Diagnostik von Endometriose über Stuhlprobe
Studie untersucht den Zusammenhang von Stoffwechselprodukten des Darmmikrobioms und Endometriose
zwölf Stoffwechselprodukte aus Stuhlproben könnten demnach als Diagnosetest für Endometriose genutzt werden
unabhängige Forschende begrüßen den Test, denn eine weitere nicht-invasive Diagnostik wird dringend gebraucht
Das Darmmikrobiom und seine Stoffwechselprodukte könnten mit der Krankheit Endometriose zusammenhängen. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende aus Houston: Sie hatten Stuhlproben von gesunden mit denen von an Endometriose erkrankten Frauen verglichen und sich auf die Zusammensetzung der Stoffwechselprodukte konzentriert. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse, die sie in der Fachzeitschrift „Med“ (siehe Primärquelle) veröffentlichten, schlagen sie einen diagnostischen Test für die Krankheit und eine Substanz für eine mögliche Behandlung vor.
Direktor der Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen
Darmmikrobiom und Endometriose
„Die vorliegende Publikation reiht sich in eine große Anzahl an Publikationen ein, die eine Korrelation zwischen dem Mikrobiom des Darms, der Scheide und dem Mund und verschiedenen immunologischen Erkrankungen postulieren. Endometriose gehört zum Formenkreis der entzündlichen Erkrankungen, so dass hier eine mögliche Verbindung nicht ausgeschlossen werden kann.“
„Ein direkte Kausalität (zwischen der Darmflora und der Entstehung von Endometriose; Anm. d. Red.) ist aus meiner Sicht mit der vorliegenden Publikation nicht nachweisbar. Die Zusammenhänge zwischen Darmflora und Veränderung des intraabdominalen (im Bauchraum befindlich; Anm. d. Red.) Milieus auf dem Bauchfell und damit Begünstigung der Implantation (Einnistung; Anm. d. Red.) von Endometrioseherden sind kausal nicht bewiesen.“
Potenzial des Therapeutikums
„Im Artikel ‚The Hallmarks of Endometriosis‘ [1] sind die derzeit in klinischen Studien befindlichen Moleküle aus verschiedenen Pathways zusammengefasst. Jetzt ein einziges Molekül herauszugreifen und eine Kausaltherapie damit zu postulieren, geben die Daten aus meiner Sicht nicht her.
Prospektive randomisierte Studien mit klaren Endpunkten sind der Goldstandard, um kausale Hypothesen zu unterstreichen oder zu verwerfen. Gerade bei der Komplexität der Entstehung der Endometriose müssen diese klaren wissenschaftlichen Wege eingehalten werden.“
Vorstand der Universitätsklinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gynäkologische Endokrinologie, Kepler Universitätsklinikum, Linz, Österreich
Darmbakterien und Endometriose
„Ein Zusammenhang mit spezifischen Bakterien im Darm bei Endometriose ist bekannt. Der Zusammenhang von normalen Darmbakterien und Endometriose ist neu.“
Diagnostiktest
„Der Test scheint sehr spezifisch zu sein. Eine Praktikabilität ist vorhanden. Die Kontrollgruppe für den Test war nicht definiert, was ein großes Manko hierbei ist. Es müssen noch entsprechende Validierungsstudien durchlaufen werden.“
„Der Bedarf für einen nicht-invasiven Diagnostiktest ist sehr hoch. Die Diagnostik ist oft noch ein Stiefkind bei Endometriose.“
Potenzial des Therapeutikums
„Es handelt sich bei den Daten um rein präklinische Daten. Die präklinischen Ergebnisse sind sehr gut. Sollten diese auf den Menschen übertragbar sein, könnte dies ein vielversprechender neuer Ansatz sein.“
stellvertretende Leiterin des IVF-Labors, der UniCareD Kryobank und der UniKiD Forschung, Universitätsklinikum Düsseldorf
Darmbakterien und Endometriose
„Die Studie erläutert den Zusammenhang der beiden inflammatorischen Erkrankungen, Endometriose und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, detailliert; Endometriose Patientinnen erkranken mit einem höheren Risiko an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) als Kontrollgruppen. Die Frage bleibt, wie in der Diskussion der Studie auch aufgeführt, ob eine Veränderung der Darmbakterien und ihrer Metabolite die Erkrankungen verursachen oder die Erkrankungen die Veränderungen der Darmbakterien. Gegebenenfalls könnte diese Frage nur prospektiv geklärt werden, wenn beispielsweise Stuhlproben präpubertärer Mädchen gesammelt würden und weitere Untersuchungen nach der Menarche (erste Menstruation bei Mädchen, sie signalisiert das Eintreten der Geschlechtsreife in der Pubertät; Anm. d. Red.) im Sinne der Entwicklung einer Endometriose folgen würden.“
Diagnostiktest
„Die Akquise und Untersuchung von Stuhlproben ist für die Praxis ein sehr einfach verfügbarer nicht-invasiver Test auf die Zusammensetzung der Darmbakterien und ihrer Metabolite. Die Zahl an Patientinnen in der Studie könnte in der vorgestellten Studie in der Gruppe der hochgradigen Endometriose (Grad 3 und 4) größer sein beziehungsweise wäre eine Differenzierung zwischen den Patientinnen niedriger und höherer Grade wünschenswert gewesen.“
„Ich ordne den Test und die Ergebnisse als sehr wünschenswert ein, da eindeutige nicht-invasive Marker den Goldstandard Hysteroskopie (Gebärmutterspiegelung; Anm. d. Red.) und somit eine längere Zeit bis zur gesicherten Diagnose verkürzen können.“
Potenzial des Therapeutikums
„Ich befürworte weitergehende Untersuchungen zur Wirksamkeit von 4-Hydroxyindol, da die translationalen Ergebnisse nur limitiert auf den Menschen übertragen werden können. Zum einen wäre ein Ansatz mit Läsionen aus Primärzellen oder direkten Läsionen von Endometriose-Patientinnen auf das Mausmodell als Xenotransplantat sinnvoll. Zum anderen könnte auch ein Ansatz zur Sanierung der Darmbakterien im Menschen überlegt werden, um einen kurativen Ansatz zu unterstützen.“
„Von meiner Seite her besteht nur ein Konflikt darin, dass ich Teilhaber der Firma Diamens bin, die ebenfalls einen Endometriosetest entwickelt.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Primärquelle
Talwar C et al. (2024): Identification of distinct stool metabolites in women with endometriosis for non-invasive diagnosis and potential for microbiota-based therapies. Med. DOI: 10.1016/j.medj.2024.09.006.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Psilopatis I et al. (2024): The Hallmarks of Endometriosis. Geburtshilfe und Frauenheilkunde. DOI: 10.1055/a-2306.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) (2020): Diagnostik und Therapie der Endometriose. S2k-Leitlinie.
[II] Kohring C et al. (2024): Endometriose in der vertragsärztlichen Versorgung – Regionale und zeitliche Trends im Zeitraum 2012 bis 2022. Versorgungsatlas.de. DOI: 10.20364/VA-24.01.
Prof. Dr. Matthias Beckmann
Direktor der Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen
Prof. Dr. Peter Oppelt
Vorstand der Universitätsklinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gynäkologische Endokrinologie, Kepler Universitätsklinikum, Linz, Österreich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Von meiner Seite her besteht nur ein Konflikt darin, dass ich Teilhaber der Firma Diamens bin, die ebenfalls einen Endometriosetest entwickelt.“
Dr. Dunja M. Baston-Büst
stellvertretende Leiterin des IVF-Labors, der UniCareD Kryobank und der UniKiD Forschung, Universitätsklinikum Düsseldorf