Die Omikron-Variante – Status quo und Ausblick
Die im November identifizierte SARS-CoV-2-Variante Omikron breitet sich in Europa und im Süden Afrikas rasch aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO, die auf Basis erster Erkenntnisse Omikron am 26.11.2021 als besorgniserregende Variante eingestuft hat, rät ihren Mitgliedstaaten umgehend Maßnahmen einzuleiten, um die Verbreitung der Variante frühzeitig einzudämmen [I]. Im Vereinigten Königreich verdoppeln sich die Infektionszahlen mit Omikron aktuell alle zwei bis drei Tage, der R-Wert liegt bei 3,7 [II].
Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Das SMC hat die Expertin und Experten gefragt, wie Sie in Hinblick auf die Ausbreitung von Omikron auf die nächsten Wochen blicken:
Leiter der Gruppe Forschung an komplexen Systemen, Institut für Theoretische Biologie, Humboldt-Universität zu Berlin, und Leiter der Projektgruppe Epidemiologische Modellierung von Infektionskrankheiten, Robert Koch-Institut (RKI), Berlin
„Ich bin außerordentlich besorgt, als Mensch und auch als Person, die sich mit dieser Dynamik beschäftigt. Besorgt, weil wir es hier mit einer Variante zu tun haben, die sehr schnell die Dynamik übernimmt und quasi in eine Wirtspopulation mit wenig Abwehr zieht und hoch ansteckend ist. Besorgt auch, weil in der Vergangenheit immer nicht schnell reagiert worden ist. Es ist ein Element, das alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit diesem Kontext beschäftigt haben, immer betont haben, dass man schnell und früh reagieren muss – dieses vor die Welle kommen–, das wurde ja immer betont. Meine ganz, ganz, ganz große Hoffnung ist, die ist aber vielleicht auch unbegründet, dass tatsächlich jetzt, wie schon angedeutet, gesagt wird: Was passiert, wenn das kommt? Dass Notfallpläne auf den Tisch kommen und das müsste aus der Politik kommen. Aber ich bin außerordentlich besorgt.“
Direktorin des Instituts für medizinische Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt
„Ich bin auch sehr besorgt, weil ich es im Moment noch nicht komplett einschätzen kann. Alle Zeichen, die man bekommt, gerade mit dieser schnellen Verdoppelungsrate, sind nicht günstig und die Fahnen stehen auf Rot. Man sollte jetzt dagegen vorgehen. Ich habe bisher nicht das Gefühl, dass das in Deutschland in diesem Moment so umgesetzt wird, gerade weil gestern zum Beispiel die Testpflicht für Geboosterte abgeschafft wurde. Das macht mir ein bisschen Sorge. Mein einziger Lichtblick ist, dass ich hoffe, dass die Fallsterblichkeit wirklich niedriger sein wird, wobei ich rein anekdotisch von den Fällen von Omikron-Patienten, die ich selber gesehen habe, nicht das Gefühl habe, dass sich das jetzt groß unterscheidet von einer anderen Infektion. Aber das ist nur ein Bauchgefühl, aber man darf ja auch mal hoffen in der Weihnachtszeit.“
Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Virusimmunologie an der Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg
„Ich bin zunächst auch besorgt, weil ich denke, dass sich bis Mitte Januar vermutlich Omikron durchsetzen wird und die Infektionszahlen noch mal deutlich in die Höhe schnellen werden. Ich hoffe, dass jetzt die Erst- und Zweitimpfungen, aber auch die Booster-Impfungen vorangehen und darüber hinaus jeder einzelne vernünftig ist, die Kontakte gering zu halten. Ich hoffe, dass die Politik Antworten findet auf den Worst Case, wenn die Krankenhausbelegung weiter hochgeht. Und ich hoffe, dass sich am Schluss zeigt, dass Omikron nicht so schwere Krankheitsverläufe macht. Sich darauf zu verlassen, wäre aber, sehenden Auges in die Katastrophe zu laufen. Deshalb appelliere ich an die Vernunft aller Beteiligten.“
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] World Health Organization HQ: Enhancing Readiness for Omicron (B.1.1.529): Technical Brief and Priority Actions for Member States. Stand: 10.12.2021.
[II] UK Health Security Agency (10.12.2021): SARS-CoV-2 variants of concern and variants under investigation in England. Technical briefing 31.
[III] Science Media Center (2021): Erste Daten zum Immunschutz gegen Omikron-Variante. Rapid Reaction. Stand: 08.12.2021.
[IV] Andrews N et al. (2021): Effectiveness of COVID-19 vaccines against the Omicron (B.1.1.529) variant of concern. K-hub.
[V] Pfizer and Biontech (08.12.2021): Pfizer and Biontech Provide Update on Omicron Variant. Pressemitteilung der Unternehmen.
Prof. Dr. Dirk Brockmann
Leiter der Gruppe Forschung an komplexen Systemen, Institut für Theoretische Biologie, Humboldt-Universität zu Berlin, und Leiter der Projektgruppe Epidemiologische Modellierung von Infektionskrankheiten, Robert Koch-Institut (RKI), Berlin
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
Es wurden keine Interessenkonflikte abgefragt.
Prof. Dr. Sandra Ciesek
Direktorin des Instituts für medizinische Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
Es wurden keine Interessenkonflikte abgefragt.
Prof. Dr. Christoph Neumann-Haefelin
Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Virusimmunologie an der Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
Es wurden keine Interessenkonflikte abgefragt.