Uber stoppt nach Unfall vorübergehend automatisches Fahren
Uber hat nach einem Unfall mit einem ihrer automatisch fahrenden Autos seine Testflotte vorübergehend stillgelegt. Der Unfall hatte sich in Tempe, Arizona, USA ereignet, als ein anderes Fahrzeug, dem nach Angaben der BBC, des Spiegel und des Auto-Onlinemagazins Jalopnik.com automatisch fahrenden Volvo die Vorfahrt nahm. Die Fahrzeuge stießen zusammen, der Volvo kippte dabei auf die Seite. Derzeit scheint es sich um einen Fehler des anderen Fahrers zu handeln, doch deuten die Berichte an, dass jemand hinter dem Steuerrad gesessen habe, es jedoch unklar sei, ob diese Person die Kontrolle übernommen habe.
Leiter am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, KIT Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe
„Nach gegenwärtiger Kenntnis ist der Unfall nicht durch das autonom fahrende Auto, sondern durch ein ganz normal von einem Menschen gefahrenen Auto verursacht worden. Ob das autonome Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls im Selbstfahrmodus gefahren ist oder durch einen Menschen gesteuert wurde, ist noch unklar. Wenn das letztere der Fall war, hat der Unfall gar nichts mit den Besonderheiten autonomen Fahrens zu tun. Nur wenn sich bestätigt, dass das autonome Fahrzeug im Selbstfahrmodus fuhr, könnte man fragen, ob ein menschlicher Fahrer aufgrund größerer Umsicht den Unfall vielleicht hätte verhindern können. Aber das wird erstens schwer zu beantworten sein und ändert zweitens nicht an der Tatsache, dass der Unfallverursacher ein menschlicher Autofahrer war.“
„So gesehen gibt dieser Unfall m.E. keine Hinweise, wie man autonome Fahrzeuge oder ihre Regulierung verbessern könnte. Es bleibt der allgemeine Hinweis, dass Mischverkehr aufgrund teils extrem komplexer und schwer vorhersehbarer Situationen die ‚Königsdisziplin' des autonomen Fahrens ist. Und dass hier besondere Sorgfalt geboten ist, die eine übereilte Zulassung autonomer Fahrzeuge für diese Situationen verbietet.“
„Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der hohen technischen Komplexität automatischer Fahrzeuge wünsche ich mir ein Gesetz, in dem die jeweiligen Verantwortlichkeiten vom ‚Fahrer' , Halter, Automobilhersteller und der öffentlichen Hand klar aufgezeigt sind, so dass jeder Beteiligte an Verbesserungen in seinem Verantwortungsbereich interessiert ist.“
Leiter des Fachgebiets Fahrzeugtechnik, Technische Universität Darmstadt, Darmstadt
„Noch liegen zu wenige Informationen darüber vor, welche Ursachen zu diesem Unfall geführt haben. Als Hauptverursacher wird der Unfallpartner genannt, womit wohl die ‚klassische´ Schuldfrage geklärt ist. Der Stopp der weiteren Erprobung dient der Klärung, ob dieser Unfall bei einem anderen Verhalten des automatisierten Fahrzeugs verhindert worden wäre, und ist sicherlich sinnvoll.“
„Leider gibt es im Straßenverkehr keine Statistik über die von Menschen verhinderten Unfälle, weshalb sich erst bei realem Einsatz von automatisierten Fahrzeugen zeigen wird, ob sie kritische Szenarien, die von anderen Verkehrsteilnehmern verursacht werden, so gut wie oder besser als der Mensch bewältigen können.“
„Automatisiertes oder sogar fahrerloses Fahren in der Stadt mag schon in den nächsten zehn Jahren verwirklicht werden, sofern es auf bestimmte Streckenabschnitte begrenzt wird.“
Mitglied des DLR-Vorstandes für Energie- und Verkehr, Braunschweig
„Das sichere Überqueren von Kreuzungen gehört für automatisierte Fahrzeuge zu den größten Herausforderungen. Die möglichen Situationen an Kreuzungen sind so vielfältig und komplex, dass nahezu alles passieren kann. So muss man nicht nur vom eigenen, sondern auch vom Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen. Immer gilt es, einen Unfall bestmöglich zu vermeiden bzw. die Schäden gering zu halten – für den menschlichen Fahrer genauso wie für die Automation.“
„In der Entwicklung automatisierter Fahrzeuge ist die Absicherung für ein zuverlässiges Funktionieren der Automation eine Kernaufgabe. Reines Ausprobieren erfordert eine sehr lange Erprobungszeit. In Deutschland verfolgen wir andere Ansätze. In einem großen nationalen Forschungsprojekt (PEGASUS) beschäftigen sich die deutsche Automobilindustrie, Zulieferer und die Wissenschaft mit der Frage, mit welchen Maßnahmen man entlang des gesamten Entwicklungsprozesses für eine optimale Absicherung sorgen kann.“
„Tests in simulierten Szenarien können dabei schon eine Vielzahl möglicher Situationen abdecken. Für weitergehende Erprobungen auf der Straße bieten Testfelder wie die Anwendungsplattform Intelligente Mobilität (AIM) oder das Testfeld Niedersachsen bestmögliche Bedingungen, um die Testfahrten zu bewerten und auch Parameter ändern zu können. Die Tests werden zum Beispiel von Kameras und Sensoren an der Infrastruktur für die Analyse erfasst und die Fahrzeuge erhalten per Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation Echtzeitinformationen – wie zum Beispiel die verbleibende Grünzeit an Kreuzungen.“
„Um die Sicherheit im öffentlichen Raum bei der Erprobung zu gewährleisten, erfolgt stets die Absicherung in der Simulation, bevor es auf die Straße geht. Und selbst auf der Straße sitzt stets ein geschulter Testfahrer am Steuer des Testfahrzeugs, der die Automation überwacht und im Zweifelsfall sofort die Kontrolle übernimmt.“
ist Mitglied der vom Bundesverkehrsminister eingesetzten Ethikkommission zum automatisierten Fahren.
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Weiterführende Recherchequellen
Zu diesem Thema hat das SMC im Dezember ein Press Briefing mit dem Titel „Fahrprüfung für den Autopiloten“ angeboten, das Audiofile finden Sie hier: http://bit.ly/2gUL1US
Prof. Dr. Armin Grunwald
Leiter am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, KIT Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe
Prof. Dr. Hermann Winner
Leiter des Fachgebiets Fahrzeugtechnik, Technische Universität Darmstadt, Darmstadt
Prof. Dr. Karsten Lemmer
Mitglied des DLR-Vorstandes für Energie- und Verkehr, Braunschweig