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13.02.2018

Drohnen als umweltfreundliche Paketlieferanten?

Lassen sich klimaschädliche Emissionen von Paketlieferungen durch den Einsatz von Drohnen auf der letzten Meile senken? Dieser Frage gehen Forscher aus den USA in einer Studie nach, die am Dienstag, 13.02.2018 im Journal Nature Communications erschien (siehe Primärquelle).
Die Autoren haben die Lieferung mit herkömmlichen Transportfahrzeugen und verschiedenen Klassen von Copter-Drohnen hinsichtlich des Energieverbrauchs und der CO2-Bilanz verglichen. Sie kommen zu dem Schluss, dass Drohnen bei der Lieferung von leichten Paketen (bis 0,5 kg) weniger Energie verbrauchen und Emissionen erzeugen. Ihr Einsatz könnte sich daher lohnen, um das Klima zu schützen. Jedoch sei ein erhöhter Energieverbrauch durch die benötigte Infrastruktur zu erwarten, der einen Vorteil von Drohnenlieferungen unter Umständen aufwiegt.

Übersicht

  • Dr. Sebastian Stütz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Verkehrslogistik, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), Dortmund
  • Prof. Dr. Stefan Levedag, Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Braunschweig

Statements

Dr. Sebastian Stütz

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Verkehrslogistik, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), Dortmund

 „Folgt man der Logik der Studie, müssten in einer Stadt wie Hamburg von vier bis fünf innerstädtischen Hubs aus alle B2C-Sendungen (Anm. d. Red.: Business-to-Consumer-Sendungen) täglich mit 150.000 Drohnenflügen zugestellt werden. Die breite gesellschaftliche Akzeptanz eines solchen Transportsystems darf bezweifelt werden.“

„Darüber hinaus besteht Paketlogistik auch nicht nur aus Zustellung an Endempfänger. Paketdienste nutzen gezielt Synergien, auf einer Fahrzeugtour Privatpersonen wie Unternehmen gleichermaßen zu bedienen. Speziell bei B2B-Sendungen (Anm. d. Red.: Business-to-Business-Sendungen) werden zahlreiche Sendungen pro Stopp zugestellt und abgeholt, während Drohnen dies aufgrund beschränkter Tragfähigkeit aktuell nicht leisten können.“

„Weitere Nachteile von Drohnen gegenüber dem Bodentransport sind zum Beispiel restriktive Regulierungen und Fluglärm. In einer Studie über Zukunftslösungen für die letzte Meile [1] sehen wir Flugdrohnen deshalb bei Sondereinsätzen. Alternativen könnten zum Beispiel autonome Transportroboter sein.“

Prof. Dr. Stefan Levedag

Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Braunschweig

„Es gibt einige Kritikpunkte, die mir aufgefallen sind:

  • Das Vergleichsfahrzeug des ‚electric truck’ hat in seiner Ausführung in Missouri einen höheren Energieverbrauch, als ein Diesel-Truck in Kalifornien. Das ist nicht nachvollziehbar, aber wichtig, da hier die Vergleichsgröße für eine Abwägung liegt.
  • Die gerade eingeführten E-Zustellfahrzeuge der Post sind mit Sicherheit energetisch wesentlich günstiger, als ein vergleichbares Dieselfahrzeug im Dauer-Teillastbereich mit vielen Stops und Kaltstarts.
  • Es wird ohne Diskussion unterstellt, dass eine Zulieferung durch eine Drohne genauso möglich ist, wie durch einen menschlichen Fahrer zum Beispiel durch UPS. Das ist jedoch unrealistisch. Ein menschlicher Fahrer kann bei (fast) jedem Wetter an jede Adresse liefern, eine Drohne nur sehr eingeschränkt, beispielsweise bei starkem Wind, Regen, Schnee, Dunkelheit, in Hochhäuser usw. Daraus wird ersichtlich, dass Vergleiche schon dadurch schwierig sind, dass keine vergleichbaren Lieferketten vorliegen. Energievergleiche sind daher mit großer Vorsicht zu genießen. Ich halte die letzte Meile der Zulieferung von Paketen nicht für ein realistisches Szenario, sondern eher die Zulieferung an dezentrale Verteilungszentren, wobei hier die mangelnde Reichweite der kleinen Fluggeräte ein Problem ist.
  • Über das Thema Sicherheit wurde nicht diskutiert, aber es ist keinesfalls sicher, dass ein Frachttransport über dicht besiedeltem Gebiet akzeptabel sein wird. Es wird zu Abstürzen und Verletzten und Toten kommen, die Politik wird aktiv werden müssen und die Anforderungen an die Sicherheit wird erhöht werden, mit erheblichen Folgen für den Betriebsaufwand und die Plattformkosten, von kriminellem Missbrauch ganz zu schweigen.
  • Mit einem Fluggerät den Schwebeflug durchzuführen, ist energetisch extrem viel aufwendiger, als mit einem bodengebundenen Fahrzeug eine Transportmission durchzuführen – hier tragen die Räder das Gewicht, nur der Widerstand muss energetisch überwunden werden, im anderen Fall muss aufwendig Auftrieb durch Rotoren erzeugt werden – das ist zudem auch noch laut und gefährlich.

Das Nachvollziehen der vorgelegten Formeln und Ergebnisse ist in der Kürze der Zeit und mit den angegebenen Informationen nicht möglich, ich kann daher die Ergebnisse nicht quantitativ beurteilen. Auf Grund der oben genannten Punkte bin ich jedoch skeptisch, was die Aussagekraft der Ergebnisse angeht.“

Mögliche Interessenkonflikte

Alle: Keine Angaben.

Primärquelle

Stolaroff et al. (2018): Energy use and life cycle greenhouse gas emissions of drones for commercial package delivery. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-017-02411-5.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Clausen et al. (2017): Die letzte Meile. ZF-Zukunftsstudie 2016.