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07.04.2022

SMC Corona Report

Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.

Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.

Überblick

  • Die aktuelle Lage
  • Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern
  • Fallzahlen auf den Intensivstationen
  • Fallzahlen in den Altersgruppen
  • Fälle nach Meldedatum
  • Auffällige Kreise
  • Die Datenbasis
  • Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Die aktuelle Lage

  • Inzidenzen rückläufig
  • Inzidenzrückgang auch in den oberen Altersgruppen
  • Überlastung des Gesundheitssystem durch Ungeimpfte aktuell unwahrscheinlich

Die Inzidenz, berechnet aufgrund der gemeldeten Fälle, ging in dieser Woche deutlich zurück. Ein Teil dieses Rückgangs lässt sich durch ein geändertes Testverhalten erklären. Laut ALM e.V. wurden in der vergangenen Woche im Vergleich zur Vorwoche 16 Prozent weniger PCR-Tests durchgeführt. Da auch die Testpositivrate von 56,0 Prozent auf 52,6 Prozent leicht gesunken ist, ist aber nicht plausibel, dass der Rückgang allein durch die geringere Zahl der durchgeführten Tests zurückzuführen ist. Auch die Maßzahlen aus dem Gesundheitswesen wie der Nowcast der Hospitalisierungsinzidenz und die Bettenbelegung auf der Intensivstation deuten weiterhin auf einen Rückgang der Fallzahlen hin. Ob die Lockerungen von Anfang der Woche den Trend noch einmal umdrehen können, wird sich in der kommenden Woche zeigen. Insgesamt treffen die Lockerungen auf einen Trend, der sich im Rückgang aktuell noch beschleunigt.

Bei den Altersgruppen ab 60 Jahren sind die Inzidenzen zuletzt stetig gestiegen. Auch hier wurde in der vergangenen Woche erstmals wieder ein Rückgang der Inzidenzen beobachtet. Da diese Altersgruppen die Lage in den Krankenhäusern am stärksten beeinflusst, kann dies zu einem deutlicheren Rückgang der Bettenbelegung in den Krankenhäusern führen, falls sich dieser Trend trotz Lockerungen fortsetzen sollte.

Heute wurde im Bundestag über eine Impfpflicht abgestimmt. Ein Entwurf, der eine Impfpflicht ab 60 Jahren vorsieht, wurde dabei abgelehnt. Hintergrund des Entwurfs ist die im Vergleich zu anderen Industrieländern niedrige Impfquote in den oberen Altersgruppen, die zugleich das höchste Risiko für einen schweren Verlauf haben. Neben dem nachweislichen persönlichen Vorteil einer Impfung ist es für die Gesellschaft relevant, abschätzen zu können, ob bei weiteren Lockerungen die Zahl der Ungeimpften zu einer Überforderung des Gesundheitssystems führen könnte. Würden sich die laut dem Digitalen Impfquoten-Monitoring etwa 2,7 Millionen Ungeimpfte ab 60 Jahren gleichzeitig oder innerhalb weniger Wochen infizieren, könnten selbst bei der aktuellen BA.2-Variante die Intensivstationen an ihre Grenzen und darüber hinaus kommen. Dass ein solches Szenario nicht plausibel ist, zeigt folgende Überlegung:

  • Um auf der Intensivstation einen neuen Rekordwert bei der Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten zu erreichen, müsste sich die Zahl der belegten Betten im Vergleich zum aktuellen Wert fast verdreifachen. Da die Bettenbelegung auf der Intensivstation in erster Linie von den Inzidenzen der Altersgruppe ab 60 abhängt, müsste sich auch hier die Inzidenz in etwa verdreifachen.
  • In der gesamten Pandemie gab es bisher keinen Zeitpunkt, an dem die Inzidenz in der Altersgruppe ab 60 Jahren deutlich höher lag als die Inzidenz in der Gesamtbevölkerung. Dafür gibt es eine logische Erklärung, denn um eine hohe Inzidenz in der Bevölkerung aufrecht zu halten, müssen die mobilen Bevölkerungsgruppen mit vielen Kontakten, also besonders die unteren und mittleren Altersgruppen selbst eine hohe Inzidenz aufweisen.
  • In den unteren Altersgruppen haben sich in den vergangenen 12 Wochen etwa 65 Prozent bereits infiziert, wenn man eine Dunkelziffer von 50 Prozent annimmt. In den mittleren Altersgruppen sind es bereits 40 bis 50 Prozent. Inklusive Dunkelziffer infizieren sich aktuell wöchentlich etwa 4 Prozent neu (das entspricht einer Inzidenz von 4000).
  • Bei diesem hohen Anteil an erst kürzlich infizierten Personen ist ein hoher Anteil dieser Personengruppe zumindest kurzfristig vor einer weiteren Infektion geschützt. Eine Verdreifachung der Inzidenzen in den unteren und mittleren Altersgruppen auf 12 Prozent pro Woche, um damit eine entsprechend hohe Inzidenz in den oberen Altersgruppen zu stützen, scheint damit ausgeschlossen. Im Vergleich zum Vereinigten Königreich wird es in Deutschland aber durch die Impflücke in den oberen Altersgruppen einen höheren Druck auf das Gesundheitssystem geben als bei vergleichbarer epidemiologischer Lage im Vereinigten Königreich.

Aussagen über den kommenden Herbst lassen sich mit dieser Überlegung nicht sicher treffen, da hier insbesondere die Frage eine Rolle spielt, welche Eigenschaften die dann vorherrschende Variante aufweisen wird. Auch der dann in der Bevölkerung vorherrschende Immunschutz (durch Impfung oder Infektion) lässt sich noch nicht abschätzen.

Die Auswirkung von einzelnen Faktoren lässt sich trotzdem grob abschätzen, sodass man die Voraussetzungen für ein überlastetes Gesundheitssystem bestimmen kann:

  • Der Anteil an Intensivpflichtigen unter den infizierten Ungeimpften müsste höher liegen, als dies aktuell der Fall ist. Liegt er zu niedrig, könnte der vergleichsweise kleine Teil der Ungeimpften das Gesundheitssystem nicht überlasten. Damit eine Impfpflicht wirkt, muss der Schutz der Impfung vor schweren Erkrankungen weiterhin hoch bleiben.
  • Die Variante müsste zu einem hohen R-Wert und damit einhergehend einer hohen Inzidenz führen. Steigt die Inzidenz nur langsam, streckt sich die Zahl der intensivpflichtigen Fälle über einen zu großen Zeitraum, sodass das Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen kommt. Um einen hohen R-Wert zu halten, müssten wahrscheinlich auch große Teile der Geimpften und zusätzlich einmal mit Omikron infizierten Bevölkerung erneut infizierbar sein.
  • Bisher waren die Inzidenzen in den unteren Altersgruppen oft deutlich höher als in den oberen, insbesondere zu Beginn der einzelnen Wellen. Das führte bisher dazu, dass in den oberen Altersgruppen nur ein kleinerer Teil infiziert wurde. Hier könnte eine Situation, in der wenig Masken getragen werden und mehr Kontakte stattfinden, dazu beitragen, dass die Inzidenzen auch in den oberen Altersgruppen schneller steigen. Gleichzeitig können steigende Inzidenzen aber auch ohne zentral bestimmte Maßnahmen erneut zu geändertem Verhalten führen.

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Fallzahlen in Deutschland und den Bundesländern

Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Die Inzidenzen sinken.

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Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Der Inzidenzrückgang beschleunigt sich aktuell sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch in der Altersgruppe ab 60 Jahren.

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Im Folgenden wird das Wachstum der Inzidenz vom 02.04.2022 im Vergleich zur Vorwoche betrachtet. Aktuell weist nur Bremen steigende Inzidenzen auf.

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Fallzahlen auf den Intensivstationen

Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen ist auf den niedrigsten Wert seit November vergangenen Jahres gesunken.

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Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen – sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.

Die Zahl der mit COVID-19-Fällen belegten Betten geht zurück.

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In fast allen Bundesländern sinkt die Zahl der durch COVID-19-Fälle belegten Betten. Schleswig-Holstein unterliegt aufgrund der niedrigen Zahl an Intensivbetten höheren Schwankungen.

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Schaut man sich nach Bundesländern an, wie die Intensivstationen ausgelastet sind, lag im vergangenen Winter das jeweilige Maximum auf einem anderen relativen Niveau. Während Berlin und Sachsen in der Spitze eine Auslastung von etwa 40 Prozent erreichten, waren in Schleswig-Holstein nicht einmal 20 Prozent der gemeldeten Intensivbetten mit COVID-19-Fällen belegt. Die relative Grenze schwankt dabei über die Zeit, da nicht an jedem Tag gleich viele verfügbare Betten gemeldet werden. Um die relative Belastung vergleichen zu können, werden auf der Y-Achse unterschiedliche absolute Skalen verwendet. In allen Bundesländern liegt die durch COVID-19-Fälle verursachte Auslastung der Intensivbetten unter 20 Prozent.

2022-04-07_ICU_fallzahlen_BL.png

Fallzahlen in den Altersgruppen

Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.

In allen Altersgruppen gehen die Inzidenzen deutlich zurück, der Rückgang in den unteren Altersgruppen ist aber stärker als in den oberen.

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Die Testpositivrate ist in allen Altersgruppen gesunken. Auch die Zahl der durchgeführten Tests geht weiter zurück.

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Fälle nach Meldedatum

Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (blaue Balken) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.

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Auffällige Kreise

Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, so dass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.

Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 4.04.2022 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 28.03.2022 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.

Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.

Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
SK Nürnberg 755.1 1772.0 1025.3 2406.0
SK Erfurt 664.3 926.1 2176.0 3033.8
LK Borken 469.0 1473.7 882.8 2773.9
LK Saarpfalz-Kreis 394.4 848.9 1949.1 4194.7
LK Neumarkt i.d.OPf. 224.0 446.9 1159.6 2313.2
LK Cloppenburg 187.4 510.9 760.0 2071.5
LK Ilm-Kreis 152.1 430.3 1008.5 2852.1
SK Kiel 128.6 717.6 365.0 2036.9
LK Ammerland 119.4 388.0 665.4 2161.7
LK Gießen 114.1 723.4 294.1 1864.0
Landkreis Differenz Fälle pro Tag Fallzahlen pro Tag Differenz Inzidenz Inzidenz
SK Erfurt 664.3 926.1 2176.0 3033.8
LK Saarpfalz-Kreis 394.4 848.9 1949.1 4194.7
LK Wittmund 101.4 341.9 1237.3 4170.2
LK Neumarkt i.d.OPf. 224.0 446.9 1159.6 2313.2
SK Nürnberg 755.1 1772.0 1025.3 2406.0
LK Ilm-Kreis 152.1 430.3 1008.5 2852.1
LK Borken 469.0 1473.7 882.8 2773.9
SK Pirmasens 44.0 109.4 766.6 1906.6
SK Cottbus 107.3 281.7 760.9 1998.1
LK Cloppenburg 187.4 510.9 760.0 2071.5

Die Datenbasis

Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die auf GitHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.

Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.

Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.

Corona Zeitreihen – die SMC Apps

Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.

Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.

Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.

Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.

Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.

Ihre Ansprechpartner in Redaktion und SMC Lab

Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.

Lars Koppers, Datenwissenschaftler

Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien

Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: