Dieser monatliche Report des Science Media Centers (SMC) fasst die
aktuelle Füllstände der Gasspeicher in Deutschland und Europa zusammen.
In verschiedenen Szenarien auf der Basis historischer und aktueller
Füllmengen zeigen wir dabei auf einen Blick, ob die Betreiber derzeit
auf dem Weg sind, die gesetzlichen
Vorgaben für die Füllstände am 1. Oktober (85 Prozent) und 1.
November (95 Prozent) zu erreichen.
Im Gasspeicher Report finden Sie wichtige Kennzahlen zur Füllung der
Gasspeicher in Deutschland und Europa. Außerdem bietet er rasche
Orientierung darüber, ob die vorgegebenen Ziele der Bundesregierung nach
aktueller Entwicklung erreicht werden können, sowie eine kurze
Einordnung der Zahlen und ihrer Entwicklung – auch vor dem Hintergrund,
dass die Gasspeicher in Deutschland im Zweifelsfall für die
Gasversorgung in ganz Europa wichtig sind. So können Sie mit einem Blick
möglichst schnell erfassen, welche Gas-Versorgungslage im kommenden
Winter zu erwarten ist.
In allen Grafiken können Sie sich die Prozentwerte der Kurven zu
jedem Tag anzeigen lassen, wenn Sie mit der Maus über der entsprechenden
Linie hovern.
Die aktuelle Lage
Während Mitte August zeitweilig 0,61 Prozentpunkte pro Tag in
Deutschland eingespeichert wurden, liegt der Wert aktuell bei knapp
unter 0,5 Prozentpunkten. Das liegt auch daran, dass viele Speicher
bereits weit gefüllt sind. Es ist zu erwarten, dass sich die täglich
eingespeicherte Menge an Gas im Laufe des Septembers weiter verringert,
da viele Speicher bereits einen hohen Speicherstand erreicht haben.
Der Verlauf der Wachstumskurve in Österreich ist vergleichbar,
allerdings ist hier der Speicherstand noch deutlich niedriger.
Mit den gefüllten Speichern steht Deutschland deutlich besser da, als
zu Beginn des Ukrainekrieges befürchtet. Im Winter wird in der Regel der
zusätzliche Gasbedarf überwiegend nicht durch zusätzliche Importe,
sondern durch das Gas in den Gasspeichern gedeckt. Dieses Gas ist für
diesen Winter offenbar erst einmal vorhanden.
Der Wechsel zwischen niedrigen Verbräuchen im Sommer mit
Einspeicherungen und hohen Verbräuchen im Winter mit Ausspeicherungen
sieht man auch, wenn man beide Verläufe in einer Grafik darstellt. Die
Differenz ist zwar nicht konstant und in den Wintermonaten größer, im
Vergleich zu den Unterschieden beim Verbrauch sind die Schwankungen
allerdings gering. Sollte allerdings die Importmenge im Winter sinken,
kommt es darauf an, auch den Verbrauch zu senken. Der Verbrauch und
Speicherdaten entsprechen dem 10-jährigen
Mittel.
Szenarien für Deutschland
Wie die Szenarien der Bundesnetzagentur verdeutlicht haben, hängt
eine Vorhersage der Entwicklung der Speicherstände von vielen
Ereignissen ab, die zum Teil unvorhersehbar sind – wie zum Beispiel der
Höhe der Gaslieferung aus Russland. Die folgende Grafik zeigt Szenarien
für die Füllstände der Gasspeicher in Deutschland nach dem aktuellen
Lieferstopp von Gas aus Russland. Am 31.August hat Gazprom den Gasfluss
durch Nord Stream 1 erneut gestoppt, die Unterbrechung soll drei Tage
dauern. Noch ist unklar, ob und in welchem Umfang danach wieder Gas
durch die Pipeline fließt. Die Grafik zeigt drei Szenarien für den
Verlauf der Speicherstände bis zum 01. November. Danach ist davon
auszugehen, dass aufgrund des hohen Bedarfs kein Gas mehr eingespeichert
wird. Ein Szenario schreibt das aktuelle Wachstum einfach fort. Die
beiden anderen Szenarien berücksichtigen ein dauerhaftes Abschalten von
Nord Stream 1, das dritte zusätzlich einen erhöhten Gasverbrauch ab
September. Diese Szenarien sind keine genauen Prognosen! Sie bilden
unter vereinfachten Annahmen mögliche Entwicklungen ab. Viele weitere
Faktoren bestimmen ebenfalls den Verlauf der Speicherstände. So hat
Frankreich beispielsweise angekündigt, ab Herbst LNG-Gas
angekündigt über seine Terminals anzunehmen und nach Deutschland
weiterzuleiten. Das könnte den zu erwartenden höheren Verbrauch im
Herbst zumindest in Teilen ausgleichen, so dass die Speicher nicht so
schnell angetastet werden müssen. Die Szenarien zeigen: Mit dem
aktuellen Tempo erreichen die deutschen Gasspeicher früher als geplant
einen Füllstand von 95 Prozent. Durch die geplante Abschaltung von Nord
Stream 1 kann sich das verzögern. Bliebe Nord Stream 1 dauerhaft außer
Betrieb, kann das 95 Prozent Ziel rein rechnerisch unter aktuellen
Bedingungen noch Mitte Oktober erreicht werden. Da aber schon im
September der Gasverbrauch wieder steigen kann, wäre das Erreichen nicht
gesichert. Stiege der Verbrauch um 10 TWh pro Monat, wäre das Ziel nicht
mehr erreichbar.
Durchgezogene schwarze Linie: Das Wachstum der zum Zeitpunkt der
Veröffentlichung verfügbaren vergangenen sieben Tage wird einfach
fortgeschrieben.
Ergebnis: Im Vergleich zum Zeitpunkt des
letzen Reports hat sich die Geschwindigkeit des Zuwachses wieder etwas
beschleunigt. Mit dem aktuellen Wachstum wären die Gasspeicher nun
bereits um den 24.September zu 95 Prozent gefüllt.
Gestrichelte Linie: Das Wachstum der vergangenen verfügbaren
sieben Tage wird um 480 GWh reduziert und dieser Wert wird
fortgeschrieben. Der
Wert von 480 GWh entspricht dem täglichen Fluss durch Nord Stream 1
vor der Abschaltung am 31.August. Die Menge setzt sich aus dem direkten
Import durch Nord Stream 1 und dem von der Ostseepipeline
weitergeleiteten Gas, das in Waidhaus ankommt, zusammen.
Ergebnis: Das 95-Prozent-Ziel wird ebenfalls vorzeitig erreicht. Ein
Speicherfüllstand von 95 Prozent könnte bereits um den 13. Oktober
erreicht werden.
Gepunktete Linie: Das Wachstum der vergangenen verfügbaren sieben
Tage wird um 810 GWh reduziert und dieser Wert fortgeschrieben. In den
810 GWh ist der Wegfall von russischem Gas (480 GWh) und eine
Verbrauchssteigerung von 330 GWh pro Tag (10 TWh pro Monat)
berücksichtigt.
Ergebnis: Der Speicherstand beträgt in diesem
Szenario am 01.November knapp 92 Prozent. Das 95-Prozent-Ziel würde
damit um wenige Prozentpunkte verfehlt.
Einzelne Gasspeicher
Im folgende Grafik zeigt einzelne Speicher in Deutschland und
Österreich mit niedrigem Speicherstand. Für die Zeitpunkte rechts der
senkrechten Linie wurde der aktuelle Trend fortgeschrieben.
Die deutschen Speicher sind fast alle auf einem Kurs, mit dem sie
das 95-Prozent-Ziel erreichen können. Nur Etzel ESE (MET) gibt aktuell
Gas ab, dieser Speicher ist allerdings eher klein (0,6 Prozent Anteil an
der Gesamtspeicherkapazität).
Die beiden österreichischen Speicher mit niedrigem Speicherstand
(7 Fields und Haidach) sind aktuell nicht auf einem Kurs, mit dem auch
nur 90 Prozent Füllstand erreichbar sind. Aber auch hier wachsen die
Gasreserven jetzt stetig.
Das Volumen des Gasspeichers Haidach ist dabei wie das anderer
Gasspeicher zwischen verschiedenen Firmen aufgeteilt. Die Anteile werden
Scheiben genannt. Am 01.August wurde der Speicheranteil der
Gazprom-Tochter GSA in Haidach von der Regulierungsbehörde E-Control
übernommen. Dieser Speicheranteil ist nun teilweise dem RAG Storage Pool
und dem astora-Anteil des Haidach-Speichers zugeordnet.
Die Grafik weist die Speicherstände der beiden Scheiben des
Speichers Haidach, RAG und Haidach (astora), einzeln aus. Die
Einschnitte der Speicherverläufe von RAG und Haidach (astora) sind auf
eine Erhöhung der Kapazität dieser Speicher zurückzuführen.
Bei dieser Grafik können Sie einzelne Kurven ein- und ausblenden,
indem Sie auf die farbige Linie in der Legende klicken. Durch
Doppelklick kann eine Kurve einzeln angezeigt werden.
Verlauf der
Speicherstände in Deutschland
Hier zum Vergleich mit der Entwicklung 2022 die Speicherstände von
Deutschland in den vergangenen zehn Jahren. Aktuell sind die Speicher in
Deutschland zu fast 84 Prozent gefüllt. Der Füllstand um diese
Jahreszeit lag in der Vergangenheit auf sehr unterschiedlichem Niveau,
abhängig davon wie tief die Speicherstände im Winter gefallen sind. Im
Vergleich zu den Jahren mit tiefem Speicherstand (2013, 2015, 2017, 2018
und 2021) sind die Speicher aktuell sehr gut gefüllt, in keinem anderen
dieser Jahre hatten die Speicher bereits diesen Stand erreicht. Das ist
eine gute Entwicklung, ob es so weitergeht, werden die kommenden Monate
zeigen.
Bei dieser Grafik können Sie einzelne Kurven ein- und ausblenden,
indem Sie auf die farbige Linie in der Legende klicken. Durch
Doppelklick kann eine Kurve einzeln angezeigt werden.
Die Situation der Speicher
in Europa
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Ländern der EU, in der
Ukraine und im Vereinigten Königreich füllen sich die Speicher, oder
sind bereits gefüllt. Von der Reduktion des Gasflusses durch Gazprom ist
im Prinzip auch die Weitergabe von Gas in andere europäische Länder
betroffen. Allerdings konnten Flüssiggas-Transporte die reduzierten
Lieferungen aus Russland offenbar mindestens zum Teil kompensieren. Die
folgende Grafik zeigt, wie viel Gas in den Ländern Europas gespeichert
ist und wie weit die Speicher damit gefüllt werden. Zwar sind in vielen
Ländern die Speicher schon sehr weit gefüllt, doch einige Länder wie
Österreich, Ungarn, Lettland oder Bulgarien liegen – bezogen auf den
Füllstand ihrer Speicher – noch weit zurück. Die Speicher in der Ukraine
dürften aufgrund des Krieges ein Sonderfall sein. Die Kapazität und die
Füllstände können Sie sich wiederum anzeigen lassen, indem sie über den
entsprechenden Balken hovern.
Datengrundlage
Die Speicherstände der Gasspeicher entstammen dem Aggregated Gas Storage Inventory. Die
Daten werden zwei Tage verzögert publiziert. Der aktuellste Wert ist
also der Speicherstand für Vorgestern. Nicht alle Speicher melden an
allen Tagen Daten. Nicht gemeldete Daten werden von Gas Infrastructure
Europe (GIE) geschätzt und bei späteren Updates auf die gemeldeten Daten
korrigiert. Dies kann insbesondere dazu führen, dass sich der aktuelle
Trend der letzten Tage auch umdrehen kann. Insbesondere bei Trendwenden
ist es deshalb ratsam ein paar Tage abzuwarten, ob diese noch korrigiert
werden. Auch eine Plausibilisierung mit anderen Informationsquellen ist
empfehlenswert.
Insbesondere nach Wochenenden kann es auch zu fehlenden Werten
führen, was insbesondere an den spontan sinkenden Speicherkapazitäten
ersichtlich ist. Vereinzelt existieren Füllstände, die etwas höher
liegen als die angegebene Kapazität, wie zum Beispiel aktuell in
Portugal.
Ihre
Ansprechpersonen in Redaktion und SMC Lab
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder weitere Auswertungen
erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Sönke Gäthke, Redakteur für Energie und Mobilität
Bernhard Armingeon, Software Entwickler
Lars Koppers, Datenwissenschaftler
Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: redaktion@sciencemediacenter.de