SMC Corona Report
Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.
Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.
In der vergangen Woche ging die Meldeinzidenz weiter zurück. Gleichzeitig stieg allerdings die Positivrate laut ALM e.V. und RKI wieder etwas. Das deutet darauf hin, dass sich der Anteil der nicht entdeckten Infektionen erhöht hat. Der Rückgang der Inzidenz wird also tendenziell eher überschätzt. Auch das Inzidenzwachstum der BA.2-Variante von etwa 250 in der 5. Kalenderwoche auf 370 in der 6. Kalenderwoche lässt vermuten, dass ein schneller Inzidenzrückgang nicht bevorsteht. Wie stark die Inzidenz wieder ansteigen kann, hängt von der Geschwindigkeit der Lockerungen und dem akuten Immunstatus in der Bevölkerung ab. Im Vereinigten Königreich ist die mehrwöchige Plateau-Phase nach dem Peak mit einem kleinen Anstieg gut zu sehen. Dort gingen die Zahlen der Fälle auf Normal- und Intensivstation aber in dieser Zeit schon zurück, was wir aktuell in Deutschland noch nicht in dieser Größenordnung beobachten.
Dass die geänderte Teststrategie und damit die höhere Dunkelziffer nicht alleine für die aktuelle Entwicklung verantwortlich ist, zeigen mehrere andere Maßzahlen. Die Inzidenz in der Altersgruppe ab 60 Jahren stagniert aktuell, auch die aktuellen Schätzungen für die Hospitalisierungsinzidenz deuten auf eine Stagnation hin. Nach einem kleinen Anstieg der Fälle auf den Intensivstationen ist dieser Wert zuletzt wieder gesunken.
Das individuelle Infektionsrisiko hat sich durch die weiterhin hohen Inzidenzen bisher noch nicht nennenswert verringert. Die Gesamtsituation ändert sich aktuell aber schon, da ein immer größerer Teil der Bevölkerung unter 45 Jahren innerhalb der vergangenen Wochen eine Infektion durchgemacht hat und so mehrheitlich für weitere kurzfristige Infektionen nicht mehr zur Verfügung steht, was mittelfristig zu einem Sinken der Inzidenzen führen wird.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenz sinkt in der Gesamtbevölkerung, in den oberen Altersgruppen stagniert sie.
Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Das Wachstum in der Altersgruppe ab 60 Jahren nähert sich dem Stillstand. Die kommende Woche wird zeigen, ob es auch hier einen Rückgang gibt.
Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 21.02.2022 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. Nur noch Thüringen weist ein nennenswertes Inzidenzwachstum aus. In Sachsen-Anhalt ist die Inzidenz zuletzt wieder gestiegen.
Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen ist wieder leicht zurückgegangen, hat aber noch nicht wieder den Wert von Ende Januar erreicht.
Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.
Die Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Intensivstationen geht wieder zurück. Da auch die Inzidenz in der Altersgruppe ab 60 Jahren nicht mehr steigt, ist ein nennenswerter Anstieg aktuell nicht erwartbar.
Der Trend der Intensivstationen ist für die Bundesländer weiterhin uneinheitlich.
Schaut man sich nach Bundesländern an, wie die Intensivstationen ausgelastet sind, lag im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau. Während Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichten, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. Kein Bundesland verzeichnet mehr eine durch COVID-19-Fälle verursachte Auslastung der Intensivbetten von über 20 Prozent.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.
In der vergangenen Woche gab es in den Altersgruppen unter 60 Jahren einen Rückgang der Inzidenz. Die geänderte Teststrategie wird hier einen gewissen Einfluss haben.
Aktuell steigt die Testpositivrate in allen Altersgruppen wieder, was auf eine wachsende Untererfassung hindeutet.
Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.
Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.
Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 23.02.2022 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 16.02.2022 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.
Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Regensburg | 741.4 | 1261.7 | 2671.4 | 4546.1 |
SK Regensburg | 365.6 | 757.9 | 1680.5 | 3483.9 |
LK Donau-Ries | 356.4 | 630.0 | 1857.4 | 3283.1 |
SK Berlin Lichtenberg | 250.6 | 855.7 | 596.2 | 2036.0 |
LK Rhein-Neckar-Kreis | 224.1 | 1544.4 | 286.2 | 1972.0 |
LK Northeim | 160.4 | 332.6 | 852.2 | 1766.7 |
LK Passau | 142.4 | 614.3 | 515.4 | 2222.8 |
LK Börde | 135.7 | 514.0 | 556.9 | 2109.4 |
SK Mannheim | 133.6 | 779.9 | 301.9 | 1762.6 |
SK Berlin Neukölln | 128.3 | 490.1 | 255.8 | 977.5 |
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Regensburg | 741.4 | 1261.7 | 2671.4 | 4546.1 |
LK Donau-Ries | 356.4 | 630.0 | 1857.4 | 3283.1 |
SK Regensburg | 365.6 | 757.9 | 1680.5 | 3483.9 |
LK Jerichower Land | 111.6 | 370.6 | 873.6 | 2901.5 |
SK Neustadt a.d.Weinstraße | 65.0 | 177.7 | 853.6 | 2333.7 |
LK Northeim | 160.4 | 332.6 | 852.2 | 1766.7 |
LK Stendal | 121.6 | 323.1 | 770.2 | 2047.3 |
LK Bad Dürkheim | 119.4 | 310.6 | 628.5 | 1634.5 |
LK Lichtenfels | 57.4 | 253.4 | 602.5 | 2658.8 |
SK Berlin Lichtenberg | 250.6 | 855.7 | 596.2 | 2036.0 |
Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.
Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.
Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.
Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.
Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.
Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.
Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.
Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab
Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien
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