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25.11.2021

SMC Corona Report

Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.

Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.

Überblick

  • Die aktuelle Lage
  • Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern
  • Fallzahlen auf den Intensivstationen
  • Fallzahlen in den Altersgruppen
  • Fälle nach Meldedatum
  • Auffällige Kreise
  • Die Datenbasis
  • Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Die aktuelle Lage

  • Nachlassende Zuverlässigkeit der drei zentralen Maßzahlen zu erwarten
  • Neuer Höchststand auf den Intensivstationen wahrscheinlich in weniger als zwei Wochen
  • Zahl der durchgeführten Impfungen steigt weiter

Mit den steigenden Fallzahlen kommt unser Gesundheitssystem an seine Grenzen. Dadurch werden die drei zentralen Maßzahlen Inzidenz, Hospitalisierungsinzidenz und Intensivbettenbelegung aktuell unzuverlässiger. Die Gründe und die Folgen daraus sind aber für alle drei Maßzahlen unterschiedlich:

  • Die aktuelle Inzidenz vom Vortag liegt aufgrund von Nachmeldungen und Dunkelziffer grundsätzlich zu niedrig. Nachmeldungen sind in der Regel nach fünf Tagen soweit eingetroffen, dass der dann korrigierte Wert verlässlicher ist. In vielen Kreisen und Bundesländern sind auch nach zwei Tagen die Zahlen schon recht vollständig. Bei hoher Infektionslage kommt die Meldekette allerdings nicht mehr nach, sodass es länger braucht, bis alle Meldungen verarbeitet sind und in die Inzidenz einfließen. Vermeintlich sinkende Inzidenzen sind hier also mit Vorsicht zu genießen. Zusätzlich kommen laut ALM e.V. die testenden Labore an ihre Kapazitätsgrenze. In der 46. Kalenderwoche wurden bereits 86 Prozent der im Laborverbund verfügbaren Kapazitäten ausgenutzt. In Hotspots kommt es aufgrund des hohen Bedarfs an PCR-Tests zu Verzögerungen. Unterbleibende Tests aufgrund von Kapazitätsgrenzen oder überforderten Behörden führen zu einem Wachsen der Dunkelziffer und damit zu einer stärkeren Unterschätzung der Inzidenz.
  • Bei der Hospitalisierungsinzidenz gibt es konstruktionsbedingt noch größere Probleme mit Meldeverzug, sodass diese Maßzahl immer deutlich zu niedrig ist. Um dies auszugleichen, werden Nowcasting-Verfahren angewendet, sie versuchen diesen Meldeverzug auszugleichen, um so eine realistischere Schätzung der Hospitalisierungsinzidenz zu erreichen. Viele Verfahren lernen dabei aus dem Meldeverzug der Vergangenheit. In den Hotspots kann sich der Meldeverzug durch die Überlastung der Institutionen aber vergrößern, sodass dann auch die Nowcast-Schätzungen fälschlicherweise sinkende Trends schätzen.
  • Die Intensivbettenbelegung ist weiterhin der zuverlässigste Indikator für die Belastung des Gesundheitssystems. Bei der Zahl für Deutschland wird hier auch keine Veränderung in der Zuverlässigkeit erwartet. Bei der Interpretation der Zahlen aus den Bundesländern ist aber darauf zu achten, dass aktuell Fälle aus den Hotspots in aktuell weniger stark betroffene Bundesländer verlegt werden. Gerade bei kleinen Bundesländern können solche Verlegungen schnell dazu führen, dass die Belegungszahlen langsamer (in Hotspots) beziehungsweise schneller (in weniger betroffenen Bundesländern) steigen, als es die epidemiologische Lage vor Ort erwarten lässt.

Das Berichten der “rohen” Maßzahlen, ohne sie einzuordnen war, in der Pandemie noch nie ratsam, jetzt gehen wir wieder in eine Phase über, in der die Einordnung noch einmal wichtiger wird.

Bei 4179 mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten und einem wöchentlichen Wachstum von rund 20 Prozent sollte ein neuer Höchststand um Nikolaus erreicht werden. In Sachsen steuern die belegten COVID-19-Betten bereits auf 40 Prozent aller verfügbaren Intensivbetten zu, wenn in den nächsten Tagen nicht verstärkt Fälle in andere Bundesländer verlegt werden. In Bayern und Thüringen macht dieser Anteil bereits über 30 Prozent aus, aber auch in anderen Bundesländern steigen die Zahlen deutlich.

Auffrischimpfungen werden inzwischen im Schnitt pro Tag etwa 350 000 mal verimpft. Diese Zahl steigt inzwischen deutlich, ist aber noch weit davon entfernt, bis Weihnachten einen Großteil der Geimpften zu boostern. Auch die Zahl der durchgeführten Erstimpfungen steigt, bleibt aber auf niedrigem Niveau. Aktuell werden etwa 65 000 Auffrischimpfungen am Tag durchgeführt.

Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern

Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenzen steigen weiterhin stark.

2021-11-25_Inzidenzen_deutschland.png

Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Das Wachstum ist weiterhin hoch, was bei den bereits hohen Inzidenzen zu besonders großen absoluten Anstiegen führt.

2021-11-25_wachstum_fallzahlen.png

Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 20.11.2021 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. In allen Bundesländern steigen die Inzidenzen.

2021-11-25_wachstum_bundeslaender.png

2021-11-25_fallzahlen_bundeslaender.png

Fallzahlen auf den Intensivstationen

Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen steigt und hat inzwischen zwei Drittel des bisherigen Maximalwerts überschritten.

2021-11-25_ICU_fallzahlen.png

Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.

Im Bericht der vergangenen Woche war die Zeitreihe der gemeldete Fälle der Vorwoche ab 60 Jahren aufgrund einer Datenumstellung um eine Woche verschoben. Dies ist nun wieder korrigiert. Das Wachstum bei den mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Intensivstationen liegt weiterhin bei etwa 20 Prozent pro Woche.

2021-11-25_wachstum_ICU.png

Das Wachstum der Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen ist aktuell in einigen Bundesländern sehr hoch, die bisher noch keine hohen Zahlen aufweisen. Aber auch in Sachsen ist das Wachstum mit aktuell über 40 Prozent pro Woche sehr hoch, sodass bei der jetzt schon hohen Belastung weitere Fälle hinzukommen.

2021-11-25_wachstum_ICU_BL.png

Betrachtet man die Auslastung der Intensivstationen nach Bundesland, so stellt man fest, dass im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau lag. Während in Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichte, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. Bayern, Sachsen und Thüringen haben bereits mehr als 30 Prozent ihrer Intensivbettenkapazitäten mit COVID-19-Fällen belegt, mehrere andere Bundesländer liegen um 20 Prozent.

2021-11-25_ICU_fallzahlen_BL.png

Fallzahlen in den Altersgruppen

Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.

Die Inzidenz steigt in allen Altersgruppen stark. In den Altersgruppen ab 20 Jahren ist das Wachstum vergleichbar, bei den ab 80-Jährigen wächst die Inzidenz etwas langsamer.

2021-11-25_altersgruppen_abs.png

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Die Inzidenz steigt weiter in allen Altersgruppen. Bei der besonders hohen Inzidenz bei den 5- bis 14-Jährigen muss zum einen die hohe Zahl der durchgeführten PCR-Tests berücksichtigt werden. Andererseits ist auch die Testpositivrate besonders hoch, was entweder auf eine besonders gute Vorauswahl durch Schnell- und Selbsttests oder aber auf eine besonders hohe Dunkelziffer hindeutet.

2021-11-25_Inzidenzen_Altersgruppen.png

2021-11-25_Testzahlen_Altersgruppen.png

2021-11-25_Testpositivrate_Altersgruppen.png

Fälle nach Meldedatum

Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.

2021-11-25_fallzahlen_deutschland.png

Auffällige Kreise

Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.

Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 22.11.2021 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 15.11.2021 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.

Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.

Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
SK München 465.7 1497.3 219.7 706.2
LK Erzgebirgskreis 324.9 779.0 678.9 1628.0
SK Leipzig 206.9 601.9 244.1 710.3
LK Zwickau 177.1 574.3 393.7 1276.2
LK Mittelsachsen 172.1 476.6 396.2 1097.0
LK Harz 164.6 233.3 540.1 765.6
LK Rosenheim 156.0 426.7 417.9 1143.0
SK Köln 146.4 532.7 94.2 342.8
LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 141.6 645.6 403.5 1840.1
LK Ostalbkreis 141.1 316.1 314.6 704.7
Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
LK Oberspreewald-Lausitz 127.9 264.4 818.3 1692.4
LK Erzgebirgskreis 324.9 779.0 678.9 1628.0
LK Mansfeld-Südharz 119.0 195.9 617.3 1016.0
LK Harz 164.6 233.3 540.1 765.6
LK Freyung-Grafenau 59.0 181.9 527.0 1624.5
LK Nordsachsen 132.6 361.0 469.3 1277.9
LK Burgenlandkreis 117.0 254.6 457.9 996.4
LK Spree-Neiße 73.6 174.6 452.9 1074.6
SK Rosenheim 40.0 93.4 440.6 1029.1
LK Rosenheim 156.0 426.7 417.9 1143.0

Die Datenbasis

Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.

Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.

Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.

Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.

Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.

Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.

Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.

Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.

Ihre Ansprechpartner in Redaktion und SMC Lab

Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.

Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab

Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien

Marleen Halbach, Redaktionsleiterin

Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: