Priorisierung der PCR-Testkapazitäten
Deutschlands Labore stoßen aufgrund der Omikron-Infektionswelle an ihre PCR-Testkapazitäten. Während regional vereinzelt Labore bereits überlastet sind, wird dies basierend auf den aktuell verfügbaren Daten in der kommenden Woche vermutlich bundesweit der Fall sein. Insgesamt sind in Deutschland rund 2,5 Millionen PCR-Tests wöchentlich möglich. Die Zahl setzt sich aus den aufgerundeten Daten der Akkreditieren Labore in der Medizin (ALM) und weiterer genutzter Testkapazitäten zusammen. Die ALM führen mehr als 90 Prozent der Tests durch. Bei einer Testpositivrate von 25 Prozent könnte demnach hierzulande maximal eine Inzidenz von etwa 750 gemessen werden. Ein solcher Wert könnte bei dem derzeitigen Wachstum der Infektionszahlen bereits kommende Woche erreicht werden. Laut dem aktuellen ALM-Bericht von Dienstag liegt die Positivrate derzeit bei 23,4 Prozent. Sie stieg zuletzt stets an.
Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin mit Schwerpunkt Innere Medizin, Infektiologie und Tropenmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg
„Ich denke zu diesem Zeitpunkt in der Pandemie, muss die Testkapazität intelligent eingesetzt werden, das heißt es müssen die vulnerablen Gruppen weiterhin geschützt werden, um die Krankenhäuser nicht zu überlasten und schlimme Einzelschicksale zu vermeiden; und es müssen essenzielle Infrastrukturen geschützt werden, so dass zum Beispiel nicht auf einmal alle Polizisten einer Wache ausfallen. Für beide Anwendungen wäre immer die PCR der bessere Test, eventuell auch in Form von Pool-Testung in stabilen (sich nicht ändernden Gruppen), aber eben auch die Antigentests. Die Schnelltests funktionieren weiterhin gut.“
„Wir gehen allmählich in eine endemische Situation über. Omikron ist der Beweis dafür, dass wir keinen Infektionsschutz mit Impfung erreichen, sondern nur einen Schutz vor schwerer Erkrankung. Deshalb sollten wir unsere Teststrategien anpassen. Es kommt nicht mehr auf jeden Test an.“
Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), Bremen
„Die Testkapazitäten insgesamt sind derzeit noch nicht vollständig ausgeschöpft, bei rund 2,3 Millionen möglichen Tests pro Woche und derzeit noch niedriger Zahl durchgeführter Tests. Allerdings gibt es lokal schon erhebliche Probleme, da die Labore ja nicht flächendeckend gleich verteilt sind. Die Nachverfolgung wird aktuell nicht mehr umfassend durchgeführt, da die Inzidenzzahlen dies oftmals nicht mehr zulassen. Für Isolations- und Quarantäneentscheidungen und -dauern ist es problematisch, wenn PCR-Bestätigungsergebnisse sehr spät kommen. Derzeit kommt es lokal schon zu Wartezeiten von mehreren Tagen, die für die Betroffenen natürlich belastend sind.“
„Die Zahl der Labore ist kurzfristig nicht erweiterbar, allenfalls der Umsatz in den Laboren. Bei Erreichen der Kapazitätsgrenze ist dann zu überlegen, dass für kritische Infrastrukturen einschließlich der Schulen Vorrang geschaffen wird.“
„Es ist angesichts der unspezifischen Symptome schwierig, ohne Testung über Isolation oder Quarantäne zu entscheiden. Insofern dürfte die wesentliche Stellschraube darin liegen, wofür PCR-Tests eingesetzt werden. Ich würde trotz der etwas geringeren Aussagekraft zwei Antigenschnelltests an aufeinanderfolgenden Tagen zum Beenden der Isolation/Quarantäne befürworten, so wie es auch in Großbritannien gemacht wird.“
„Auf längere Sicht – insbesondere, wenn wir in eine endemische Lage mit vergleichsweise geringen Häufigkeiten schwerer Erkrankungen kommen – wird sicher seltener getestet werden, insbesondere anlassloses Testen wird dann vermutlich nicht mehr erfolgen.“
Alle: Keine Angaben erhalten.
PD Dr. Claudia Denkinger
Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin mit Schwerpunkt Innere Medizin, Infektiologie und Tropenmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg
Prof. Dr. Hajo Zeeb
Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), Bremen