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23.05.2019

Weniger CO2 bei Wasserstofferzeugung aus Methan – sinnvoll?

Methan mit Hilfe von Strom zu Wasserstoff zu reformieren, könnte den Energiebedarf und den CO2-Ausstoß des Prozesses erheblich reduzieren. Das schreiben Forscher aus Dänemark in der kommenden Ausgabe des Fachblatts Science (siehe Primärquelle). Momentan ist Dampfreformierung aus Erdgas das am häufigsten angewandte Herstellungsverfahren für Wasserstoff. Dabei entstehen jedoch erhebliche Mengen CO2 – zum einen, weil der Prozess Hitze benötigt. Die erzeugen die Anlagen meist, indem sie zum Beispiel Methan selbst verbrennen. Zum anderen entsteht beim Umbau von Methan zu Wasserstoff Kohlenmonoxid, das im weiteren Prozess zu Kohlendioxid reagieren kann. Die Wissenschaftler aus Dänemark haben nun einen elektrisch beheizten Reformer entwickelt, der anstelle der konventionellen Dampf-Reaktoren eingesetzt werden könnte. Dadurch enstehe erheblich weniger CO2, so die Forscher; zudem könnten die Anlagen erheblich kleiner gebaut werden als heute. Das könnte einen dezentralen Einsatz zum Beispiel für Biogas möglich machen.

 

Übersicht

     

  • Prof. Dr. rer. nat. Christian Sattler, Leiter Abteilung Solare Verfahrenstechnik, Institut für Solarforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Köln
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  • Prof. Dr. Ralf Peters, Leiter der Abteilung Brenngaserzeugung und Systeme, Institut für Energie- und Klimaforschung, Bereich Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3), Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ), Jülich
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Statements

Prof. Dr. rer. nat. Christian Sattler

Leiter Abteilung Solare Verfahrenstechnik, Institut für Solarforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Köln

„Die elektrische Beheizung von Industrieprozessen wird einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emission leisten können, wenn der eingesetzte Strom ausschließlich aus regenerativen Ressourcen gewonnen wird. Das vorliegende Beispiel von Wismann et al., die elektrisch beheizte Reformierung von Erdgas zu Wasserstoff und CO2, gibt hier die richtige Richtung vor.“

„Es zeigt aber auch, dass das Problem nicht alleine die Beheizung der Prozesse mit fossilen Kraftstoffen ist, sondern dass für eine nachhaltige Industrie die Prozesse selber angepasst werden müssen. Die Verwendung kohlenstoffhaltiger Ausgangsprodukte sollte vermieden werden, wo immer dies möglich ist. Die Wasserstoffproduktion ist dafür ein gutes Beispiel.“

„Würde die Produktion über die Spaltung von Wasser durch mit erneuerbarem Strom betriebene Elektrolyse oder solar beheizte thermochemische Prozesse erfolgen, könnten auch die 59 bis 83 der Prozent CO2-Emissionen, die durch die Reaktion des Erdgases entstehen, vermieden werden. Die elektrische Beheizung industrieller Prozesse benötigt zudem eine konstante Stromversorgung. Da Ressourcen wie Sonne und Wind fluktuierend sind, muss dies über Speicher und intelligente Netze sichergestellt werden.“

Prof. Dr. Ralf Peters

Leiter der Abteilung Brenngaserzeugung und Systeme, Institut für Energie- und Klimaforschung, Bereich Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3), Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ), Jülich

„Wismann et al. stellen in ihrer Veröffentlichung dar, dass die Wasserstoffherstellung über die Dampfreformierung von Methan sehr energieintensiv ist. Von fünf eingesetzten Methanmolekülen wird mindestens eins in konventionellen Systemen verbrannt, um die Wärme für die chemische Reaktion der Dampfreformierung bereitzustellen. Die Einbindung elektrischer Energie bietet die technische Möglichkeit einer deutlich kompakteren Bauweise mit letztendlich niedrigeren Bauteilkosten.“

„Mit der Nutzung von fossilem Methan ändert sich der CO2-Fußabdruck nur in geringem Maße. Der Vorteil liegt in der kurz- bis mittelfristig erreichbaren Umsetzung der Technologie mit weitgehend konventionellen Mitteln. Wirksam wird die begrenzte CO2-Ersparnis nur, wenn ausreichend erneuerbarer Strom zur Verfügung steht. Zudem sind anzunehmende Stromgestehungskosten (die Kosten der Umwandlung einer anderen Energieform in elektrischen Strom; Anm. d. Red.) von 6 ct/kWh aus Windenergie gegenüber fossilem Erdgas mit circa 2 ct/kWh klar im Nachteil.“

„Steht günstiger Strom aus Erneuerbaren in Kombination mit Erdgas zur Verfügung, bietet die Technik eine Möglichkeit, Wasserstoff mit einem um etwa 20% geringeren CO2-Fußabdruck bereitzustellen.“

„Die CO2-Minderungsziele, die laut COP21 (die UN-Klimakonferenz in Paris 2015; Anm. d. Red.) für 2050 diskutiert werden, sind auch bei einem reduzierten Einsatz von fossilem Methan nicht erreichbar. Biogasanlagen könnten ersatzweise Methan liefern, sie stellen es aber nur in einem um Zehnerpotenzen kleineren Maßstab her. Eine dafür notwendige Verkleinerung der Anlagenkapazität gegenüber heutigen Anlagen für fossiles Methan ist mit der vorgeschlagenen Technik eventuell eher darstellbar.“

„Ein zukünftig auf erneuerbarer Energie basierendes Versorgungssystem erfordert neue Produktionspfade. Die durch Methan-Dampfreformierung erzeugte Wasserstoff-Kohlenmonoxid-Mischung wird heute nach der Erzeugung unter anderem zur Methanolsynthese verwendet. Methanol lässt sich jedoch auch aus Wasserstoff und Kohlendioxid direkt erzeugen. Während der Wasserstoff aus der Elektrolyse stammt, kann Kohlendioxid aus der Biomassevergasung und aus der Zementproduktion verwendet werden oder langfristig aus der Luft abgetrennt werden. Damit lässt sich bei zurzeit höher anzunehmenden Kosten Methanol vollständig erneuerbar herstellen.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Alle: Keine angegeben.

Primärquelle

Wismann ST et al. (2019): Electrified methane reforming: A compact approach to greener industrial hydrogen production. Science; 364, 6442:756759. DOI: 10.1126/science.aaw8775i.