Gentechnisch veränderte Schweine sind resistent gegen Schweinepest
geneditierte Schweine sind laut Studie vollständig gegen die Klassische Schweinepest resistent
derlei Tiere könnten für die Tierhaltung von Vorteil sein, bisher kommerzielle Nutzung in der EU nicht erlaubt
Forschende erklären biologischen und ökonomischen Nutzen der gentechnisch erzeugten Resistenz
Schweine, bei denen durch Geneditierung gezielt die DNA eines Proteins verändert wurde, sind vollständig resistent gegen das Schweinepestvirus. Das konnten Forschende aus dem Vereinigten Königreich und aus Lübeck in einer Studie nachweisen, die im Fachjournal „Trends in Biotechnology“ veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle).
Das Schweinepestvirus gehört zur Gattung der Pestiviren, die bei Tieren wie Schweinen, Rindern und Schafen Infektionskrankheiten hervorrufen können. Zu dieser Gattung gehört auch das Virus der Klassischen Schweinepest, genannt KSPV (klassisches Schweinepestvirus). Es führt zu einer hohen Krankheits- sowie Sterblichkeitsrate und verbreitet sich schnell und unkontrolliert. Eine Schweinepest-Epidemie in den Niederlanden Ende der 90er-Jahre zeigte die verheerenden Folgen der Infektion: Insgesamt gab es über 400 Ausbrüche, in deren Folge zwölf Millionen Schweine getötet werden mussten. Die Kosten beliefen sich auf 2,3 Milliarden Euro [I].
Leiter Fachbereich Virusinfektionen der Schweine, und Leiter Versuchstierhaltung und Tierpflege, Eidgenössisches Departement des Innern, Institut für Virologie und Immunologie, in Kooperation mit der Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern, Schweiz
Resistenzmechanismus
„Die Methodik des ‚Gen-editing‘, das heißt das Verändern oder Ausschalten eines Gens mittels CRISPR/Cas9 (Gen-Schere), um die Funktion des entsprechenden Genprodukts in der Zelle oder im Tier zu untersuchen, ist mittlerweile eine Standardmethode der Gentechnologie. Hauptsächlich wird dies in Mäusen, aber auch in anderen Tierarten wie Schweinen, durchgeführt. Die Erkenntnis, dass das zelluläre DNAJC14-Genprodukt (auch Jiv genannt) für die Vermehrung von Pestiviren unerlässlich ist, wurde bereits vor 20 Jahren (2005) durch Tautz et al., der Ko-Autor der vorliegenden Studie ist, mit dem bovinen Virusdiarrhoe Virus (BVDV) nahegelegt [1]. Den formellen Beweis, dass sich BVDV und das verwandte Klassische Schweinepestvirus (KSPV) nur in Anwesenheit von funktionellem DNAJC14 in Zellkultur vermehren können, lieferte Tautz und seine Gruppe dank der CRISP/Cas9-Technologie 14 Jahre später, 2019 [2]. Dass dies auch für KSPV im natürlichen Wirtstier – im Schwein – gilt war somit erwartet, und ist nun mit dieser Studie von Crooke et al. eindeutig bewiesen. Die Stabilität der kleinen Veränderungen im DNAJC14-Gen dieser Schweine nach langfristiger Zucht von Nachkommen muss allerdings noch gezeigt werden.“
Besonderheit und Neuheit des Ansatzes
„Der vorgestellte Ansatz, ein für ein Virus wichtiges Wirtsprotein zu verändern, ist nicht neu und wurde bereits 2018 für das porzine reproduktive und respiratorische Syndrom (PRRS) – eine virale Tierseuche, ähnlich wie die KSP – beim Schwein veröffentlicht. In dieser Studie wurde ein kleiner, aber essenzieller Teil des zellulären CD163-Rezeptors des PRRS-Virus mittels CRISPR/Cas9 im Schwein entfernt. Solche Schweine sind gegen PRRS resistent [II]. Die Zucht von geneditierten PRRS-resistenten Schweinen wurde vor kurzem in verschiedenen südamerikanischen Ländern, und seit April 2025 durch die Food and Drug Administration (FDA) in den USA zugelassen. Es ist voraussichtlich nur noch eine Frage der Zeit, bis solche geneditierten PRRS-resistenten Schweine und deren Fleisch auf den Markt kommen – zumindest in den USA und Südamerika.“
Dauerhaftigkeit der Resistenz
„Es ist tatsächlich nicht komplett auszuschließen, dass KSPV-Varianten in seltenen Fällen der Resistenz entkommen könnten. Pestiviren sind RNA-Viren und weisen demzufolge eine hohe Mutationsrate und genetische Diversität auf, da ihnen Korrekturmechanismen für spontane Mutationen fehlen. Es gibt seltene natürliche KSPV- und BVDV-Isolate (Virusproben aus infizierten Organismen; Anm. d. Red.), die sich unabhängig von DNAJC14 vermehren, weil ihr DNAJC14-abhängiges Gen (NS2) mutiert oder sogar verlorengegangen ist. Diese seltenen Mechanismen von DNAJC14-Unabhängigkeit wurden experimentell in Zellkultur bewiesen. Solche Viren setzen sich aber in der Natur schlechter durch, weil sie ihre Zielzelle rasch zerstören und damit vom Immunsystem schnell erkannt und bekämpft werden.“
Genetisch veränderte Schweine in der Nutztierhaltung
„Die PRRS kommt weltweit in vielen Ländern mit einer hohen Prävalenz vor. Die Schweiz ist eines der seltenen PRRS-freien Ländern. Zudem funktionieren die Impfstoffe gegen PRRS nur bedingt. Daher strebt die USA die Zucht von PRRS-resistenten Schweinen an. An dieser Stelle sei erwähnt, dass solche geneditierten Schweine für den menschlichen Konsum gesundheitlich unbedenklich sind. Es fehlt einfach ein kleines Stück Gen im Erbgut der Schweine, ohne dass irgendwelche Fremdgene eingeführt wurden. Wichtig ist es, dass sichergestellt wird, dass der kleine Defekt im Erbgut keine unerwünschten Folgen für das Tier hat, zum Beispiel in Bezug auf die Gesundheit, das Tierwohl oder die Empfindlichkeit für andere Krankheiten und Erreger.“
„Die in dieser Studie verwendete Rasse ist eine Kreuzung von Edelschwein und Landrasse, eine der am häufigsten angewendeten Kreuzungen in der Schweinfleischproduktion.“
Übertragbarkeit der Resistenz auf andere Rassen und Arten
„Das DNAJC14-Gen ist in den verschiedenen Schweinerassen und Schweineartigen quasi identisch und sogar bei anderen Säugetieren hoch konserviert. Das heißt, der hier beschriebene Ansatz gilt auch für andere Schweinerassen und Arten, und voraussichtlich auch für Bovines Virusdiarrhoe-Virus in den verschiedensten Rinderrassen.“
Landwirtschaftlicher und ökonomischer Nutzen
„Im Fall von PRRS könnte ein resistentes Schwein gegenüber der Impfung tatsächlich von Vorteil sein, weil, wie oben erwähnt, die Impfstoffe nur bedingt wirksam sind. Und die Krankheit ist so stark verbreitet, dass die systematische Eliminierung der infizierten Tiere, die sogenannte Keulung, wirtschaftlich und tierethisch nicht tragbar ist. “
„Bei KSPV ist die Situation anders. Die Impfstoffe sind so effizient, dass die Seuche mittlerweile auf Mittel-/Südamerika und Asien beschränkt werden konnte. Die Keulung in Kombination mit der Impfung sind für KSPV aus meiner Sicht die bessere Kontrollmaßnahme. Ob KSPV-resistente Schweine in endemischen Gebieten zusammen mit einer Impfung zur Kontrolle der Krankheit beitragen könnten, wäre zu prüfen.“
Auf die Frage, wie spezifisch genetische Veränderung für die Resistenz bei Pestiviren ist:
„Die Resistenz durch Ausschaltung von DNAJC14 ist hochspezifisch für Pestiviren, gilt somit ausschließlich für KSPV im Schwein beziehungsweise für BVD im Rind. Selbst das KSP-verwandte atypische porzine Pestivirus (APPV; Zitterkrankheit der Ferkel) vermehrt sich unabhängig von DNAJC14, gemäß Experimenten in Zellkultur [3]. Indirekte Resistenz gegen andere Krankheiten sind nicht zu erwarten. Zu beweisen ist aber, dass diese Tiere durch den genetischen Defekt nicht zufälligerweise weniger widerstandsfähig gegen ubiquitär vorkommende Schweinekrankheiten sind.“
Weitere Resistenzen bei Schweinen
„Resistente Schweine gegen weitere Krankheiten zu generieren ist aufwändig und würde jeweils eine andere spezifische Genveränderung benötigen. Bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) sind vor allem die Wildschweine das Problem. In diesem Fall ist Geneditierung selbstverständlich unmöglich. ASP-resistente Hausschweine könnten nützlich sein, weil es bis heute keinen effizienten und sicheren Impfstoff gegen ASP auf dem Markt gibt. In Vietnam sind zwei Lebendimpfstoffe registriert, dessen Sicherheit aber umstritten ist. Es gibt meines Wissens bis heute keine genetische Grundlage, die es erlauben würde, geneditierte ASP-resistente Hausschweine zu erzeugen. Dafür müsste man zum Beispiel die genetische Grundlage der natürlichen ASP-Resistenz von Buschschweinen oder Warzenschweinen in Afrika verstehen.“
Leiter der Sektion Xenotransplantation, Technische Universität München (TUM)
Resistenzmechanismus
„Die Studie beschreibt einen alternativen und innovativen Ansatz, um Infektionen von Schweinen durch die Klassische Schweinepest (CSFV) und verwandte Pestiviren zu verhindern. Mithilfe der CRISPR/Cas9-Technologie wurde gezielt ein Gen im Erbgut der Tiere verändert. Dieses Gen, DNAJC14, spielt eine entscheidende Rolle bei der Virusvermehrung in den Wirtszellen. Durch die gezielte Veränderung wurde verhindert, dass sich das Virus in den Zellen der Schweine vermehren kann. Sowohl in Laborversuchen als auch im Tierversuch zeigte sich, dass die genetisch veränderten Schweine vollständig resistent gegen eine Infektion waren. Sie entwickelten keine Krankheitssymptome und in Blut oder Organen konnte kein Virus nachgewiesen werden.“
Vorteile der gentechnischen Methode
„Im Gegensatz zu einer Impfung wird bei diesem gentechnischen Ansatz nicht das Virus selbst bekämpft, sondern ein zelluläres Protein entfernt, das das Virus zwingend für seine Vermehrung benötigt. Damit werden dem Virus die Werkzeuge genommen, die es für seine Ausbreitung braucht. Vergleichbare gentechnische Verfahren wurden in der Landwirtschaft bisher vor allem eingesetzt, um Schweine gegen das porzine reproduktive und respiratorische Syndrom-Virus (PRRS) oder Rinder gegen Hitzestress widerstandsfähig zu machen. Die CRISPR/Cas9-Methode stellt mittlerweile eine deutlich effizientere und genauere Methode als alle bisherigen Züchtungsverfahren dar, um gezielte Veränderungen im Erbgut vorzunehmen.“
Dauerhaftigkeit der Resistenz
„Die Resistenz gegen das Virus sollte dauerhaft sein, da das veränderte Gen vererbt wird und seine Funktion für die Virusvermehrung unverzichtbar ist. Zwar besteht in der Natur immer ein gewisses Risiko, dass sich Viren durch Mutationen an neue Bedingungen anpassen, doch in diesem Fall ist das eher unwahrscheinlich, da DNAJC14 eine zentrale und über viele Arten hinweg konservierte Rolle im Viruszyklus spielt.“
Landwirtschaftlicher und ökonomischer Nutzen
„Auch aus landwirtschaftlicher Sicht sind solche Tiere äußerst interessant. Die Klassische Schweinepest stellt weiterhin ein enormes Risiko für Schweinebestände dar und führt im Seuchenfall häufig zur kompletten Tötung ganzer Herden. Genetisch resistente Tiere könnten hier große Verluste verhindern. Zudem lässt sich die genetische Veränderung mit denselben Methoden auch auf andere Nutztiere wie Rinder, Schafe oder Ziegen übertragen, da diese ähnliche Gene besitzen und ebenfalls von Pestiviren betroffen sind.“
„Ökonomisch bieten solche resistenten Tiere dadurch deutliche Vorteile. Sie müssen – falls überhaupt möglich – nicht geimpft werden, können keine Viren weiterverbreiten und verringern dadurch Tierverluste, Medikamenteneinsatz und wirtschaftliche Schäden durch Handelsbeschränkungen erheblich. Außerdem entfällt das Problem, geimpfte von infizierten Tieren zu unterscheiden – ein wichtiger Vorteil gegenüber herkömmlichen Impfstrategien.“
Fazit
„Insgesamt zeigt die Studie, dass gezielte genetische Veränderungen ein vielversprechender, moderner Weg sind, um langfristig resistente Nutztiere zu entwickeln. Diese Methode kann das Tierwohl verbessern, Produktionsverluste reduzieren und die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen Infektionskrankheiten machen. Das genetische Engineering etabliert sich damit als eine neue, präzise und schnelle Schlüsseltechnologie in der modernen Nutztierzüchtung.“
Fachtierarzt für Virologie am Institut für Virologie und EU- und WOAH-Referenzlabor für die Klassische Schweinepest, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Resistenzmechanismus
„Die Autoren nutzten die Genschere CRISPR/Cas9 zur gezielten Veränderung des Gens für das Wirtszellprotein DNAJC14 von Schweinen. In der Studie konnte gezeigt werden, dass weder die im Labor kultivierten Zellen dieser Schweine noch die Schweine selbst mit dem Virus der Klassischen Schweinepest (KSPV) infiziert werden konnten. Die genetisch modifizierten Schweine zeigten keine klinischen Symptome der Klassischen Schweinepest (KSP) und keine typischen Veränderungen der weißen Blutkörperchen im Blutbild. Es konnte in den Zielzellen des Blutes, den weißen Blutkörperchen, kein Virus-Genom nachgewiesen werden. Eine Bildung virus-spezifischer Antikörper, wie sie nach erfolgreicher Infektion zu erwarten wäre, blieb aus. Aufgrund dieser Daten kann davon ausgegangen werden, dass nach dem Eindringen von Viren in die Zellen keine neuen Viren entstehen konnten und die Virus-Vermehrung in einer sehr frühen Phase gestört wurde.“
Besonderheit und Neuheit des Ansatzes
„Schon vor 20 Jahren wurde der Wirtzellfaktor DNAJC14 als bedeutend für die Replikation von Pestiviren beschrieben [4]. Die Etablierung der Genschere als Werkzeug in der Molekularbiologie revolutionierte die Möglichkeit, die Bedeutung einzelner zellulärer Faktoren bei der Replikation von Viren näher zu untersuchen. Zunächst konnte eine Studie, an der auch meine Arbeitsgruppe beteiligt war, in genetisch veränderten Zellkulturen nachweisen, dass die meisten der klassischen Pestiviren den Wirtzellfaktor DNAJC14 benötigen [5]. Neu ist, dass nun gezeigt werden konnte, dass diese Veränderung auch in einem komplexen Organismus zu einer Virus-Resistenz führt. Andere Forschungsgruppen haben schon zuvor Schweine gentechnisch so modifiziert, dass sie resistent gegenüber einer bestimmten Virusinfektion wurden, nämlich gegen das wirtschaftlich bedeutsame Virus des porzinen reproduktiven und respiratorischen Syndroms (PRRSV). In den Ländern der EU und vielen anderen Ländern weltweit fehlen bislang die rechtlichen Voraussetzungen für die Haltung und Vermarktung gentechnisch veränderter Nutztiere.“
Dauerhaftigkeit der Resistenz
„Das Ziel war, möglichst geringe Veränderungen an dem Protein DNAJC14 vorzunehmen, um das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen für die Gesundheit der Schweine zu reduzieren. Bei einigen der Schweine wies das veränderte Protein nur eine einzige veränderte Aminosäure auf. Eine Anpassung der KSP-Viren durch Mutationen erscheint dennoch eher unwahrscheinlich. Grund ist, dass die Viren in der veränderten Zelle nicht in der Lage sind, ihr Erbgut zu vervielfältigen und damit auch keine Mutationen im Erbgut entstehen können. Interessanterweise gibt es bei Pestiviren auch Virus-Varianten, die sich unabhängig von zellulärem DNAJC14 vermehren können, da sie die erforderlichen Gensegmente in ihr Erbgut integriert haben und in die Zelle ‚mitbringen‘.“
Übertragbarkeit der Resistenz auf andere Rassen und Arten
„Technisch wäre es ohne weiteres möglich, neben den zwei verwendeten Schweinerassen auch andere Rassen auf vergleichbare Weise genetisch zu verändern. Um den Grundstock für eine gesunde Zucht zu legen und die Erhaltung der genetischen Vielfalt zu gewährleisten, wäre es allerdings erforderlich, solche Veränderungen an vielen, möglichst unterschiedlichen Tieren durchzuführen. Es wäre außerdem technisch kein Problem, vergleichbare Veränderungen an DNAJC14 in Rindern oder kleinen Wiederkäuern vorzunehmen und somit eine Resistenz gegenüber anderen wirtschaftlich bedeutenden Pestiviren, wie dem Virus der Bovinen Virusdiarrhöe (BVDV) oder dem Border Disease Virus (BDV) zu erreichen. Eine kommerzielle Nutzung gentechnisch veränderter Nutztiere ist in der EU derzeit rechtlich nicht möglich, auch wenn nur eine einzige Aminosäure des Tieres gentechnisch verändert wurde. Wenn die gleiche genetische Veränderung auf natürlichem Wege entstanden wäre, wäre dies jedoch rechtlich kein Problem. Es sollten Regelungen getroffen werden, die eine intelligente Nutzung von Gentechnik nicht verhindern. Im Kontext genetischer Manipulationen an Lebewesen ist aber vor allem eine sorgfältige ethische Abwägung, eine Beurteilung von Nutzen und Risiken sowie die gründliche Untersuchung der Tiere auf mögliche unerwünschte Nebenwirkungen von zentraler Bedeutung.“
Vorteile der gentechnischen Methode
„Eine prophylaktische Impfung gegen die Klassische Schweinepest ist in der EU und vielen anderen Industriestaaten mit intensiver Landwirtschaft wegen damit einhergehenden Handelsbeschränkungen derzeit nicht erlaubt. Eine Impfung würde derzeit nur im Ausbruchsfall als Notimpfung erfolgen, um die Ausbreitung der Erkrankung zu begrenzen. Die Testung geimpfter Tiere auf Virusfreiheit ist eine wichtige Voraussetzung für den freien Handel, sie ist jedoch teuer, logistisch eine Herausforderung und liefert keine hundertprozentige Sicherheit. In vielen Teilen der Welt ist die KSP endemisch, teilweise trotz prophylaktischer Impfung, und stellt dort ein großes Problem für die Landwirtschaft und zum Teil auch für die Ernährungssituation der Menschen dar. Aufgrund des globalen Handels ist der Eintrag dieser Tierseuche in freie Länder eine ständige Gefahr und erfordert eine kontinuierliche Überwachung der Schweinebestände. Resistente Schweine könnten die Produktion von Schweinefleisch in vielen Ländern verbessern und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung erhöhen. Ressourcen für Monitoring, Impfungen, Testungen und Maßnahmen der Seuchenbekämpfung, wie zum Beispiel die Keulung von Schweinen, könnten deutlich reduziert werden. Resistente Schweine könnten außerdem einen Beitrag leisten, diese gefürchtete Tierseuche aus Hausschweinen weltweit zu eliminieren.“
Auf die Frage, wie spezifisch genetische Veränderung für die Resistenz bei Pestiviren ist:
„Der Wirtzellfaktor DNAJC14 ist sehr spezifisch für die Vermehrung von Pestiviren und für einige verwandte Flaviviren. Das Virus der Japanischen Enzephalitis (JEV) ist ein Flavivirus, das von Schweinen auf den Menschen übertragen werden kann (Zoonose-Erreger) und zu einer tödlichen Erkrankung führen kann. Es ist denkbar, dass die genetisch veränderten Schweine auch gegen das JEV resistent sind und den Erreger nicht mehr auf Menschen übertragen können. Schweine mit Resistenzen gegenüber bestimmten Viren, sind daher nicht nur für die Tiergesundheit eine interessante Perspektive, sondern auch in Hinblick auf die menschliche Gesundheit, wenn wir im Sinne eines One-Health-Ansatzes an Viren denken, die auf Menschen übertragbar sind, wie zum Beispiel JEV, Influenzaviren oder Hepatitis-E-Viren.“
Professor für Klinische und Veterinärmedizinische Virologie am Fachbereich Tiermedizin, Justus-Liebig-Universität Gießen
Resistenzmechanismus und Methodik
„Durch Geneditierung wurde eine spezifische Wechselwirkung des Wirtszellproteins DNAJC14 mit dem viralen Protein NS2 so verändert, dass die Anfälligkeit der Schweine für die Klassische Schweinepest verschwand. Das Einfügen der W576A-Mutation in das Gen DNAJC14 wurde molekularbiologisch in den Gründertieren bestätigt und nachgewiesen, dass Einzelzellen sowie die geneditierten Nachzuchttiere resistent gegen eine Versuchsinfektion waren. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine methodischen Kritikpunkte an dieser Studie. Es wurde erstmals bewiesen, dass die Veränderung des DNAJC14-Gens im Kontext des gesamten Organismus zu einer Resistenz gegenüber klassischen Pestiviren führt.“
Vergleichbare Ansätze
„Die Geneditierung von DNAJC14 wurde bislang nur in Zellkulturen getestet und es gab noch keine Tiere mit einem modifizierten DNAJC14-Gen. Bei Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen wurden aber bereits andere erfolgreiche Geneditierungen durchgeführt. Das bekannteste Beispiel stammt von Schweinen, die durch eine gezielte Mutation des CD163-Proteins resistent gegenüber dem porzinen reproduktiven und respiratorischen Syndrom Virus (PRRSV) wurden. Diese Schweine gelten in Kolumbien und Brasilien offiziell als ‚gentechnik-frei‘ und wurden kürzlich von der FDA für die Verwendung in der US-amerikanischen Nahrungskette zugelassen. Trotz dieser Fortschritte gibt es aber noch keine weit verbreitete Verwendung von gentechnisch veränderten Nutztieren in der Lebensmittelproduktion.“
Dauerhaftigkeit der Resistenz
„In ihrer Veröffentlichung zeigen die Autor:innen, dass die Tiere gegen klassische Pestiviren resistent sind und dass diese Resistenz an ihre Nachkommen weitergegeben wird. Bis heute ist außer dem atypischen Pestivirus des Schweins (APPV [6]) kein nicht-zytopathogenes (zellschädigendes; Anm. d. Red.) Pestivirus bekannt, das sich unabhängig von einer DNAJC14-NS2-Interaktion replizieren kann. Eine Anpassung von Pestiviren an die W576A-Mutation im DNAJC14-Gen erscheint daher unwahrscheinlich, kann aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. In der Publikation wurde nicht untersucht, ob sich ein Virus an die Mutation im DNAJC14-Gen im Tier anpassen könnte, beispielsweise durch die Entwicklung einer DNAJC14-unabhängigen Replikationsstrategie.“
Landwirtschaftlicher und ökonomischer Nutzen
„In der Tierproduktion, wie beispielsweise in der Schweinemast, basieren Zuchtprogramme häufig auf komplexen Linienkreuzungen mit spezifischen Vater-, Mutter- oder sogar Großelternlinien. Die Geneditierung müsste daher entweder mühsam in diese bestehenden Linien eingekreuzt oder parallel in allen relevanten Linien durchgeführt werden, um eine vergleichbare Mast- und Reproduktionsleistung zu gewährleisten. Angesichts der hohen Bedeutung der klassischen Schweinepest in der Schweinehaltung und des Bovine-Virusdiarrhoe-Virus in der Rinderhaltung erscheint es jedoch möglich, dass die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Linien, Rassen oder sogar Nutztierarten übertragen werden.“
„Die Vorteile der Geneditierung müssen in der großtechnischen Produktion von Nutztieren noch wissenschaftlich bewiesen werden. Eines ist jedoch klar: Impfungen sind kostspielig und selbst geimpfte Populationen können Krankheitserreger beherbergen und unbemerkt weiterverbreiten. Im Falle eines Seuchenausbruchs führen Keulungs- und Eradikationsstrategien dagegen oft zu vollständigen wirtschaftlichen Verlusten und erheblichem Leiden der Tiere. Im Gegensatz dazu könnte die Züchtung von resistenten Populationen eine nachhaltigere und kostengünstigere langfristige Lösung für die Bekämpfung von Tierkrankheiten darstellen.“
Auf die Frage, wie spezifisch genetische Veränderung für die Resistenz bei Pestiviren ist:
„Abgesehen von Pestiviren und einigen eng verwandten Flaviviren ist keine Abhängigkeit von Viren von DNAJC14 bekannt. Die Resistenz der Tiere dürfte daher sehr spezifisch sein, wobei dies jedoch noch experimentell untersucht werden müsste.“
Weitere wünschenswerte Resistenzen bei Schweinen
„Die Afrikanische Schweinepest ist derzeit eine der größten Herausforderungen für die weltweite Schweinehaltung. Da es keinen Impfstoff gibt, der zuverlässig vor der Krankheit schützt, wären resistente Hausschweine von großem Interesse. Die Züchtung resistenter Tiere wäre auch ein wichtiger Fortschritt im Kampf gegen bakterielle Infektionen, insbesondere angesichts des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung und der damit verbundenen Gefahr der Entstehung antibiotikaresistenter Krankheitserreger.“
Leiter des Instituts für Virusdiagnostik (IVD), Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Greifswald-Insel Riems
Resistenzmechanismus
„Die Resistenz gegenüber einer Infektion mit dem Virus der Klassischen Schweinepest (KSPV) wurde überzeugend nachgewiesen – sowohl in vitro als auch in vivo im Zieltier Schwein. Die vollständige Resistenz führte sogar dazu, dass nach der Inokulation (gezieltes Einbringen der Viren; Anm. d. Red.) im Gegensatz zur Kontrollgruppe keine Antikörperbildung beobachtet wurde. Zudem war auch ein anderes Pestivirus (Bovines Virusdiarrhoe-Virus) nicht in der Lage, die genetisch veränderten Zellkulturen zu infizieren, was die hohe Effektivität der Resistenz weiter untermauert.“
Neuheit des Ansatzes
„Der Ansatz ist nicht neu und wurde bereits bei einem anderen für die Schweinehaltung bedeutsamen Virus – dem porzinen reproduktiven und respiratorischen Syndrom – in den Vereinigten Staaten von Amerika erfolgreich durchgeführt. Hierbei war das Rezeptorprotein CD163 das Zielprotein, das verändert wurde.“
Dauerhaftigkeit der Resistenz
„Nach der Erstbeschreibung dieses Resistenzmechanismus sind weitere Studien erforderlich, um auch den Aspekt des möglichen ‚Arms Race‘ (wechselseitige Anpassung und Weiterentwicklung von Virus und Wirt; Anm. d. Red.) beziehungsweise viralen Escape von Resistenzmechanismen näher zu beleuchten. Positiv hervorzuheben ist, dass eine vollständige Resistenz mit keiner nachweisbaren Virusreplikation beobachtet wurde – ein Befund, der potenzielle Anpassungsprozesse der Viren erheblich erschwert.“
Auf die Frage, wie spezifisch genetische Veränderung für die Resistenz bei Pestiviren ist:
„Der Resistenzmechanismus wirkt spezifisch gegenüber Pestiviren und greift dominant in die zellabhängige Virusreplikation ein. Die Ergebnisse belegen eindrucksvoll, dass grundlagenorientierte Forschung zu viralen Replikationsmechanismen direkt in anwendungsorientierte Strategien zur Resistenzentwicklung überführt werden kann.“
Leiterin des Instituts für Nutztiergenetik, Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Greifswald-Insel Riems
Übertragbarkeit der Resistenz auf andere Rassen und Arten
„Die in der Studie verwendete Rasse ist eine üblich Rasse in der Schweinehaltung. Die genetische Veränderung wird an die Nachkommen vererbt und kann durch Einkreuzung auch in andere Schweinerassen eingebracht (übertragen) werden.“
Zulassung von genmodifizierten Organismen in der EU
„Innerhalb der europäischen Union gelten durch CRISPR/Cas9 modifizierte Tiere allerdings als genetisch modifizierte Organismen und bedürfen einer Zulassung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Zum aktuellen Zeitpunkt liegt der EFSA kein Antrag auf Zulassung vor.“
Auf die Frage, welche Vorteile genveränderte Schweine in der Nutztierhaltung gegenüber anderen Maßnahmen bringen würden:
„Es würden die Impfkosten und der Aufwand wegfallen. Von Vorteil wäre, dass keine Gefahr des Auftretens von entsprechenden Tierseuchen bestünde.“
„Ich habe einen Übersichtsartikel über klassische Schweinepest mit Helene Crooke, der Hauptautorin, publiziert. Außerdem verschiedene wissenschaftliche Kooperationen mit der Gruppe von Norbert Tautz, dem Koautor der aktuellen Studie.“
„Keine Interessenkonflikte.“
„Es gibt keine Interessenkonflikte, die das Statement beeinflusst haben. In der Vergangenheit gab es wissenschaftliche Kooperationen und gemeinsame Publikationen mit der Erstautorin, H. Crooke, sowie zwei Ko-Autoren dieser Studie, N. Tautz und O. Isken. Darunter war auch eine Kooperation mit gemeinsamer Publikation zum Wirtszellfaktor DNAJC14 mit der Arbeitsgruppe von N. Tautz und O. Isken [2].“
„Ich habe keine Interessenkonflikte in Bezug auf diese Studie.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
Primary source
Crooke H et al. (2025): DNAJC14 Gene Edited Pigs are Resistant to Classical Pestiviruses. Trends in Biotechnology. DOI: 10.1016/j.tibtech.2025.09.008 .
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Lackner T et al. (2005): Persistence of bovine viral diarrhea virus is determined by a cellular cofactor of a viral autoprotease. Journal of Virology. DOI: 10.1128/jvi.79.15.9746-9755.2005.
[2] Isken O et al. (2019): CRISPR/Cas9-mediated knockout of DNAJC14 verifies this chaperone as a pivotal host factor for RNA replication of pestiviruses. Journal of Virology. DOI: 10.1128/jvi.01714-18.
[3] Reuscher CM et al. (2022): DNAJC14-Independent Replication of the Atypical Porcine Pestivirus. Journal of Virology. DOI: 10.1128/jvi.01980-21
[4] Lackner T et al. (2005): Persistence of Bovine Viral Diarrhea Virus Is Determined by a Cellular Cofactor of a Viral Autoprotease. Journal of Virology. DOI: 10.1128/jvi.79.15.9746-9755.2005.
[5] Isken O et al. (2019): CRISPR/Cas9-Mediated Knockout of DNAJC14 Verifies This Chaperone as a Pivotal Host Factor for RNA Replication of Pestiviruses. Journal of Virology. DOI: 10.1128/jvi.01714-18.
[6] Geranio F et al. (2024): Exclusion of Superinfection or Enhancement of Superinfection in Pestiviruses — APPV Infection Is Not Dependent on ADAM17. Viruses. DOI: 10.3390/v16121834.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Friedrich-Loeffler-Institut: FAO und Nationales Referenzlabor für Klassische Schweinepest (KSP).
[II] Burkard C et al. (2018): Pigs Lacking the Scavenger Receptor Cysteine-Rich Domain 5 of CD163 Are Resistant to Porcine Reproductive and Respiratory Syndrome Virus 1 Infection. Journal of Virology. DOI: 10.1128/JVI.00415-18.
[III] PIC (30.04.2025): PIC receives FDA approval for technology used to breed PRRS-resistant pigs. Pressemitteilung des Unternehmens.
[IV] Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (15.04.2025): Genetisch veränderte Tiere.
Dr. Nicolas Ruggli
Leiter Fachbereich Virusinfektionen der Schweine, und Leiter Versuchstierhaltung und Tierpflege, Eidgenössisches Departement des Innern, Institut für Virologie und Immunologie, in Kooperation mit der Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern, Schweiz
Information on possible conflicts of interest
„Ich habe einen Übersichtsartikel über klassische Schweinepest mit Helene Crooke, der Hauptautorin, publiziert. Außerdem verschiedene wissenschaftliche Kooperationen mit der Gruppe von Norbert Tautz, dem Koautor der aktuellen Studie.“
Dr. Konrad Fischer
Leiter der Sektion Xenotransplantation, Technische Universität München (TUM)
Information on possible conflicts of interest
„Keine Interessenkonflikte.“
PD Dr. Alexander Postel
Fachtierarzt für Virologie am Institut für Virologie und EU- und WOAH-Referenzlabor für die Klassische Schweinepest, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Information on possible conflicts of interest
„Es gibt keine Interessenkonflikte, die das Statement beeinflusst haben. In der Vergangenheit gab es wissenschaftliche Kooperationen und gemeinsame Publikationen mit der Erstautorin, H. Crooke, sowie zwei Ko-Autoren dieser Studie, N. Tautz und O. Isken. Darunter war auch eine Kooperation mit gemeinsamer Publikation zum Wirtszellfaktor DNAJC14 mit der Arbeitsgruppe von N. Tautz und O. Isken [2].“
Prof. Dr. Benjamin Lamp
Professor für Klinische und Veterinärmedizinische Virologie am Fachbereich Tiermedizin, Justus-Liebig-Universität Gießen
Information on possible conflicts of interest
„Ich habe keine Interessenkonflikte in Bezug auf diese Studie.“
Prof. Dr. Martin Beer
Leiter des Instituts für Virusdiagnostik (IVD), Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Greifswald-Insel Riems
Information on possible conflicts of interest
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
Prof. Dr. Claudia Klein
Leiterin des Instituts für Nutztiergenetik, Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Greifswald-Insel Riems
Information on possible conflicts of interest
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“