SMC Corona Report
Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.
Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.
Im RKI Wochenbericht von heute sind für die 47. und die 48. Kalenderwoche die (vorläufigen) Ergebnisse der randomisierten Genomsequenzierung festgehalten. Mit diesen Daten lässt sich schätzen, welchen Anteil die einzelnen Varianten am Gesamtgeschehen in Deutschland haben. Für die 47. Kalenderwoche ergibt sich ein geschätzter Anteil von 0,15 Prozent, was in dieser Woche eine Inzidenz von etwa 0,7 entsprach. Für die 48. Kalenderwoche wird der Omikron-Anteil auf fast 0,6 Prozent, beziehungsweise einer Inzidenz von fast 2,7 geschätzt. Dies ist etwas weniger als eine Vervierfachung innerhalb einer Woche. Damit wäre die Verdopplungszeit etwas höher als 3,5 Tage und damit langsamer als die 2 bis 3 Tage, die in anderen Ländern beobachte wurden. Verlässlich ist diese Hochrechnung allerdings noch nicht, da sie auf nur zwei Zeitpunkten basiert. Erst die nächsten Wochen werden zeigen, wie schnell sich die Variante in Deutschland verbreitet.
Hilfreich kann auch der internationale Blick auf die Fallzahlen sein, auch wenn ein direkter Vergleich oft nicht möglich ist. Laut Daten der WHO, die auch über ein SMC-Dashboard im zeitlichen Verlauf visualisiert werden können, liegt das wöchentliche Inzidenzwachstum in keinem der drei Länder Südafrika, Dänemark und dem Vereinigten Königreich aktuell über 100 Prozent. Eine Verdopplung der Inzidenz alle zwei bis drei Tage, wie sie frühe Schätzungen für die Omikron-Variante erwarten, sind für die Gesamtinzidenz (noch) nicht abzusehen. Wichtig sind hierbei die Einschränkungen, weshalb ein Blick auf die Meldezahlen alleine unzureichend ist: Die Test- und Meldesysteme der Länder sind sehr unterschiedlich, sodass die Höhe der Inzidenz nicht direkt verglichen werden kann. Unterschiedliche Altersstrukturen bedeuten nicht nur eine unterschiedliche Belastung für das Gesundheitssystem, sondern können auch die Inzidenz selbst beeinflussen, wenn jüngere Fälle aufgrund von asymptomatisch oder mild verlaufenden Infektionen weniger gemeldet werden. Für Dänemark und das Vereinigte Königreich wird die Omikron-Welle von einer bestehenden Delta-Welle überdeckt. Das Wachstum der Gesamtinzidenz sollte also anfangs niedriger ausfallen, selbst wenn die ersten Wachstumsschätzungen für die Omikron-Variante korrekt wären. Sollte sich das anfangs geschätzte Wachstum von über 800 Prozent pro Woche (Verdopplung alle zwei Tage) bewahrheiten, müsste sich das Wachstum noch vor Weihnachten im Gesamtwachstum niederschlagen. Ein solches Wachstum könnte allerdings kurz danach auch das Meldesystem kollabieren lassen, sodass die Daten dann nicht mehr zu verwenden sind. Im Vereinigten Königreich wurden zuletzt stark steigende Fallzahlen gemeldet, die sich in den nächsten Tagen in den Zahlen der WHO niederschlagen dürften.
Die Zahl der durchgeführten Impfungen liegt inzwischen bei etwas unter einer Million Impfungen pro Tag. Über 850 000 davon sind Auffrischimpfungen. Die Auffrischimpfquote von 50 Prozent dürfte bei den ab 60-Jährigen noch in dieser Woche erreicht werden. Die aktuelle Diskussion über einen möglichen Impfstoffmangel lässt sich über die bisher veröffentlichten Informationen zu ausgelieferten Impfdosen etwas relativieren. Laut Bundesgesundheitsministerium wurden im November und Dezember mit heutigem Stand über 31 Millionen Dosen ausgeliefert, aber noch nicht verimpft. Damit könnten bis zum Jahresende rein rechnerisch pro Tag 2 Millionen Impfungen durchgeführt werden. Selbst bei Verlusten in der Logistik ist das aktuelle Impftempo deutlich geringer. Auch ob die Zahl der durchgeführten Impfungen über die Feiertage stabil hoch bleiben, ist fragwürdig. Für die nächsten beiden Kalenderwochen sind noch einmal jeweils über 10 Millionen Dosen angekündigt. Stehen diese insgesamt über 50 Millionen Dosen tatsächlich zur Verfügung, ist ausreichend Impfstoff noch in diesem Jahr verfügbar, um alle ausstehenden Boosterimpfungen und mehrere Millionen Erstimpfungen durchzuführen. Der Bedarf an Boosterimpfungen liegt aber vermutlich niedriger, wie ein Blick nach Israel vermuten lässt. Dort haben bisher nur etwa 70 Prozent aller vollständig geimpften eine Auffrischimpfung erhalten.
Die Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten sinkt leicht, aber nicht in allen Bundesländern. Da die Zahlen insgesamt noch sehr hoch sind, würde ein erneutes Ansteigen der Inzidenzen, schnell neue Höchststände erzeugen.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenzen sinken nun deutlich, insbesondere bei der Altersgruppe ab 60 Jahren.
Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Das Wachstum ist inzwischen negativ, insbesondere in der Altersgruppe ab 60 Jahren gehen die Inzidenzen aktuell deutlich zurück.
Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 11.12.2021 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. In fast allen Bundesländern sinken die Inzidenzen. In Bayern und Sachsen gehen die Inzidenzen besonders stark zurück.
Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen fällt zum ersten Mal seit September deutlich sichtbar. Insgesamt ist der Rückgang aber noch klein und die Zahl weiterhin hoch.
Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.
Das Wachstum bei den mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Intensivstationen ist jetzt leicht negativ, kann sich aber noch etwas beschleunigen, solange keine weitere Welle den Trend erneut umdreht.
Die Mehrheit der Bundesländer verzeichnet sinkendes Wachstum bei der Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen.
Schaut man sich nach Bundesländern an, wie die Intensivstationen ausgelastet sind, lag im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau. Während Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichten, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. Insbesondere in den Hotspots ist die Belastung der Intensivstationen weiterhin sehr hoch. Auch wenn der Inzidenzrückgang anhalten sollte, wird sich die Situation dort nur langsam entspannen.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.
Die Inzidenz sinkt in allen Altersgruppen ab 5 Jahren.
Der Rückgang der Inzidenzen ist besonders in den oberen Altersgruppen stark.
Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.
Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.
Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 13.12.2021 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 6.12.2021 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.
Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
SK Wiesbaden | 128.0 | 212.9 | 321.8 | 535.1 |
LK Börde | 114.1 | 363.6 | 467.5 | 1489.0 |
SK Stuttgart | 91.3 | 464.1 | 100.5 | 510.9 |
SK Hamburg | 42.6 | 712.3 | 16.1 | 269.9 |
LK Vogtlandkreis | 42.4 | 446.7 | 131.4 | 1383.6 |
LK Lippe | 39.4 | 237.9 | 79.4 | 479.1 |
LK Soest | 38.3 | 161.9 | 88.8 | 375.4 |
LK Barnim | 36.4 | 184.3 | 137.7 | 696.4 |
LK Ilm-Kreis | 36.0 | 206.4 | 237.2 | 1360.0 |
LK Sonneberg | 29.7 | 107.3 | 360.4 | 1301.2 |
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Börde | 114.1 | 363.6 | 467.5 | 1489.0 |
LK Sonneberg | 29.7 | 107.3 | 360.4 | 1301.2 |
SK Wiesbaden | 128.0 | 212.9 | 321.8 | 535.1 |
LK Ilm-Kreis | 36.0 | 206.4 | 237.2 | 1360.0 |
LK Unstrut-Hainich-Kreis | 29.1 | 146.7 | 199.6 | 1004.6 |
LK Barnim | 36.4 | 184.3 | 137.7 | 696.4 |
LK Vogtlandkreis | 42.4 | 446.7 | 131.4 | 1383.6 |
LK Greiz | 16.6 | 117.4 | 119.1 | 844.0 |
SK Stuttgart | 91.3 | 464.1 | 100.5 | 510.9 |
LK Oder-Spree | 23.4 | 219.1 | 91.7 | 857.9 |
Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.
Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.
Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.
Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.
Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.
Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.
Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.
Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab
Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien
Marleen Halbach, Redaktionsleiterin
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