„Krankheit X“ im Kongo: Erste Analysen deuten auf Malaria hin
„Krankheit X“ im Kongo könnte nach ersten Analysen Malaria sein
ob die Infektionskrankheit allein für die aktuelle Situation verantwortlich ist, bleibt jedoch unklar
Forschende dringen auf eine schnellere weltweite Reaktionsfähigkeit
Bei der im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo aufgekommenen Krankheit könnte es sich nach ersten Analysen um Malaria handeln. Das gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 10.12.2024 in Genf bekannt. Das staatliche Institut für öffentliche Gesundheit im Kongo hatte zuvor vorläufig von „Krankheit X“ gesprochen. In zehn von zwölf medizinischen Proben von Patienten sei nun Malaria nachgewiesen worden, so die WHO. Die Zahl der Krankheitsfälle sei nach ersten Erkenntnissen anders als häufig bei neuen Krankheiten nicht in kurzer Zeit exponentiell gestiegen und liege in etwa im Bereich der Erwartungen für die Jahreszeit, sagte WHO-Spezialist Abdirahman Mahamud in Genf. In der abgelegenen Region Panzi in der Provinz Kwango sei Regenzeit, deshalb sei ein Anstieg von Atemwegserkrankungen, Grippe und Malaria-Infektionen zu erwarten. Proben würden aber weiter untersucht, auch auf andere Krankheiten und Pathogene.
Bereichsleiter Tropenmedizin, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, und Zweiter Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit
Plausibilität des Malaria-Verdachts
„Es wurde berichtet, dass die Symptome auf Atemwegsinfektionen hinweisen. Das wäre für eine Malaria nicht typisch, obwohl auch Husten als Begleitsymptom auftreten kann. Das Fieber und die anderen Symptome passen zur Malaria, aber auch zu anderen häufigen Infektionserkrankungen (zum Beispiel Masern, Influenza, Lungenentzündungen, vielleicht auch durch atypische Erreger wie Mykoplasmen, COVID-19, Dengue, oder eine Kombination mehrerer Erkrankungen). Deshalb wurde auch ein gehäuftes Auftreten verschiedener Infektionskrankheiten vermutet, was aus meiner Sicht plausibel ist. Passend zu diesem Szenario wäre das Auftreten zu Beginn der aktuellen Regenzeit: Zu diesem Zeitpunkt ist ein Anstieg von Malaria-Fällen, aber auch von respiratorischen Infektionen zu erwarten.“
„Wichtig ist es, dabei zu berücksichtigen, dass es in diesem abgelegenen Gebiet für die Bevölkerung kaum Zugang zu Gesundheitsversorgung gibt und dass hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren betroffen sind. Diese sind wohl häufig auch unterernährt und haben damit ohne adäquate Behandlung ein sehr hohes Risiko, an den genannten Erkrankungen (inklusive der Malaria) zu versterben. Dieses Risiko ist viel höher verglichen mit einem Erwachsenen oder ansonsten gesunden Kind in Europa, das entsprechend behandelt wird, wie wir es immer wieder beobachten (zum Beispiel auch bei Ebola und Mpox).“
Eindämmungsmaßnahmen
„Die Eindämmungsmaßnahmen sind eine enorme Herausforderung. An dieser Stelle müssen, neben weiterer Eingrenzung der Ursachen, zunächst breit angelegte Maßnahmen zur Prävention und medizinischer Versorgung erfolgen. Auch eine weitere Aufarbeitung der Fälle ist wichtig. Das ist mit hohem Aufwand verbunden, aber jetzt essenziell.“
„Eine frühe Diagnose und Therapie kann in vielen Fällen Komplikationen und Todesfälle verhindern. Es gibt aber eine Reihe von effektiven Präventionsmaßnahmen, die vor allem Kinder schützen können. Dazu gehören zum Beispiel mit Insektiziden imprägnierte Bettnetze, die einen wichtigen Schutz bieten können. Diese Maßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten sind oft in den abgelegenen Gebieten nur unzureichend verfügbar. Wenn dann noch weitere Erkrankungen und Unterernährung hinzukommen, sind eine hohe Krankheitslast und Sterblichkeit die Folge.“
Globale Bekämpfung von Krankheitserregern
„Dieser mutmaßliche Ausbruch hat noch einmal klargemacht, wie wichtig funktionierende Gesundheitssysteme nicht nur für die Bevölkerung sind, sondern auch für die effektive Erkennung und Eindämmung von Ausbrüchen. Wir können froh sein, dass es sich nicht um einen Ausbruch mit einem neuen hochpathogenen und hochansteckenden Erreger handelt. Die schlechte Anbindung der Region an Kommunikation und Verkehr hat die Reaktion erheblich erschwert, aber die Zeit, bis Maßnahmen eingeleitet wurden und bis Informationen verfügbar waren, war zu lang. So könnten bei bedrohlichen Ausbrüchen Möglichkeiten für eine Eindämmung verpasst werden.“
„Die weltweite Reaktionsfähigkeit muss verbessert werden und die Bedeutung der Pandemieprävention und -bekämpfung muss noch einmal unterstrichen werden. Zoonosen entstehen nicht selten auch in diesen entlegenen Gebieten, daher können wir diese bei unseren Überlegungen nicht ausblenden. Allerdings sollte eine generelle Stärkung der Gesundheitssysteme in diesen Regionen das Ziel sein, und nicht nur der Schutz vor Ausbrüchen, die uns betreffen können. Wir können Ausbrüche in entlegenen Gebieten nicht ignorieren in der Hoffnung, dass eine Ausbreitung nicht stattfindet. Dieses Konzept hat sich nicht bewährt. Wir haben oft genug gesehen, dass sich Erreger in kurzer Zeit über die Kontinente verbreiten können.“
Lage in Afrika
„Die Gesundheits- und Krankheitsüberwachungssysteme sind in vielen Ländern und Regionen Afrikas unzureichend aufgestellt, um auf Ausbrüche gut reagieren zu können. Wir haben ja gesehen, vor welchen Herausforderungen wir bei der Bewältigung von COVID-19 mit unseren Gesundheitssystemen in Europa und den USA gestanden haben. Das gilt aber auch für kleinere lokale Ereignisse, wie vermutete oder tatsächlich importierte Fälle von viralen hämorrhagischen Fiebern wie Lassa-Fieber oder der Marburg-Virus-Erkrankung. Die Lösung kann also nicht punktuell sein, sondern muss international und langfristig sein. Dabei ist zum Beispiel das geplante internationale Pandemieabkommen ein wichtiger Punkt.
Mediale Aufmerksamkeit
„Mediale Aufmerksamkeit bei vermuteten Ausbrüchen mit noch unbekannten Erregern ist gerechtfertigt und macht die potenzielle weltweite Bedeutung solcher Ereignisse klar. Allerdings wird dabei auch der Kontrast zur medialen Aufmerksamkeit für Millionen von Kindern (und auch Erwachsenen) klar, die jedes Jahr an den Folgen von vermeidbaren und behandelbaren Infektionserkrankungen, unzureichender Gesundheitsversorgung und Unterernährung versterben – und der aktuelle Ausbruch könnte am Ende ein kleiner Ausschnitt davon sein.“
„Advisory Boards: 1. Janssen-Cilag GmbH, Beratung COVID-19 Impfung, 05/2021-04/2022, entgeltlich, zweimalig. 2. Gilead Sciences GmbH, Beratung COVID-19/Remdesivir, 07/2020 und 12/2021, teils entgeltlich. 3. Pfizer Pharma GmbH, Beratung Reiseimpfungen gegen Meningokokken, 15.6.2022, unentgeltlich (habe ich nicht abgerechnet), einmalig. Vorträge (auch mit indirekter Förderung von Veranstaltungen): 1. Falk Foudation e. V., Referententätigkeit, Vortrag „Behandlung importierter hämorrhagischer Fieber“, einmalig, entgeltlich. Studiendurchführung: 1. Förderung RES-Q-HR Studie zur Therapie der COVID-19, BMG, Camostat mesilat. 2. Simple Studien Remdesivir, Gilead. 3. COVACTA, Tocilizumab, Roche. 4. MyVetlearn.“
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] The Lancet Editorial (2024): Malaria vaccines: a test for global health. The Lancet. DOI: 10.1016/S0140-6736(24)00235-6.
[II] Word Health Organization (08.12.2024): Undiagnosed disease - Democratic Republic of the Congo. Pressemitteilung.
[III] Africa CDC (05.12.2024): Post auf X.
PD Dr. Torsten Feldt
Bereichsleiter Tropenmedizin, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, und Zweiter Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Advisory Boards: 1. Janssen-Cilag GmbH, Beratung COVID-19 Impfung, 05/2021-04/2022, entgeltlich, zweimalig. 2. Gilead Sciences GmbH, Beratung COVID-19/Remdesivir, 07/2020 und 12/2021, teils entgeltlich. 3. Pfizer Pharma GmbH, Beratung Reiseimpfungen gegen Meningokokken, 15.6.2022, unentgeltlich (habe ich nicht abgerechnet), einmalig. Vorträge (auch mit indirekter Förderung von Veranstaltungen): 1. Falk Foudation e. V., Referententätigkeit, Vortrag „Behandlung importierter hämorrhagischer Fieber“, einmalig, entgeltlich. Studiendurchführung: 1. Förderung RES-Q-HR Studie zur Therapie der COVID-19, BMG, Camostat mesilat. 2. Simple Studien Remdesivir, Gilead. 3. COVACTA, Tocilizumab, Roche. 4. MyVetlearn.“