SMC Corona Report
Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.
Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.
Die Inzidenz der vergangenen Tage lag konstant bei 5,2, nun ist dieser Wert leicht gestiegen. Dem aktuellen Varianten-Bericht ist zu entnehmen, dass die Varianteninzidenz von B.1.617.2 zwischen der 23. und der 25. Kalenderwoche um etwa 10 Prozent pro Woche gestiegen ist. Da inzwischen der überwiegende Großteil der Infektionen auf diese Variante zurückgehen dürfte, wäre ein Wachstum in dieser Größenordnung plausibel. Durch weitere Lockerungen kann der Anstieg aber auch höher ausfallen.
Mit der neuen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), Vektorimpfstoffe nur noch als Kreuzimpfung mit einem mRNA-Impfstoff einzusetzen, hat sich die Nutzung von AstraZeneca im Mittel halbiert, mit einem weiteren Trend nach unten. Die nun als Zweitimpfung benötigten mRNA-Impfstoffdosen stehen somit nicht für Erstimpfungen zur Verfügung. Inwieweit die reduzierte Verfügbarkeit von mRNA-Impfstoff für Erstimpfungen zum Rückgang der Zahl der duchgeführten Impfungen beiträgt, ist aus den Daten aktuell nicht klar zu entnehmen. Auch ein Rückgang der (kurzfristigen) Impfbereitschaft kann ein Grund für den Rückgang der durchgeführten Impfungen sein.
Zur Zeit wird immer wieder darüber berichtet, dass Personen auf ihre Zweitimpfung verzichten und den Termin für die Zweitimpfung verfallen lassen. Aus epidemiologischer Sicht ist es wichtig, die Größe dieses Effekts abzuschätzen. Aktuell haben etwa 14 Millionen Menschen eine Erstimpfung, aber noch keine Zweitimpfung erhalten. Davon haben etwa 8 Millionen Menschen ihre Erstimpfung in den vergangenen vier Wochen erhalten, befinden sich also noch recht sicher vor ihrem Termin für die Zweitimpfung. Die Zahl der offenen AstraZeneca-Impfungen lässt sich nur schwer bestimmen, da zum Teil ein anderer Impfstoff als Zweitimpfung gegeben wurde und die Impfintervalle in der Vergangenheit unterschiedlich lang waren. Eine sehr grobe Abschätzung ergibt etwa 5 Millionen offene AstraZeneca-Impfungen, vermutlich eher weniger. Umgekehrt werden bei mRNA-Impfstoffen auch Impfintervalle von sechs Wochen genutzt. Der überwiegende Teil der offenen Impfungen lässt sich also durch die Impfintervalle erklären. Diese grobe Abschätzung kommt also auf etwa eine Million Personen, die ihre Zweitimpfung nicht erhalten haben, obwohl ihr Termin für die Zweitimpfung in er Vergangenheit liegt. Da die Abschätzung sehr grob ist, kann die wirkliche Zahl auch viel niedriger liegen. Auch höhere Werte sind nicht ausgeschlossen, das Problem sollte aber nicht mehr als wenige Millionen Menschen und somit keinen großen Teil der Bevölkerung betreffen.
In der öffentlichen Debatte vermengen sich zunehmend verschiedene Impfquoten miteinander. Dies führt schnell dazu, dass Quoten verglichen werden, die nicht direkt vergleichbar sind. Wenn über Impfquoten gesprochen wird, muss stark darauf geachtet werden, um welche es sich handelt:
Die verschiedenen Impfquoten können nicht direkt verglichen werden, da die Bevölkerungsgruppen unterschiedlich groß sind. Betrachtet man die zugrundeliegende Gruppengröße, können einzelne Quoten aber schon verglichen werden. In Deutschland leben etwa 4,5 Millionen 12 bis 17-Jährige und etwa 45 Millionen 18-59-Jährige. Wenn bei den 12-17-jährigen 10 Prozentpunkte weniger Jugendliche geimpft werden, müssen damit die Gesamtquote gleich bleibt, zum Beispiel bei den 18-59-Jährigen nur ein Prozentpunkt mehr Menschen geimpft werden, da diese Gruppe zehnmal größer ist.
Beim Vergleich verschiedener Bundes-(Länder) muss darauf geachtet werden, dass die einzelnen Altersgruppen zum Teil sehr unterschiedlich besetzt sind. Auch hier müssen die Quoten wieder mit der Größe der Bevölkerungsgruppe im jeweiligen Gebiet in Relation gesetzt werden.
Solche einfachen Rechnungen beachten aber nicht, dass es epidemiologisch einen Unterschied macht, welche Teile der Bevölkerung zu welchem Anteil geimpft sind, sondern beziehen sich nur auf die Impfquote der gesamten Bevölkerung.
Die Grafik zeigt den über sieben Tage geglätteten Verlauf der täglichen Impfungen insgesamt und nach Erst- beziehungsweise Zweitimpfung getrennt. Die Zahl der durchgeführten Impfungen sinkt. Die Zahl der Erstimpfungen war in den letzten Wochen konstant, sinkt zuletzt aber auch leicht.
Die Zahl der mit AstraZeneca durchgeführten Impfungen bricht seit der aktualisierten Stiko-Empfehlung von letztem Freitag zusammen. Bei deraktuellen Entwicklung werden die in der vergangenen Woche gelieferten 5 Millionen Dosen in Deutschland nicht mehr voll verimpft werden. Da die Zahl der Erstimpfungen aktuell unterhalb der Kapazität der übrigen Impfstofen liegt, ist das zur Zeit nicht der limitierende Faktor.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Fallzahlen stagnieren aktuell, die nächsten Tage werden zeigen, ob es wieder einen Anstieg der Inzidenzen gibt.
Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Der Rückgang der Inzidenzen verlangsamt sich weiter. Ein Anstieg in den kommenden Tagen ist plausibel, da die Inzidenz zuletzt leicht gestiegen ist, aktuell aber noch unter den Werten der Vorwoche liegt.
Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 03.07.2021 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. Drei Bundesländer verzeichnen im Vergleich zur Vorwoche einen Anstieg der Inzidenzen, in Bremen stagniert die Inzidenz. Solange es bei den Inzidenzen keinen eindeutig steigenden Trend gibt, ist das abwechselnde steigen und fallen der Inzidenzen in den Bundesländern das erwartbare Verhalten. Erst bei einem längerfristigen Trend in einem Bundesland kann dieser sinnvoll interpretiert werden.
Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen sinkt weiterhin.
Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.
Der Rückgang der Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten ist weiterhin hoch.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.
Einzelne Altersgruppen zeigen erstmals wieder einen Anstieg der Inzidenzen. Insbesondere bei den 20-24-jährigen ist ein Anstieg der Inzidenz zu sehen. Diese Altersgruppe verzeichnet auch absolut die höchste Inzidenz.
Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.
Für die Bewertung der aktuellen Situation ist die Einschätzung wichtig, ob sich das Infektionsgeschehen gleichmäßig über Deutschland verteilt oder ob es einzelne Hotspots und lokale Ausbrüche gibt. Auch wenn die Meldedaten nur ein unzureichendes Bild über das Infektionsgeschehen bieten, können sie daraufhin analysiert werden.
Ein bekanntes Maß für Ungleichheit ist der sogenannte Gini-Koeffizient, eine Zahl zwischen Null und Eins. Nehmen wir etwa die Vermögensverteilung in einem Land. Der Gini-Koeffizient nimmt den Wert Eins an, wenn einer allein alles hat und Null, wenn alle gleich viel besitzen.
Angewendet auf die tägliche Zahl der Neuinfektionen in den Kreisen würde allerdings schon allein durch die unterschiedliche Größe der Kreise eine Ungleichheit entstehen und Unterschiede vorgetäuscht. Aus diesem Grund wird die Ungleichheit im Infektionsgeschehen hier auf Basis der Inzidenz berechnet.
Ende Februar war die Ungleichheit bei den gemeldeten Fällen noch sehr groß, fiel dann aber mit steigender Fallzahl ab, da sich das Virus über Deutschland verteilte. Auch in den Hochzeiten waren die gemeldeten Inzidenzen nicht gleichmäßig verteilt.
Neben der zeitlichen Betrachtung ist als Querschnitt auch eine Betrachtung der Verteilung in den Landkreisen zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich. Die sogenannte Lorenzkurve zeigt, wie viel Prozent der Landkreise (X-Achse) wie viel Prozent der pro Landkreis aufsummierten Inzidenzen ausmachen. Dabei ist wichtig, dass es sich um diese relative Maßzahl handelt und nicht um die absolute, direkte Zahl der Infektionsfälle! München geht in diese Berechnung mit dem gleichen Gewicht ein wie Zweibrücken.
Je näher eine Lorenzkurve an der Diagonalen liegt, desto gleichmäßiger ist die Maßzahl verteilt, eine Kurve, die weit davon entfernt ist, zeugt von einer ungleichen Verteilung.
Betrachtet werden verschiedene Zeitpunkte:
Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, sodass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.
Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 5.07.2021 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 28.06.2021 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.
Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
SK Düsseldorf | 6.1 | 11.6 | 6.9 | 13.0 |
LK Lippe | 5.0 | 7.1 | 10.1 | 14.4 |
SK Frankfurt am Main | 4.0 | 22.4 | 3.7 | 20.6 |
SK Karlsruhe | 3.7 | 4.6 | 8.4 | 10.3 |
LK Eichsfeld | 2.9 | 3.6 | 20.0 | 25.0 |
SK Offenbach | 2.6 | 4.0 | 13.8 | 21.5 |
Region Hannover | 2.4 | 8.9 | 1.5 | 5.4 |
SK Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf | 2.4 | 4.3 | 4.9 | 8.7 |
SK Braunschweig | 2.4 | 3.3 | 6.8 | 9.2 |
Städteregion Aachen | 2.3 | 5.4 | 2.9 | 6.8 |
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Eichsfeld | 2.9 | 3.6 | 20.0 | 25.0 |
SK Offenbach | 2.6 | 4.0 | 13.8 | 21.5 |
LK Lippe | 5.0 | 7.1 | 10.1 | 14.4 |
LK Hildburghausen | 0.9 | 1.6 | 9.5 | 17.4 |
LK Celle | 2.3 | 4.0 | 8.9 | 15.6 |
SK Karlsruhe | 3.7 | 4.6 | 8.4 | 10.3 |
SK Regensburg | 1.7 | 3.0 | 7.8 | 13.7 |
SK Delmenhorst | 0.9 | 1.0 | 7.7 | 9.0 |
SK Koblenz | 1.1 | 1.9 | 7.0 | 11.4 |
SK Düsseldorf | 6.1 | 11.6 | 6.9 | 13.0 |
Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die im esri COVID-19 GeoHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.
Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.
Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.
Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.
Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.
Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.
Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.
Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab
Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien
Marleen Halbach, Redaktionsleiterin
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