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11.07.2019

Zusatznutzen von neuen Medikamenten

Wie können Arzneimittel mit mehr Nutzen für den Patienten entwickelt und zugelassen werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) aus Köln in einem aktuellen Papier.

Seit 2011 ist das IQWiG durch das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) in Deutschland damit beauftragt, den Zusatznutzen von neu zugelassenen Arzneimitteln zu bewerten. Seine Berichte gehen an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der nach einer standardisierten Prozedur über den Zusatznutzen entscheidet und damit die Grundlage schafft für Verhandlungen über den Preis des Arzneimittels und die Kostenübernahme durch Krankenkassen.

Laut der aktuellen Analyse zwischen 2011 und 2017 hat das IQWiG 216 neu auf den deutschen Markt gekommene Arzneimittel hinsichtlich ihres Zusatznutzens bewertet. Bei 58 Prozent konnte das Institut keinen Zusatznutzen im Vergleich zur Standardtherapie attestieren. In bestimmten Fachbereichen fanden die Bewerter besonders wenig zusätzlichen Nutzen: In der Psychiatrie/Neurologie wiesen nur sechs Prozent der Wirkstoffe einen Zusatznutzen auf.

Diese Analyse ihrer eigenen Berichte – die mit aktuelleren Zahlen und auf Deutsch auch im Jahresbericht 2018 zu finden ist [I] – nehmen die Autoren nun zum Anlass, Vorschläge für die bestehende Gesundheitspolitik in Europa zu machen, wie Arzneimittel effizienter und stärker an Patienten orientiert entwickelt werden könnten. Beispielsweise sollten regulatorische Behörden von den Herstellern der Arzneimittel verstärkt Daten aus aktiv-kontrollierten Studien – also dem Test des neuen Arzneimittels gegen die Standardtherapie – statt aus Plazebo-kontrollierten Studien einfordern. Darüber hinaus könnte die Gesundheitspolitik einen stärker proaktiven Part in der Entwicklung einnehmen und vorgeben, in welchen Bereichen neue Arzneimittel entwickelt werden sollen.

Die Autoren veröffentlichten ihre Analyse und die daraus abgeleiteten gesundheitspolitischen Vorschläge im Fachjournal „The BMJ“ (siehe Primärquelle).

 

Übersicht

  • Dr. Dawid Pieper, Leiter der Abteilung Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Private Universität Witten/Herdecke
  • Prof. Dr. Ulrich M. Gassner, Kodirektor des Instituts für Bio-, Medizin- und Gesundheitsrecht (IBGM) an der Juristischen Fakultät, Universität Augsburg
  • Prof. Dr. Reinhard Busse, Leiter des Fachgebiets Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin

Statements

Dr. Dawid Pieper

Leiter der Abteilung Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Private Universität Witten/Herdecke

„Diese Ergebnisse sind nicht neu. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) ist ein Vorbild an Transparenz, so dass die Ergebnisse der AMNOG-Bewertung (Bewertungen des Zusatznutzens nach dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG); Anm. d. Red.) grundsätzlich jedem Bürger frei zugänglich sind, jedoch nur auf Deutsch (es sind jedoch Zusammenfassungen auf Englisch verfügbar; Anm. d. Red.). Die Publikation stellt die Ergebnisse nun einem weiten internationalen Publikum vor und diskutiert sie in einem anderen Kontext. So ist beispielsweise die vorgestellte Idee, dass mehr Studien anstatt gegen Plazebo gegen die beste verfügbare Standardtherapie getestet werden sollten, nicht wirklich etwas Neues. Die Forderung ist alt, der Umsetzungswille hingegen nicht stark ausgeprägt.“

„Grundsätzlich kann man sich darüber streiten, ob das Ergebnis der Analyse denn so schlecht ist. Es kann nicht erwartet werden, dass alle neuen Medikamente einen Zusatznutzen attestiert bekommen. Es geht dabei immer noch um Forschung und Entwicklung und da kann nicht alles gelingen. Sicherlich kann man aber versuchen, den Anteil der Medikamente mit hohem Zusatznutzen zu erhöhen, aber nur indem bessere Studien gemacht werden und nicht indem die zurecht hohen Standards der AMNOG-Bewertung aufgeweicht werden.“

Auf die Frage, inwiefern sich eine VIelzahl an „Parallelprodukten“ mit gleicher Wirkung auf den Verbraucher/den Patienten auswirken kann:
„Für den Patienten kann dies unter Umständen verwirrend sein – ‚die Pille für das Herz war doch bisher immer weiß, wieso ist sie jetzt orange und sieht anders aus?‘“

„Wenn man etwas ändern möchte, dann gehen die Vorschläge des IQWiG in die richtige Richtung. Das alles ist jedoch nicht allein ein europäisches Problem, sondern vielmehr ein globales, denn die Pharmakonzerne agieren international. Und so will es die Marktwirtschaft, diese müssen nun mal Geld mit ihren Produkten verdienen, das darf man dabei nicht aus den Augen verlieren. Wie ein optimales System aussehen kann, wenn es das überhaupt geben kann, ist nicht leicht zu beantworten.“

„Hinter der Bewertung des Zusatznutzens steht ein immenser Aufwand – übrigens ist das ganze Prozedere, wie auch die Bewertungskriterien, im Internet frei verfügbar. Ich halte das Verfahren für gut, aber es ist natürlich nicht alles in Stein gemeißelt. Es wird immer wieder nachjustiert werden müssen, allein schon, weil sich auch die Methoden weiterentwickeln.“

Prof. Dr. Ulrich M. Gassner

Kodirektor des Instituts für Bio-, Medizin- und Gesundheitsrecht (IBGM) an der Juristischen Fakultät, Universität Augsburg

„Es handelt sich um keine wissenschaftliche, sondern um eine gesundheitspolitische Arbeit, wobei die Autor*innen ihre Froschperspektive aus dem IQWiG zum Ausgangspunkt nehmen, ein Politikversagen zu konstatieren. Damit haben sie sich überhoben. Wer wie die Autor*innen – im Ausgangspunkt zu Recht! – für ein patientenzentriertes Gesundheitssystem plädiert, hätte besser erst einmal vor dem eigenen Hof gekehrt. Denn das IQWiG ist eine Institution, die selbst das Politikversagen insofern repräsentiert, als es Stellungnahmen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorbereitet und damit einer Institution zuarbeitet, die personell deshalb nicht ausreichend demokratisch legitimiert ist, weil in ihr die Patientenvertreter schlicht kein Stimmrecht haben.“

„Dementsprechend gibt es denn auch viele Beispiele, in denen Patienten die Opfer der restriktiven Rotstiftperspektive des IQWiG waren. Ein in anderen Ländern erhältliches Arzneimittel wird dann eben in Deutschland vom Markt genommen.“

„Ein Beispiel, das in der Vergangenheit nicht nur bei Patienten (Petition zum Bundestag), sondern auch unter den Fachärzt*innen, in deren grundrechtlich geschützte Therapiefreiheit eingegriffen wird, für viel Wirbel gesorgt hatte: der Wirkstoff Perampanel (Fycompa) zur Behandlung von Epileptikern. Der paternalistische ‚One size fits all-Ansatz‘ wurde zu einem echten Problem. Denn das Ansprechen auf Antiepileptika ist sehr individuell und das Medikament hatte angeblich keinen Zusatznutzen. Das ist ein Systemfehler, der zu einer Benachteiligung von der in Deutschland ansässigen Wohnbevölkerung führt, ein Fall politisch gewollter Inländerdiskriminierung.“

„Neu ist an dem Artikel nur die Kompilation von Ansätzen, die im Zweifel noch mehr dazu beitragen, Arzneimittelinnovationen zu behindern und damit den Patientinnen und Patienten einen Verlust an Lebensjahren verschaffen.“

„Parallelprodukte (Analogpräparate) bilden oft ein wesentliches Element der Strategien der Pharmaindustrie, auf Kosten der Allgemeinheit Scheininnovationen in die Krankenversorgung zu implementieren. Insofern ist die Rotstiftperspektive gerechtfertigt. Allerdings ist es weder unter theoretischen noch unter praktischen Gesichtspunkten wissenschaftlich gerechtfertigt, Analogpräparate – die vielfach, so auch von den Autor*innen, abwertend als Me-too-Arzneimittel bezeichnet werden – generell als überflüssig beziehungsweise nur kostensteigernd zu bewerten. Da in vielen Fällen das erste Mittel einer neuen Wirkstoffgruppe noch nicht das Bestmögliche darstellt, lassen sich mit Analogpräparaten häufig noch Optimierungen erreichen. Man muss also jeden Einzelfall prüfen. Der normale Fortschritt im Bereich klassischer Arzneimittel vollzieht sich eben oft in Gestalt von Schrittinnovationen, die gerade auch für den Patienten von besonderem Vorteil sein können. Relevante Beispiele, bei denen Analogentwicklungen unstrittig zu bedeutsamen therapeutischen Fortschritten geführt haben, sind unter anderem Penicilline, Cephalosporine, Gyrasehemmer, Diuretika, alpha- und beta-Adrenozeptoren- sowie Calciumkanalblocker, ACE-Hemmer, Antikoagulanzien, Fibrinolytika, Antiasthmatika, Analgetika, Lokalanästhetika, Muskelrelaxantien, Antiepileptika, atypische Neuroleptika, Benzodiazepine, Antidementiva aus der Gruppe der Cholinesterasehemmer, Parasympatholytika, H1- und H2-Antihistaminika, Protonenpumpenhemmer, Bisphosphonate, Hormone oder Zytostatika.

„Wir brauchen neue Ansätze im Bereich der Arzneimittelzulassung, und zwar nicht deshalb, weil die IQWiG dieser Welt Probleme mit dem Einsatz ihres Rotstifts haben, sondern weil die bestehende Gesetzgebung die Entwicklung zur P4-Medizin noch nicht ausreichend reflektiert – P4 steht für präventiv (Vorbeugung und Früherkennung), personalisiert (individuelles genetisches Profil), partizipativ (Mitbeteiligung an der Therapieentscheidung) und präzise (molekulare Diagnostik und Therapie mit neuen Technologien). Man muss sich einmal klarmachen, dass europaweit seit 2008 nur zehn Arzneimittel für neuartige Therapien zugelassen wurden [1]. An dieser Stelle muss man ansetzen. Wir benötigen gerade in Europa beschleunigte Zulassungsverfahren, um die europäischen Patient*innen nicht gegenüber den amerikanischen zu benachteiligen. Sicherheitsaspekte sind natürlich relevant. Sie können und müssen aber durch eine bessere Personalausstattung der Zulassungsbehörden aufgefangen werden.“

„Die Frage, wie wir das Gesundheitssystem vor unnötigen Kosten schützen, ist eine ganz andere Problematik. Diese ‚vierte Hürde‘ – nach der Prüfung der Arzneimitteltrias Sicherheit, Qualität, Wirksamkeit – ist, wie die Autor*innen zutreffend erwähnen, auf der EU-Ebene in der Diskussion. Solche HTA-Institutionen (Health Technology Assesment, die evidenzbasierte Bewertung von medizinischen Verfahren; Anm. d. Red.) wie das IQWiG sollten aber konsequenterweise europäisiert werden. Andernfalls kommt es zu Doppelprüfungen und das lebensrettende Krebsmedikament wird, wie so oft, erst später als in den USA und nach dem Tode des Betroffenen zugelassen.“

„Im Übrigen geht die Pharmaindustrie schon bei superteuren Therapien gewissermaßen in Vorleistung und bietet ein von den Autor*innen nicht erwähntes Kostenerstattungsmodell. Das Stichwort heißt ‚Pay for Perfomance‘: Cash gibt es nur, wenn das Medikament auch dem Patienten/der Patientin wirklich hilft – und das hängt oft von der jeweiligen Gen-Ausstattung ab. Hier müssen wir weiterdenken.“

„Die Methodik der IQWiG-Erhebungen ist inzwischen einigermaßen ausgefeilt, blendet aber neuere Entwicklungen der evidenzbasierten Medizin aus – das Stichwort heißt hier zum Beispiel Real World Data. Ich halte nichts davon, die Maßstäbe im HTA-Bereich und im Zulassungsbereich zu vermischen. Für Europa geht das ohnehin schon rechtlich nicht, solange keine HTA-Verordnung verabschiedet wurde. In der Sache werden zwei systemische Maßstäbe vermischt: Die Zielsetzung der beiden Verfahren Arzneimittelzulassung und Nutzenbewertung sind grundlegend unterschiedlich. Ziel der Zulassung ist die Gefahrenabwehr durch die Evaluation von therapeutischer Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, also eine Abwägung von Nutzen versus Risiko. Hingegen hat die frühe Nutzenbewertung eine Verbesserung der Versorgungsqualität mit Arzneimitteln sowie die Identifikation der zweckmäßigsten Arzneimittel zur indikationsspezifischen Krankenbehandlung zum Ziel. Dies erfolgt über die Bewertung von Nutzen und Zweckmäßigkeit. Demensprechend braucht es für die Studien unterschiedliche Komparatoren und Endpunkte (Parameter). Die Unternehmen müssen sich hier eben auf die unterschiedlichen nationalen Rotstift-Sichtweisen einstellen. Das verursacht überflüssige Wohlstandsverluste in einem Gesundheitssystem, das auf effektive und effiziente Ressourcenallokation angewiesen ist, um auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung finanzierbar zu bleiben.“

Prof. Dr. Reinhard Busse

Leiter des Fachgebiets Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin

„Die Autoren des IQWiG berichten hier über die von ihnen getroffenen Arzneimittel-Bewer­tungen in den ersten sieben Jahren seit Einführung des AMNOG (Arzneimittelmarkt­-Neu­ord­nungsgesetzes). Da die in dieser Arbeit berichteten Ergebnisse laufend berichtet werden, sind sie nicht wirk­lich neu, sondern zumindest der Fachöffentlichkeit bekannt. Das IQWiG bewer­tet die neuen Medikamente, beziehungsweise die Medikamente mit erweiterter Zulassung, auf Basis der vom Hersteller in einem Dossier zusammengestellten Daten. Dass dabei ein gewisser Ermes­sensspielraum existiert, zeigen die im Artikel (in Box 1) ebenfalls berichteten ‚endgültigen‘ Bewertungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA): Dieser war etwas ‚großzügiger‘ und beschei­nigte ‚nur‘ 53 Prozent der Medikamente keinen Zusatznutzen. Auf der anderen Seite kennen wir auch die Resultate eines ähnlichen Bewertungsprozesses in Frankreich, wo dieser Anteil seit Jahren deutlich höher ist.“

„Das AMNOG-Verfahren ist ja eingeführt worden, weil – aus weniger systematischen Unter­suchungen – bekannt war, dass ein substanzieller Teil der neuen Medikamente gegenüber schon auf dem Markt befindlichen keinen therapeutischen Fortschritt darstellen. Insofern darf das im Artikel präsentierte Ergebnis, das dies bestätigt, auch nicht verwundern. Während seit 2011 hierüber also deutlich mehr Klarheit herrscht, und sich ein Zusatznutzen auch in einem – oftmals deutlich – höheren Preis niederschlägt, sind wir auf der anderen Seite inkon­sequenter im Umgang mit der Mehrheit der neuen Medikamente, nämlich den 58 Prozent (laut IQWiG) beziehungsweise 53 Prozent (laut G-BA) ohne Zusatznutzen. Denn diese sind ja in Deutschland für den Patienten trotzdem verfügbar und erhöhen zwar die Wahl, aber zugleich auch die Unüber­sichtlichkeit des Angebotes. Gleiches gilt, wenn der Zusatznutzen nur für eine Untergruppe der Patienten festgestellt wird – was bei 37 der 89 Medikamente mit Zusatznutzen der Fall war. In anderen Ländern wird die Erstattungsfähigkeit oftmals auf Medikamente mit Zusatz­nutzen beziehungsweise auf Patientengruppen mit Zusatznutzen eingeschränkt.“

„Das Zulassungsverfahren für Arzneimittel wurde auf europäischer Ebene als Konsequenz aus dem Contergan-Skandal Anfang der 1960er eingeführt. Seitdem muss der Hersteller in klinischen Studien zeigen, dass sein Medikament auch wirksam ist, wobei die Kontrollgruppe klassischerweise ein Plazebo erhält – also keine aktive Therapie. Dieses Verfahren ist bewährt, aber von zwei unterschied­lichen Seiten in Diskussion. Auf der einen Seite wird gesagt, dass solche klinischen Studien zu lange dauern und Patienten daher nicht schnell genug von neuen Medikamenten profitieren. Dies hat insbesondere bei Krebsmedikamenten zu einer Lockerung der Zulassungsvor­schriften geführt – mit dem Ergebnis vieler neuer Medikamente in diesem Bereich, aber auch wenig(er) Daten zu ihrem Nutzen, was das IQWiG zu Recht bemängelt. Auf der anderen Seite wird gesagt, dass das Verfahren, der Kontrollgruppe nur Plazebo zu geben – was immer noch am häufigsten ist, nämlich bei 64 der 125 im Artikel angesprochenen Medikamente –, ja die wirkliche Versorgung nicht abbildet. Sondern dass der Vergleich eines neuen Medikaments gegenüber der derzeitigen Standard­therapie erfolgen sollte – was das IQWiG aus gutem Grund fordert.“

„Arzneimittel werden zweimal bewertet, zunächst von der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) auf ihre Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität hin und dann national auf ihren Nutzen (das heißt, die für Patienten wirklich relevanten Ergebnisse) und ihren Zusatznutzen gegenüber der bishe­ri­gen Standardtherapie. Das sind unterschiedliche Fragen, die auch unterschiedlich angegangen werden sollten. Das Problem ist, dass auch die Bewertung von Nutzen und Zusatznutzen zumeist auf Grundlage der Zulassungsstudien erfolgt, die häufig gegenüber Plazebo statt einer echten Therapie durchgeführt werden (und manche Endpunkte nicht gemessen werden). Bei Kontrollgruppen und Endpunkten ist daher, wie vom IQWiG gefordert, eine Änderung dringend notwendig. Zusätzlich sollten, was im Artikel nicht erwähnt wird, auch die Institutionen wie das IQWiG über Landesgrenzen hinweg in der EU zusammenarbeiten, wie dies 2018 von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde. Dadurch könnte auch der Druck auf die forschenden Arzneimittelhersteller erhöht werden, für die Bewertung von Medikamenten aussagekräftigere Studien durchzuführen.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Dr. Dawid Pieper: „Ich gebe an, dass ich im Auftrag des IQWiG, wo alle Autoren tätig sind, regelmäßig Projekte durchführe, wofür meine Abteilung Geld bekommt.“

Prof. Dr. Ulrich M. Gassner: „Natürlich habe ich im Laufe der Zeit auch schon für viele Institutionen, Unternehmen, Verbände, Ministerien Rechtsgutachten geschrieben, darunter auch pharmazeutische Unternehmen und ein Interessenverband der pharmazeutischen Industrie.“

Prof. Dr. Reinhard Busse: „Prof. Busse leitet das Fachgebiet Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin. Er beschäftigt sich schon seit den 90er Jahren mit der Bewertung von medizinischen Techno­lo­gien (Health Technology Assessment). Er hat bezüglich des IQWiG beziehungsweise der diskutierten Studie keinen Interessens­konflikt. Sein Fachgebiet hat 2018 vom IQWiG Geld zur Durch­führung einer Studie erhalten, allerdings bei einer nicht-medikamentösen Fragestellung.“

Primärquelle

Wieseler B et al. (2019): New drugs: where did we go wrong and what can we do better? The BMJ; 366: l4340. DOI: 10.1136/bmj.l4340.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden 

[1] Paul-Ehrlich-Institut: Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP). 

Literaturstellen, die von SMC zitiert wurden

[I] IQWiG: Flyer, Jahresberichte und Broschüren. Dort Download des Dokuments: AMNOG-Bewertungsergebnisse 2018. 

Weitere Recherchequellen

National Institute for Health and Care Excellence (NICE): Technology appraisal processes. Das NICE ist das Pendant zum deutschen IQWiG im Vereinigten Königreich. 

Griffiths EA (2015): The german nice or the german nasty? An analysis of iqwig decisions and requirements for an ‘added benefit'. Value in Health; 18 (7): A335. DOI: 10.1016/j.jval.2015.09.112. 

Makady A et al. (2018): Using Real-World Data in Health Technology Assessment (HTA) Practice: A Comparative Study of Five HTA Agencies. Pharmacoeconomics; 36 (3): 359-368. DOI: 10.1007/s40273-017-0596-z. 

Kleijnen S et al. (2015): European collaboration on relative effectiveness assessments: What is needed to be successful? Health Policy; 119 (5): 569-76. DOI: 10.1016/j.healthpol.2015.01.018.