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15.09.2022

Erfolg bei CAR-T-Zelltherapie gegen Lupus

     

  • erster klinischer Erfolg einer CAR-T-Zelltherapie bei Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes
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  • einmalige Behandlung führt zu mehrmonatiger Symptomlinderung
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  • Fachleute sehen großes Potenzial trotz begrenzter Einsatzmöglichkeiten
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Forschende aus Deutschland haben erstmals erfolgreich fünf Betroffene der Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes mit einer CAR-T-Zelltherapie behandelt. Bereits drei Monate nach der einmaligen Anwendung wurde eine deutliche Besserung der Symptome beobachtet, die über einen längeren Zeitraum anhielt. Die Ergebnisse der Studie sind am 15.09.2022 im Fachjournal „Nature Medicine“ veröffentlicht worden (siehe Primärquelle).

Bei systematischen Lupus erythematodes (SLE) handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die nahezu alle Organsysteme betreffen kann. Anstatt nur Antikörper gegen fremde Zellen und Erreger zu produzieren, bilden die B-Zellen der Patientinnen und Patienten auch Autoantikörper, die sich gegen die Zellkernbestandteile körpereigener Zellen richten. SLE, der vor allem Frauen betrifft, führt zu vielseitigen Symptomen und kann für die Betroffenen sogar lebensbedrohlich sein.

Die Forschenden um Georg Schett von der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg haben fünf zuvor behandlungsresistente SLE-Patientinnen und Patienten mit gentechnisch modifizierten T-Zellen behandelt. Diese sogenannten CAR-T-Zellen zerstören gezielt die krankheitserregenden B-Zellen mit dem Oberflächenmarker CD19, den sie über einen chimären Antigenrezeptor (CAR) erkennen. Neben einer beinahe gänzlichen Eliminierung der B-Zellen beschreiben die Forschenden eine Verbesserung der klinischen Symptome und eine Normalisierung der Laborparameter.

Anhand international anerkannter Kriterien wurde drei Monate nach der CAR-T-Zell-Therapie bei allen fünf Betroffenen eine Verbesserung der SLE beobachtet. Während einer längeren Nachbeobachtungsperiode von etwa acht Monaten konnte die Abschwächung der Symptome, eine sogenannte Remission, arzneimittelfrei aufrechterhalten werden. Laut der Studie haben die Patientinnen und Patienten die Therapie gut vertragen. Lediglich ein mildes Zytokin-Freisetzungssyndrom, eine Entzündungsreaktion des Körpers, die sich beispielsweise durch Fieber äußert, trat auf.

Offen bleibt, inwieweit sich die Therapieerfolge auch auf eine größere Gruppe von Betroffenen übertragen lässt, ob die Therapie auch für SLE-Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Krankheit geeignet ist und inwiefern die Eliminierung der Antikörper-produzierenden B-Zellen langfristig ein Risikofaktor für die Behandelten darstellt. Diese und weitere Fragen zu Chancen und Risiken einer CAR-T-Zell-Therapie bei SLE erläutern Fachleute in den nachfolgenden Statements.

Übersicht

     

  • Prof. Dr. Thomas Dörner, Leiter Klinische Hämostaseologie an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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  • Prof. Dr. Onur Boyman, Lehrstuhl für Klinische Immunologie und Allergologie, Universität Zürich, Schweiz
    und Dr. Miro E. Räber, Oberarzt an der Klinik für Immunologie, Universitätsspital Zürich, Schweiz
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  • Prof. Dr. Falk Hiepe, Leitender Oberarzt an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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  • Prof. Dr. Marko Radic, außerplanmäßiger Professor für Mikrobiologie, Immunologie und Biochemie, University of Tennessee Health Science Center, Vereinigte Staaten von Amerika
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  • PD Dr. Stephan Fricke, Leiter der Abteilung GMP Prozessentwicklung, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI), Leipzig
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  • Prof. Dr. Evelyn Ullrich, Leiterin Experimentelle Immunologie an der Universitätsklinik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
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Statements

Prof. Dr. Thomas Dörner

Leiter Klinische Hämostaseologie an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin

„Die Ergebnisse der Studie sind sehr spannend und die Qualität der Daten sehr hochwertig. Der Report ist eine Erweiterung der bereits in 2021 im ‚New England Journal of Medicine‘ veröffentlichten Fallstudie einer Patientin [1] und beinhaltet nun Daten von insgesamt vier Patientinnen und einem Patienten. Die Autoren verweisen selbst auf wichtige Einschränkungen, unter anderem, dass die Studie nicht gegenüber dem Konditionierungsregime kontrolliert ist.“

„Die Arbeit von Georg Schett und seinem Team verdeutlicht die Rolle der B-Zellen und einer Subfraktion von Plasmazellen bei systemischem Lupus erythematodes (SLE). Sie können zeigen, dass man durch eine selektive Therapie – die Elimination von B-Zellen und einen Teil der Plasmazellen –erfolgreich in der Behandlung ist und so zu einer therapiefreien Remission gelangen kann.“

„Bei der Behandlung von SLE gibt es bisher schon Einsichten durch die autologe Stammzelltherapie; dabei werden den Patienten Stammzellen aus dem Blut entnommen, mit einer Chemotherapie behandelt und wieder zurücktransplantiert. Diese Methode wurde bereits mehrfach in größeren Studien erforscht. Im Vergleich zur CAR-T-Zelltherapie ist die Stammzelltransplantation allerdings ein umfangreicherer Einschnitt.“

Auf die Frage, inwiefern der Erfolg auch auf eine größere Kohorte an Patienten und Patientinnen übertragbar ist:
„Die hier vorgestellten Erfolge sind von jungen Patienten, im Schnitt um die 25 Jahre alt, bei denen die Erkrankungsdauer sehr begrenzt ist. Die Gruppe stellt schon eine repräsentative Gruppe an Patienten dar, aber sie sind im Schnitt viel jünger, als die große Gruppe, die wir bei uns betreuen. Bei älteren SLE-Patienten, die aufgrund der Erkrankung über viele Jahre chronische Entzündungen erleiden und häufig Cortisonbehandlungen erhalten haben, kann man die irreversiblen Folgen der Entzündung (‚Damage‘) nicht so zurückdrängen. Darüber hinaus bleibt zu klären, ob die Therapie auch für SLE-Patientinnen mit fortgeschrittener Krankheit geeignet ist, bei denen die B-Zellen, die die Autoantikörper produzieren, sich zu CD19-negativen Gedächtniszellen entwickelt haben, die von den CAR-T-Zellen nicht mehr erkannt werden.“

Auf die Frage, ob der Therapieerfolg dauerhaft anhalten könnte:
„Von der autologen Stammzelltherapie kennen wir Erfolgsgeschichten, bei denen die Patientinnen – es handelt sich in den häufigsten Fällen um Frauen – über zehn Jahre in Remission gegangen sind und unter Umständen auch gesunde Kinder bekommen haben. Nichtsdestotrotz verbleibt durch die aktuelle Therapie die immunologische Veranlagung und so kann das Neu-/Wiederauftreten der Erkrankung passieren. Die Autoren der Studie beschreiben, dass bei den Patienten nach etwa drei bis fünf Monaten naive B-Zellen wieder nachweisbar wurden. Diese Gruppe der B-Zellen ist nicht pathogen. Allerdings können Sie durch bisher noch unbekannte Faktoren wieder aktiviert werden. Hier könnten Infektionen oder auch eine ungesunde Lebensweise wie zum Beispiel Rauchen die Erkrankung wieder wachküssen. Es ist bisher allerdings nicht klar, wie aus der Veranlagung für SLE tatsächlich die Erkrankung entsteht.“

Auf die Frage, ob eine Wiederholung der Therapie in regelmäßigen Abständen denkbar ist:
„Grundsätzlich ist es denkbar, dass die CAR-T-Zelltherapie wiederholt werden kann. Man hätte eigentlich erwartet, dass die CD19-CAR-T-Zellen längerfristig wirken und die B-Zellen danach länger unterhalb der Nachweisgrenze bleiben als wir das von anderen Anti-B-Zelltherapien kennen. Dass die B-Zellen relativ zügig zurückkommen, ist überraschend.“

Auf die Frage, wie das Nutzen-Wirkungs-Profil der Therapie zu beurteilen ist und welches Risiko die Eliminierung der B-Zellen birgt:
„Es ist etwas früh, das Nutzen-Wirkungs-Profil hinreichend zu beurteilen. Dieser Abgleich muss weiterhin erfolgen. Es ist allerdings beeindruckend, dass bestimmte Organmanifestationen wie zum Beispiel an Herz, Lunge und anderen Organen, unter der Therapie in kurzer Zeit sich zurückgebildet haben. Das haben wir bei anderen Therapien zuvor noch nicht gesehen.“

„Zu Nebenwirkungen ist wichtig zu sagen, dass wir gerade den Arm des Immunsystems beeinflussen, der über Antikörperabwehr vor Infektionen schützt. In der Pandemiesituation ist das schwierig. Wir wissen, dass Patienten und Patientinnen, die eine Anti-CD20-Therapie erhalten haben, bei COVID-19 ein hohes Krankheitsrisiko und das höchste Mortalitätsrisiko haben. Die Autoren der Studie haben eine Reihe an Antikörpern gemessen, die allerdings alle durch CD19-positive Plasmazellen gebildet werden. Diese bleiben durch die Therapie weitgehend intakt. Doch was ist mit Antikörpern, die aus dem CD19+-Kompartiment entspringen? Pathogene Antikörper werden hier erniedrigt; wir wissen zu wenig über protektive Antikörper aus diesem Plasmazellkompartiment.“

„Abschließend möchte ich sagen, dass ich sehr enthusiastisch über diese Ergebnisse bin. Die CAR-T-Zelltherapie erreicht eine sehr gute Depletion der B-Zellen und Plasmazellen, was die selektive Rolle dieser Zellen beim SLE weiter untermauert. Die Patienten zeigen eine Remission als Ziel unseres ärztlichen Handelns, obgleich die Nebenwirkungen noch nicht ganz klar einzuschätzen sind. Die Autoren beobachten kaum ‚cytokin release syndrome‘ oder neurotoxische Nebenwirkungen, was zunächst beeindruckend ist.“

Auf die Fragen, inwiefern die Kosten und der Aufwand der Therapie im Verhältnis zum Nutzen stehen:
„An erster Stelle steht der medizinische Aspekt. Wenn man eine Therapie hat, die spätere direkte und indirekte Kosten ersparen, den ganzen ‚Damage‘ verhindern und Lebenserwartung steigern kann, dann würde ich den Nutzen als sehr hoch einstufen. Bei den Patienten wurde auch das Fatique besser, welches die Lebensqualität sehr einschränkt und SLE-Patienten sterben in der Regel 10 bis 20 Jahre früher als Menschen ohne diese Erkrankung. Die Möglichkeiten der Therapie sind vergleichbar mit zum Beispiel Gentherapien bei Hämophilie: Mit einer Intervention kann man einen Paradigmenwechsel für den einzelnen Patienten erreichen. Die Gesellschaft muss und sollte entscheiden, ob es ihr wert ist.“

Prof. Dr. Onur Boyman

Lehrstuhl für Klinische Immunologie und Allergologie, Universität Zürich, Schweiz

Dr. Miro E. Räber

Oberarzt an der Klinik für Immunologie, Universitätsspital Zürich, Schweiz

Prof. Dr. Boyman

„Durch die langjährige Erfahrung mit B-Zell-gerichteten Antikörpertherapien wissen wir, dass eine Depletion der B-Zellen im Vergleich zu einer unspezifischen Immunsuppression bezüglich Infektanfälligkeit relativ sicher ist. Hierbei ist eine vorgängige Aktualisierung des Impfstatus' jedoch zentral, da die langlebigen antikörperproduzierenden B-Zellen (auch Plasmazellen genannt), welche gegen Bakterien und andere Pathogene schützen, durch diese Therapien nicht angegriffen werden. Einzig sind das sogenannte cytokine release syndrome (CRS) wie auch das immune effector cell-associated neurotoxicity syndrome (ICANS) als potenziell schwere Nebenwirkungen zu beachten.“

„Die sehr hohen Kosten und der komplexe Produktionsprozess von CAR-T-Zellen limitieren derzeit die breite Anwendung bei den zugelassenen Indikationen in der Hämatoonkologie. Wenn sich der berichtete Erfolg dieser Studie in kontrollierten Zulassungsstudien bestätigen sollte, stellen die Kosten und Produktion eine große Herausforderung dar. Eine Lösung könnten sogenannte universale CAR-T-Zellen sein. Diese müssen nicht individuell für jede Person hergestellt werden.“

Dr. Räber

„Die berichteten Ergebnisse sind als sehr interessant zu werten und deuten auf das Potenzial verbesserter, B-Zell-gerichteter Therapien beim systemischen Lupus erythematodes hin. Es wäre schön, diese vielversprechenden Daten in größeren Studien bestätigt zu sehen. Eine Limitation der Studie ist, dass lediglich eine Patientin vorgängig mit dem B-Zell-gerichteten Antikörper Rituximab behandelt wurde und somit keinen Rückschluss erlaubt, ob CD19 CAR-T-Zellen Antikörpertherapien überlegen sein könnten. Insbesondere neuere, verbesserte B-Zell-gerichtete Antikörper, wie zum Beispiel Obinutuzumab, Ocrelizumab oder Ofatunumab, welche eine verbesserte Depletion von gewebeständigen B-Zellen erlauben, könnten als Kontrolltherapien herangezogen werden.“

„Analog zu den Erfolgen bei der autologen Stammzelltransplantation zur Behandlung der Multiplen Sklerose [2] hat ein immunologischer ‚Neustart’ der B-Zell-Achse viel Potenzial als Behandlungsansatz beim systemischen Lupus erythematodes. Bei bestehend bleibender Toleranz durch die neu generierten B-Zellen könnte eine anhaltende Krankheitsremission möglich sein, wodurch eine Wiederholung der Therapie oder anderweitige Immunsuppression obsolet würde.”

„B-Zellen werden im Knochenmark selektioniert, so dass nur solche B-Zellen überleben, welche fremde Organismen wie zum Beispiel Bakterien und Viren aber nicht eigenes Gewebe wie zum Beispiel die Niere angreifen. Dieses Konzept nennt sich zentrale Toleranz. Vereinfacht kommt es beim systemischen Lupus erythematodes durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu einem Bruch der zentralen Toleranz und es entsteht Autoimmunität. Durch vollständige Depletion der B-Zellen kann theoretisch ein ‚Neustart’ der B-Zell-Achse des Immunsystems induziert werden, wobei die neu ausgebildeten B-Zellen das eigene Gewebe nicht angreifen sollten. Genau dies wird bei den vorgestellten Patient*innen nach Behandlung mit CD19 CAR-T-Zellen beschrieben.“

„Der systemische Lupus erythematodes ist eine sehr heterogene Erkrankung, wobei nicht zu erwarten ist, dass ein einziger Behandlungspfad allen Patient*innen zugutekommt. Bei Patient*innen mit starker Aktivierung der B-Zell-Achse könnten CD19 CAR-T-Zellen eine interessante, neuartige Therapieoption zur Behandlung schwerer therapierefraktärer Fälle darstellen.“

Prof. Dr. Falk Hiepe

Leitender Oberarzt an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin

„In der vorliegenden Studie wurden fünf Patienten mit einem schweren aktiven SLE mit CAR-T-Zellen behandelt, die sehr effektiv B-Zellen und Plasmablasten (Vorläuferzellen von Plasmazellen; Anm. d. Red.), die auf ihrer Oberfläche das Molekül CD19 exprimieren, eliminieren. Die Ergebnisse sind sehr überzeugend, da die Patienten auf oftmals wirksame Vortherapien mit hohen Glucocorticoid-Dosen, Mycophenolat Mofetil, und Belimumab sowie teilweise auch mit Cyclophosphamid nicht ausreichend angesprochen haben. Beeindruckend ist dabei, dass innerhalb von nur drei Monaten sowohl die klinischen Symptome als auch die pathogenen Anti-dsDNA-Autoantikörper verschwunden waren. Die Daten sind so eindeutig, dass ich erwarte, dass sie in größeren Studien reproduziert werden.“

Auf die Frage, ob der Therapieerfolg dauerhaft anhalten könnte:
„Für eine endgültige Beurteilung fehlen hierzu Langzeitdaten. Der Beobachtungszeitraum in dieser Studie liegt zwischen 3 bis 15 Monaten. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass der Therapieerfolg über lange Zeiträume anhalten kann. Deshalb ist die Langzeitbeobachtung dieser Patienten extrem wichtig. Eine Wiederholung der Therapie in regelmäßigen Abständen kann ich mir aktuell nicht vorstellen, aber eine Wiederholung bei einem erneuten Schub wäre denkbar.“

„Das Nutzen-Wirkungs-Profil der Therapie ist sehr überzeugend. B-Zellen sind ein wichtiger Bestandteil der humoralen Immunität. Insbesondere bei einer Infektion mit einem Erreger, mit dem der Patient vorher keinen Kontakt hatte und somit keine Antikörper gegen diesen Erreger vorhanden sind, könnten Probleme auftreten., Solange die B-Zellen nach der Behandlung noch nicht wieder rekonstituiert sind, können diese keine Antikörper gegen neu auftretende Erreger produzieren und abgeben. Deshalb sollte der Impfstatus vor dieser Therapie überprüft und bei Notwendigkeit aktualisiert werden. Die vorliegenden Daten zeigen, dass die Impftiter unter dieser Therapie nicht substanziell abfallen, was dafürspricht, dass die langlebigen Plasmazellen, die im Knochenmark lokalisiert sind, nicht eliminiert werden, da sie kein CD19 auf ihrer Oberfläche exprimieren."

„Offensichtlich werden durch diese sehr effektive Depletion der B-Zellen auch die autoreaktiven Gedächtnis-B-Zellen effektiv entfernt, was zu einem Resetting des Immunsystems, was tolerant gegen sich selbst ist, führt. Ähnliches wurde unter anderem auch von unserer Arbeitsgruppe bei behandlungsresistenten schwerkranken SLE-Patienten beobachtet, bei denen das gesamte adaptive Immunsystem entfernt wurde, gefolgt von autologer Stammzell-Transplantation.“

„Es ist auf alle Fälle eine vielversprechende Option für Patienten mit schweren Organmanifestationen wie Nierenbeteiligung, die nicht auf eine Therapie ansprechen. Eine interessante Alternative für behandlungsresistente schwerkranke SLE-Patienten könnte die Therapie mit Anti-CD38-Antikörpern (zugelassen für die Therapie des multiplen Myeloms – einer bösartigen Plasmazell-Erkrankung) sein; hier werden die eigentlichen Antikörper-produzierenden Plasmablasten und Plasmazellen eliminiert. Dies wäre insbesondere dann sinnvoll, wenn die Autoantikörper von langlebigen Plasmazellen sezerniert werden. Inwieweit neue Anti-CD20-Antikörper, die effektiver als Rituximab B-Zellen eliminieren und gegenwärtig in Studien bei SLE untersucht werden, hier eine Alternative darstellen, bleibt abzuwarten.“

„Wenn sich bestätigt, dass die Therapie Langzeit-Remissionen induziert und auch die Safety-Daten gut aussehen, dann halte ich die Kosten-Nutzen-Relation für vertretbar. Man muss bedenken, dass es sich hier um Patienten handelt, deren Krankheitsaktivität mit anderen Therapien nicht unterdrückt werden konnte, was zu Organschäden wie Nierenversagen führen würde mit den entsprechenden Folgen wie Dialyse und Nierentransplantation.“

Prof. Dr. Marko Radic

außerplanmäßiger Professor für Mikrobiologie, Immunologie und Biochemie, University of Tennessee Health Science Center, Vereinigte Staaten von Amerika

„Trotz der relativ wenigen Patienten, die zu diesem Zeitpunkt behandelt wurden, sind die Ergebnisse auffallend konsistent und sprechen für eine hochwirksame Therapie von SLE. Alle fünf Patienten zeigten eine vollständige Auflösung aller Standard-Krankheitsmerkmale, einschließlich der Einstellung der Autoantikörperproduktion und der Beseitigung der auffälligen Lupus-Symptome, darunter Arthritis, Hautentzündung, Nephritis und sogar Fatigue. Die serologische Untersuchung zeigte die Normalisierung der Entzündungs- und Komplementmarker, die bei den Patienten vor der Behandlung erhöht waren.“

„Die experimentelle Therapie erwies sich als erfolgreicher als die meisten konservativen Erwartungen. Die erstaunliche Wirksamkeit in Verbindung mit den relativ milden Nebenwirkungen und dem Ausbleiben von Komplikationen während des Beobachtungszeitraums sprechen für die vielversprechende Wirkung der neuen Therapie. Dies übertrifft bei weitem die Wirksamkeit aller bestehenden alternativen Behandlungen, von denen viele bei den fünf SLE-Patienten, die an der aktuellen Studie teilnahmen, erfolglos blieben.“

„Bemerkenswert war, dass die mit CAR-T-Zellen behandelten SLE-Patienten relativ geringe Erhöhungen der Zytokinwerte aufwiesen, die sich innerhalb von fünf Tagen nach der Verabreichung der CAR-T-Zellen zurückbildeten. Zudem traten keine neurologischen Komplikationen auf. Beide Komplikationen sind bei mit CAR-T-Zellen behandelten Krebspatienten relativ häufig.“

„Für das Fehlen pathogener B-Zellen in der sich erholenden B-Zell-Population könnten zwei Faktoren verantwortlich sein. Zum einen ist die CAR-T-Zell-Behandlung hochwirksam und umfassend, selbst in Geweben, die von monoklonalen Antikörpertherapien schlecht erreicht werden, so dass eine vollständige Ausrottung der autoreaktiven B-Zellen erreicht werden konnte. Zum anderen hat das Auftreten autoreaktiver B-Zellen einen eher zufälligen Ursprung und bedarf umweltbedingter Auslöser. Diese bleiben auch in Zukunft möglich und ein Wiederauftreten der Krankheit ist nicht unvermeidlich.“

Auf die Frage, ob der Therapieerfolg dauerhaft anhalten könnte:
„Wie die Autoren selbst einräumen, ist eine Prognose für die Zukunft zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, und die Patienten müssen in regelmäßigen Abständen beobachtet werden. Für diese neue Therapie gibt es keinen Präzedenzfall, und mögliche Wiederholungsbehandlungen können nicht ausgeschlossen werden.“

„Zum jetzigen Zeitpunkt könnten die Kosten und der technologische Entwicklungsstand diese Alternative für die meisten interessierten Patienten unerschwinglich erscheinen lassen. Aber durch Produktionsverbesserungen werden die Kosten sinken, während sich die Sicherheit der Verfahren vermutlich weiter verbessern wird. So werden in absehbarer Zeit sicherlich immer mehr Patienten von den Vorteilen dieser ersten Studie profitieren.“

„Ein wichtiger Aspekt ist, dass die durch die Impfung induzierte schützende Antikörper nach der CAR-T-Zell-Behandlung stabil blieben und die B-Zellen nach drei bis vier Monaten zurückkehrten, während pathogene autoreaktive B-Zellen nicht wieder auftauchten. Die Antikörperklassen IgG und IgA, die bei SLE häufig erhöht sind und bereits vor der Behandlung vorhanden waren, dominierten die Antikörperzusammensetzung im Serum nicht. Daher hat sich eine der Befürchtungen, die vor dieser Studie bestanden, nämlich das Fehlen von schützenden Antikörpern, nicht bewahrheitet.“

„Zusammenfassend kann gesagt werden: Auch wenn bei der Planung und Zulassung der Therapie die potenziellen Risiken einer Depletion der B-Zellen und einer Autoreaktivität der T-Zellen zu berücksichtigen sind, stellen die beobachtete Erholung der B-Zellen und das Ausbleiben von Autoimmunkomplikationen willkommene und äußerst vielversprechende Beobachtungen dar.“

PD Dr. Stephan Fricke

Leiter der Abteilung GMP Prozessentwicklung, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI), Leipzig

„Die Erweiterungen des CAR-T-Zelltherapieprinzips auf andere Therapieindikationen, insbesondere auch zur Behandlung von behandlungsresistenten Autoimmunerkrankungen, sind wichtige Weiterentwicklungen dieser Therapieform. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Behandlung von fünf Patient*innen im Rahmen eines Härtefallprogramms sind vielversprechend, müssen im nächsten Schritt anhand einer größeren Patientenzahl mit entsprechendem Studiendesign und biometrischer Planung sowie gepowerten primären und sekundären Endpunkten verifiziert werden. Auch die Zeitspanne, innerhalb der die behandelten Patient*innen nachbeobachtet werden, wird für weiterführende Einschätzungen der Sicherheit und Effektivität dieser Behandlung von wichtiger Bedeutung sein. Inwiefern die Ergebnisse in derartigen Studiendesigns dann reproduzierbar sind, ist daher aktuell schwer vorher zu sagen. Dennoch ist es eindrücklich, dass bei allen fünf Patient*innen eine Remission des SLE nach den DORIS-Kriterien (von internationaler Task Force definierte Remissionskriterien, die sich aus vier Domänen zusammensetzen [I]; Anm. d. Red.) nach drei Monaten zu verzeichnen war. Auch von der Verbesserung der klinischen Symptome und Normalisierung der Laborparameter mit Serokonversion von Anti-Doppelstrang-DNA-Antikörpern wird berichtet. Wie die Autoren korrekt festhalten, kann man bei der Studiengröße nicht ableiten, inwiefern Patient*innen mit unterschiedlichem Erkrankungsstadium und Co-Morbiditäten auf die CAR-T-Zelltherapie bei SLE reagieren. Demnach werden Folgestudien neben der größeren Patientenzahl sicher auch ein breiteres Spektrum an Krankheitsausprägungen mit entsprechenden Einschluss- und Ausschlusskriterien berücksichtigen. Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass es sich bei den hier vorgestellten Ergebnissen um eine CAR-T-Zelltherapie außerhalb der bisher etablierten Indikationen für CAR-T-Zell Tumortherapien handelt. Dies zeigt den rasanten Fortschritt in diesem noch jungen Anwendungsfeld auf und vermittelt zudem einen Eindruck davon, dass der Bedarf an verfügbaren CAR-T-Zellprodukten und ähnlichen neuartigen Therapien in Zukunft signifikant steigen wird.“

Auf die Frage, ob der Therapieerfolg dauerhaft anhalten könnte:
„Im Bereich spezifischer hämatologischer Krebserkrankungen haben CAR-T-Zelltherapien bereits zu beachtlichen Behandlungserfolgen geführt und sind bereits als zugelassene Präparate in der klinischen (Routine-)Anwendung. Bei einem Teil dieser Patient*innen können mitunter auch lange Remissionen beobachtet werden, aber auch bei CAR-T-Zelltherapien kann es zum Rezidiv der Grunderkrankung kommen. Die Erfolgschancen hängen dabei auch von Patienten-individuellen Faktoren, wie zum Beispiel der Vitalität der zur Herstellung verwendeten, patienteneigenen Zellen, der Qualität des Herstellungsprozesses oder dem generellen Gesundheitsstatus der Patient*innen infolge vorangegangener Therapielinien ab. Ein ähnliches Bild könnte sich auch bei Autoimmunerkrankungen wie SLE in Abhängigkeit der Organbeteiligung vor CAR-T-Zellanwendung zeigen. Das Konzept der CAR-T-Zelltherapie sieht aktuell bei hämatologischen Neoplasien in den zugelassenen Indikationen keine Mehrfachgabe vor. Die T-Zellen der Patient*innen werden in gängigen aktuellen Herstellungsprozessen prinzipiell auch dauerhaft genetisch modifiziert. Ein Teil dieser Zellen kann daher auch sehr lange nach der Behandlung im Körper persistieren und somit auch eine anhaltende Wirkung entfalten. Studien zeigen, dass bei einigen Patient*innen auch zehn Jahre nach Therapie noch CAR-T-Zellen im Körper nachgewiesen werden konnten. Zudem sind Studien zur Immunphänotypisierung (Methode zur Analyse der Expression verschiedener Antigene auf der Oberfläche von Zellen; Anm. d. Red.) und Funktionalität nach CAR-T-Zell-Gabe Gegenstand der aktuellen klinischen Forschung. Ebenso sind aktuelle CAR-T-Zellherstellungsprozesse stark manuell ausgerichtet, aufwendig und nicht für den Hochdurchsatz mit Generierung einer großen Anzahl von Präparaten geeignet. Bei einer Mehrfachgabe würde man insbesondere sehr schnell auch an Produktions- und Kapazitätsgrenzen stoßen. Innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft wird daher an Automatisierungslösungen für diese Herstellungsprozesse intensiv gearbeitet sowie andere Immunzellen als off-the-shelf Produkte entwickelt. Dennoch werden auch Studienprotokolle untersucht, die eine Doppelanwendung von CAR-T-Zellen zum Gegenstand haben. Diese Ergebnisse bleiben abzuwarten.“

Auf die Frage, weshalb bei den untersuchten Patient*innen die B-Zellen wiederkehren „without signs of humoral autoimmunity“:
„Für eine umfassende Beantwortung dieser Frage ist die Datenlage für die konkrete Anwendung des anti-CD19 CAR-T-Zell-Produktes bei fünf Patient*innen mit SLE noch nicht ausreichend. Hypothesen-generierend könnte die Untersuchung der Biodistribution, Immunphänotypisierung und funktionale Analyse der B-Zellsubpopulationen und Plasmazellen nach CAR-T-Zellapplikation, zum Beispiel im Knochenmark und/oder den Lymphknoten mit klonaler Analyse sein. Auch die Untersuchung der Interaktion und Wirkung von (regulatorischen) B- und T-Lymphozyten auf die CAR-T-Zellen wären von Interesse.“

Auf die Frage, wie das Nutzen-Wirkungs-Profil der Therapie zu beurteilen ist und welches Risiko die Eliminierung der B-Zellen birgt:
„In der hier vorgestellten Arbeit handelt es sich um SLE-Patient*innen mit aktiven Organbeteiligungen, Nichtansprechen auf mehrere (nebenwirkungsreiche) immunmodulatorische Therapien (einschließlich wiederholter gepulster Glucocorticoide, Hydroxychloroquin, Belimumab und MMF), welche als prinzipiell lebensbedrohliche Erkrankungssituationen angesehen werden können. Die Autoren geben zudem an, dass die Behandlungen bei den fünf Patient*innen gut vertragen wurde und nur zu einem leichten Zytokinfreisetzungssyndrom geführt haben, welches neben der Neurotoxizität einer der Hauptnebenwirkungen dieser Therapieform sein kann. Auch ist die Erfahrung in der Behandlung und dem Nebenwirkungsmanagement mit anderen anti-CD19 CAR-T-Zellen bei der Behandlung refraktärer (behandlungsresistent; Anm. d. Red) oder rezidivierender spezieller Lymphomerkrankungen gestiegen, so dass für die hier vorgestellten Daten der fünf Patient*innen ein günstiges Nutzen-Wirkungs-Profil vermutet werden kann. Eine genauere Beurteilung kann erst nach Vorliegen der Daten weiterführender Studien getroffen werden. Im Falle der hier vorgestellten anti-CD19 CAR-T-Zell-Anwendung soll die Produktion der Autoantikörper unterbunden werden, die die körpereigenen Zellen schädigen. Das Eliminieren von B-Zellen/Plasmazellen geht immer einher mit der potenziellen Gefahr des Auftretens von schwereren und häufigeren Infektionen mit der Notwendigkeit konsequenterer und frühzeitiger Überwachung und anti-infektiver Prophylaxe und Therapie. Das Management von B-Zelldepletionen ist zudem aus der Behandlung anderer Erkrankungen mit Immunchemotherapien, CAR-T-Zellen oder auch von Patient*innen mit Immundefekten (Agammaglobulinämie, common variable immunodeficiency (CVID)) etabliert. Ein Immunglobulinmangel kann gegebenenfalls durch eine Substitutionstherapie ausgeglichen werden. Die hier vorgestellten Studienergebnisse sind dahingehend bemerkenswert, dass die Eliminierung CD19+-B-Zellen in dem kurzen Beobachtungszeitraum keine signifikante Reduktion des Immunglobulinstatus der Patient*innen zur Folge hatte.“

„Eine Kosten- und Nutzenbewertung für das konkrete Produkt sollte erst nach Abschluss der weiteren Studienphasen, gegebenenfalls im Rahmen der Zulassung erfolgen. Allgemein ist die CAR-T-Zelltherapie momentan noch sehr kostenintensiv, da deren Produktionskosten aufgrund des hohen manuellen Arbeitsanteils und der dafür notwendigen Infrastruktur und Logistik sehr hoch sind. Bei potenziell lebensbedrohlichen Krankheiten und ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten ist der Nutzen dieser Therapien immens und ein potenzieller Einsatz durchaus realistisch.“

„Die Kosten müssen zudem in Relation zu den Gesamtkosten und den Nebenwirkungen der Standardtherapie und der Krankheitsfolgen betrachtet werden. Eine lebenslange Medikation, Rehabilitationsmaßnahmen und auch Kosten in Folge von Arbeitsunfähigkeit belasten das Gesundheitssystem unter Umständen deutlich mehr als eine teure Einmalbehandlung. Zudem können neue Herstellungsverfahren sowie steigende Produktzahlen die Herstellungskosten für CAR-T-Zelltherapeutika zukünftig reduzieren. Weitere Entwicklungsschritte in diese Richtung stellen die Grundvoraussetzung für einen breiten Einsatz dieser Technologie in verschiedenen Indikationsfeldern dar.“

Prof. Dr. Evelyn Ullrich

Leiterin Experimentelle Immunologie an der Universitätsklinik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

„Mit der aktuellen Veröffentlichung in ‚Nature’ der klinischen und wissenschaftlichen Daten zur erfolgreichen Behandlung von fünf Patient*innen, die an einer schweren Form des systemischen Lupus erythematodus (SLE) erkrankt waren, ist den Forscher- und Klinikteams um Prof. Andreas Mackensen, Direktor der Hämatologie und Onkologie, und Prof. Georg Schett, Direktor der Rheumatologie und Immunologie, an der Universitätsklinik Erlangen ein wegweisender Durchbruch in der zelltherapeutischen Behandlung von Autoimmunerkrankungen gelungen.“

„Systemischer Lupus erythematodes (SLE) ist eine schwere Autoimmunerkrankung, die durch Autoantikörper- und Immunkomplex-vermittelte Entzündungen zu lebensbedrohlichen Organschäden führen kann. Autoreaktive B-Zellen spielen eine Schlüsselrolle in der Pathogenese des SLE. Zusätzlich zum Einsatz von immunsuppressiven Medikamenten, konnten Behandlungen entwickelt werden, die gezielt die B-Zellaktivität hemmen, zum Beispiel durch den Einsatz von monoklonalen Antikörpern gegen den Oberflächenrezeptor CD20 oder den löslichen Faktor BAFF [3]. Allerdings sprechen nicht alle Patient*innen auf diese Antikörper-Therapie an, und genau für diese könnte die Therapie mit CAR-T-Zellen erfolgversprechend sein, wie die aktuellen Daten aus Erlangen eindrucksvoll zeigen.“

„Chimäre Antigenrezeptor (CAR)-modifizierte T-Zellen, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie Oberflächenmarker auf B-Zellen erkennen, wie beispielsweise CD19, haben sich als hoch effizient zur Behandlung von B-Zell-Lymphomen und Leukämien erwiesen [4] und wurden bereits 2021 erstmals erfolgreich bei einer Patientin eingesetzt, die an einer Therapieresistenten SLE erkrankt war [1]. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der jetzt veröffentlichte Behandlungserfolg bei weiteren SLE-Patient*innen im Laufe nur eines weiteren Jahres zeigt, welch großartige Teamleistung durch die Hämatologie und Rheumatologie des Universitätsklinikum Erlangen erzielt wurde.“

„Beeindruckend ist auch, wie rasch aufgrund der klinischen Erfahrungen der CAR-Immunzelltherapie der letzten Jahre im Bereich der Krebsmedizin, eine Translation neuester Forschungsergebnisse zur Rolle von B-Zellen in der Krankheitspathogenese in präklinischen Lupusmodellen [5] zur erfolgreichen klinischen Anwendung von CD19-CAR-T–Zellen bei Patient*innen geführt hat, obgleich komplexe Herstellungs- und Qualitätsanforderungen für die Generierung eines solchen Zelltherapeutikums zu beachten sind.“

Auf die Frage, inwiefern der Erfolg auch auf eine größere Kohorte an Patienten und Patientinnen übertragbar ist:
„Besonders mit Blick auf die lange Liste der vorausgegangenen Therapieversuche, auf welche die SLE-Patient*innen nicht überzeugend angesprochen haben, ist der erfolgreiche Einsatz von CD19 CAR-T-Zellen äußerst ermutigend und bietet auch in Zukunft eine realistische Chance als weitere effiziente Therapieoption für SLE-Patient*innen.“

„In diesem Kontext ist es natürlich wichtig zu erwähnen, dass eine noch längere Nachbeobachtung der behandelten Patient*innen und die Durchführung randomisierter klinischer Studien zur CAR-T-Zelltherapie bei SLE erforderlich sein werden, um die effiziente Krankheitskontrolle zu bestätigen. Stand heute, auf der Grundlage der hier veröffentlichten Daten, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die CD19 CAR-T-Zelltherapie zukünftig eine vielversprechende Behandlungsoption für Patient*innen mit schweren Verläufen der SLE darstellt.“

„Auch über die SLE hinaus ist diese Arbeit ein Wegbereiter für den Einsatz gentechnisch modifizierter Immunzellen bei Patient*innen mit schwerwiegenden Autoimmunerkrankungen. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich das Feld der Zelltherapie in der letzten Dekade nun von dem Einsatz bei einzelnen Patient*innen mit hämatologischen Erkrankungen über zugelassenen Zelltherapeutika im Bereich der Krebsmedizin hin zum Einsatz bei Autoimmun- und möglicherweise auch Infektionserkrankungen hin entwickelt.“

Auf die Frage, inwiefern die vorgestellte Therapie geeignet ist, um Patient*innen mit Lupus zu behandeln:
„Für die behandelten Patient*innen mit aktiver SLE, einer mittleren Krankheitsdauer von vier bis acht Jahren und aktiver Krankheit und Therapieresistenz gegenüber mehreren immunsuppressiven Medikamenten, gestaltete sich der Einsatz der CD19 CAR-T-Zellpräparate recht nebenwirkungsarm und die beschriebene Wirksamkeit ist faszinierend.“

„Der Pathomechanismus, der die hohe Wirksamkeit der CD19 CAR-T-Zellen vermittelt, ist noch nicht vollständig verstanden. Die bisherigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der monoklonale Antikörper Rituximab, der gegen CD20-exprimierende B-Zellen gerichtet ist, die B-Zellen im Gewebe nicht vollständig depletiert [6]. Die CD19-CAR-T-Zellen hingegen erreichen interessanterweise die im Gewebe der SLE-Patienten verbliebenen CD19-exprimierende B-Zellen und Plasmablasten besser und adressieren somit wirkungsvoll die krankheitsvermittelnde Ursache. Die Wirkung auf Plasmazellen, die CD19-negativ sind, muss noch weiter untersucht werden. Eindrucksvoll ist jedoch der schnelle und bislang anhaltende klinische Erfolg in der Unterbindung der B-Zell-vermittelten Autoimmunreaktion der beschriebenen SLE-Patient*innen, die bisher am Universitätsklinikum Erlangen mit CD19 CAR-T-Zellen behandelt wurden.“

„Auf die weitere Entwicklung der CAR-Immunzelltherapie in Hämatologie, Onkologie, Autoimmun- und Infektionserkrankungen kann man sehr gespannt sein.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Prof. Dr. Thomas Dörner: „Mit der Studie habe ich keinen Interessenkonflikt; allerdings berate ich wissenschaftlich verschiedene Entwicklungen im Bereich der systemeichen Autoimmunerkrankungen, einschließlich SLE hinsichtlich neuer Therapien.“

Prof. Dr. Marko Radic: „Ich habe mich aktiv an der Entwicklung von Anwendungen der Anti-CD19-CAR-T-Zelltechnologie beteiligt. Mein Labor hat die Tests in Mausmodellen von Lupus geleitet. Ich habe keinen Interessenkonflikt mit den Autoren der Studie.“

PD Dr. Stephan Fricke: „Interessenskonflikte bestehen keine.“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Primärquelle

Mackensen A et al. (2022): Anti-CD19 CAR T cell therapy for refractory systemic lupus erythematosus. Nature Medicine. DOI: 10.1038/s41591-022-02017-5

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Mougiakakos D et al. (2021): CD19-Targeted CAR T Cells in Refractory Systemic Lupus Erythematosus. New England Journal of Medicine. DOI: 10.1056/NEJMc2107725

[2] Muraro P et al. (2017): Autologous haematopoietic stem cell transplantation for treatment of multiple sclerosis. Nature Reviews Neurology. DOI: 10.1038/nrneurol.2017.81.

[3] Furie RA et al. (2022): B-cell depletion with obinutuzumab for the treatment of proliferative lupus nephritis: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Annals of the Rheumatic Diseases. DOI: 10. 1136/annrheumdis-2021-220920.

[4] June CH et al. (2018): Chimeric Antigen Receptor Therapy. New England Journal of Medicine: DOI: 10.1056/NEJMra1706169.

[5] Jin X et al. (2021): Therapeutic efficacy of anti-CD19 CAR-T cells in a mouse model of systemic lupus erythematosus. Cellular & Molecular Immunology. DOI: 10.1038/s41423-020-0472-1.

[6] Kamburova EG et al. (2013): A single dose of rituximab does not deplete B cells in secondary lymphoid organs but alters phenotype and function. American Journal of Transplantation. DOI: 10.1111/ajt.12220.

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] van Vollenhoven RF et al. (2021): DORIS definiton of remission in SLE: final recommendations from an internationale task force. Lupus Science & Medicine. DOI: 10.1136/lupus-2021-000538.