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17.09.2019

Schädliche Chemikalien in Alltagsprodukten aus Plastik

Drei Viertel der Alltagsprodukte aus Plastik enthalten schädliche Chemikalien. Zu diesem Ergebnis kommt das Autorenteam um Lisa Zimmermann von der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für diese Studie 34 Alltagsprodukte aus Kunststoff untersucht – etwa Joghurtbecher, Mehrwegtrinkflaschen und Gefrierbeutel. Diese Produkte bestanden aus acht verschiedenen Kunststofftypen, darunter PET, PVC und Polyurethan. Sie fanden in den Proben insgesamt 1.411 Substanzen, von denen 260 exakt identifiziert werden konnten. In-vitro-Zelltests zeigten: 74 Prozent der untersuchten Alltagsprodukte enthielten Chemikalien, die mindestens eine der untersuchten negativen Auswirkungen hatten, also etwa oxidativen Stress auslösten oder zelltoxisch waren.

Die Studie erschien im Fachjournal Environmental Science & Technology (siehe Primärquelle).

 

Übersicht

  • Prof. Dr. Wolfgang Dekant, Professor am Lehrstuhl für Toxikologie, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Statements

Prof. Dr. Wolfgang Dekant

Professor am Lehrstuhl für Toxikologie, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

„Kunststoffe mit Lebensmittelkontakt verbessern die Haltbarkeit und die mikrobiologische Sicherheit von verpackten Lebensmitteln und erhalten Geschmack und Aroma bei Lagerung. Wie schon lange bekannt, enthalten viele Kunststoffe aus technischen Gründen weitere Chemikalien.“

„Die Bestimmung der in Kunststoffen enthaltenen chemischen Stoffe in Kombination mit wenig aussagekräftigen Toxizitäts-Prüfungen sagt nichts über eventuelle Gesundheitsrisiken bei Verzehr von verpackten Lebensmitteln aus. Gesundheitsrisiken sind abhängig vom Übergang der Inhaltsstoffe des Kunststoffs in das verpackte Lebensmittel – der sogenannten Migration – und dem Ausmaß des Verzehrs des spezifischen Lebensmittels.“

„Behörden wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA oder die US-amerikanische Behörde für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit FDA nutzen daher das Migrationsverhalten der Inhaltsstoffe, ihre Wirkstärke in anerkannten toxikologischen Prüfverfahren und den Verzehr der mit einem bestimmten Kunststoff verpackten Lebensmittel als Basis für Bewertung und Zulassung von Kunststoffen mit Lebensmittelkontakt. Die in der Publikation angewendeten Toxizitäts-Prüfungen werden von Behörden nicht als Methoden zur Charakterisierung toxischer Wirkungen anerkannt.“

„Die in der Studie gewählten toxikologischen Endpunkte sind unsinnig. Jeder Stoff ist irgendwann zytotoxisch oder bedingt über allerlei Mechanismen sogenannten oxidativen Stress. Ich sehe auch keinen möglichen Zusammenhang zwischen der ‚baseline toxicity‘ in einem Mikroorganismus und einer Toxizität in Säugern/Menschen. Dazu kommt, dass die in den Proben keine Biotransformation beobachtet werden kann. Bei vielen Endpunkten aber – wie zum Beispiel den antiandrogenen Wirkungen bestimmter Phthalatester – sind Umwandlungsprodukte im Körper für die Wirkungen verantwortlich.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Prof. Dr. Wolfgang Dekant: „Ich habe für EFSA, die FDA und auch für Hersteller von Kunststoffen bestimmte Inhaltsstoffe als Gutachter nach anerkannten wissenschaftlichen Kriterien bewertet.“

Primärquelle

Zimmermann L et al. (2019): Benchmarking the in Vitro Toxicity and Chemical Composition of Plastic Consumer Products. Environ. Sci. Technol. doi: 10.1021/acs.est.9b02293.