Auslastung der Intensivstationen: Zahlen aus Deutschland und Europa
Intensivbetten mit der Möglichkeit invasiver Beatmung sind die Schlüsselressource für die Behandlung schwerst erkrankter COVID-19-Patienten. In Deutschland haben Bund und Länder die Verdopplung der Intensivkapazitäten geplant; Krankenhäuser versuchen, die Anzahl der Intensivbetten zu erhöhen, indem sie ihre Lagerbestände durchforsten, nicht benötige Beatmungsgeräte aus den OP-Sälen verwenden und elektive (also nicht dringliche) Operationen absagen. Gegenwärtig ist die Situation auf den Stationen nach Aussagen deutscher Intensivmediziner noch gut beherrschbar, der Zulauf an Patienten nimmt aber stetig zu.
Was zurzeit fehlt, ist ein gesamtdeutscher Überblick über die Auslastung der Intensivstationen. Ebensowenig gibt es Zahlenangaben darüber, wie viele der COVID-19-Positiven stationär behandelt werden und wie viele auf Intensivstationen liegen. Anders als in anderen Ländern werden diese Daten hierzulande nicht systematisch erhoben.
Dieses Rapid Fact Sheet gibt einen Überblick über die Datenlage in Deutschland und – in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Management im Gesundheitswesen der TU Berlin – in Europa. Erste Auswertungen des neuen Intensivregisters der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) durch das SMC-Lab geben Hinweise auf die derzeitigen Kapazitäten der deutschen Kliniken.
Dieses Fact Sheet kann hier als PDF heruntergeladen werden.
Deutschlandweite Zahlen, wie viele der COVID-19-Positiven in Krankenhäusern oder auf Intensivstationen behandelt werden, gibt es zurzeit nicht.
Versorgungsforscher blicken daher notgedrungen auf die Daten anderer europäischer Länder, um mögliche Szenarien für Deutschland vorauszuberechnen. Dabei spielen drei Größen eine wichtige Rolle: die Gesamtzahl der bestätigten COVID-19-Fälle (positiv Getestete, ohne und mit Krankheitssymptomen), der Anteil aller COVID-19-Positiven, die im Krankenhaus behandelt werden und der Anteil aller COVID-19-Positiven, die auf einer Intensivstation behandelt werden.
COVID-19-Fälle und Behandlungen im Krankenhaus in ausgewählten europäischen Ländern.
Quelle: TU Berlin, Fachgebiet Management im Gesundheitswesen. Die komplette Tabelle finden Sie hier.
Die Tabelle zeigt extrem unterschiedliche Daten. Während derzeit in Frankreich 11 Prozent aller COVID-19-Positiven auf Intensivstationen behandelt werden und in Belgien und in den Niederlanden jeweils 9 Prozent, sind es in Österreich 0,4 Prozent, in Norwegen 2 und in Dänemark 4 Prozent. Überträgt man das französische Szenario auf die 30.081 bestätigten Fälle in Deutschland, würden hierzulande rund 3.300 Patienten auf Intensivstationen behandelt – und bei 50.000 Fällen wären es schon rund 5.500 Patienten. Legt man dagegen das dänische Szenario von 4 Prozent zu Grunde, würden jetzt rund 1.200 Fälle auf ITS behandelt, bei 50.000 Infizierten wären es 2.000. Das DIVI-Register lässt bereits erahnen, dass die deutsche Situation zurzeit mehr dem dänischen Szenario ähnelt als dem französischen.
Für die Vorbereitung auf das kommende Krankheitsgeschehen wäre es sehr wichtig zu wissen, wie viele der COVID-19-Positiven in Krankenhäusern oder auf Intensivstationen aktuell behandelt werden – und wie sich diese Zahlen entwickeln.
[1] Statistisches Bundesamt (2018): Grunddaten der Krankenhäuser, 2017. Fachserie 12 Reihe 6.1.1
[2] Rhodes et al. (2012: The variability of critical care bed numbers in Europe. DOI: 10.1007/s00134-012-2627-8
[3] Nationale Intensive Care Evaluatie, 2019.
[4] Berechnungen Busse nach Grunddaten der Krankenhäuser 2017