versorgungslage im kommenden Winter zu erwarten ist.
Mit der Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas hat die Bundesnetzagentur Modellrechnungen zu sieben Szenarien veröffentlicht. Im zweiten Gasspeicher Report beschreiben wir diese Szenarien genauer. Die pessimistischsten Szenarien sind nicht eingetreten. Nach der Wartungsphase von Nord Stream 1 wird weiterhin Gas über die Ostseepipeline transportiert, wenn auch nur etwa 20 Prozent der Kapazität. Unter der Annahme, dass auch weiterhin Gas eingespart wird und zur Jahreswende die ersten deutschen LNG-Terminals zur Verfügung stehen, hätte sich die Lage aber auch verbessert, falls in naher Zukunft kein Gas mehr über Nord Stream 1 geliefert wird. Die in den Szenarien beschriebenen Gaslücken sind inzwischen deutlich kleiner, weil die Gasspeicher besser gefüllt sind. Im vorangegangenen Report haben wir gezeigt, dass bei einem durchschnittlichen Winter die Gaslücke in allen Szenarien mit Einsparungen geschlossen werden kann, wenn die Gasspeicher beim Höchststand zu etwa 80 Prozent gefüllt sind. Aktuell sind wir mit 70,4 Prozent deutlich näher an diesem Wert als bei den in den Szenarien angenommenen rund 60 Prozent. Zudem zeigen die täglichen Lageberichte der Bundesnetzagentur zur Gasversorgung in Deutschland, dass der Gasverbrauch im Juni und Juli gegenüber 2021 gesunken ist. Außerdem laufen derzeit offenbar in der Industrie Bemühungen, entweder Erdgas durch Ölprodukte zu ersetzen oder bestimmte Teile für die Produktion aus dem Ausland zu beziehen.
Die Geschwindigkeit in der eingespeichert wird, ist zuletzt wieder gestiegen. Aktuell steigt in Deutschland der Füllstand der Gasspeicher um rund 0,4 Prozentpunkte pro Tag.
In allen Grafiken können Sie sich die Prozentwerte der Kurven zu jedem Tag anzeigen lassen, wenn Sie mit der Maus über der entsprechenden Linie hovern.
Wie die Szenarien der Bundesnetzagentur verdeutlichen, hängt eine Vorhersage der Entwicklung der Speicherstände von vielen, zum Teil unvorhersehbaren Ereignissen ab, wie zum Beispiel der Höhe der Gaslieferung aus Russland. Die folgenden Szenarien beziehen sich dementsprechend ausschließlich auf die aktuelle Entwicklung.
Aktuell steigt der Speicherstand der deutschen Speicher deutlich. Würde sich dies in dieser Form fortsetzen, ist das Erreichen eines Füllstands von 95 Prozent am 01. November möglich.
Voraussetzung für alle Szenarien ist, dass wie bisher genügend Erdgas geliefert wird, um bei laufender Industrieproduktion und Stromerzeugung die Speicher wie in der Vergangenheit füllen zu können.
Sie können sich den Füllgrad in Prozent zu einem bestimmten Tag anzeigen lassen, wenn Sie mit der Maus über der entsprechenden Linie hovern.
Deutschlands größter Gasspeicher befindet sich in Rehden. Er allein nimmt rund 20 Prozent der Gasmenge auf, die in ganz Deutschland gespeichert werden kann. Das sind rund 4 Prozent der Gasspeicherkapazität ganz Europas. Inwieweit es gelingt, diesen Speicher bis zum Spätherbst so weit wie möglich zu füllen, ist entscheidend für die Gasversorgungslage im Winter, denn rund 32 Prozent der leeren Speicherkapazität in Deutschland fällt auf diesen Speicher. Speicher können allerdings nicht beliebig schnell gefüllt werden. Rehden kann aktuell pro Tag maximal 0,36192 TWh Gas aufnehmen. Es war daher angesichts des sehr niedrigen Füllstandes im Mai wichtig, bis spätestens zum Ende Juni damit zu beginnen, diesen Speicher mit der Maximalrate zu füllen, damit er bis Anfang November die vorgesehenen 90 Prozent beziehungsweise 95 Prozent erreichen kann. Die tägliche Aufnahmemenge kann etwas schwanken. Für die Szenarien wird immer der aktuelle Wert verwendet.
Die folgende Grafik zeigt nun neben dem Verlauf des Füllstands bis zum 03. August zwei verschiedene Szenarien für die Entwicklung:
Die Geschwindigkeit, mit der der Gasspeicher in Rehden befüllt wird, lag zuletzt beim Maximum des Möglichen.
Neben dem Speicher Rehden gibt es noch einige andere Gasspeicher in Deutschland und Österreich, deren Füllgrad deutlich unter dem der meisten anderen Speicher liegt. Darauf gehen wir im folgenden ein.
Bei dieser Grafik können Sie zusätzlich einzelne Kurven ausblenden, wenn sie auf die farbige Linie in der Legende klicken. Doppelklick fügt die Kurve der Grafik wieder hinzu.
Hier zum Vergleich mit der Entwicklung 2022 die Speicherstände von Deutschland in den vergangenen zehn Jahren. Aktuell sind die Speicher in Deutschland zu knapp 70 Prozent gefüllt. Der Füllstand um diese Jahreszeit lag in der Vergangenheit auf sehr unterschiedlichem Niveau, abhängig davon wie tief die Speicherstände im Winter gefallen sind. Im Vergleich zu den Jahren mit tiefem Speicherstand (2013, 2015, 2017, 2018 und 2021) sind die Speicher aktuell gut gefüllt. Das ist eine gute Entwicklung, ob es so weitergeht, werden die kommenden Monate zeigen.
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Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Ländern der EU, in der Ukraine und im Vereinigten Königreich füllen sich die Speicher, oder sind bereits gut gefüllt. Von der Reduktion des Gasflusses durch Gazprom ist auch die Weitergabe von Gas in andere europäische Länder betroffen. Die Bundesnetzagentur erwähnt ihn ihrem Lagebericht dazu insbesondere die Länder Frankreich, Österreich und Tschechien. Doch auch Bulgarien oder Finnland sind von Gaslieferkürzungen oder -stopps betroffen. Jedoch konnte auch in diesen Ländern nach der Reduktion des Gasflusses über Nord Stream 1 in ähnlichem Maße wie vor der Reduktion Gas eingespeichert werden. Die folgende Grafik zeigt, wie viel Gas in den Ländern Europas gespeichert ist und wie weit die Speicher damit gefüllt werden. Zwar sind in vielen Ländern die Speicher schon sehr weit gefüllt, doch einige Länder wie Österreich, Ungarn, Lettland oder Bulgarien liegen – bezogen auf den Füllstand ihrer Speicher – noch weit zurück. Die Speicher in der Ukraine dürften aufgrund des Krieges ein Sonderfall sein. Die Kapazität und die Füllstände können Sie sich wiederum anzeigen lassen, indem sie über den entsprechenden Balken hovern.
Die Speicherstände der Gasspeicher entstammen dem Aggregated Gas Storage Inventory. Die Daten werden zwei Tage verzögert publiziert. Der aktuellste Wert ist also der Speicherstand für Vorgestern. Nicht alle Speicher melden an allen Tagen Daten. Nicht gemeldete Daten werden von Gas Infrastructure Europe (GIE) geschätzt und bei späteren Updates auf die gemeldeten Daten korrigiert. Dies kann insbesondere dazu führen, dass sich der aktuelle Trend der letzten Tage auch umdrehen kann. Insbesondere bei Trendwenden ist es deshalb ratsam ein paar Tage abzuwarten, ob diese noch korrigiert werden. Auch eine Plausibilisierung mit anderen Informationsquellen ist empfehlenswert.
Insbesondere nach Wochenenden kann es auch zu fehlenden Werten führen, was insbesondere an den spontan sinkenden Speicherkapazitäten ersichtlich ist. Vereinzelt existieren Füllstände, die etwas höher liegen als die angegebene Kapazität, wie zum Beispiel aktuell in Portugal.
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder weitere Auswertungen erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Sönke Gäthke, Redakteur für Energie und Mobilität
Bernhard Armingeon, Software Entwickler
Lars Koppers, Datenwissenschaftler
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