Geberkonferenz für Grünen Klimafonds: Braucht es mehr als nur Geld?
Am 5. Oktober findet in Bonn die Geberkonferenz zur Finanzierung des Grünen Klimafonds statt [I]. Dort werden die Geberstaaten bekannt geben, wie viel Geld sie für die kommenden vier Jahre bereitstellen. Deutschland hat bereits angekündigt, sich mit zwei Milliarden Euro zu beteiligen [II]. Der Fonds ist wichtiger Teil der internationalen Klimafinanzierung – also der finanziellen Unterstützung wohlhabender Staaten für ärmere Länder zur Anpassung an den Klimawandel und zur Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen. Das aktuelle Ziel für die internationale Klimafinanzierung insgesamt beträgt 100 Milliarden Dollar jährlich – davon macht der Grüne Klimafonds mit seinem Budget von zuletzt etwa zehn Milliarden Dollar für den Zeitraum von 2020 bis 2023 nur einen Teil aus [III].
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Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Das SMC hat jeweils ein prägnantes Statement der Experten aus dem Press Briefing ausgewählt. Diese stellen wir Ihnen nachfolgend zur Verfügung.
Senior Researcher in der Energy and Technology Policy Group, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Schweiz
Auf die Frage, worauf sich die Berichterstattung zur Klimafinanzierung konzentrieren sollte:
„Was mich sehr freuen würde und meiner Meinung nach auch hilfreich wäre, wäre Berichterstattung über Möglichkeiten und weniger über Probleme. Natürlich muss man kritisch auf alles schauen, dessen bin ich mir völlig bewusst. Aber ein Thema, das wir zum Beispiel in den letzten paar Monaten angeschaut haben, sind die enormen Öl- und Gasprofite 2022 aufgrund der russischen Invasion in der Ukraine. Die größten knapp 100 Unternehmen haben ungefähr 500 Milliarden Extragewinne gemacht. Nicht aufgrund strategischer Entscheidungen, sondern diese Firmen hatten einfach Glück. Knapp die Hälfte davon ist in irgendeiner Form in staatlicher Hand. Das sind wahnsinnig viele Staaten, das sind Norwegen, die Vereinigten Arabischen Emirate, die die nächste COP durchführen, Katar und Saudi-Arabien natürlich auch. Wir brauchen mehr Garantien in diesem multilateralen System. Wir haben 2022 den Fall, dass wir unglaublich viel Geld plötzlich zur Verfügung haben. Und das wäre eine Chance, um einen Weg aufzuzeigen, der möglich wäre.“
„Außerdem ist es meiner Meinung nach wichtig, Vergleichsgrößen zu schaffen. Deutschland gibt zwei Milliarden Euro an den grünen Klimafonds, das sind 25 Euro pro Person über vier Jahre, das heißt sechs Euro jährlich pro Person. Ich habe einmal nachgeschaut, 24 Stunden Parken in Köln kostet fünf Euro. Also hier sollte man den Vergleich schaffen: Zwei Milliarden klingt nach unglaublich viel. Wenn man sagt, dass es das Gleiche wie 24 Stunden parken in Köln einmal pro Jahr ist, dann ist es das wahrscheinlich für die internationale Klimafinanzierung wert. Das näherzubringen und nicht in abstrakten großen Zahlen zu berichten, fände ich schön.“
Leiter der Gruppe „Internationale Klimapolitik“ am Lehrstuhl „Politische Ökonomie der Entwicklungs- und Schwellenländer“, Universität Zürich, Schweiz
Auf die Frage, inwiefern man das 100-Millarden-Dollar Ziel erfüllen könnte:
„Das ist eine ganz wichtige Frage und eine Frage, die sehr differenziert beantwortet werden muss. Es gibt einen offiziellen Bericht der OECD, der jedes Jahr den Stand der öffentlichen internationalen Klimafinanzierung abbildet. Der Bericht sagt, dass im Jahr 2020 ungefähr 80 Milliarden Dollar internationaler Klimafinanzierung zugesagt worden seien. Wichtig ist, dass ‚zugesagt‘ etwas anderes ist als ‚geleistet‘. Das zeigt: Die 100 Milliarden wurden nicht erreicht.“
„Dazu kommen die Berichte der verschiedenen Länder. Wenn Japan 15 Milliarden Klimafinanzierung angibt, wovon aber 14 Milliarden Kredite sind, die vielleicht ein halbes Prozent billiger sind als der Marktzins, dann ist das nicht sehr robust. Das indische Finanzministerium hat schon 2015 ein Policy Paper veröffentlicht, in dem sie gesagt haben: In Wirklichkeit gibt es vielleicht zehn Milliarden öffentliche Klimafinanzierung. Und NGOs wie Oxfam veröffentlichen regelmäßig Berichte, in denen sie die Zahl bei 15 bis 20 Milliarden ansetzen. Das heißt, je nachdem, wie man das Ganze interpretiert, ist man vom Ziel sehr weit oder etwas entfernt. Die Industrieländer haben natürlich gesagt: ‚Es tut uns leid, dass wir das Ziel nicht erreicht haben. Wir geben uns jetzt Mühe, es bis 2023 zu erreichen. Bis 2025 werden wir es übererfüllen, sodass per Saldo in der Periode zwischen 2020 und 2025 400 Milliarden erreicht worden sind.‘ Aber mit den ganzen Weltkrisen, die wir im Augenblick haben, kann ich mir schlicht nicht vorstellen, dass das geht.“
Senior-Evaluator und Teamleiter am Kompetenzzentrum Methoden, Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit gGmbH, Bonn
Auf die Frage nach der Wirksamkeit der Klimafinanzierung:
„Im Rahmen unserer Evaluierung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel haben wir uns zunächst gefragt, ob die deutsche Klimafinanzierung besonders vulnerable Länder erreicht – also die verwundbaren Länder, die von den Risiken, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, potenziell besonders betroffen sind. Wir haben herausgefunden, dass klimavulnerable Länder eher Klimafinanzierung erhalten. Entgegen unserer Erwartung sehen wir aber keinen statistischen Zusammenhang zwischen dem Grad der Klimavulnerabilität, also wie sehr man verwundbar ist, und der Höhe der Finanzierung. Das hat uns verwundert, weil wir erwartet hätten, dass ein Land mehr Finanzierung erhält, je klimavulnerabler es ist. Also besonders klimavulnerable Länder wie zum Beispiel Bangladesch, Angola oder Chile erhalten unter den Erwartungen liegende Anteile.“
„Was uns auch begegnet ist, ist dass zum Beispiel kleine Inselstaaten, die von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen sind, zum Beispiel vom Anstieg des Meeresspiegels, keine höheren Zusagen erhalten. Wir haben uns das zum einen für die direkte Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Partnerländern angeguckt, also einzelnen Inselstaaten beispielsweise, aber auch für regionale Zusammenarbeit. Wir haben auch herausgefunden, dass selbst über multilaterale Entwicklungszusammenarbeit – und dazu gehört die Arbeit mit dem Grünen Klimafonds – kleine Inselstaaten und besonders klimavulnerable Länder nicht den Erwartungen entsprechend hohe Finanzierung erhalten.“
Alle: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Green Climate Fund (28.09.2023): High-Level Pledging Conference for GCF's second replenishment (GCF-2).
[II] BMZ (03.05.2023): Deutschland sagt zwei Milliarden Euro für Einsatz gegen Klimawandel in Entwicklungsländern zu. Pressemitteilung.
[III] Green Climate Fund (28.09.2023): Resource Mobilisation.
[IV] UNFCCC (28.09.2023): Why the Global Stocktake is a Critical Moment for Climate Action.
[V] UNFCCC (28.09.2023): New Collective Quantified Goal on Climate Finance.
[VI] OECD (2022): Climate Finance and the USD 100 Billion Goal.
Dr. Florian Egli
Senior Researcher in der Energy and Technology Policy Group, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Schweiz
Dr. Axel Michaelowa
Leiter der Gruppe „Internationale Klimapolitik“ am Lehrstuhl „Politische Ökonomie der Entwicklungs- und Schwellenländer“, Universität Zürich, Schweiz
Dr. Martin Noltze
Senior-Evaluator und Teamleiter am Kompetenzzentrum Methoden, Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit gGmbH, Bonn