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16.05.2023

WMO-Vorhersage: kommender El Niño sorgt für wärmste Jahre jemals

     

  • laut WMO-Vorhersage wird eines der nächsten Jahre das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, unter anderem wegen nahendem El Niño
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  • erstmals könnte auf Jahresbasis das 1,5-Grad-Limit überschritten werden
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  • Experten zufolge wird damit zwar nicht das langfristige 1,5-Grad-Ziel gerissen; doch auch das sehen sie als Frage der Zeit
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Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird eines der kommenden fünf Jahre das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen – und die kommenden fünf Jahre im Schnitt wärmer als die vergangenen fünf. Zum ersten Mal könnte die Erderwärmung in einem Jahr global durchschnittlich 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen. Eine wichtige Rolle spielt dabei, dass im Laufe des Jahres 2023 wahrscheinlich eine El-Niño-Periode beginnen und global gesehen höhere Temperaturen mit sich bringen wird. Dies sind die Vorhersagen des „Global Annual to Decadal Climate Update“ der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), das am 17.05.2023 erschienen ist (siehe Primärquelle).

Die vergangenen drei Winter waren von dem Wetterphänomen La Niña geprägt – der kalten Phase eines Zyklus von Ozean- und Luftströmungen im tropischen Pazifik. La Niña führt global gesehen zu niedrigeren Temperaturen und begünstigt Extremwetter in verschiedenen Weltregionen. Die Überflutungen in Australien und in Pakistan sowie die Dürren in Ostafrika und an der Westküste Nordamerikas in den vergangenen Jahren wurden wahrscheinlich von La Niña mitverursacht [I].

Aktuell befinden wir uns in einer „neutralen Phase“. Noch in diesem Jahr wird Vorhersagen zufolge allerdings eine El-Niño-Periode beginnen [II] – das Gegenstück zu La Niña. El Niño führt global gesehen zu höheren Temperaturen und begünstigt ebenfalls Extremwetter, unter anderem starke Niederschläge an der amerikanischen Pazifikküste sowie Dürre in westlichen Pazifikstaaten. Insgesamt gilt: Während in La-Niña-Perioden die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen abgemildert werden, sorgen El-Niño-Perioden für besonders hohe Temperaturen – zusätzlich zum wärmenden Effekt des Klimawandels. Inwiefern La Niña und El Niño selbst durch den Klimawandel häufiger oder heftiger werden, ist in der Forschung umstritten [I]. Weitere Hintergrundinformationen zu El Niño und La Niña finden Sie hier unter den Statements.

Das SMC hat Forschende befragt, inwiefern die vom WMO-Bericht vorhersagten heißen nächsten Jahre mit El Niño zusammenhängen, wie robust die aktuellen Vorhersagen sind und welche Bedeutung die erwarteten Hitzejahre für das 1,5-Grad-Ziel haben.

Übersicht

     

  • Dr. Helge Goessling, Leiter der Arbeitsgruppe Nahtlose Meereisvorhersage, Sektion Klimadynamik, Fachbereich Klimawissenschaften, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven
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  • Prof. Dr. Andreas Fink, Professor für Meteorologie, Arbeitsgruppe Atmosphärische Dynamik, Department Troposphärenforschung, Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe
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  • Dr. Karsten Haustein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Atmosphärische Strahlung, Institut für Meteorologie, Universität Leipzig
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  • Karsten Friedrich, Klimatologe, KU 21 Nationale Klimaüberwachung, Deutscher Wetterdienst (DWD), Offenbach
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Statements

Dr. Helge Goessling

Leiter der Arbeitsgruppe Nahtlose Meereisvorhersage, Sektion Klimadynamik, Fachbereich Klimawissenschaften, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven

„Die Vorhersage von El-Niño-Bedingungen für 2023/24 ist nicht entscheidend für die Prognose, dass die Jahre 2023 bis 2027 mit hoher Wahrscheinlichkeit der bislang wärmste Fünf-Jahres-Zeitraum werden dürften. Die El-Niño-Vorhersage erhöht aber eine ohnehin hohe Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Fünf-Jahres-Rekords noch weiter. Die globalen Mitteltemperaturen sind seit etwa 2015 nur deshalb ungefähr gleichgeblieben, weil sich der tropische Pazifik von El-Niño-Bedingungen in 2015/16 zu La-Niña-Bedingungen in den vergangenen drei Jahren entwickelt hat. Selbst bei anhaltenden La-Niña-Bedingungen würde der langfristige globale Erwärmungstrend diese Erwärmungspause nun innerhalb der nächsten wenigen Jahre beenden. Kommt ein deutlicher El Niño in 2023/24 noch hinzu – und das legen die aktuellen Vorhersagen nahe –, ist eine neue Fünf-Jahres-Höchstmarke fast sicher.“

Auf die Frage, wie sicher die El-Niño-Vorhersage aktuell ist und inwiefern mit einem starken El Niño zu rechnen ist:
„Nach den aktuellsten Vorhersagen ist die Wahrscheinlichkeit für El-Niño-Bedingungen für die nächsten Monate bis zum Jahreswechsel noch weiter gestiegen, auf etwa 80 bis 90 Prozent. Diese Zahlen basieren auf saisonalen Vorhersagesystemen, deren Ergebnisse bezüglich El Niño immer aktuell hier [2] zusammengefasst werden. Diese Vorhersagen reichen zwar nicht so weit wie jene, die in das aktuelle Klima-Update der WMO einfließen, sind dafür aber aktueller und liefern damit bereits eine vorläufige Bestätigung der für 2023/24 vorhergesagten Entwicklung in Richtung El Niño. Das Klima-Update der WMO basiert auf Vorhersagen, die das Ende des Jahres 2022 als Ausgangspunkt haben.“

„Es ist noch nicht absehbar, ob es 2023/24 eher einen moderaten, einen starken oder gar einen sehr starken El Niño geben wird. Typischerweise werden die El-Niño-Vorhersagen für den Jahreswechsel – wenn das Phänomen meist seinen Höhepunkt erreicht – ab Juni zielsicherer. In ein bis zwei Monaten könnte es also deutlicher werden, mit welchem Ausmaß wir zu rechnen haben.“

Auf die Frage, was die vorhergesagten warmen Jahre für das 1,5-Grad-Ziel bedeuten und ob danach wieder mit einer Abkühlung zu rechnen ist:
„Der im Pariser Abkommen genannte Grenzwert von 1,5 Grad Erwärmung bezieht sich auf einen längerfristigen Mittelwert über viele Jahre. Das Klima-Update der WMO weist hierauf explizit hin und erklärt ebenfalls, dass ein Überschreiten des Grenzwerts in einzelnen Jahren desto wahrscheinlicher und häufiger wird, je dichter die langfristige Entwicklung sich diesem Grenzwert nähert. Ein Überschreiten des Grenzwerts in einzelnen Jahren wird also nicht gleich als ein Verfehlen der 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens gewertet.“

„Nach einem durch El Niño beförderten Rekord der jährlich und global gemittelten Oberflächentemperatur ist in der Regel in den Folgejahren mit einer zeitweisen Erwärmungspause oder Abkühlung zu rechnen. Eine solche Abkühlung haben wir auch nach 2016 und nach 1998 erlebt, als El Niño im Pazifik allmählich zu La Niña umgeschlagen ist. Ich möchte aber betonen, dass der Fingerabdruck von El Niño auf den tropischen Pazifik konzentriert ist – mit spürbaren Auswirkungen auf den größeren Pazifikraum und entlang des Äquators, aber mit nur geringen Auswirkungen in Europa. Es gibt daher keinen starken Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Temperaturen in Europa und den von El Niño verursachten Schwankungen der global gemittelten Temperatur.“

„Um den Verlauf der globalen Erwärmung zu verfolgen, ist es ratsam, die von El-Niño verursachten Schwankungen herauszurechnen. Tatsächlich ist es auch irreführend, ohne eine entsprechende Einordnung überhaupt von einer Erwärmungspause oder gar einer Abkühlung zu sprechen. Eine recht aktuelle Studie, die das im Zusammenhang mit den Grenzwerten des Paris-Abkommens thematisiert, können Sie hier finden [3].“

Prof. Dr. Andreas Fink

Professor für Meteorologie, Arbeitsgruppe Atmosphärische Dynamik, Department Troposphärenforschung, Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe

Die aktuellen/jüngsten Vorhersagen des US ,Climate Prediction Center‘ [1] weisen eine mehr als 90-prozentige Wahrscheinlichkeit eines El-Niño-Ereignisses auf. Die Wahrscheinlichkeit eines starken El-Niño-Ereignisseswird hier mit etwa 50 Prozent angegeben. Basis sind sowohl Modellrechnungen mit Ozean-Atmosphäre-Modellen als auch mit statistischen Modellen. Wir können also mit ziemlicher Sicherheit im nächsten Herbst und Winter von einem moderaten bis starken El-Niño-Ereignis ausgehen. Nachdem die Periode Januar bis April 2023 zur viertwärmsten seit Beginn der Messungen gehört, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass 2023 das bisher wärmste Jahr 2016 übertrifft, nurmehr etwa 30 Prozent. Je nachdem wie stark das El-Niño-Ereignis 2023/2024 wird undwie weit es sich in das Jahr 2024 hineinzieht, kann 2024 aber 2016 übertreffen – eine Abschätzung zum jetzigen Zeitpunkt bleibt noch unsicher. Der Einfluss des El-Niño-Ereignisses darauf, dassdie nächsten fünf Jahre (2023 bis 2027) mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen werden, ist aber geringer als der Effekt der vom Menschenverursachten Erwärmung der globalen Mitteltemperatur. Eine genaue Zahl kann ich aber nicht benennen.“

Auf die Frage, was die vorhergesagten warmen Jahre für das 1,5-Grad-Ziel bedeuten und ob danach wieder mit einer Abkühlung zu rechnen ist:
„Die Erwärmungsziele, wie der 1,5-Grad-Schwellenwert, beziehen sich erst mal auf die globale Mitteltemperatur einer 30-jährigen Periode. Eine Abkühlung nach 2027 ist sicher zu verneinen – im Gegenteil, die globale Mitteltemperatur wird weiter ansteigen, auch wenn die Emissionen der Treibhausgase sofort beendet würden. Von letzterem sind wir aber weit entfernt. Insofern ist nicht auszuschließen, dass eine 30-jährige Klimaperiode zentriert um 2025 schon das 1,5-Grad-Ziel reißen wird. Daraus folgt wiederum, dass ein Überschreiten dieses Schwellenwertes in einem der fünf kommenden Jahre als ein starkes Zeichen dafür interpretiert werden darf, dass das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommen nicht mehr zu halten ist. Von letzterem gehe ich nicht erst seit dem aktuellen Bericht der WMO aus.“

Dr. Karsten Haustein

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Atmosphärische Strahlung, Institut für Meteorologie, Universität Leipzig

„Momentan sieht es stark danach aus, als würde 2023 erstmals seit 2015/16 wieder ein starker El Niño auftreten. Das bedeutet, dass 2023 theoretischnoch das wärmste Jahr werden kann. Allerdings ist dieWahrscheinlichkeit für einen neuen globalen Temperaturrekord im kommenden Jahr 2024erheblich höher.Das liegt daran, dass 2023 noch den Effekt des gerade zu Ende gegangenen kühlendenLa-Niña-Ereignisses spürt, während 2024 von ElNiño dominiert werden wird. Sollte es zu keinem ernstzunehmenden tropischen Vulkanausbruch kommen – die ausgeworfene Asche wird in dieStratosphäre geschleudert und wirkt dort kühlend auf die Atmosphäre, da sie einfallendes Sonnenlicht streut –, ist es somit durchaus denkbar, dass 2024nicht nur wärmstes Jahr wird, sondern auch die 1,5-Grad-Grenze zum ersten Mal auf Jahresbasis global überschreiten wird.“

„Dies wird auch von der jüngsten Fünfjahres-Prognose der WMO gestützt. Diese basiert auf einer Vielzahl von Klimamodellsimulationen, welche mit dem beobachteten Zustand von Ende 2022 gestartet worden sind. Sie gibt eine Wahrscheinlichkeit von über 60 Prozent an, dass die Globaltemperatur in den Jahren 2023 bis 2027 erstmals über 1,5 Grad steigen kann, verglichen mit vorindustriellem Niveau. Allerdings wäre das Überschreiten vorerst nur auf ein einzelnes Jahr beschränkt. Das heißt, es werden vorerst auch noch kühlere Jahre kommen. Der Mittelwert der globalen Temperatur wird erst um die Jahre 2032 bis 2035 die 1,5-Grad-Grenze überschritten haben. Derzeit sind wir im globalen Mittel ,erst‘ bei 1,25 Grad.“

„Ob 2023 oder 2024 tatsächlich erstmals die1,5-Grad-Grenzeauf Jahresbasis überschreitet, können aberauch diese Klimamodellsimulationen nicht mit Sicherheit vorhersagen. Ebensowenig ist zum aktuellen Zeitpunkt klar, ob das sich gegenwärtig entwickelnde El-Niño-Ereignis das Zeug zum Super-El-Niño hat oder nicht. Erfahrungsgemäß haben physikalische Modelle mit der genauen Vorhersage ihre Schwierigkeiten, da man die Passatwind-Anomalien im tropischen Pazifik – die letztlich starken Einfluss auf die Intensität eines El Niño haben – nicht verlässlich über mehrere Monate vorhersagen kann. So hat es beim letzten starken El Niño in 2015/16 auch ein Jahr Anlauf gebraucht, nachdem anfangs bereits 2014/15 das Potenzial dafür hatte, es letztlich jedoch nur zu einem schwachen El Niño gereicht hat. Spannend bleibt es allemal, und bis zu 1,5 Grad auf Jahresbasis ist es nur eine Frage der Zeit.“

Karsten Friedrich

Klimatologe, KU 21 Nationale Klimaüberwachung, Deutscher Wetterdienst (DWD), Offenbach

„Mehrere Komponenten fließen in die Durchschnittstemperatur für ein Jahr ein: Das Witterungsgeschehen, die ENSO-Phase, in der wir uns befinden (ENSO: El Niño and Southern Oscillation mit abwechselnd La Niña-, El Niño- oder neutralen Bedingungen; Anm. d. Red.) und der Temperaturanstieg durch den Klimawandel. Es kann durchaus sein, dass in den nächsten Jahren zeitweise die 1,5-Grad-Schwelle überschritten wird. Das ist nicht überraschend, schließlich wurden im Frühjahr die höchsten atmosphärischen CO2-Werte jemals gemessen –423 parts per million – und die Emissionen steigen weiter an. Außerdem bewegen wir uns im Oktober in Richtung des Schwellenwerts für El Niño – laut Vorhersagen des Deutschen Wetterdienst, des Europäischen Wettervorhersagedienstes (ECMWF) und des US-amerikanischen Climate Prediction Center. Ich halte es auch für möglich, dass in den nächsten Jahren das 1,5-Grad-Ziel langfristig gerissen wird, auch wenn ein kurzzeitiges Überschreiten der 1,5-Grad-Marke in den Zielpfaden eingepreist ist.“

„Trotz des La Niña Ereignisses der vergangenen drei Jahre haben wir uns bei der globalen Mitteltemperatur auf einem sehr hohen Plateau bewegt und waren im Bereich der warmen Jahre der zurückliegenden El Niño-Phase. Der eigentlich kühlende Effekt von La Niña hat sich fast nicht gezeigt.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Dr. Helge Goessling: „Es liegt kein Interessenkonflikt vor.“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Primärquellen

Weltorganisation für Meteorologie (2023): WMO Global Annual to Decadal Climate Update.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Climate Prediction Center, National Oceanic and Atmospheric Administration (15.05.2023): ENSO: Recent Evolution, Current Status and Predictions.
Eine Tabelle mit den vorhergesagten Werten für El Niño finden Sie hier. Der Schwellenwert für El Niño liegt bei einer Temperaturanomalie von einem Grad, eine Anomalie von 1,5 Grad liegt ein starker El Niño vor.

[2] The International Research Institute for Climate and Society, Columbia University Climate School (11.05.2023): ENSO Forecast. May 2023 Quick Look.

[3] Trewin B (2022): Assessing Internal Variability of Global Mean Surface Temperature From Observational Data and Implications for Reaching Key Thresholds. Journal of Geophysical Research: Atmospheres. DOI: 10.1029/2022JD036747.

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] Science Media Center (2022): Wie entwickeln sich La Niña und El Niño im Klimawandel? Science Response. Stand: 14.10.2022.

[II] Climate Prediction Center, National Oceanic and Atmospheric Administration (15.05.2023): ENSO: Recent Evolution, Current Status and Predictions.
Eine Tabelle mit den vorhergesagten Werten für El Niño finden Sie hier. Der Schwellenwert für El Niño liegt bei einer Temperaturanomalie von einem Grad, eine Anomalie von 1,5 Grad liegt ein starker El Niño vor.

[II] Helmholtz-Zentrum Potsdam:Auswirkungen des El Niño-Phänomens.
Einfache Erklärung des El Niño Phänomens und von dessen Auswirkungen auf der Wissensplattform des Forschungsbereichs Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft.

[III] NASA: ENSO Index: 1993-Present.
Abbildung der Entwicklung des ENSO Index seit 1993. Die roten Bereiche markieren El-Niño-ähnliche Bedingungen, die blauen Bereiche markieren La-Niña-ähnliche Bedingungen.

[IV] National Weather Services: ENSO Indices.
Erklärung der verschiedenen ENSO Indizes von der US-amerikanischen Wetterbehörde.

Hintergrundinformationen

Sowohl El Niño als auch La Niña verändern das Wetter vor allem in Regionen nahe des tropischen Pazifiks [II]: In El-Niño-Jahren wird es an der Pazifikküste in Süd- und Nordamerika tendenziell nasser – da mehr Wasser aus dem wärmeren Pazifik verdunstet –, in La-Niña-Jahren trockener. In Südostasien und Australien dagegen kommt es in El-Niño-Jahren vermehrt zu Dürren, während La Niña Starkregen und Überflutungen begünstigt – etwa den starken Monsunregen in Pakistan im Sommer 2022 oder das wiederholte Hochwasser in Australien in den vergangenen Jahren. Über sogenannte Fernwirkungen hat das ENSO-System aber auch Auswirkungen auf das Wetter in Regionen fernab des äquatorialen Pazifiks: Am Horn von Afrika etwa kommt es in La-Niña-Jahren eher zu Dürren, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Auswirkungen auf das Wetter in Europa sind nicht bekannt.

Obwohl oft von La-Niña- und El-Niño-Ereignissen die Rede ist, handelt es sich eigentlich nicht um klar abgegrenzte Ereignisse. Vielmehr ist das ENSO-System stets in einem Zustand, der eher La-Niña-ähnlich oder eher El-Niño-ähnlich ist (eine Abbildung dazu finden Sie hier [III]). Dieser Zustand kann über verschiedene Indizes gemessen werden, die die Unterschiede in der Wassertemperatur, der Lufttemperatur oder dem Luftdruck über dem Ost- und Westpazifik angeben [IV]. Übersteigt ein solcher Index einen bestimmten Schwellenwert, spricht man von einem La-Niña- beziehungsweise einem El-Niño-Ereignis. Aktuell – im Herbst 2022 – befindet sich das ENSO-System seit dem Sommer 2020 in einem eher La-Niña-ähnlichen Zustand, auch wenn nicht durchgängig der Schwellenwert für ein La-Niña-Ereignis überschritten war [IV].