Zum Hauptinhalt springen
27.01.2022

SMC Corona Report

Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.

Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.

Überblick

  • Die aktuelle Lage
  • Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern
  • Fallzahlen auf den Intensivstationen
  • Fallzahlen in den Altersgruppen
  • Fälle nach Meldedatum
  • Auffällige Kreise
  • Die Datenbasis
  • Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Die aktuelle Lage

  • Interpretierbarkeit der Meldedaten weiter eingeschränkt
  • Peak der Inzidenzen in den kommenden Wochen wahrscheinlich
  • Rückgang bei den belegten Intensivbetten verlangsamt sich

In der vergangenen Woche ist die Auslastung der im Laborverband ALM e.V. organisierten Labore auf 95 Prozent angestiegen. Da sich das Inzidenzwachstum in den Meldedaten aktuell deutlich oberhalb von 50 Prozent pro Woche liegt und gleichzeitig die Testpositivrate der vergangenen Woche auf 32,6 Prozent angestiegen ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer aktuell stark steigt. Die Meldeinzidenzen bilden also aktuell nur noch einen kleineren Teil des Infektionsgeschehens ab. Auch Änderungen in der Teststrategie sorgen dafür, dass die Inzidenz vorsichtig bewertet werden muss. Die hohe Zahl an durchgeführten Tests bei Kindern und Jugendlichen lässt darauf schließen, dass dort die Dunkelziffer niedriger liegt als bei den Altersgruppen der Erwachsenen. Die niedrigeren Inzidenzen der erwachsenen Altersgruppen sind also nicht direkt mit denen der Kinder und Jugendlichen vergleichbar.

Auch wenn durch die oben geschilderten Einschränkungen die Dunkelziffer steigt, lassen sich anhand der Daten einige Abschätzungen treffen. Bei den 5- bis 14-Jährigen lag die Meldeinzidenz in der vergangenen Woche bei über 2000. Es haben sich also mindestens 2 Prozent der Personen in dieser Altersgruppe neu infiziert. Rechnet man die gemeldeten Infektionen der vergangenen 8 Wochen zusammen, kommt man bereits in die Nähe von 10 Prozent. Dazu kommt noch die allgemein wachsende Dunkelziffer und die Untererfassung zwischen den Jahren. Da wir wissen, dass Infektionswellen lange bevor alle Personen der Population in die Meldestatistik eingegangen sind brechen, wird deutlich, dass die Zahl der möglichen weiteren Verdopplungsschritte begrenzt ist: Ein Wachstum von 50 Prozent pro Woche (in den vergangenen Wochen wurden höhere Wachstumsraten beobachtet, die aber zum Teil auch auf die Schulferien zurückzuführen sind), würde noch im Februar dazu führen, dass mehr als die Hälfte der Altersgruppe infiziert werden würde. Eine Verlangsamung des Wachstums und dann auch ein Erreichen des Peaks in der ersten Februarhälfte scheint so wahrscheinlich. Ein Blick in das Vereinigte Königreich zeigt, dass auch nach der Omicron-Welle weiterhin eine im historischen Vergleich hohe Inzidenz herrschen kann. Dort liegt die Inzidenz gerade bei über 900, während die Zahl der Krankenhausaufnahmen sinkt.

Anfang der Woche ist die Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten leicht gestiegen, aktuell geht sie wieder zurück. Dieser Rückgang hat sich allerdings etwas verlangsamt. Auch wenn ein erneuter Anstieg weiterhin möglich ist, gibt es aktuell keine Anzeichen in den hier betrachteten Daten, dass neue Rekordwerte in Kürze erreicht werden könnten. Die Inzidenz in den oberen Altersgruppen wächst aktuell langsamer als im Rest der Bevölkerung und auch wenn die Inzidenzen in den oberen Altersgruppen noch eine Zeit lang weiter wachsen könnten, wenn der Peak in den übrigen Altersklassen erreicht ist, wie es zum Beispiel im Vereinigten Königreich beobachtet wurde, ist nicht mit einem dauerhaft starken Wachstum zu rechnen, wenn die Inzidenzen in den anderen Altersgruppen wieder fallen. Für die Normalstationen ist die Situation nicht ganz so eindeutig. Hier steigt der Nowcast der Hospitalisierungsinzidenz jetzt schon und der Abstand des aktuellen Wertes zu neuen Höchstwerten ist niedriger. Wenn die Inzidenzen wie erwartet in den kommenden Wochen fallen werden, sollte sich das aber auch wieder auf diese Maßzahl auswirken.

Die Zahl der durchgeführten Impfungen verringert sich für alle Stufen der Impfung. Während der persönliche Nutzen der Impfung weiterhin hoch bleibt, sollte sich die aktuelle Impfgeschwindigkeit nicht stark auf das Pandemiegeschehen auswirken.

Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern

Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenzen steigen weiter. Die Inzidenz wird durch die Überlastung des Systems stärker unterschätzt als sonst.

2022-01-27_Inzidenzen_deutschland.png

Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Das Wachstum ist weiterhin hoch.

2022-01-27_wachstum_fallzahlen.png

Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 22.01.2022 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen steigen die Inzidenzen wieder stark. In Bremen bleibt die Inzidenz seit etwa zwei Wochen konstant, hier kann die Testkapazität erreicht sein. Der Laborverband ALM meldet hier seit drei Wochen Auslastungen von über 100 Prozent. Auch in Hamburg gibt es Anzeichen eines Plateus, das auch auf das Erreichen der Testkapazität zurückgeführt werden kann.

2022-01-27_wachstum_bundeslaender.png

2022-01-27_fallzahlen_bundeslaender.png

Fallzahlen auf den Intensivstationen

Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen sinkt.

2022-01-27_ICU_fallzahlen.png

Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.

Der Rückgang der Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten auf den Intensivstationen hat sich wieder verlangsamt.

2022-01-27_wachstum_ICU.png

In einigen Bundesländern gibt es im Vergleich zur Vorwoche steigende Zahlen der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen. Der Trend ist aber in keinem Bundesland besonders eindeutig.

2022-01-27_wachstum_ICU_BL.png

Schaut man sich nach Bundesländern an, wie die Intensivstationen ausgelastet sind, lag im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau. Während Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichten, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. Kein Bundesland verzeichnet mehr eine durch COVID-19-Fälle verursachte Auslastung der Intensivbetten von über 20 Prozent.

2022-01-27_ICU_fallzahlen_BL.png

Fallzahlen in den Altersgruppen

Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.

Bei den 5- bis 14-Jährigen liegt die Meldeinzidenz der vergangenen Woche deutlich oberhalb von 2000. Hier kann davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer durch die Schultestungen zuletzt gesunken ist. Andersherum können insbesondere symptomlose Fälle insbesondere in den mettleren Altersgruppen übersehen werden, sodass ein direkter Inzidenzvergleich zwischen den Altersgruppen nicht möglich ist. Durch die geänderte Priorisierung bei den Testungen kann sich dieses Verhältnis in den kommenden Wochen weiter verschieben.

2022-01-27_altersgruppen_abs.png

2022-01-27_altersgruppen_rel_vorwoche.png

Der Vergleich zwischen den Altersgruppen ist aktuell nur schwer möglich. In den unteren Altersgruppen wurde die Zahl der Tests stark erhöht, die Positivrate ist aber bisher nicht nennenswert gesunken, was darauf hindeutet, dass das Infektionsgeschehen durch die Screeningtests nicht reduziert wird. Ob es dieses verlangsamt, ist nicht zu sehen. In den beiden oberen Altersgruppen steigt auch die Testpositivrate, die Zahl der durchgeführten Tests wächst aber nicht mit. Hält dieser Trend an, können hier natürlich mehr Fälle übersehen werden, tendenziell werden dies aber die symptomlosen oder leichten Fälle sein.

2022-01-27_Inzidenzen_Altersgruppen.png

2022-01-27_Testzahlen_Altersgruppen.png

2022-01-27_Testpositivrate_Altersgruppen.png

Fälle nach Meldedatum

Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.

2022-01-27_fallzahlen_deutschland.png

Auffällige Kreise

Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.

Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 24.01.2022 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 17.01.2022 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.

Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.

Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
SK Hamburg 1737.7 5138.3 656.6 1941.6
SK München 1614.3 3760.1 759.3 1768.6
SK Berlin Pankow 926.4 1450.9 1584.3 2481.1
SK Berlin Mitte 900.3 1718.6 1633.7 3118.6
Region Hannover 798.1 1577.3 483.6 955.7
SK Köln 669.3 2149.7 432.4 1388.8
SK Berlin Tempelhof-Schöneberg 544.7 869.0 1155.7 1843.8
SK Nürnberg 416.4 914.6 565.4 1241.8
LK Rhein-Erft-Kreis 414.0 886.6 617.1 1321.5
LK Märkischer Kreis 398.1 763.0 681.9 1306.9
Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
SK Berlin Mitte 900.3 1718.6 1633.7 3118.6
SK Berlin Pankow 926.4 1450.9 1584.3 2481.1
SK Berlin Tempelhof-Schöneberg 544.7 869.0 1155.7 1843.8
LK Stormarn 390.0 578.0 1114.3 1651.5
LK Uckermark 170.6 272.4 1009.7 1612.7
LK Dachau 214.1 400.3 966.4 1806.4
SK Wiesbaden 353.9 718.9 889.0 1806.1
SK Offenbach 161.6 308.3 864.1 1648.7
LK Potsdam-Mittelmark 261.9 473.0 841.0 1519.1
SK Berlin Spandau 287.3 663.7 820.2 1894.8

Die Datenbasis

Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.

Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.

Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.

Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.

Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.

Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.

Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.

Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.

Ihre Ansprechpartner in Redaktion und SMC Lab

Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.

Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab

Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien

Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: