Waldbrände und Klimawandel: Zunehmende Kohlenstoffemissionen in außertropischen Wäldern
boreale und temperierte Wälder setzen laut Studie mittlerweile mehr Kohlenstoff frei als Tropenwälder
während in den Tropen menschliche Aktivität Brände steuere, würden für außertropische Brände klimatische Faktoren dominieren
unabhängige Forschende unterstützen die Ergebnisse und betonen die Herausforderungen des Waldmanagements im Klimawandel
Brände in borealen Nadelwäldern und temperierten Laubwäldern haben seit 2012 mehr Kohlenstoff freigesetzt als Brände in Tropenwäldern. Das gefährde langfristig die Fähigkeit der außertropischen Wälder, mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufzunehmen, als sie abgeben – also als Kohlenstoffsenken zu fungieren. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die am 17.10.2024 im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle). Die Autorinnen und Autoren führen diese Entwicklung auf den Klimawandel zurück, der in den außertropischen Waldgebieten feuerbegünstigende Witterungsbedingungen schafft.
Leiter der Arbeitsgruppen Ökosystem-Ökologie und Walddynamik, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), und Dozent am Departement Umweltsystemwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Zürich, Schweiz
Methodik
„Die Methodik erscheint mir eine Vielzahl von möglichen Faktoren zu berücksichtigen und die Einteilung in Pyrome anhand gemeinsamer beziehungsweise vergleichbarer Sensitivität der verbrannten Waldfläche (engl. burned area) gegenüber externen Treibern ist ein wichtiger Klassifikationsschritt. Auf diese Weise lassen sich die Hauptursachen in verschiedenen Gebieten bestimmen, wie beispielsweise die landwirtschaftliche Nutzung in tropischen Biomen oder ungewöhnlich trockene und heiße Phasen in einigen borealen Regionen, und die Veränderungen der vom Feuer betroffenen Flächen mit den Veränderungen dieser Einflussfaktoren in Verbindung bringen.“
„Die Klassifizierung der Waldgebiete mittels des maschinellen Lernens ist eine ausgezeichnete Methode, um vergleichbare Treiber für Brände zu finden und die wichtigsten Faktoren für unterschiedliche Gebiete zu identifizieren. Die gewählten Prädiktoren zeigen sehr schön auf, dass sich klimawandelbezogene Faktoren in einigen Pyromen stärker auswirken als in anderen, in denen Landnutzung und Bevölkerungsdichte und somit der direkte menschliche Einfluss stärkere Bedeutung hat. Eine solche Analyse ist entscheidend um zukünftige Entwicklungen der Feuergefahr zu verstehen und Feuermanagement-Strategien zu entwickeln.“
Limitationen
„Eine klare Schwäche der Studie, die die Autoren und Autorinnen selbst deutlich benennen, ist die Kürze der Zeitreihen, die langfristige Trends und Prozesse nicht mit einbeziehen können. Da sich der Klimawandel aber sehr rasch vollzieht und sich die Bedingungen im Zeitraum von 2001 bis 2023 durchaus verändert haben, sind solche direkt durch den Klimawandel bedingte Effekte in der Studie sicher gut abgebildet.“
Ergebnisse
„Der Befund, dass die verbrannte Fläche und die Kohlenstoff-Emissionen aus nicht-tropischen, vor allem borealen Wäldern im beobachten Zeitraum höher ist als in tropischen Wäldern mag zuerst erstaunlich klingen. Das liegt jedoch nicht daran, dass die Waldbrände in den Tropen stark zurückgegangen sind, sondern daran, dass die Häufigkeit und Intensität der Waldbrände in den borealen Wäldern erheblich zugenommen haben. Das liegt vor allem daran, dass die Wetterbedingungen, die zu ‚Feuerwetter‘ führen, im Zuge des Klimawandels stark zugenommen haben.“
Auslöser und Faktoren der Waldbrände
„Andere Prädiktoren, die durch menschliche Aktivitäten – sei es beabsichtigt oder unbeabsichtigt – direkt zur Feuerentstehung beitragen, scheinen in den sehr abgelegenen borealen Wäldern im Vergleich zu anderen Pyromen, in denen Bewirtschaftung und Bevölkerungsdichte einen klaren Einfluss haben, keine wesentliche Rolle zu spielen. Das ist nachvollziehbar, da Blitze und Gewitter sicherlich der wichtigste natürliche Entzündungsfaktor sind.“
„Die hohe zeitliche Variabilität der Witterungsbedingungen, die gerade in temperierten und borealen Gebieten durch den Klimawandel erhöht ist, ist für die Feuerwahrscheinlichkeit von großer Bedeutung. Feuchte Jahre erhöhen die Biomasse, die in darauffolgenden Trockenjahren verdorrt und abstirbt. Das Totholz wirkt dann als Treibstoff für nachfolgende Waldbrände.“
Implikationen
„So wie im Augenblick durchgeführt, gibt die Studie vor allem Hinweise auf unterschiedliche Treiber für das Waldbrandgeschehen auf der großen räumlichen Skala. Um direkt für die Waldbewirtschaftung, die ja auf lokaler Ebene passiert, müssten die angewandten Modelle noch stärker regionalisiert werden. Die Autoren diskutieren diesen Punkt, und ich denke, der Ansatz könnte vielversprechend sein. Allerdings bleibt abzuwarten, ob ausreichend Daten zu Bränden vorliegen, um Parametrisierungen auf kleinräumiger Ebene vorzunehmen.“
„Der Artikel zeigt deutlich, dass Wälder eine immer stärker verwundbare Kohlenstoffsenke sind und dass Wiederaufforstungen das zunehmende Feuerrisiko mit einpreisen müssen. Die Studie zeigt auch, dass massive Feuerunterdrückung in waldbrandgefährdeten Gebieten durch das häufigere Auftreten von Feuerwetter zunehmend wirkungsloser wird.“
„Strategien für die Zukunft, zusätzlich zur unverzichtbaren Reduzierung unserer CO2-Emissionen: angepasstes Feuermanagement, wo möglich auch durch gezielte kontrollierte Brände (prescribed burning).“
„Nachhaltige Waldnutzung und die Verwendung von Holz in langlebigen Produkten wie Bauholz sind Teil einer Absicherungsstrategie. Ein Baum, der nicht in einem angebrannten Bestand steht, sondern außerhalb, kann weiterhin Kohlenstoff speichern und ist somit ein wichtiger Bestandteil dieser ‚Versicherungsstrategie‘ .“
stellvertretende Leiterin des Forschungsbereichs Erdsystemanalyse und Leiterin der Arbeitsgruppe Ökosysteme im Wandel, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam
Methodik
„Pyrome zu gruppieren ist an sich nicht neu. Es stellt ein wichtiges Konzept dar, Veränderungen in den Feuerregimen weltweit zu quantifizieren. In dieser Studie findet eine wichtige Weiterentwicklung des Konzeptes statt, um natürliche, klimatische und anthropogene Einflussfaktoren einzubeziehen. Extreme Dürren und Hitzewellen trockneten die Wälder in den vergangenen Jahren in der Nordhemisphäre aus, wo Millionen Hektar Wald in Megafeuern verbrannten. Diese Veränderung ist jetzt in den untersuchten Daten zu finden. Da diese außergewöhnlichen Megafeuer oft durch Blitzschläge ausgelöst wurden, zeigen sie auch die kritische Lage, in der sich unsere Wälder befinden und die Grenzen des Waldmanagements, welches die zunehmende Feuergefahr und die damit verbundenen Kohlenstoffemissionen eindämmen könnten. Es braucht also beides: weltweite Anstrengungen die Klimaziele zu erreichen und regional angepasstes Waldbrandmanagement. Die Autoren fordern deshalb auch zurecht, dass Feuerregime, die sich durch den Klimawandel stark verändern, in der Kohlenstoffbilanzierung nicht mehr als natürliche Verluste angesehen werden können.“
„Die verwendeten Prädiktoren repräsentieren die wichtigsten Faktoren, die Feuerregime in den unterschiedlichen Ökoregionen und ihren Umweltbedingungen und menschlichen Einflüssen beschreiben. Es ist global nur möglich, eine solche Analyse unter Verwendung von Satellitendaten durchzuführen, daher die Einschränkung auf 20 Jahre. Neu ist, und das ist ein wichtiger Faktor, dass entscheidende Faktoren, die die Feuerausbreitung stark beeinflussen jetzt berücksichtigt werden konnten.Dazu zählen der Terraineffekt und die Unterscheidung zwischen potenziellem Brennmaterial auf dem Boden – also abgestorbener Biomasse, inklusive Totholz – und der Vegetationsstruktur, die gegebenenfalls Flammen in die Baumkronen bringen könnte. Diese Faktoren können einen großen Beitrag zur Entstehung und Ausbreitung der Megafeuer beitragen und die Daten dazu sind somit besonders wichtig.“
Ergebnisse
„Die Megafeuer der vergangenen Dürrejahre waren in Australien, Kalifornien, Kanada, Sibirien und dort in borealen Wäldern und Tundragebieten zu finden. Daher überrascht es nicht, dass in der Analyse der jährlich verbrannten Flächen dieses Signal durchschlägt. Blitzschläge stellen die natürliche Ursache dar, die Einbeziehung der Bevölkerungsdichte, Straßendichte und der Anteil der bewirtschafteten Weiden sind Indikatoren für menschlich verursachte Feuer und es ist daher völlig korrekt, sie einzubeziehen.“
Implikationen
„Das Ziel der Studie besteht darin, regional verschiedene Gegebenheiten zu erfassen. Es geht weniger um lokales Feuermanagement. Die Bedeutung der Studie liegt darin aufzuzeigen, wo die Grenzen und Herausforderungen des Waldmanagements im Klimawandel liegen. Die außertropischen Wälder verlieren zunehmend ihre Funktion als Kohlenstoffsenken, ausgelöst durch Dürren, veränderte Wachstumsbedingungen, die die Feuerregime bereits verändert haben. Die Nutzung des Feuers in den tropischen Wäldern ist wieder stark an die Entwaldung gekoppelt – das ist also ein fragiles System, was jederzeit sich wieder verändern kann. Entscheidend ist, dass die Berichterstattung über Kohlenstoffemissionen von Feuerregimen angepasst werden sollte, da sich diese durch den Klimawandel ändern.“
Professorin für Landscape Geoscience, Institut für Geographie, Georg-August-Universität Göttingen, und Leiterin des Landschaftsbrandlabors
Methodik
„Die außerordentlich detaillierte Studie von Jones et al. verfeinert das Konzept der Pyrome, die Großregionen mit ähnlichen Feuerregimen klassifizieren, d.h. wie häufig und in welcher Größe sowie Dauer der Feuersaison Brände im langjährigen Mittel auftreten. Anhand von Satellitenbilddaten kombinieren die Autoren und Autorinnen erstmals 14 Steuerfaktoren aus den Hauptkategorien Klima, Vegetation und menschliche Faktoren mit Brandcharakteristika, was es ermöglicht, den Einfluss der verschiedenen Faktoren auf die Entwicklung der Brandgröße und brandbedingten Kohlenstoffemissionen zu untersuchen. Sie fokussieren sich dabei auf 414 waldbedeckte Regionen mit einem Baumbestand von mehr als 30 Prozent, die sie in 12 Waldpyrome klassifizieren.“
„Interessant und neu ist, dass wichtige Faktoren berücksichtigt werden, die bisher vor allem auf global-subkontinentaler Skala weniger Beachtung gefunden haben. So zum Beispiel die oft evolutions- oder landnutzungsbedingte Struktur des Brennmaterials, wie die Art und Menge der Bodenvegetation und des Kronendachs, die beeinflussen, ob ein Brand ein Bodenfeuer bleibt oder in die Kronen ‚klettern‘ kann. Auch die atmosphärische Instabilität, die die Feuerausbreitung beeinflusst, wurde berücksichtigt. Ebenso wird die menschliche Beeinflussung von Feuerbeginn und -ausdehnung einbezogen – nicht nur durch die oft als zu einfach angesehene Bevölkerungsdichte, sondern auch durch Faktoren wie Straßennetzdichte oder Waldfragmentierung.“
„So konnten unter anderem Pyrome mit langjähriger Feuerunterdrückung abgegrenzt werden. Inwieweit die Klassifikation auch politische und sozioökonomische Rahmenbedingungen beziehungsweise kulturell bedingte Feuer-Landnutzungsbeziehungen repräsentiert, bleibt offen.“
Limitationen
„Der Fokus auf Wälder ist ausgesprochen wichtig in Zeiten des menschengemachten Klimawandels, da Wälder mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte brauchen, um die Kohlenstoffmenge, die durch einen Brand innerhalb von Tagen abgegeben wurde, wieder speichern zu können. Unklar bleibt, inwieweit die hier ermittelten Trends auch die im Boden gespeicherten und durch Brände gefährdeten Kohlenstoffvorräte betreffen, die in den borealen Regionen um ein Vielfaches größer und älter sind als die oberirdischen Vorräte selbst [1]. In der Analyse hätte es dafür einer klareren Unterscheidung von Boden- zu Kronenfeuern bedurft [2]. Zur Bestimmung der langfristigen Trends der Waldbrandentwicklung bräuchte es daher eigentlich deutlich längere Zeitreihen, als sie im Moment mit Satellitendaten flächenhaft verfügbar sind.“
Ergebnisse
„Es ist nicht überraschend, dass die verbrannte Fläche und die Kohlenstoffemissionen aus Bränden in den letzten zwölf Jahren in den borealen Wäldern größer waren als in tropischen Wäldern. Sowohl in Sibirien als auch in Kanada sind die Intensivierung der Waldbrände und die stark gestiegenen Kohlenstoffemissionen gut bekannt, die als direkte Folge von längeren, trockeneren und wärmeren Feuerperioden auftreten, die mit dem anthropogenen Klimawandel einhergehen. Interessant ist der deutliche Zusammenhang zur Vegetationsperiode im Vorjahr und damit zur Menge an verfügbarem Brennmaterial in der Feuersaison. Dies könnte durch eine durch den Klimawandel verlängerte Wachstumsperiode bedingt sein. Aufgrund der kalten Winter sind die Zuwachsraten der borealen Wälder zwar sehr langsam, jedoch scheint dieser Effekt einer weiteren Erklärung zu bedürfen, da er in anderen Regionen der hohen Breiten nicht so stark ausgeprägt ist.“
„Erfreulich ist, dass die Brände in den tropischen Regenwäldern, wo Kohlenstoff vor allem in der oberirdischen Biomasse gespeichert ist, zurückgehen. Dies lässt sich durch veränderte Landnutzungsstrategien und politische Maßnahmen erklären, wie indirekt in einer anderen Studie von Feng [3] diskutiert wird, jedoch wird dieser Aspekt von den Autoren und Autorinnen nicht näher beleuchtet.“
Implikationen
„Die Studie ermöglicht es, die übergeordneten Steuerfaktoren für Waldbrände einer Großregion zu identifizieren, was wichtige Hintergrundinformationen für das kurz- und langfristige Feuer- und Waldmanagement auf lokaler Ebene liefert. Dabei könnten auch Faktoren wie die Waldstruktur und Wachstumsveränderungen lokal mitbedacht werden – auch für das Waldmanagement in den hier nicht berücksichtigten ‚neuen‘ Feuerregionen wie Mitteleuropa.“
„Der dominierende Einfluss trocken-warmer Feuerwetterlagen in allen Waldregionen der Welt reflektiert einmal mehr die Folgen des Klimawandels [4], weshalb es absolut nachvollziehbar ist, dass die Autoren und Autorinnen die derzeitige Praxis, Emissionen aus Waldbränden als ‚natürlich‘ zu kategorisieren, hinterfragen.“
„Dies gilt umso mehr für neue Feuerregionen. Um die hochgradig verwundbaren, weil sehr alten und langsam regenerierenden Kohlenstoffsenken der borealen Wälder zu schützen, bedarf es dringend globaler und wirksamer Anstrengungen, die anthropogenen Kohlenstoffemissionen zu senken, sowie globaler Richtlinien, die auch die Effekte von langjähriger Feuerunterdrückung und damit verbundener Brennmaterialanreicherung mitberücksichtigen.“
Experte für Vegetationsbrandmanagement, European Forest Institute (EFI), Bonn
Methodik
„Ich bin der Meinung, dass es sich hierbei um eine der wichtigsten Studien zu Waldbränden der vergangenen Jahre handelt, da sie, trotz einiger Einschränkungen, die besten verfügbaren Datensätze verwendet, um Trends in vielen Regionen der Welt umfassend zu untermauern und gleichzeitig den Einfluss und die Auswirkungen des komplexen Zusammenspiels zwischen menschlichen Aktivitäten, Klimafaktoren und Vegetationsdynamik zu berücksichtigen. Viele Studien konzentrieren sich auf bestimmte Aspekte, ohne dabei verschiedene Konsenspunkte innerhalb der Feuermanagement-Community von Praktikern zu berücksichtigen, die zwar signifikante Veränderungen beobachtet haben, aber nicht über wissenschaftliche Studien verfügen, um ihre Erfahrungen vor Ort zu validieren. So großskalig diese Studie auch ist, bin ich zuversichtlich, dass die von den Autoren und Autorinnen berücksichtigten Variablen und Aspekte für Praktiker in verschiedenen Kontexten relevant sein werden.“
„Ich denke, dass es sich um eine solide Analyse handelt, da wir in den vergangenen 20 Jahren bereits enorme Veränderungen im Feuerverhalten und in den Auswirkungen erlebt haben. Da sich auch die Genauigkeit der Basisdaten in diesem Zeitraum weiterentwickelt hat, sind die Daten umso weniger zuverlässig, je weiter man in der Zeit zurückgeht, was die Ergebnisse, die es an dieser Stelle hervorzuheben gilt, möglicherweise verfälschen würde.“
„Wie die Autoren und Autorinnen selbst betonen, liegt die Hauptschwäche des relativ kurzen Zeitraums in den natürlichen, langfristigen Feuerwiederkehrintervallen von Flächenbränden insbesondere in borealen Wäldern. Allerdings können einiger Praktiker bestätigen, dass in manchen Regionen die natürlichen Wiederkehrintervalle heute nichts mehr mit den historischen Intervallen zu tun haben und große Gebiete der borealen Wälder in viel kürzeren Abständen wiederholt von Bränden betroffen sind. Das führt zu positiven Rückkopplungsschleifen, die diese Gebiete zunehmend anfällig für wiederholte Brände oder andere Störungen wie den Befall durch Borkenkäfer machen. Außerdem haben vom Menschen verursachte Brände erhebliche Auswirkungen auf die natürlichen Feuerregime, indem sie die Feuerrückkehrintervalle drastisch verkürzen und dadurch auch die Dynamik der Vegetationsbedeckung verändern.“
Limitationen
„Obwohl die Daten von Modis-Satellitendaten weit verbreitet sind, erfassen sie nur zuverlässig Brände mit einer Größe von mehr als 20 Hektar, was eine Schwäche bei der Bewertung von Trends bei Waldbränden in bestimmten Regionen darstellt, die historisch gesehen weniger feuergefährdet sind. Zum Beispiel werden Brände in dicht besiedeltem Gebieten oft sehr schnell eingedämmt, bevor sie eine Größe von 20 Hektar erreichen. In Ländern, die ‚neu anfällig‘ für Brände sind, wie etwa Deutschland, kann es zu einer Zunahme saisonaler Waldbrände kommen, allerdings werden große Brände nur in außergewöhnlich heißen und trockenen Jahren verzeichnet. Eine Zunahme von Waldbränden in den Alpen, die mit einer Verdoppelung der Blitzaktivität in den vergangenen Jahrzehnten korreliert, kann von Bedeutung sein, ist aber nicht in den Modis-Datensätzen enthalten.“
„Die aktuelle Kartierung verbrannter Flächen und Emissionsmodellierung schließt weder kontrollierte Brände noch Waldbrände aus, die aus verschiedenen Gründen gemanaged werden. Dies ist ein großer Schwachpunkt, insbesondere da Behörden ihre Bemühungen verstärken, kontrollierte Brände in größerem Umfang zu legen, insbesondere in den borealen Wäldern Nordamerikas. Das Ergebnis ist, dass Modelle ‚gute Feuer‘ einbeziehen, die darauf abzielen, Ökosystemleistungen wie die Kohlenstoffbindung zu verbessern und extreme Feuer zu reduzieren.“
Ergebnisse
„Tatsächlich finde ich die Charakterisierungen von Emissionen durch Flächenbrände sehr problematisch, weil sie sehr eindimensional diskutiert werden. Nach einem Brand wird durch das Nachwachsen ein Großteil des ursprünglich freigesetzten Kohlenstoffs wieder gebunden, was allerdings nicht berücksichtigt wird. Zwar gibt es einige ernsthaft alarmierende Fälle von Emissionen durch Flächenbrände wie in der Arktis oder in den Tropen, aber gesunde Feuerregime wie im brasilianischen Cerrado, in weiten Teilen Afrikas und Australiens führen tatsächlich zu einer Netto-Kohlenstoffspeicherung. Aus diesem Grund gibt es beispielsweise Initiativen für kontrollierte Brände in der Vorsaison, die Teil von Programmen zur Kohlenstoffkompensation sind.“
„Das andere äußerst problematische Argument bei der Verteufelung von Waldbrandemissionen ist, dass sie in dieselbe Kategorie wie Emissionen aus fossilen Brennstoffen eingeordnet werden. Gesunde Feuerregime produzieren oberirdischen Kohlenstoff und binden ihn dann wieder, wenn sich die Pflanzen regenerieren. Es handelt sich um einen geschlossenen Kreislauf. Emissionen aus fossilen Brennstoffen sind ein einseitiger Prozess, bei dem nur unterirdischer Kohlenstoff freigesetzt wird, der nicht wieder unterirdisch absorbiert wird.“
„Obwohl es einige ernsthafte Herausforderungen im Zusammenhang mit Waldbrandemissionen gibt, wird die allgemeine Diskussion über Waldbrandemissionen leicht für die Diskussion über den Klimawandel missbraucht. Raten Sie mal, wer darüber nicht glücklicher sein könnte – die Unternehmen für fossile Brennstoffe, weil es von den wahren anthropogenen Ursachen und Schuldigen des Klimawandels ablenkt. Die Verwischung der Unterscheidung zwischen Waldbrandemissionen und Emissionen aus fossilen Brennstoffen hat nur einen Gewinner: die Umweltverschmutzer“
Implikationen
„Während die Autoren und Autorinnen einen großskaligen Ansatz verfolgen, um Trends auf globaler Ebene zu ermitteln, ist die Verwendung von Pyromen ein wichtiger Ansatz, der viele lokale Variabilitäten berücksichtigt. Daher bin ich der Meinung, dass die Ergebnisse dieser Studie für die Land- und Forstwirtschaft in den Regionen nach wie vor sehr relevant sind. Allerdings werden Experten und Interessengruppen, die in diesen verschiedenen von Bränden betroffenen Regionen arbeiten, von den Schlussfolgerungen dieser Studie wahrscheinlich nicht per se überrascht sein. Die Studie bestätigt lediglich, was den Praktikern bereits bekannt ist.“
„Es gibt vier praktische Möglichkeiten, um feuerresilientere Landschaften zu schaffen, bei denen das Ziel darin besteht, ein Gleichgewicht zwischen menschlichen Aktivitäten und Bedürfnissen und nachhaltig funktionierenden Pyromen zu finden: Waldbrände anders zu managen, indem man sie so ‚natürlich‘ wie möglich brennen lässt, wo es möglich und ökologisch sinnvoll ist; die Verwendung von kontrolliertem Feuer; die Verwendung von gezielter Beweidung und die mechanische Behandlung. Alle vier Methoden zielen darauf ab, das Gleichgewicht der Feuerregime wiederherzustellen beziehungsweise gewähren oder sie anderweitig nachzuahmen, um die Landschaft wieder funktionsfähig und widerstandsfähig gegen Feuer zu machen.“
„Es gibt keinen Interessenkonflikt.“
„Ich bin hierbei nicht befangen, kenne die Kollegen aber ganz gut von Tagungen.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Primärquelle
Jones M et al. (2024): Global rise in forest fire emissions linked to climate change in the extratropics. Science. DOI: 10.1126/science.adl5889.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Walker X et al (2019): Increasing wildfires threaten historic carbon sink of boreal forest soils. Nature. DOI: 10.1038/s41586-019-1474-y.
[2] Rogers B et al. (2013): Influence of tree species on continental differences in boreal fires and climate feedbacks. Nature Geoscience. DOI: 10.1038/ngeo2352.
[3] Feng X et al. (2021): How deregulation, drought and increasing fire impact Amazonian biodiversity. Nature. DOI: 0.1038/s41586-021-03876-7.
[4] Bowman D (2020): Vegetation fires in the Anthropocene. Nature Reviews Earth & Environment. DOI: 10.1038/s43017-020-0085-3.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Zhu Z et al. (2016): Greening of the Earth and its drivers. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/nclimate3004.
[II] Archibald S et al. (2013): Defining pyromes and global syndromes of fire regimes. PNAS. DOI: 10.1073/pnas.1211466110.
[III] Mucina L (2018): Biome: evolution of a crucial ecological and biogeographical concept. New Phytologist. DOI: 10.1111/nph.15609.
[IV] Van Wagner CE (1987): Development and structure of the Canadian Forest Fire Weather Index System. Technical Report. Canadian Forestry Service.
[V] Jain P et al. (2024): Drivers and impacts of the record-breaking 2023 wildfire season in Canada. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-024-51154-7.
Prof. Dr. Arthur Gessler
Leiter der Arbeitsgruppen Ökosystem-Ökologie und Walddynamik, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), und Dozent am Departement Umweltsystemwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Zürich, Schweiz
Dr. Kirsten Thonicke
stellvertretende Leiterin des Forschungsbereichs Erdsystemanalyse und Leiterin der Arbeitsgruppe Ökosysteme im Wandel, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam
Prof. Dr. Elisabeth Dietze
Professorin für Landscape Geoscience, Institut für Geographie, Georg-August-Universität Göttingen, und Leiterin des Landschaftsbrandlabors
Lindon Pronto
Experte für Vegetationsbrandmanagement, European Forest Institute (EFI), Bonn