Wie werden die Grenzwerte für Luftschadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide festgelegt?
Das Umweltbundesamt präsentierte am 31.01.2017 die vorläufigen Luftverschmutzungsdaten für 2016. Nur eine von 378 Messstationen meldete mehr Überschreitungen des zulässigen Tagesmittelwerts für Feinstaub (PM10) als erlaubt. An 35 Tagen im Jahr wäre das laut Gesetz noch in Ordnung, die Messstation Stuttgart Neckartor kommt auf 63 Tage. Damit ist 2016 das Jahr mit der geringsten Feinstaubbelastung in diesem Jahrhundert. Das Umweltbundesamt erklärt das aber nur bedingt mit Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Ein wichtiger Grund ist auch: Es gab keine länger anhaltenden Wetterlagen wie in kälteren Wintern, die hohe Feinstaubkonzentrationen über längere Zeit mit sich gebracht hätten.
Bei Stickstoffdioxid NO2 liest sich die Bilanz anders: An den meisten der mehr als 500 Messstationen werden die Jahresgrenzwerte zwar eingehalten. Überschreitungen verzeichnen hier ausschließlich verkehrsnahe Messstationen. Eine flächendeckende Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte ist damit nicht gelungen und scheint in weiter Ferne.
Was bedeuten Grenzwerte, die nicht konsequent eingehalten werden und derzeit, wenn auch nur punktuell, beliebig oft überschritten werden?
Die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung sind nach Ansicht der Wissenschaft erheblich. Zudem hat der Einzelne kaum die Möglichkeit, einer Exposition zu entgehen – anders als bei anderen Schadstoffen wie dem Zigarettenrauch. Die Europäische Umweltagentur EEA schätzt, dass allein in Europa jedes Jahr mehr als eine halbe Million Menschen aufgrund der Luftverschmutzung vorzeitig versterben. Bei strikter Einhaltung der Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO gäbe es gut 150.000 vorzeitige Todesfälle weniger. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es wäre, durch flächendeckende Einhaltung der Grenzwerte die Gesundheit möglichst vieler Menschen zu schützen.
In diesem Factsheet informiert Sie das Science Media Center Germany, wie die bestehenden Grenzwerte festgelegt und begründet werden. Dieses Factsheet beschränkt sich auf die Betrachtung der Grenzwerte und ihrer Festlegung, Abhandlungen zu den konkreten gesundheitlichen Auswirkungen finden sich unter [2], S.87 ff und [3].
Hier können Sie das Fact Sheet als PDF herunterladen.
Beispiel Feinstaub PM2.5
WHO | IT-1 | 35 µg/m3 Jahresmittelwert |
IT-2 | 25 µg/m3 Jahresmittelwert | |
IT-3 | 15 µg/m3 Jahresmittelwert | |
Empfehlung | 10 µg/m3 Jahresmittelwert | |
EU | Grenzwert | 25 µg/m3 Jahresmittelwert |
[1] Air Quality in Europe – 2016 report; European Environment Agency.
[2] WHO Air quality guidelines for particulate matter, ozone, nitrogen dioxide and sulfur dioxide, Global update 2005.
[3] IARC-Monographie „Outdoor Air Pollution“, 2016.
[6] Air Quality in Europe – 2015 report; European Environment Agency, S. 44 f.
[7] Grenzwerte in anderen Ländern
[9] Health risks of air pollution in Europe – HRAPIE (2013): Recommendations for concentration–response functions for cost–benefit analysis of particulate matter, ozone and nitrogen dioxide.
[10] Health effects of particulate matter, WHO Europe, 2013.
Karte mit der aktuellen Luftqualität weltweit, Auflösung global bis regional, Echtzeit.
Air Quality and Health, European Respiratory Society.