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02.12.2021

SMC Corona Report

Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.

Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.

Überblick

  • Die aktuelle Lage
  • Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern
  • Fallzahlen auf den Intensivstationen
  • Fallzahlen in den Altersgruppen
  • Fälle nach Meldedatum
  • Auffällige Kreise
  • Die Datenbasis
  • Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Die aktuelle Lage

  • Inzidenzrückgang aufgrund von Überlastungen vorsichtig zu bewerten
  • Szenarien zur Omikron-Variante aufgrund von fehlendem Wissen noch nicht zielführend
  • Fast ein Drittel der vollständig Geimpften 60+ hat Auffrischimpfung erhalten

Wie bereits im Bericht der vergangenen Woche beschrieben, kommen die zentralen Maßzahlen der Pandemie an ihre Grenzen. Der leichte Rückgang der gemeldeten Inzidenz ist daher mit Vorsicht zu genießen. Gleichzeitig meldet nämlich der Laborverband ALM e.V. eine Auslastung seiner Labore von über 100 Prozent in einigen Bundesländern. Ein damit verbundener Probenrückstau kann so zu geringeren Inzidenzen und damit zu niedrigem Wachstum führen. Parallel dazu wird aus einigen Regionen die Überlastung der Kontaktnachverfolgung gemeldet. Auch das kann die Fallzahlen zu niedrig ausfallen lassen. Ein positives Zeichen ist das gesunkene Wachstum der belegten COVID-19-Betten auf den Intensivstationen. Mit etwa 15 Prozent wöchentlichem Wachstum spitzt sich die Lage hier aber weiter zu. Durch die aktuelle Unsicherheit bei den Maßzahlen werden erst die nächsten Tage zeigen, ob es einen realen Rückgang des epidemiologischen Geschehens gibt.

Aktuell wird viel über die Verbreitung der Omikron-Variante und den damit verbundenen potenziellen Gefahren diskutiert. Zwar eignet sich die aktuelle Situation dazu, in der Forschung verschiedene Szenarien durchzuspielen, um den Raum der plausiblen Entwicklungen zu erkunden. Aktuell fehlen aber entscheidende Kennzahlen und Wissen über diese Variante, deshalb kann man, je nachdem, welche Werte man für Parameter wie Übertragbarkeit (R0) oder möglichen Immune Escape (der in Rt einfließen würde) annimmt, schnell beliebige Ergebnisse erhalten. Dass gerade bei Modellen mit exponentiellem Wachstum eine sinnvolle Abschätzung nicht möglich ist, wenn das Wissen über die wichtigen Einflussparameter noch sehr unsicher ist, haben wir im Extra-Report zur Alpha-Variante bereits diskutiert. Aktuell wissen wir über die Verbreitung der Omikron-Variante noch weniger, sodass die neuen Erkenntnisse der nächsten beiden Wochen besser abgewartet werden. Es herrscht derzeit echte “epistemische Unsicherheit” in der Forschung, obwohl Wissenslücken derzeit im Labor geschlossen werden (etwa Anzucht von Virusisolaten, Erstellen von pseudotypisierten Virusvarianten, um sodann Antikörper-Neutralisierungs-Assays von Geimpften und Ungeimpften vergleichen zu können), sowie Kontaktnachverfolgungen in Form von Clusteranalysen, um die Secondary Attack-Rate von Geimpften versus Ungeimpften abschätzen zu können. Gerade frühe Schätzungen einzelner Analysen können so weit von der Realität entfernt liegen, dass diese frühen Parameterschätzungen alleine noch keinen Mehrwert für Berichterstattung oder Szenarien liefern, außer voreilig zu warnen (Worst Case) oder zu entwarnen (Best Case). Robustes Wissen zu erhalten braucht trotz aller Beschleunigung noch etwas Zeit, wir halten Sie im SMC auf dem Laufenden.

In Deutschland werden nun mehr als 550 000 Auffrischimpfungen pro Tag durchgeführt. Mit rund 90 000 Impfungen pro Tag wächst auch die Zahl der Erstgeimpften wieder schneller. Hier ist das Tempo insgesamt aber langsam genug, dass die Impfquote bei der Geschwindigkeit in diesem Jahr nicht mehr nennenswert steigen wird. Bei den Auffrischimpfungen kann beim aktuellen Tempo in diesem Jahr eine Quote von rund 30 Prozent erreicht werden. Bei den Altersjahrgängen ab 60 Jahren sind bereits jetzt 27,9 Prozent geboostert, was fast ein Drittel aller vollständig Geimpften ausmacht. Da diese Altersgruppe den größten Druck auf das Gesundheitssystem ausübt, kann hier ein positiver Effekt auf die Belastung des Gesundheitssystems erwartet werden.

Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern

Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenzen steigen nicht mehr deutlich, der Grund kann aber auch die Überlastung des Test- und Meldesystems sein.

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Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Das Wachstum sinkt. Ob dies an einer wachsenden Dunkelziffer liegt, ist noch nicht klar.

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Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 27.11.2021 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. In Bayern sinkt die Inzidenz, da Bayern eines der aktuell stark betroffenen Bundesländer ist, bleibt abzuwarten, ob die sinkende Inzidenz dem geänderten Verhalten der Bevölkerung oder der Überlastung der meldenden Institutionen geschuldet ist.

2021-12-02_wachstum_bundeslaender.png

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Fallzahlen auf den Intensivstationen

Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen steigt.

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Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.

Das Wachstum bei den mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Intensivstationen hat sich etwas verlangsamt und liegt nun bei rund 15 Prozent pro Woche. Ein neuer Höchststand rückt so wieder etwas in die Zukunft.

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Das Wachstum der Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen ist in einigen Bundesländern weiterhin sehr hoch. In Sachsen, Bayern und Thüringen hat es sich verlangsamt, hier wurden aber auch Verlegungen von Fällen in andere Bundesländer durchgeführt.

2021-12-02_wachstum_ICU_BL.png

Betrachtet man die Auslastung der Intensivstationen nach Bundesland, so stellt man fest, dass im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau lag. Während in Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichte, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. Trotz der Verlegungen hat Sachsen inzwischen eine Auslastung der Intensivbetten durch COVID-19-Fälle von über 40 Prozent erreicht.

2021-12-02_ICU_fallzahlen_BL.png

Fallzahlen in den Altersgruppen

Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.

Die Inzidenz steigt in allen Altersgruppen.

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Die Inzidenz steigt weiter in allen Altersgruppen. Bei der besonders hohen Inzidenz bei den 5- bis 14-Jährigen muss zum einen die hohe Zahl der durchgeführten PCR-Tests berücksichtigt werden. Andererseits ist auch die Testpositivrate besonders hoch, was entweder auf eine besonders gute Vorauswahl durch Schnell- und Selbsttests oder aber auf eine besonders hohe Dunkelziffer hindeutet.

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2021-12-02_Testpositivrate_Altersgruppen.png

Fälle nach Meldedatum

Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.

2021-12-02_fallzahlen_deutschland.png

Auffällige Kreise

Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.

Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 29.11.2021 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 22.11.2021 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.

Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.

Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
LK Erzgebirgskreis 197.9 990.3 413.5 2069.6
LK Leipzig 178.7 593.0 484.6 1608.0
LK Bautzen 156.1 852.6 364.6 1990.9
LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 149.9 799.4 427.1 2278.6
LK Mittelsachsen 135.4 613.0 311.8 1411.1
LK Teltow-Fläming 120.4 231.9 495.9 954.7
LK Saalekreis 107.6 279.4 409.6 1064.1
LK Gotha 96.3 221.0 499.6 1146.7
LK Schwarzwald-Baar-Kreis 93.0 280.9 306.4 925.2
SK Magdeburg 84.7 239.9 249.7 706.8
Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
LK Saalfeld-Rudolstadt 74.1 191.9 502.9 1301.4
LK Gotha 96.3 221.0 499.6 1146.7
LK Teltow-Fläming 120.4 231.9 495.9 954.7
LK Leipzig 178.7 593.0 484.6 1608.0
LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 149.9 799.4 427.1 2278.6
LK Erzgebirgskreis 197.9 990.3 413.5 2069.6
LK Saalekreis 107.6 279.4 409.6 1064.1
LK Saale-Holzland-Kreis 48.0 147.0 405.1 1240.5
LK Saale-Orla-Kreis 41.9 173.9 364.8 1515.3
LK Bautzen 156.1 852.6 364.6 1990.9

Die Datenbasis

Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.

Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.

Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.

Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.

Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.

Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.

Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.

Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.

Ihre Ansprechpartner in Redaktion und SMC Lab

Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.

Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab

Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien

Marleen Halbach, Redaktionsleiterin

Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: