Wie stark verbreiten sich besorgniserregende Varianten von SARS-CoV-2 in Deutschland?
Am 17.02.2021 hat das Robert Koch-Institut die Analyse zum Vorkommen der zirkulierenden Varianten von SARS-CoV-2 in Deutschland aktualisiert. Das wichtigste Ergebnis: Die zuerst im Vereinigten Königreich aufgetauchte Virusvariante B.1.1.7 fand sich in der zweiten Februarwoche bereits in jeder fünften untersuchten SARS-CoV-2-positiven Probe. Oder anders gesagt: In circa 22 Prozent der positiv getesteten Fälle ließ sich B.1.1.7 nachweisen. Im Vergleich zu den im ersten Bericht vom 05.02.2021 angegebenen knapp sechs Prozent ist dies ein deutlicher Anstieg, der aber ebenso schon in anderen Ländern – wie Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich – beobachtet wurde und damit nicht sonderlich überraschend ist. Zur Frage, wie stark sich die besorgniserregenden Varianten in Deutschland in den kommenden Wochen verbreiten könnten, stellen wir Ihnen nachfolgend einige Beispiel-Simulationen und Hintergrundinformationen zur Verfügung. Zurzeit sind die Daten zur Verbreitung der Varianten in Deutschland noch mit einigen Unsicherheiten behaftet, wie die verschiedenen Szenarien zeigen. Allerdings ist auch klar, dass jegliche Lockerung der aktuellen Maßnahmen den Zeitraum verkürzen, bis die Fallzahlen aufgrund der vermehrt zirkulierenden Varianten wieder steigen werden. Zusätzlich haben Experten die bisher vorliegenden Daten und die aktuelle Lage eingeschätzt.
Für eine Schätzung der Verbreitungsdynamik verschiedener SARS-CoV-2-Varianten werden mehrere Informationen benötigt:
Wie auch bei der Betrachtung der generellen Dynamik der COVID-19-Pandemie muss bei einem Vergleich der Situation in verschiedenen Ländern oder Regionen auf die regionalen Besonderheiten geachtet werden.
Für Deutschland zeichnen die Werte aus den verschiedenen Quellen PCR-Tests und Genomsequenzierungen ein uneinheitliches Bild. Berechnet man das Wachstum der Variante auf Basis der beiden verschiedenen Analysen ergeben sich für die PCR-Test-Ergebnis von circa 70 Prozent pro Woche, für die Sequenzanalysen von 40 Prozent. Für die andere besorgniserregende Variante B.1.351 ist das Wachstum noch deutlich unklarer.
Betrachtet man nun im zeitlichen Verlauf, wie sich B.1.1.7 auf Basis der Basisdaten und verschiedenen Wachstumsraten verbreitet, bekommt man einen Eindruck davon, welche Ergebnisse für Deutschland möglich erscheinen. Unter der Annahme der 10 Prozent Wachstum würden die Fallzahlen insgesamt noch einige Wochen nicht ansteigen, bei 70 Prozent würde dies innerhalb der nächsten Tage geschehen.
Die aktuell verfügbaren Daten legen nahe, dass das Wachstum der B.1.1.7-Variante in Deutschland schneller verläuft als zum Beispiel mit 10 Prozent in Dänemark – wie schnell genau, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Aktuell stagniert der Rückgang der Fallzahlen in Deutschland. Wir könnten also realistisch schon jetzt, Mitte der Kalenderwoche sieben, den Zeitpunkt der Umkehr erreicht haben und erste Hinweise sehen, dass die Fallzahlen trotz Maßnahmen wieder leicht ansteigen. Allerdings bringt die vorangegangene Winterwoche noch eine zusätzliche Verzerrung in die Daten und die Effekte sind nicht seriös voneinander zu trennen.
In allen betrachteten Szenarien würde ein leichtes Ansteigen der Infektionsrate durch die Lockerung von Maßnahmen oder ein verändertes Verhalten der Bevölkerung umgehend zu einem starken Wachstum führen, da auch im 10-Prozent-Szenario die Zahl der Infektionen durch die B.1.1.7-Variante exponentiell steigt. Die Simulation der unterschiedlichen Wachstumsraten zeigt deutlich, dass sich die Variante weiter verbreiten wird und die Fallzahlen bei gleichbleibenden Maßnahmen steigen werden. Die Frage ist nur, wann und wie viele Menschen bis dahin geimpft sein werden.
Marleen Halbach, Redaktionsleiterin
Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab
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