Chronische Entzündungen nicht überall ein Zeichen von Altern
Vergleich mit indigenen Bevölkerungsgruppen zeigt, dass „Inflammaging“ eher in Populationen in Industrienationen vorkommt
Studie stellt zudem die Verallgemeinerung von Studienergebnissen anhand einzelner Kohorten-Untersuchungen aus Industrieländern infrage
Forschende betonen Wichtigkeit, Alterungsprozesse im jeweiligen Gesundheits- und Lebenskontext zu interpretieren und erläutern Erklärungsansätze für Unterschiede zwischen den Kohorten
Die altersbedingte Zunahme chronischer Entzündungen – auch Inflammaging genannt – ist kein universeller Aspekt des menschlichen Alterns, sondern eher ein Phänomen von Gesellschaften in Industrieländern. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forschungsteam in einer Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature Aging“ (siehe Primärquelle) veröffentlicht wurde.
wissenschaftliche Mitabeiterin am Department für Zwillingsforschung und Genetische Epidemiologie, Fakultät für Life Sciences und Medizin, King's College London, Vereinigtes Königreich, und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europäisches Translationales Onkologie Prävention und Screening Institut, Institut für biomedizinische Alternsforschung, Universität Innsbruck, Österreich
Methodik und Aussagekraft der Studie
„Die Studienautor:innen liefern eine wichtige und gut konzipierte Studie, die das Konzept eines universellen ,Inflammaging‘ – also altersbedingter, chronischer Entzündung – kritisch hinterfragt. Die Ergebnisse zeigen, dass typische Inflammaging-Muster in zwei industrialisierten Bevölkerungen (Italien – InCHIANTI und Singapur – SLAS) auftreten, jedoch nicht in zwei nicht-industrialisierten Gruppen. Methodisch ist wichtig zu beachten, dass nur im Blut zirkulierende Zytokine gemessen wurden, also nur ein Ausschnitt der Immunaktivität, ohne zelluläre Komponenten oder funktionelle Immunparameter (ohne Messung der Immunzellaktivität und Immunfunktion; Anm. d. Red.). Inflammaging wurde in früheren Studien – auch über Spezies hinweg – bereits gezeigt, allerdings oft mit breiter gefassten Definitionen. Das unterstreicht, dass die Interpretation stark davon abhängt, wie und in welchem Kontext Inflammaging gemessen wird. Hinzu kommt, dass in dieser Studie teils unterschiedliche Entzündungsmarker in verschiedenen Populationen gemessen wurden, einige Gesundheitsdaten auf Selbstauskunft beruhen, und sich die Altersgruppen zwischen den Kohorten unterscheiden. Die Autor:innen gehen allerdings offen mit diesen Limitationen um.“
Inflammaging in industrialisierten Gesellschaften
„Die Studie bestätigt, dass Inflammaging in industrialisierten Ländern wie Italien und Singapur klar erkennbar ist. In beiden Kohorten zeigt sich mit zunehmendem Alter ein typisches Entzündungsprofil, das mit chronischen Krankheiten im Alter in Verbindung steht. Das stärkt die Vermutung, dass bestimmte Lebensbedingungen in industrialisierten Gesellschaften diesen Prozess fördern. Gleichzeitig wird deutlich: Was für diese Bevölkerungen gilt, lässt sich nicht automatisch auf alle Menschen weltweit übertragen. Das unterstreicht die Bedeutung kontextsensibler Alternsforschung.“
Erklärungen und potenzielle Ursachen von Inflammaging in Industrienationen
„Die Studie liefert keine abschließenden Ursachen, aber mehrere plausible Hinweise für Inflammaging in Industrienationen. Ein zentraler Unterschied ist die Infektionslage: In nicht-industrialisierten Gruppen traten Infektionen häufiger auf, was Zytokinspiegel stark beeinflussen kann. Das überrascht wenig, da Zytokine direkt auf Infektionsstress reagieren. Die Autor:innen schlagen außerdem vor, dass Inflammaging ein Ausdruck eines evolutionären ,Mismatches‘ sein könnte: Das Immunsystem ist an ein anderes Umfeld angepasst als das, in dem viele Menschen heute leben. Es ist denkbar, dass sich Inflammaging auch in nicht-industrialisierten Gruppen zeigen würde, wenn sich dort Umweltbedingungen und Infektionslast stark verändern. Das wäre jedoch praktisch und ethisch schwer zu untersuchen. Neben Infektionen spielen auch Ernährung, Bewegung und weitere Umweltfaktoren eine Rolle: Etwa zeigte eine kürzlich publizierte Studie in Nature Medicine, dass eine pflanzenreiche, traditionell afrikanisch geprägte Ernährung entzündungshemmend wirken kann [1]. In diesem Zusammenhang wäre auch eine Analyse entlang des Stadt-Land-Gefälles innerhalb der OA HeLP-Kohorte (Orang Asli Health and Lifeways Project; Anm. d. Red.) interessant gewesen – selbst, wenn die Fallzahlen klein waren.“
Bedeutung der Studienergebnisse für die Alternsforschung
„Die Studie zeigt eindrücklich, dass Biomarker zu Inflammaging und anderen Alternsprozessen stark vom jeweiligen Kontext abhängen. Für sogenannte Alternsuhren bedeutet das: Sie müssen in unterschiedlichen Bevölkerungen validiert und gegebenenfalls angepasst werden. Gerade bei Entzündungsmarkern ist zu beachten, dass sie nicht nur Alter widerspiegeln, sondern auch Umweltfaktoren und Stressoren wie Infektionen. Diese Studie erinnert uns daran, dass wir in der Alternsforschung keine Einheitslösungen erwarten dürfen. Individuelle Gesundheitskontexte – etwa Infektionslage, Ernährung und Umwelt – müssen in der Interpretation von Biomarkern zwingend berücksichtigt werden.“
Relevanz der Studie für biomedizinische Forschung mit Bevölkerungsgruppen
„Diese Studie macht deutlich, wie entscheidend es ist, vielfältige Bevölkerungsgruppen in die Forschung einzubeziehen. Wenn wir nur homogene, westlich geprägte Gruppen untersuchen, entgehen uns zentrale Erkenntnisse über biologische Prozesse wie das Altern. Diversität erweitert unser grundlegendes Verständnis davon, wie der Alternsprozess funktioniert und wie wir robuste Biomarker entwickeln können – sie ist dabei kein Zusatz, sondern eine Voraussetzung für aussagekräftige Forschung. Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass sich Inflammaging unter unterschiedlichen Umweltbedingungen verschieden ausdrücken kann – was jedoch nicht bedeutet, dass das Konzept grundsätzlich infrage steht. Vielmehr zeigt die Studie, wie wichtig es ist, Alterungsprozesse im jeweiligen Gesundheits- und Lebenskontext zu interpretieren.“
Außerordentlicher Professor in der Abteilung für Molekulare Epidemiologie am Institut für Biomedizinische Datenwissenschaften, Medizinisches Zentrum der Universität Leiden (LUMC), Niederlande
Methodik und Aussagekraft der Studie
„Diese wichtige Studie ist methodisch gut fundiert und liefert überzeugende Beweise dafür, dass Inflammaging, wenn es anhand von Zytokinen klassifiziert wird, nicht auf alle Bevölkerungsgruppen – insbesondere nicht auf nicht-industrialisierte – anwendbar ist. Wie die Autoren selbst bereits anmerken, bleiben Aspekte abzuwarten: Etwa, ob dies auch gilt, wenn andere Marker zur Klassifizierung von Inflammaging verwendet werden. Außerdem ist es offen, ob die Erkenntnisse auch für Biomarker für andere Körperprozesse gelten.“
Inflammaging in industrialisierten Gesellschaften
„Die Studie zeigt, dass Inflammaging kein universeller Mechanismus des Alterns beim Menschen ist. Vielmehr ist es kontextabhängig und besonders in industrialisierten Bevölkerungsgruppen relevant. Die Studie zeigt jedoch auch, dass es einige Unterschiede zwischen den untersuchten industrialisierten Bevölkerungsgruppen gibt. Basierend auf den Daten dieser Studie sollte daher sorgfältig abgewogen werden, welche Marker zur Klassifizierung von Inflammaging in Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichem Hintergrund verwendet werden sollten.“
Bedeutung der Studienergebnisse für die Alternsforschung
„Die Studie ist für die Altersforschung von Bedeutung, da das Konzept des Inflammaging bekannt und weit verbreitet ist. Die Ergebnisse stellen das Konzept des Inflammaging als Alterungsmechanismus in Frage, zeigen jedoch, dass es je nach Kontext dennoch ein guter Prädiktor für altersbedingte Erkrankungen sein könnte. Sie zeigen auch, dass es wichtig ist, die Verwendbarkeit von Biomarkern fürs Altern in verschiedenen Bevölkerungsgruppen – sowohl in industrialisierten als auch in nicht-industrialisierten Ländern – zu testen, was derzeit oft nicht geschieht. Wahrscheinlich ist die Vorhersagekraft vieler derzeitiger Biomarker fürs Altern – insbesondere wenn sie spezifische physiologische Prozesse repräsentieren – ebenfalls kontextabhängig und nicht universell. Die aktuelle Studie liefert daher überzeugende Argumente dafür, dass weitere Forschung zu diesem Thema erforderlich ist.“
Leiter der Forschungsgruppe Populationsbezogene & Klinische Neuroepidemiologie, Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Bonn
Aussage der Studie
„Dies ist eine interessante Studie, in der die Autoren untersuchen, inwieweit ein zytokinbasiertes Muster für Inflammaging in verschiedenen Kohorten mit dem Alter und dem Risiko für chronische, altersbedingte Erkrankungen in Verbindung steht. Sie stellen fest, dass ihr Entzündungsmaß weitgehend mit Kohorten aus verschiedenen industrialisierten Bevölkerungsgruppen übereinstimmt, jedoch nicht mit solchen aus nicht-industrialisierten Bevölkerungsgruppen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse kommen sie zu dem Schluss, dass Inflammaging wahrscheinlich ein ‚Nebenprodukt‘ der Industrialisierung und daher wahrscheinlich kein universeller Aspekt des menschlichen Alterns ist.“
Limitationen
„Ich finde es sehr lobenswert, dass verschiedene industrialisierte und nicht-industrialisierte Bevölkerungsgruppen in die Analysen einbezogen und miteinander verglichen wurden. Die Ergebnisse sind sehr faszinierend. Ich bin jedoch noch nicht davon überzeugt, dass diese Ergebnisse ausreichend robust sind, um den Begriff des Inflammaging zu verwerfen. Die Schlussfolgerungen basieren beispielsweise auf den Ergebnissen der Faktorenanalyse und der Hauptkomponentenanalyse (als zusätzliche Sensitivitätsmethode), bei denen es sich um datengesteuerte lineare Methoden handelt. Diese werden stark von der einzigartigen Datenstruktur beziehungsweise Populationsvariation jeder Kohorte bestimmt. Daher könnte es viele Gründe dafür geben, warum die Faktor-/Komponentenladungen in den verschiedenen Populationen nicht übereinstimmen, einschließlich unterschiedlicher Verteilungen von Alter, Geschlecht, genetischem Hintergrund sowie anderen Lebensstil- und Umweltfaktoren. Insbesondere können Infektionen die Ergebnisse verfälscht haben, was die Autoren auch einräumen. Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass der geringere Stichprobenumfang und die spärlicheren Daten in den nicht-industrialisierten Kohorten zur ‚Nicht-Replizierbarkeit‘ einiger der Ergebnisse in diesen Populationen beigetragen haben könnten.“
„Es wäre hilfreich gewesen, wenn die Autoren auch fortschrittlichere, nicht-lineare Vorhersagemodelle, wie zum Beispiel auf maschinellem Lernen basierende Methoden zur Ableitung von Entzündungswerten, verwendet hätten. Diese hätten möglicherweise überlappende Muster erkannt, die eventuell übersehen worden.“
Fazit
„Nichtsdestotrotz ist diese Studie ein sehr schönes Beispiel dafür, warum die Einbeziehung verschiedener Bevölkerungsgruppen bestehende wissenschaftliche Dogmen in Frage stellen und möglicherweise zu neuen Erkenntnissen führen kann.“
PostDoc am Lehrstuhl für Pharmazeutische/Medizinische Chemie, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Methodik und Aussagekraft der Studie
„Die Autoren nutzen bereits erhobene Daten aus vier umfangreichen Kohorten, um ihre Studie durchzuführen. Die Autoren der Studie können eindrucksvoll zeigen, dass die bisher weit verbreitete Annahme eines generellen Konzepts für das Entzündungsaltern (Inflammaging), welches ausschließlich auf der Messung von Zytokinen basiert, nicht auf alle Bevölkerungsgruppen der Welt angewendet werden kann. Allerdings sollte darauf hingewiesen werden, dass hier lediglich 19 Zytokine als Biomarker für das Entzündungsaltern einbezogen wurden. Um das Konzept des Entzündungsalterns (Inflammaging) umfangreich zu erfassen, ist die Messung weiterer Biomarker – unter anderem Oxylipine (oxidative Metabolite von ungesättigten Fettsäuren, die als Lipid-Botenstoffe eine Vielzahl von physiologischen Prozessen im Körper regulieren; Anm. d. Red.), reaktive Sauerstoffspezies und Akut-Phase-Proteine – notwendig. Weiterhin wurden in der vorliegenden Studie lediglich zirkulierende, also in die Blutbahn abgegebene, Zytokine erfasst. Dies erlaubt Rückschluss auf systemische Veränderung, blendet allerdings organspezifische Veränderungen im Zusammenhang mit dem Entzündungsaltern aus.“
Inflammaging in industrialisierten Gesellschaften
„Die Studie zeigt deutlich, dass mit zunehmendem Alter eine systemische Änderung in der Freisetzung von entzündungsmodulierenden Zytokinen in industrialisierten Gesellschaften zu beobachten ist. Dies wiederum kann die Entstehung alternsassoziierter, chronisch-entzündlicher Erkrankungen begünstigen. Dabei zeigen die Autoren auch deutlich, dass dies in beiden biologischen Geschlechtern auftritt und nicht ausschließlich auf den Gesundheitszustand der einzelnen Personen zurückgeführt werden kann. Aber auch hier beschränken sich die Erkenntnisse der Studie auf systemische Veränderungen. Die genauen Faktoren, die in industrialisierten Gesellschaften dieses Phänomen antreiben, können anhand der verwendeten Daten in dieser Studie allerdings nicht aufgeklärt werden.“
Erklärungen und potenzielle Ursachen von Inflammaging in Industrienationen
„Da Altern ein multifaktorieller Prozess ist, spielen hier wahrscheinlich verschiedene Faktoren eine Rolle. Neben individuellen, mitunter (epi-)genetischen Prädispositionen wird sicherlich der Lebensstil und die äußeren Umstände der jeweiligen Studienteilnehmer eine entscheidende Rolle spielen. Nennenswert sind meiner Meinung nach hier vor allem die kalorienreichere, kohlenhydratreiche Ernährung in (westlichen) Industrienationen, sowie der grassierende Bewegungsmangel. Der Zusammenhang zwischen übermäßiger Kalorienaufnahme und der Zunahme an entzündlichen Prozessen im menschlichen Körper ist hinlänglich belegt worden und wird sicherlich eine der Ursachen für die Beobachtungen in der Studie sein. Für eine abschließende Erklärung der beobachteten Effekte im Zusammenhang mit dem Entzündungsaltern bedarf es allerdings weiterführender Studien, die hier vermutete Zusammenhänge detailliert untersuchen und experimentell validieren.“
Bedeutung der Studienergebnisse für die Alternsforschung
„Die Studie unterstreicht deutlich, dass ein universeller Ansatz für das menschliche Entzündungsaltern nur schwierig formuliert werden kann, da viele Faktoren, unter anderem die alltäglichen Umstände – zum Beispiel Ernährung, tägliche Bewegung, Industrialisierung, Häufigkeit an Infektionskrankheiten – maßgebliche Auswirkungen auf unser Altern ausübt. Bisherige Erkenntnisse zum Entzündungsaltern müssen selbstverständlich im Kontext der dafür genutzten Methodik interpretiert werden und es ist notwendig in zukünftigen Studien ausgiebige Metadaten zu erheben, die eine feinere Differenzierung der jeweiligen Erkenntnisse erlaubt. Für eine grundsätzliche, konzeptionelle Revision des Entzündungsalterns mangelt es der Studie allerdings an methodischer Breite. Die ausschließliche – und zusätzlich relative – Messung von Zytokinen im Plasma kann nicht als ausreichend betrachtet werden, um solch weitreichende Schlüsse zu ziehen. Die zurzeit am häufigsten genutzten Alternsuhren basieren auf epigenetischen Faktoren, welche diese Studie nicht berücksichtigt – es ergibt sich damit keinerlei Bezug zur vorliegenden Studie.“
Relevanz der Studie für biomedizinische Forschung mit Bevölkerungsgruppen
„Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit vielfältige Faktoren in die biomedizinische Forschung mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen einzubeziehen. Weiterhin kritisiert sie die Annahme, dass Beobachtungen in der (westlichen) industrialisierten Bevölkerung, die im Zentrum bisheriger Forschung in diesem Gebiet steht, zwangsläufig auf andere Bevölkerungsgruppen übertragen werden kann.“
Leiterin der Forschunggruppe „Lung Inflammaging“, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, München
Bedeutung der Studienergebnisse für die Alternsforschung
„Dieses Manuskript in ‚Nature Aging‘ fordert unsere Überzeugung heraus, dass Alterung universell mit proinflammatiorischen, systemischen Markern assoziiert ist. Während die Autoren diese Signaturen in Kohorten aus Singapur und Italien eindeutig nachweisen konnten, ist dies in zwei Kohorten aus nicht-industrialisierten Populationen nicht gelungen.“
„Für uns als translationale Wissenschaftler bedeutet diese Studie, dass wir ganz genau hinschauen müssen, wenn es um Alterungssignaturen geht. Diese sind nicht auf alle Populationen anwendbar, sondern müssen spezifisch definiert und validiert werden. Viele Studien wurden an westlichen Populationen durchgeführt, und wieder einmal wird uns hier beeindruckend vor Augen geführt, dass dies nicht für die ganze Welt abstrahierbar ist. Interessanterweise wirkten sich in den nicht-industrialisierten Kohorten bestimmte Risikofaktoren wie das Rauchen nicht so auf die Alterungsentzündung aus wie in den industrialisierten. Wissenschaftlich gesehen stellt sich hier natürlich die Frage, was diesen Unterschied auf molekularer Ebene vermittelt und ob wir hieraus etwas für eine eventuelle Therapie lernen können. Eine Erklärung für die Unterschiede wäre, dass der industrialisierte Lebensstil eine Altersentzündung und eine Anfälligkeit für Risikofaktoren unterstützt.“
Limitationen
„Limitationen dieser Studie sind die vergleichbar kleine Anzahl an Kohorten, die untersucht werden, so wie die Tatsache, dass die Kohorten aus nicht-industrialisierten Populationen im Mittel sehr viel jünger waren. Um diese Ergebnisse zu validieren und besser zu verstehen, müssen weitere Studien in größeren Kohorten durchgeführt werden und mehrere Alterungsmerkmale über die Alterungsentzündung hinaus charakterisiert werden.“
stellvertretender Leiter der Abteilung Bevölkerung und Gesundheit, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock
„Diese vergleichende Studie zwischen industrialisierten und nicht-industrialisierten Bevölkerungsgruppen ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass das, was wir oft als allgemeine Muster annehmen, in Wirklichkeit kontextabhängig sein kann. Die Feststellung, dass Entzündungen in Industrieländern stärker ausgeprägt sind, wirft wichtige Fragen darüber auf, wie Umwelt- und Lebensstilfaktoren die Ergebnisse auf Bevölkerungsebene beeinflussen.“
„Aus demografischer Sicht ist es wichtig zu berücksichtigen, wie Unterschiede in der Bevölkerungszusammensetzung und ‚mortality selection‘ („nicht-zufällige Mortalität“, in Bezug auf demografische Stichprobeneigenschaften muss berücksichtigt werden, ob es nicht-zufällige Effekte bei der Populationszusammensetzung und der Sterblichkeit gibt; Anm. d. Red.) diese Ergebnisse beeinflussen können. Die Autoren vermuten zwar, dass die ‚mortality selection‘ eine begrenzte Rolle spielt, doch die genaue Bewertung ihrer Auswirkungen bleibt eine methodische Herausforderung. Um die Ergebnisse von Studien wie dieser zu interpretieren, ist es wichtig, dass wir verstehen, wer in unterschiedlichen Bevölkerungskontexten bis ins hohe Alter überlebt.“
„Ich arbeite als Mitglied des Exekutivkomittees des Biomarkers of Aging Consortiums mit der XPRIZE Foundation zusammen, um standardisierte Biomarker zur Messung des immunologischen Alterns zu identifizieren und priorisieren.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Meinerseits besteht kein Interessenkonflikt.“
„Ich habe keinen Interessenkonflikt.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Primärquelle
Franck M et al. (2025): Nonuniversality of inflammaging across human populations. Nature Aging. DOI: 10.1038/s43587-025-00888-0.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Temba GS et al. (2025): Immune and metabolic effects of African heritage diets versus Western diets in men: a randomized controlled trial. Nature Medicine. DOI: 10.1038/s41591-025-03602-0.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Dugan B et al. (2023): Inflammaging as a target for healthy ageing. Age and Ageing. DOI: 10.1093/ageing/afac328.
[II] Morrisette-Thomas V et al. (2014): Inflamm-aging does not simply reflect increases in pro-inflammatory markers. Mechanisms of Ageing and Development. DOI: 10.1016/j.mad.2014.06.005.
[III] Kalyakulina A et al. (2023): Small immunological clocks identified by deep learning and gradient boosting. Frontiers in Immunology. DOI: 10.3389/fimmu.2023.1177611.
[IV] Sayed N et al. (2021): An inflammatory aging clock (iAge) based on deep learning tracks multimorbidity, immunosenescence, frailty and cardiovascular aging. Nature Aging. DOI: 10.1038/s43587-021-00082-y.
Dr. Chiara Herzog
wissenschaftliche Mitabeiterin am Department für Zwillingsforschung und Genetische Epidemiologie, Fakultät für Life Sciences und Medizin, King's College London, Vereinigtes Königreich, und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europäisches Translationales Onkologie Prävention und Screening Institut, Institut für biomedizinische Alternsforschung, Universität Innsbruck, Österreich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich arbeite als Mitglied des Exekutivkomittees des Biomarkers of Aging Consortiums mit der XPRIZE Foundation zusammen, um standardisierte Biomarker zur Messung des immunologischen Alterns zu identifizieren und priorisieren.“
Dr. Joris Deelen
Außerordentlicher Professor in der Abteilung für Molekulare Epidemiologie am Institut für Biomedizinische Datenwissenschaften, Medizinisches Zentrum der Universität Leiden (LUMC), Niederlande
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
Dr. Ahmad Aziz
Leiter der Forschungsgruppe Populationsbezogene & Klinische Neuroepidemiologie, Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Bonn
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
Dr. Patrick Schädel
PostDoc am Lehrstuhl für Pharmazeutische/Medizinische Chemie, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Meinerseits besteht kein Interessenkonflikt.“
Dr. Mareike Lehmann
Leiterin der Forschunggruppe „Lung Inflammaging“, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, München
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keinen Interessenkonflikt.“
Dr. Marcus Ebeling
stellvertretender Leiter der Abteilung Bevölkerung und Gesundheit, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock