Energieversorgung der Zukunft: Die Rolle der Back-up-Kraftwerke
mit Abschalten der letzten deutschen Atomkraftwerke geht Umbau der Stromversorgung in neue Phase
neben mehr Wind- und PV-Anlagen wird Vorsorge für Dunkelflauten wichtig sein
Experten: Mehr Gas- bzw. Wasserstoffkraftwerke sind dafür nötig, geschickte internationale Verzahnung, Batterien und flexibler Verbrauch können Zahl der Back-up-Kraftwerke reduzieren
Am 15. April werden die verbliebenen drei Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Zuletzt hatten die Kraftwerke rund sechs Prozent der Stromerzeugung in Deutschland beigetragen. Parallel dazu hat die Bundesregierung seit etwa einem Jahr eine Reihe von neuen Ausbauzielen für erneuerbare Energien formuliert und Gesetze geschaffen, die deren Ausbau beschleunigen sollen. Damit sollen die Atom- und künftig auch die Kohlekraftwerks-Leistungen ersetzt werden. Zu Beginn dieses Jahres formulierte die Regierung nun zum ersten Mal auch Ausbauziele für sogenannte Back-up-Kraftwerke. Das sind Anlagen, die dann einspringen sollen, wenn Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen nicht genug Strom erzeugen, um den Bedarf zu decken.
Dass solche Phasen sich über mehrere Tage erstrecken können und dabei die Leistung der Erneuerbaren stark abfallen kann – die sogenannte Dunkelflaute – zeigt zum Beispiel auch unser Data Report „Das erneuerbare Energiesystem – Entwicklung und Ausblick“ [I] anhand einer Modellierung der Stromerzeugung 2030 auf der Basis der Stromerzeugungsdaten der vergangenen Jahre. Dieses Problem wird in der Forschung auch seit längerem mit aufwendigen Modellen untersucht. Ziel ist dabei, herauszufinden, wie groß eine solche Dunkelflaute ausfallen kann und mit welchen Technologien die Stromversorgung während dieser Zeit gesichert werden kann.
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Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Pickering B et al. (2022): Diversity of options to eliminate fossil fuels and reach carbon neutrality across the entire European energy system. Joule. DOI: 10.1016/j.joule.2022.05.009.
[2] Grams CM et al. (2017): Balancing Europe’s wind-power output through spatial deployment informed by weather regimes. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/nclimate3338.
[3] Mühlemann D et al.(2022): Meteorologically‐Informed Spatial Planning of European PV Deployment to Reduce Multiday Generation Variability. Earth’s Future. DOI: 10.1029/2022EF002673.
[4] Wohland J et al. (2019): Significant multidecadal variability in German wind energy generation. Wind Energy Science. DOI: 10.5194/wes-4-515-2019.
[5] Wohland J et al. (2021): Mitigating a century of European renewable variability with transmission and informed siting. Environmental Research Letters. DOI: 10.1088/1748-9326/abff89.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Science Media Center (2023): Die Energiewende: Entwicklung und Ausblick. Data Report. Stand: 04.04.2023.
[II] Bundesregierung (2023): Handlungsempfehlungen der Bundesregierung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Elektrizität. Drucksache 20/5555.
Prof. Dr. Christian Rehtanz
Institutsleiter, Institut für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft (ie3), Technische Universität Dortmund
PD Dr. Patrick Jochem
Abteilungsleitung Energiesystemanalyse, Institut für Vernetzte Energiesysteme, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Stuttgart
Dr. Jan Wohland
ETH Postdoctoral Fellow, Professur Klimaschutz & -anpassung, Department Umweltsystemwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Schweiz