SMC Corona Report
Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.
Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.
Laut Laborbasierten SARS-CoV-2-Surveillance sinken die Testpositivraten in der erwachsenen Bevölkerung weiterhin, trotz sinkender Zahl der durchgeführten PCR-Tests. In den Altersgruppen 0 bis 4 und 5 bis 14 Jahre steigt die Positivrate deutlich an. Eine Erklärung hier kann die bessere Vorauswahl durch Selbsttests oder aber eine höhere Dunkelziffer sein.
Die Inzidenzen sinken aktuell nur noch langsam. Die sinkende Testpositivrate in der erwachsenen Bevölkerung und der Rückgang der mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Normal- und der Intensivstationen deuten weiterhin auf eine Entspannung der epidemiologischen Lage hin.
In der vergangenen Woche hat die WHO eine Schätzung der Übersterblichkeit veröffentlicht und kommt auf 14,9 Millionen zusätzliche Tote in den Jahren 2020 und 2021 weltweit. Die Schätzung enthält auch Daten für einzelne Länder, aufgeschlüsselt nach Alter und Geschlecht. Beim Umgang mit solchen Schätzungen sind ein paar Dinge zu beachten. Wie bei jeder Schätzung sind die Annahmen wichtig, auf denen die Schätzung aufbaut. Bei der Übersterblichkeit ist dies insbesondere die erwartete Zahl der Toten in einem Zeitraum, da diese mit der wirklichen Zahl der Verstorbenen verglichen wird. Die Actuaries Response Group setzt sich damit methodischen auseinander und zeigt auf, warum die Zahl der erwarteten Toten für einzelne Länder genauer betrachtet werden muss. In diesem Report betrachten wir das Alter als einen zentralen Risikofaktor. Im Extra Report über den Zusammenhang zwischen der Altersverteilung einer Bevölkerung und der Belastung der Intensivstationen haben wir bereits aufgezeigt, dass selbst für europäische Länder wie das Vereinigte Königreich und Deutschland die Altersverteilungen sehr unterschiedlich sind. Vergleicht man also die Übersterblichkeit verschiedener Länder auf Ebene der Gesamtbevölkerung, muss man im Hinterkopf halten, dass die einzelnen Bevölkerungen unterschiedlich alt sind und bei gleichem Infektionsdruck eine unterschiedliche Zahl an zusätzlichen Toten zu erwarten ist. Zwei Länder mit den gleichen Maßnahmen können also eine unterschiedliche Übersterblichkeit aufweisen, wenn die eine Bevölkerung älter ist als die andere.
Die Übersterblichkeit von Deutschland, Schweden und dem Vereinigten Königreich über die Zeit bildet auch die einzelnen Wellen der Pandemie und die jeweils getroffenen Maßnahmen ab.
Dass der Blick auf die Gesamtsterblichkeit zu einfach ist, sieht man, wenn man auch nach Geschlecht und Altersgruppe unterteilt. Im Jahr 2020 unterscheiden sich Schweden und das Vereinigte Königreich zum Beispiel nicht nennenswert bei der Übersterblichkeit der Männer über 80 Jahren. Deutschland verzeichnet in der Altersgruppen ab 80 Jahren eine geringere Übersterblichkeit, liegt bei den 70 bis 79-Jährigen aber in etwa auf dem Niveau des Vereinigten Königreichs. Im Jahr 2021 zeigt Deutschland wiederum eine deutlich höhere Übersteblichkeit in den oberen Altersgruppen auf.
Neben den oben erwähnten methodischen Fragen zu dieser Auswertung muss zusätzlich auch die Unsicherheit über die Schätzung beachtet werden. In diesen Grafiken sind nur die Mittelwertschätzer abgebildet, die WHO veröffentlicht auf der Länderebene auch Konfidenzintervalle. Insbesondere Werte, die nah beieinander liegen, können nicht aussagen, in welchem Land die Übersterblichkeit höher lag.
Bei der Betrachtung der Gesamtsterblichkeit in den Altersgruppen über beide Jahre zusammen ist auch darauf zu achten, dass laut WHO-Schätzung Schweden im Jahr 2021 in den Altersgruppen ab 80 Jahren eine Untersterblichkeit aufweist. Dies kann zum Beispiel geschehen, wenn 2020 Menschen sterben, die ohne die Pandemie im Folgejahr gestorben währen. Die Frage also, wie viele Lebensjahre in den einzelnen Ländern verloren gegangen sind, lässt sich aus diesen Daten nicht ablesen.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenzen sinken nur noch langsam.
Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Der Inzidenzrückgang hat sich deutlich verlangsamt.
Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 07.05.2022 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. In allen Bundesländern sinken die Inzidenzen.
Die Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Normalstationen sinkt weiter.
Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen sinkt weiterhin deutlich.
Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.
Der Rückgang der Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten liegt bei etwa 15 Prozent.
In fast allen Bundesländern sinkt die Zahl der durch COVID-19-Fälle belegten Betten.
Schaut man sich nach Bundesländern an, wie die Intensivstationen ausgelastet sind, lag im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau. Während Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichten, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. In allen Bundesländern liegt die durch COVID-19-Fälle verursachte Auslastung der Intensivbetten unter 20 Prozent.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.
In allen Altersgruppen sinken die Inzidenzen.
Die Testpositivrate steigt in den Altersgruppen bis 14 Jahren, darüber sinkt sie. Die Zahl der durchgeführten Tests sinkt in allen Altersgruppen.
Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.
Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.
Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 9.05.2022 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 2.05.2022 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.
Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Rhein-Hunsrück-Kreis | 466.4 | 536.9 | 3157.6 | 3634.4 |
LK Steinburg | 65.3 | 275.6 | 349.6 | 1475.8 |
SK Berlin Lichtenberg | 32.4 | 229.0 | 77.2 | 544.9 |
LK Heinsberg | 31.3 | 332.9 | 85.4 | 908.5 |
LK Zollernalbkreis | 25.7 | 138.3 | 94.8 | 509.8 |
SK Berlin Marzahn-Hellersdorf | 24.9 | 346.7 | 64.5 | 899.0 |
LK Göttingen | 24.1 | 384.7 | 52.1 | 831.4 |
LK München | 17.0 | 320.1 | 34.1 | 640.9 |
LK Landshut | 16.4 | 165.3 | 71.4 | 717.8 |
LK Düren | 15.6 | 239.9 | 41.2 | 633.3 |
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Rhein-Hunsrück-Kreis | 466.4 | 536.9 | 3157.6 | 3634.4 |
LK Steinburg | 65.3 | 275.6 | 349.6 | 1475.8 |
SK Passau | 10.9 | 53.6 | 145.0 | 715.4 |
LK Zollernalbkreis | 25.7 | 138.3 | 94.8 | 509.8 |
LK Heinsberg | 31.3 | 332.9 | 85.4 | 908.5 |
SK Berlin Lichtenberg | 32.4 | 229.0 | 77.2 | 544.9 |
LK Landshut | 16.4 | 165.3 | 71.4 | 717.8 |
LK Aichach-Friedberg | 13.6 | 156.1 | 70.4 | 809.5 |
SK Berlin Marzahn-Hellersdorf | 24.9 | 346.7 | 64.5 | 899.0 |
LK Neckar-Odenwald-Kreis | 13.1 | 148.7 | 63.9 | 723.9 |
Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.
Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg. Die Bettenbelegung der Normalstation wird von der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. zur Verfügung gestellt.
Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.
Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.
Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.
Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.
Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.
Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Lars Koppers, Datenwissenschaftler
Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien
Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: redaktion@sciencemediacenter.de