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04.06.2018

Fallbericht: körpereigene Immunzellen stoppen metastasierenden Brustkrebs

Körpereigene Immunzellen, die aus einem Tumor entnommen, in Zellkultur selektiert und vermehrt wurden, konnten den fortgeschrittenen, metastasierenden Brustkrebs einer Patientin stoppen. Der aktuelle Fallbericht von US-Forschern um Steven A. Rosenberg beschreibt den Therapieversuch einer einzelnen Brustkrebs-Patientin, die durch die Behandlung mit tumor-infiltrierenden Lymphozyten – in Kombination mit einer weiteren Krebsimmuntherapie – seit über 22 Monaten ohne Metastasen, also in Remission, lebt. Forscher entnahmen dabei bestimmte Immunzellen, Lymphozyten, aus dem Tumor der Patientin und wählten im Labor solche T-Zellen aus, die auf vier bestimmte Proteine – sogenannte Neoantigene – in einer entnommenen Tumorprobe reagierten. Diese selektierten T-Zellen vermehrten die Forscher in Zellkultur und injizierten sie wieder der Patientin. Über diesen erstaunlichen Einzelfall und seine akribische molekulare Analyse berichtet das Fachjournal ‚Nature Medicine‘ (siehe Primärquelle).

Es war bereits bekannt, dass die Therapie mit tumor-infiltrierenden Lymphozyten (TIL) bei Tumoren mit einer hohen Anzahl von Mutationen im Krebsgewebe wirken kann, zum Beispiel bei Lungenkrebs und Melanom. Dieser Fallbericht nährt nun erstmals die Hoffnung, dass TILs womöglich in Kombination mit weiteren Therapien – zum Beispiel Check-Point Inhibitoren – auch bei fortgeschrittenen Krebsarten mit nur wenigen Neoantigenen – wie Brustkrebs – Wirkung zeigen könnten. Das erstaunliche Ergebnis lässt sich nicht verallgemeinern, da die Studie mittels molekularer Methoden allein die Entwicklung der TILs in einer einzelnen Patientin untersucht. Größere Studien müssten dieses Ergebnis verifizieren.

Statement

Prof. Dr. Hinrich Abken

Professor für Genetik und Immunologie und Leiter des Labors für Tumorgenetik und Immunologie, Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln, und Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK) der Universität zu Köln

„Die Publikation in Nature Medicine ist sehr interessant. Die Forscher haben die bekannte Therapie mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL, tumor infiltrating lymphocytes) dahingehend verändert, dass nicht mehr jegliche in Zellkultur vermehrte TILs zurück in die Patientin transferiert wurden, sondern nur solche, die auf Tumorpeptide reagieren, die als mutierte Antigene in entnommenen Tumorzellen nachgewiesen worden waren. Die zweite Änderung ist, dass die TILs zusammen mit Checkpoint-Inhibitoren (PD1 checkpoint blockade) gegeben wurden. Deren Einfluss ist in diesem Einzelfall allerdings schwer abzuschätzen, sie wirken aber wahrscheinlich eher additiv.“

„Zu Beginn der TIL-Therapie-Ära wurden die TILs hinsichtlich ihrer Reaktivität gegen die Tumorzellen selektiv amplifiziert (entsprechend der Erkennung bestimmter Neoantigene ausgewählt und dann vermehrt; Anm. d. Red.), was auf derselben Idee gründete: Tumor-reaktive TILs für die anschließende Infusion in den Patienten zu erhalten. In dieser neuen Studie ist die Tumor-Selektivität durch die Reaktivität gegen definierte, von dendritischen Zellen präsentierte Peptide mit Tumor-selektiven Mutationen gegeben.“

„Insgesamt liegt die Beobachtung in der Fortsetzung bestehender Konzepte und weist in die Richtung, bevorzugt Tumor-selektive TILs zu generieren. Es ist eine ‚Proof-of-Concept‘-Studie, die in der Durchführung allerdings zu aufwendig wäre, um im breiten Maßstab in dieser Form angewendet zu werden. Das ist vermutlich der Grund, warum nur eine einzige Patientin mit metastasierendem Brustkrebs in der Studie beschrieben wird. Künftige Forschung ist nun gefordert, hier einfachere und schnellere Verfahren zu entwickeln.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Keine Angabe erhalten.

Primärquelle

Zacharakis N et al. (2018): Immune recognition of somatic mutations leading to complete durable regression in metastatic breast cancer. Nature Medicine; DOI: s41591-018-0040-8.