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22.05.2023

Klimafreundliches Kühlen in Deutschland

     

  • Bedarf nach Kühlung steigt in Deutschland durch Klimawandel und alternde Bevölkerung
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  • Büro für Technikfolgenabschätzung macht Vorschläge für klimafreundliche Kühlsysteme
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  • Forschende betonen, dass technische und städtebauliche Lösungen verzahnt werden müssen
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Häuser oder Wohnungen mit Klimaanlagen zu kühlen, war in Deutschland lange kein Thema. Doch zwei Entwicklungen werden das ändern: Zum einen steigen durch den Klimawandel die Temperaturen gerade im Sommer stark, zum anderen wird die Bevölkerung in Deutschland immer älter. Gerade alte Menschen sind durch hohe Temperaturen besonders gefährdet. Klimaanlagen schützen vor den Risiken zunehmender Hitze, doch zugleich sind sie oft klimaschädlich: viele Kühlmittel sind sehr starke Treibhausgase – ein Teufelskreis. Ein Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) beim Deutschen Bundestag beschreibt nun, wie sich in Deutschland klimafreundliche Kühlsysteme etablieren ließen, er wird am kommenden Montag erscheinen (siehe Primärquelle).

Die Autorinnen und Autoren präsentieren eine Reihe von Vorschlägen, wie Kühlsysteme klimafreundlicher gestaltet werden könnten – technisch etwa durch den Einsatz von natürlichen Kältemitteln mit geringem Treibhausgaspotenzial, Quartierskälte oder durch Wärmepumpen. Weiter lässt sich der Bedarf nach Kühlung reduzieren, wenn Städte zum Beispiel Straßen und Gebäude begrünen oder Windschneiden für kühle Nachtwinde freihalten. Auch Verhaltensänderungen – wie die Einführung einer Siesta nach dem Vorbild südlicher Länder oder Kälteräume – könnten helfen, mit zunehmender Hitze umzugehen, ohne mehr kühlen zu müssen.

2017 machten Kühlsysteme 14 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland aus. Ein Viertel davon entfiel auf Klimaanalagen und ein Fünftel auf Haushaltsgeräte wie Kühlschränke. In Klimaanlagen wie Kühlschränken werden häufig potente Treibhausgase als Kältemittel verwendet, etwa fluorierte Gase (F-Gase). Deren Treibhausgaspotenzial ist 100- bis 24.000-mal größer als das von CO2, und sie können bei der Herstellung, dem Gebrauch und der Entsorgung aus den Kühlsystemen entweichen. Die EU plant daher auch eine Überarbeitung ihrer F-Gase-Richtline.

Das Büro für Technikfolgenabschätzung berät den Bundestag bei technisch-wissenschaftlichen Themen. Die Fachausschüsse des Bundestags können Untersuchungen beantragen, die die Mitglieder des TAB dann in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus dem jeweiligen Bereich erstellen. Die TAB-Berichte gehen über verschiedene Wege in die parlamentarische Arbeit ein, oft als Grundlage für Gespräche in den Fachausschüssen.

Das SMC hat Forschende gebeten, die Vorschläge des TAB-Berichts für nachhaltige Kühlung in Deutschland einzuschätzen und zu erklären, wo die Hürden bei der Umsetzung liegen können.

Übersicht

     

  • Dr. André Kremonke, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung, Institut für Energietechnik, Technische Universität Dresden
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  • Dr. Gerrit Füldner, Leiter des Teams Sorptionstechnologie, Geschäftsbereich Thermische Systeme und Gebäudetechnik, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg
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  • Jens Hasse, Leiter des Teams Klimaanpassung und Stadtökologie, Fachbereich Umwelt, Deutsches Institut für Urbanistik
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Statements

Dr. André Kremonke

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung, Institut für Energietechnik, Technische Universität Dresden

„Der vorliegende Bericht analysiert die aktuelle Faktenlage zu den vor allem in urbanen Gebieten zunehmend steigenden sommerlichen Wärmebelastungen und deren Auswirkungen sehr umfassend. Dabei werden sowohl Möglichkeiten zur Vermeidung von Wärmebelastungen aufgezeigt, als auch Technologien zur Kompensation von Kühllasten analysiert. Sehr zielführend ist dabei die Bewertung der CO2-Emissionen, die bei der Deckung der Kühlenergiebedarfe und im Lebenszyklus der dafür eingesetzten Technologien entstehen. Dies bildet einen Hebel, um den Kreislauf aus CO2-Emissionen und der dadurch hervorgerufenen Klimaerwärmung zu bremsen.“

„Der Bericht beleuchtet nicht nur die gesundheitlichen, sozialen, infrastrukturellen und ökonomischen Auswirkungen steigender Kühlbedarfe, sondern ordnet diese verschiedenen Sektoren zu – privat, gewerblich, industrielle Nutzung und Transport. Auf dieser Grundlage erfolgt wiederum eine Zuordnung der verschiedenen Technologien mit ihren jeweils unterschiedlichen Eigenschaften – zum Beispiel Versorgungsaufgaben – und Spezifika – zum Beispiel eingesetzte Kältemittel. Dies ermöglicht die Abschätzung zukünftiger Entwicklungen hinsichtlich der CO2-Emissionen und kann als Grundlagen für Prognosen zu Entwicklungen auf dem Klimagerätemarkt genutzt werden.“

„Im Bericht wurde sehr anschaulich herausgearbeitet, dass Deutschland im weltweiten Vergleich besonders stark vom Erwärmungstrend betroffen ist. Für den Gebäudebereich werden Lösungen erforderlich, welche städtebauliche und bautechnische Konzepte besser miteinander verzahnen sowie die technischen Prozesse im Rahmen der Kältebereitstellung optimieren. Dies lässt sich im Bereich der Neubautätigkeit gut umsetzen. In diesem Bereich kann der Handlungsbedarf sehr gut mit bestehenden Lösungen gedeckt werden. Die Herausforderungen liegen vor allem im stark dominierenden Bereich der Bestandswohngebäude. Hier sind neue Lösungen erforderlich. Aktuelle Forschungsarbeiten zeigen beispielsweise, dass der Ansatz, bestehende Heizungsanlagen um die Möglichkeit eines Kühlbetriebes zu erweitern, erfolgversprechend ist und zu einer deutlichen Reduzierung von CO2-Emissionen führen kann.“

„Der Bericht ist lange überfällig und kann sicherlich sehr gut als Entscheidungsgrundlage für die Gestaltung politischer Prozesse herangezogen werden. Für den Gebäudebereich, welcher insbesondere durch Bestandswohngebäude repräsentiert wird, werden jedoch keine konkreten Strategien zur Bewältigung der sehr gut dargestellten Probleme aufgezeigt. Diese müssen zwingend – basierend auf dem vorliegenden Bericht – als Handlungsempfehlungen für Akteure, vor allem aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft, ergänzend herausgearbeitet und dabei deutlich enger mit politischen Vorgaben abgestimmt werden. Hierbei werden Wärmepumpentechnologien sicherlich dominieren, da sie sowohl für den Heiz- wie auch Kühlfall eingesetzt werden können. Dabei muss insbesondere das Potenzial der Geothermienutzung im Kühlfall herausgearbeitet werden. (Dabei wird die bei der Kühlung im Sommer entstehende Abwärme im Boden gespeichert und im Winter zum Heizen genutzt; Anm. d. Red.) Aktuelle Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass damit die Investitionskosten für eine Geothermienutzung im Heizfall deutlich gesenkt und der Kühlbetrieb mit minimalen Betriebskosten realisiert werden kann. Dies wäre hinsichtlich einer Gesamtkostenbetrachtung und der CO2-Emissionen eine attraktive Alternative zum Einsatz der unter anderem empfohlenen Klima-Splitgeräte und einer Verbesserung des Wärmeschutzes durch Wärmedämmung, welche hinsichtlich der Verringerung von Kühllasten häufig kontraproduktiv ist.“

Dr. Gerrit Füldner

Leiter des Teams Sorptionstechnologie, Geschäftsbereich Thermische Systeme und Gebäudetechnik, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg

„Der TAB-Bericht beschreibt aus meiner Sicht korrekt, dass und aus welchen Gründen der Kühlung von Lebensräumen in den kommenden Jahrzehnten auch in Deutschland eine immer wichtigere Rolle zukommen wird. Leider verpasst der Bericht die Chance, das Thema ,Nachhaltige Klimatisierung von Lebensräumen‘ integrierter zu betrachten. Heizung, Kühlung, Lüftung, Befeuchtung und Entfeuchtung von Lebensräumen müssen aus meiner Sicht im Zusammenhang betrachtet werden. Manche Lösungen für ein Einzelthema stehen wichtigen Aspekten eines anderen Themas entgegen, aber es können auch Synergien gefunden werden.“

„Es wurde auch verpasst, an aktuelle Arbeiten im Europäischen Kontext anzuknüpfen, zum Beispiel an eine Studie der European Environmental Agency von 2022 [1]. Der Bericht gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte und Möglichkeiten bei der Kühlung. Insbesondere im Bereich innovativer technischer Lösungen – zum Beispiel thermisch angetriebenen Sorptionskälteanlagen – gibt es allerdings sicherlich bessere Quellen als diesen Bericht.“

Auf die Frage, welche der im Bericht genannten Innovationen oder Verfahren in Deutschland Potenzial hat und wie sich diese am besten verzahnen lassen:
„Sowohl bei der Planung als auch bei der Nutzung von Gebäuden, Quartieren und Städten sollte die ,Trias Energetica‘ Anwendung finden: Zunächst sollte man den Bedarf durch passive Maßnahmen sowie angepasste Lebensweisen auf ein Minimum reduzieren. Dann sollte man den Energiebedarf möglichst über Erneuerbare decken. Drittens sollte man alle Energieträger – erneuerbar oder fossil – möglichst effizient nutzen. Insbesondere im Umgang mit Hitzewellen können wir in Deutschland sicher noch viel von südlicheren Ländern lernen – zum Beispiel nachts und frühmorgens zu lüften und tagsüber Verschattung zu nutzen, um die Tageshitze aus den Gebäuden zu halten. An vielen Stellen, auch in Bezug auf technische Lösungen, ist ein größeres Bewusstsein über Zusammenhänge und Möglichkeiten zur Schaffung eines angenehmen Raumklimas notwendig. Gezielte, leicht verständliche Informationskampagnen basierend auf fundierten Informationen und Gesamtzusammenhängen können hier ein gutes Instrument sein.“

„An dieser Stelle noch ein Statement zu einem sehr unerfreulichen und alles andere als nachhaltigen Aspekt des zunehmenden Bedarfs an Kühlung in Deutschland: Mobile Raumklimageräte, die Raumluft für die Rückkühlung nutzen und diese dann über einen Schlauch nach draußen befördern und damit gleichzeitig wieder warme Außenluft in den Raum ziehen, sollten verboten und nicht genutzt werden. Häufig zu beobachten war der Einsatz solcher Geräte in den letzten Jahren bei akuten Hitzewellen, da sie ohne Planungs- und Installationsaufwand nutzbar sind – man kann sie einfach im Baumarkt kaufen. Sie sind aber extrem ineffizient.“

Auf die Frage nach Hürden in der Umsetzung nachhaltiger Kühlung:
„Ein wichtiger Punkt für technische Lösungen zum aktiven Kühlen von Lebensräumen ist die Qualitätssicherung bei bestehenden und neuen Kälteanlagen: Die reale Performance bleibt oft hinter dem Potenzial zurück. Schön wäre hier ein großangelegtes Monitoring-Projekt, wie es zum Beispiel auch bei Wärmepumpen durchgeführt wird. Anfangen könnte man bei BAFA-geförderten Anlagen: Für diese müssen zweimal jährlich Verbrauchswerte gemeldet werden, die Angaben sind aber leider bisher nicht auswertbar.“

Jens Hasse

Leiter des Teams Klimaanpassung und Stadtökologie, Fachbereich Umwelt, Deutsches Institut für Urbanistik

Der vorliegende TAB-Bericht beschreibt und bewertet die zukünftige Rolle der Kühlung für Lebensräume in Deutschland vollständig und korrekt. Er ist sehr gut recherchiert und stellt die Problemlage und die bekannten Lösungsmöglichkeiten richtig und vollständig dar. Richtig sind auch die Zusammenhänge und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den urbanen oder nicht-technischen Kühlungsmöglichkeiten und dem Einsatz technischer Kühllösungen dargestellt: Eine klimaangepasste Stadtentwicklung, die klimabezogene Sanierung des Gebäudebestandes und der Bau klimagerechter Gebäude können den steigenden Bedarf an technischer Kühlleistungen und entsprechenden Geräten und Anlagen mindern.“

„Tatsächlich sind aber die Möglichkeiten, heutige Gebäude mit Schrägdächern oder nur wenig belastbaren Flachdächern mit Gründachlösungen auszustatten, begrenzt. Wichtig ist auch, dass Gründachlösungen nur dann zu einer Kühlung beziehungsweise zu einer gewissen Verdunstung beitragen können, wenn die eingesetzten Pflanzen ausreichend verdunstungsfähig sind – also beispielsweise keine Sukkulenten – und eine ausreichende Bewässerung gewährleistet ist. Dennoch ist es so, dass auch bei vorhandener Wohn- oder Gewerbebebauung durch eine verbesserte Isolierung, verbesserte Fenster, Verschattungselemente zur Sonnenseite und durch hellere Fassaden und Dachfarben ein deutlich besserer sommerlicher Wärmeschutz erreicht werden kann. Auch eine Fassadenbegrünung zur Südseite kann zur Verschattung – und damit zur Begrenzung der Aufheizung einer Fassade – beitragen. Bäume mit einem ausreichend großen Kronenvolumen und ausreichender Höhe können ebenfalls zu einer Verschattung von Gebäudeteilen und gleichzeitig zu zur Abkühlung der Gebäudeumgebung beitragen.“

„Beim Neubau und der Sanierung von Gebäuden kann nicht nur ein ausreichender sommerlicher Wärmeschutz berücksichtigt werden, sondern es kann die Nutzung bestimmter Räumlichkeiten oder beispielsweise die Fenstergröße nach der potenziell höchsten Belastung durch Temperatur und Sonneneinstrahlung bestimmt werden.“

„Diese Einschätzung gilt analog auch für Gewerbe- und Industriegebäude und -hallen. Hier sind neben der Akzeptanz bei den Unternehmer:innen für höhere Investitionskosten für klimagerechte Gebäude auch eine gute Information und Bewusstseinsbildung bezüglich der zukünftigen Hitzebelastungen und Betriebskosten von Kühlungsanlagen für den Arbeitsschutz und temperaturanfällige Produktionsverfahren und Produkte unabdingbar.“

„Auch im öffentlichen Raum – auf Straßen und Plätzen – können Bäume mit einer dichten, ausreichend großen Krone zur Kühlung durch Verdunstung und Verschattung beitragen. Auch anderes urbanes Grün wie Grünflächen, Büsche und Hecken können zu einer Minderung der Temperatur beitragen, sofern eine ausreichende Wasserverfügbarkeit für diese Vegetation gewährleistet ist. Es ist dabei wichtig, dass möglichst wenig Flächen durch wärmespeicherndes Material versiegelt sind, etwa durch Asphalt, Beton- oder Natursteinpflaster.“

„Mehr Stadtgrün im öffentlichen Raum, Dach- beziehungsweise Fassadenbegrünungen und ein konsequenter sommerlicher Hitzeschutz an Gebäuden können signifikante Beiträge zur Kühlung öffentlicher Räume, Straßen und Plätze sowie von Wohn- und Gewerbegebäuden in Siedlungsgebieten leisten, wenn diese Maßnahmen konsequent und insbesondere an potenziellen Wärmeinseln oder Hitze-Hotspots umgesetzt werden, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich.“

„Dazu gehört auch eine Stadtplanung, die sowohl für eine ausreichende Durchlüftung der Innenstädte und Stadtquartiere sorgt; Gebäude so im Stadtbild ausrichtet, das diese Flächen des öffentlichen Raums – beziehungsweise von gegenüberliegenden Gebäuden – verschatten. Die Bausubstanz sollte möglichst nicht weiter verdichtet, sondern vorhandene Frei- und Brachflächen für zusätzliches urbanes Grün genutzt werden.“

„Soziale Innovationen – also klimaangepasste Lebens- und Verhaltensweisen zur Hitze- und Gesundheitsvorsorge – erfordern, insbesondere bei Bürgerinnen und Bürgern, aber auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unter freiem Himmel arbeiten – im Bau, Garten- und Landschaftsbau, Polizei, Post oder Landwirtschaft – ein wesentlich besseres Verständnis bezüglich des Hitze- und Gesundheitsschutzes und Akzeptanz der zukünftig erforderlichen Verhaltensweisen innerhalb und außerhalb von Gebäuden. Hier ist eine vorsorgende Information und die Aufklärung in der Gesellschaft erforderlich – parallel zu den oben beschriebenen urbanen oder planerisch-baulichen Maßnahmen.“

„Effiziente und effektive technische Kühlungsanlagen werden allerdings auch in Zukunft für medizinische und pflegerische Einrichtungen und gegebenenfalls auch für wichtige lokale oder regionale Infrastrukturen erforderlich sein. Die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit von technischen Anlagen und Einrichtungen durch hohe Temperaturen, wie auch der Schutz von Kranken, Älteren, Kindern, Schwangeren oder chronisch Kranken, wird zu steigendem Kühlungsbedarf führen – selbst wenn die Gebäude und Anlagen schrittweise hitzerobust oder -abweisend gebaut werden.“

„Verzahnen lassen sich die drei Bereiche der nachhaltigen Kühlung insofern, als dass erstens sich das Verhalten der Bevölkerung und der Wirtschaft innerhalb und außerhalb von Gebäuden in Hitzeperioden verändern muss.“

„Parallel dazu sollten zweitens öffentliche und private Gebäude zukünftig zu einem Mindeststandard an sommerlichen Wärmeschutz gebaut oder saniert werden und gleichzeitig ausreichend Verschattung und Verdunstung durch mehr Bäume und anderes urbane Grün, mehr Grünflächen und gegebenenfalls Wasserflächen und Wasserzerstäuber im öffentlichen Raum geschaffen werden. Um insbesondere privaten Gebäudeeigentümern ein klima- und hitzegerechtes Bauen schmackhaft zu machen, sollten steuerliche oder andere finanzielle Anreizmechanismen geschaffen werden. Die positiven Wirkungen dieser Maßnahmen sollten durch regelmäßiges Monitoring und modelltechnische Analysen bestätigt werden oder aufzeigen, wo Nachbesserungsbedarf besteht.“

„Drittens sollten möglichst nur dort, wo konstante oder ausreichend niedrige Temperaturen innerhalb von Gebäuden und Anlagen erforderlich sind – die Kriterien dafür müssten noch erarbeitet werden – zukünftig noch nachhaltige Kühlungsanlagen eingesetzt werden. Die zu erwartenden steigenden Energiekosten sollten vorab realistisch eingeschätzt und in die in den Betriebskosten berücksichtigt werden. Es wird in jeder Hinsicht darauf ankommen, Gebäude und deren Nutzung zukünftig anders – hitzegerecht – zu planen und die zukünftigen, professionellen oder privaten Nutzer:innen frühzeitig und regelmäßig in der Nutzung ihres Gebäudes und in ihrem eigenen Verhalten in Hitzeperioden zu schulen.“

„Wie im gesamten Bereich der Klimavorsorge – das heißt, der vorausschauenden Anpassung an die zu erwartenden Auswirkungen der Klimakrise – wird es auch bei der nachhaltigen Kühlung darauf ankommen, ob die erforderlichen Veränderungen frühzeitig und im ausreichenden Maße umgesetzt werden, um zu große Aufheizung und finanzielle Belastungen zu vermeiden. Wenn Maßnahmen zur nachhaltigen Kühlung für einen besseren Hitze- und Gesundheitsschutz bereits bei der Konzeption und Planung von gebäudetechnischen Anlagen und dem öffentlichen Raum berücksichtigt werden, können höhere Kosten voraussichtlich weitgehend vermieden werden. Für steuerliche oder finanzielle Anreizsysteme wie Förderungen, grüne Kredite, genossenschaftliche Lösungen oder andere Geschäftsmodelle wird es seitens des Bundes und der Länder erforderlich sein, ausreichend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.“

„Gleiches gilt auch für die erforderlichen Investitionen in den Kommunen, für deren Gebäudeanlagen, Einrichtungen und öffentlichen Raum. Hierzu stehen beispielsweise Förderungen für den Städtebau für die Klimaanpassung, für den natürlichen Klimaschutz oder auch Budgets der nationalen Klimaschutzinitiative – für Nachrüstung technischer Lüftungs- und Klimaanlagen und ähnliches – zur Verfügung.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Jens Hasse: „Ich sehe durch mein Statement zu dem Bericht keine Interessenskonflikte, da wir uns am Difu als gemeinnützige Gesellschaft wissenschaftlich mit Teilen der Fragestellung, insbesondere Klimavorsorge, der Kühlung von öffentlichem Raum in Siedlungs- und Gewerbegebieten, aber eben auch mit der Frage des sommerlichen Hitzeschutz sowie der Hitze- und Gesundheitsvorsorge in Städten und Gemeinden beschäftigen, aber eben nicht als kommerzielle Organisation.“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Primärquellen

Jetzke T et al. (2023): Sustainable Cooling – nachhaltige Kühlungsstrategien. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). DOI: 10.5445/IR/1000158817.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Europäische Energieagentur (10.11.2022): Cooling buildings sustainably: exploring the links between climate change mitigation and adaptation, and their social impacts.