Feinstaub in der Plazenta
Feinstaub, der während der Schwangerschaft von der Mutter eingeatmet wird, gelangt über die Lunge in die Blutbahn und womöglich auch zum Fötus. Belgische Forscher von der Hasselt Universität konnten nun Kohlenstoffpartikel (black carbon) auf der kindszugewandten Seite der Plazenta nachweisen. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie im Fachjournal „Nature Communications“ (Primärquelle).
Universitätsdozent und Leiter der Forschungsgruppe Experimentelle Perinatologie, Universitätsfrauenklinik Groningen, Niederlande
„Wir wissen seit langem, dass Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Luftverschmutzung oder natürlich auch Zigarettenrauch einen Einfluss auf das Wachstum des Fötus haben. Wir wissen auch, dass dies Langzeiteffekte haben kann, die bis ins Erwachsenenalter nachweisbar sind. Allerdings wissen wir nicht, welche Einzelfaktoren hier eine Rolle spielen. Die Studie der belgischen Kollegen zeigt nun erstmals, dass Kohlenstoffpartikel aus der Umwelt auch im realen Leben zumindest die fötale Seite der Plazenta erreichen können – nicht nur in Laborversuchen. Damit erweitert sich die Liste der Schadstoffe, die potenziell den Fötus schädigen können.“
„Der kritische Punkt der Studie ist, dass sie lediglich zeigt, dass sich die Kohlenstoffpartikel in der gesamten Plazenta verteilen und damit potenziell den Fötus erreichen können. Dass dieses geschieht ist aber nur eine Vermutung. Die Autoren haben zum Beispiel nicht im Nabelschnurblut gemessen, ob dort Partikel angekommen sind. Auch zeigen sie nicht, dass die Partikel irgendwelche Interaktionen mit Zellen der Plazenta eingehen. Es wurde zum Beispiel nicht untersucht, ob die Partikel von Immunzellen erkannt werden oder irgendwelche Reaktionen auslösen. Insofern zeigt die Studie ein potenzielles Risiko auf, dass man in Zukunft genauer untersuchen sollte.“
„In der Praxis wird niemand einer Luftverschmutzung aus nur einem Schadstoff ausgesetzt. Insofern kann diese Studie keinen direkten Beweis erbringen, dass die Kohlenstoffpartikel ursächlich für negative Langzeitfolgen sind. Es ist aber mindestens zu vermuten, dass es ein weiterer Faktor in der langen Reihe von Schadstoffen ist, die wir in der Schwangerschaft vermeiden sollten.“
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Primärquelle
Bové H et al. (2019): Ambient black carbon particles reach the fetal side of human placenta. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-019-11654-3.
Weiterführende Recherchequellen
Saenen ND et al. (2019): Air pollution during pregnancy and neonatal outcome: a review Clinical Epigenetics; 11:124. DOI: 10.1186/s13148-019-0688-z. (Ablauf des Embargos: 17.09.2019)
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[I] Lamichhane D et al. (2015): A meta-analysis of exposure to particulate matter and adverse birth outcomes. Environ. Health Toxicol. 30, e2015011. DOI: 10.5620/eht.e2015011.
[II] Proietti E et al. (2013): Air pollution during pregnancy and neonatal outcome: a review. J Aerosol Med Pulm Drug Deliv.; 26(1):9-23. doi: 10.1089/jamp.2011.0932.
Dr. Torsten Plösch
Universitätsdozent und Leiter der Forschungsgruppe Experimentelle Perinatologie, Universitätsfrauenklinik Groningen, Niederlande